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Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mo 13.05.19 16:22
von GiulioGermanico
Ich habe kürzlich eine ältere Sammlung mäßig erhaltener Sesterzen ersteigert.
Neben unstreitig echten Bronzen fanden sich dort auch diese beiden Exemplare:
IMG_0927.jpg
IMG_0928.jpg
Der Trebonianus Gallus wiegt nur 15 Gramm, ist aus für die Mitte des 3. Jahrhunderts viel zu "gelbem" Metall, hat keine richtig scharfen Konturen, und ist von Gußkratern übersät.
Letztere hat der Aemilian nicht, ist aber ebenfalls zu leicht (14 gr), zu gelb und zu unscharf. Dazu meine ich auf dem Revers (7h) die Reste eines Gußkanals zu entdecken:
IMG_0931.jpg
IMG_0930.jpg
Interessanterweise kamen beide mit alten Sammlerkärtchen - angesichts der Angabe "150 M"(ark) scheint man wohl wenigsten den Aemilian einmal für echt gehalten zu haben.
IMG_0929 (1).jpg
IMG_0932 (1).jpg
Ich frage mich, wie die Angaben "Zürich: 405 XI.87" und "Wien: 831-77. (...) 87" beziehungsweise "Wien (...) 514 (...) 1982" wohl zu lesen sind.
Scheinbar hat der Sammler die Münzen wohl zwischen 1987 bzw. 1982 in Wien und Zürich gekauft, fragt sich nur wo und ob es sich hier um Katalognummern handeln könnte.

Bin für jede Hilfe dankbar!
Jens

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mo 13.05.19 20:01
von Mynter
Interessant finde ich die Preiangabe in " M",die im Westen nicht üblich war und auf die DDR schliessen lässt. Weisst Du etwas über den Vorbesitzer der Stücke ?

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mo 13.05.19 20:22
von KarlAntonMartini
Es könnte auch sein, daß die Münzen von einem DDR-Sammler zB in Bulgarien gekauft und die Preise aus westlichen Auktionen dazu notiert wurden. Grüße, KarlAntonMartini

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 05:52
von Mynter
Duften auf Auktionen inn der DDR westliche Katalogzitate angebracht werden ?

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 11:09
von GiulioGermanico
Mynter hat geschrieben:Interessant finde ich die Preiangabe in " M",die im Westen nicht üblich war und auf die DDR schliessen lässt. Weisst Du etwas über den Vorbesitzer der Stücke ?
Das macht Sinn! Über den letzten Besitzer weiß ich nur, dass er die Sammlerkärtchen der zusammen mit den beiden gezeigten Stücke im Lot enthaltenen 9 antiken römischen Bronzen mit einem Kugelschreiber ebenfalls mit Kampmann-Nummern versehen hat, was nach 2004 (dem Erscheinen der ersten Auflage des Werkes) geschehen sein muss. Die (zusätzliche) Tinten- und Bleistiftschrift auf einigen Kärtchen (wie hier) stammt augenscheinlich von dessen Vorbesitzer (vielleicht einem Verwandten), der, wenn er in der ehemaligen DDR ansässig war, keinen Zugriff auf Kankelfitz, RIC, Cohen oder Sear hatte.

Ich frage mich, welche Kataloge mit "Wien" und "Zürich" gemeint sein könnten. Dorotheum? Leu?
KarlAntonMartini hat geschrieben:Es könnte auch sein, daß die Münzen von einem DDR-Sammler zB in Bulgarien gekauft und die Preise aus westlichen Auktionen dazu notiert wurden. Grüße, KarlAntonMartini
Wenn es sich um Gussfälschungen handelt, scheinen die meines Erachtens aber älter zu sein und nicht aus Bulgarien zu stammen. Oder war man dort schon damals auf so etwas spezialisiert? :wink:

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 11:14
von Perinawa
Vor ca. 25 Jahren besaß ich einen ganz ähnlichen, gegossenen Sesterzen von Philippus I. mit der Tempel-Rückseite - nach meiner Erinnerung auch untergewichtig. An eine moderne (bulgarische) Fälschung glaube ich hier nicht, sondern an antike Imitationen.

Grüsse
Rainer

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 12:30
von Pscipio
In Zürich gab es in den 80er Jahren verschiedene Münzhandlungen: Auktionshäuser wie Leu und Sternberg, aber auch einzelne Ladengeschäfte. Wir können gewiss ausschliessen, dass Leu oder Sternberg solche schlechten Güsse als echt verkauft haben, daher scheint mir KAM's Vermutung wahrscheinlicher - das Vermerken von Vergleichsstücken und ihrer (höheren) Preise war in Sammlerkreisen lange weit verbreitet. Man notierte so ähnliche Stücke und bestätigte sich selbst und anderen den hohen Wert der eigenen Sammlung.

Ich habe keine Zweifel daran, dass die Stücke modern sind, nicht antik. Wann genau sie hergestellt wurden, ist schwer zu sagen: wenn die Zettel dazugehörig sind, dann sind sie offensichtlich nicht aus dem 21. Jh., aber für frühe Güsse aus dem 18.-19. Jahrhundert ist ihre Gussqualität deutlich zu schlecht. Es ist daher wohl am ehesten an die 2. Hälfte des 20. Jh. zu denken. Sie erinnern an Güsse, die Touristen auch heute noch an archäologischen Stätten verkauft werden.

Lars

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 15:40
von Zwerg
Meines Erachtens sind dies Fälschungen aus Nordafrika, ca. 30-40 Jahre alt.
Ich habe solche einmal für einen längst verstorbenen deutschen Showmaster begutachten müssen, der sie als Sicherheit für einen privaten 5-stelligen DM Kredit angenommen hatte.
Waren ja Münzen aus der Römerzeit.
War leider ein Schuß in den Ofen :evil:

Grüße
Zwerg

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 17:27
von Perinawa
Zwerg hat geschrieben:Meines Erachtens sind dies Fälschungen aus Nordafrika, ca. 30-40 Jahre alt.
Die kenne ich nicht, käme aber mit meinem Philippus I. sehr gut hin. Leider habe ich kein Foto mehr, aber er hatte eine ähnliche (unnatürlich wirkende) Patina wie die beiden hier vorgestellten.

Sicher habt ihr recht mit euerer Einschätzung.

Grüsse
Rainer

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Di 14.05.19 17:41
von GiulioGermanico
Vielen Dank Euch!!!
Perinawa hat geschrieben:Vor ca. 25 Jahren besaß ich einen ganz ähnlichen, gegossenen Sesterzen von Philippus I. mit der Tempel-Rückseite - nach meiner Erinnerung auch untergewichtig. An eine moderne (bulgarische) Fälschung glaube ich hier nicht, sondern an antike Imitationen.
Hier zum Vergleich eine antike Imitation - ein Limes-As der Plautilla (ebenfalls stark untergewichtig):
Bildschirmfoto 2019-05-14 um 17.27.24.png
Bildschirmfoto 2019-05-14 um 17.27.24.png (146.73 KiB) 1053 mal betrachtet
Bildschirmfoto 2019-05-14 um 17.27.36.png
Bildschirmfoto 2019-05-14 um 17.27.36.png (129.99 KiB) 1053 mal betrachtet
Zwerg hat geschrieben:Meines Erachtens sind dies Fälschungen aus Nordafrika, ca. 30-40 Jahre alt.
Ich habe solche einmal für einen längst verstorbenen deutschen Showmaster begutachten müssen, der sie als Sicherheit für einen privaten 5-stelligen DM Kredit angenommen hatte.
Das kommt zeitlich hin, denn die Kärtchen scheinen ja aus den 80ern zu stammen.
Ich habe glücklicherweise nur einen niedrigen 2-stelligen Eurobetrag gezahlt :-)
Pscipio hat geschrieben:In Zürich gab es in den 80er Jahren verschiedene Münzhandlungen: Auktionshäuser wie Leu und Sternberg, aber auch einzelne Ladengeschäfte. Wir können gewiss ausschliessen, dass Leu oder Sternberg solche schlechten Güsse als echt verkauft haben,
Diese Münzen wurden von einem namhaften deutschen Auktionshaus als echt verkauft!

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mi 15.05.19 12:09
von Pscipio
GiulioGermanico hat geschrieben:Diese Münzen wurden von einem namhaften deutschen Auktionshaus als echt verkauft!
Hallo Giulio,

ob man ein Auktionshaus, welches die beiden oben gezeigten Münzen als echt verkauft, als namhaft bezeichnen kann, sei mal dahingestellt - die alte Leu und Sternberg hätten es jedenfalls sicher nicht gemacht. Es sind schlechte und sehr offensichtliche Güsse.

Grüsse
Lars

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mi 15.05.19 15:14
von beachcomber
es war ja wohl offensichtlich ein lot, und da packen auch nahmhafte häuser gerne mal den schrott rein, den sie in einer angekauften sammlung gefunden haben! meist mit dem hinweis "sold as seen, no returns!" :wink:
grüsse
frank

Re: Falsche Sesterze des Trebonianus und Aemilianus

Verfasst: Mi 15.05.19 16:48
von GiulioGermanico
Obwohl ich mir das Lot vorher nicht angeschaut hatte, haben sie es wegen der irreführenden Beschreibung zurückgenommen beziehungsweise es mir anschließend für die Hälfte wieder verkauft.
Die anderen Münzen waren gut, so dass ich ohne finanziellen Verlust, aber um eine Erfahrung (und einen Platzhalter für einen der in meiner Sammlung noch fehlenden Sesterzen) reicher aus der Sache hervorgegangen bin :-)