Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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didius
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von didius » So 07.03.21 11:49

Xanthos hat geschrieben:
Sa 06.03.21 12:14
richard55-47 hat geschrieben:
Di 02.03.21 18:55
Die von didius erwähnten AGBs möchte ich gerne sehen. Nicht, dass ich seinen Worten nicht glaube, aber dass ein Auktionshaus so dumm ist, per AGB seine Bereitschaft, eine strafbare Handlung vorzunehmen, kundzutun, schlägt, wie man so schön sagt, dem Fass den Boden ins Gesicht. Ich halte diese Klausel auch nicht für ausreichend, die rechtliche Seite auszuhebeln.
@richard55-47, ich glaube Didius sprach von CNG, einem amerikanischen Auktionshaus. Dort steht oder stand das mal in den Auktionsbedingungen, wenn ich mich recht erinnere.
Hi Xanthos, könnte tatsächlich sein. Ich hatte gesucht, war aber nicht mehr fündig geworden.
Danke

LordLindsey
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von LordLindsey » So 07.03.21 15:01

Xanthos hat geschrieben:
So 07.03.21 10:36
Hier der entsprechende Absatz aus deren Auktionsbedingungen:

1. The property listed in this catalogue is offered for sale by CNG for itself and as agent for various owners and other consignors. We reserve the right to reject any bid, to determine the opening price, to set bidding increments, to vary the order of the auction, to reopen bidding in the case of a dispute, to withdraw any lot, to bid on behalf of CNG, to bid on behalf of the consignor, to permit the auctioneer to bid on his own behalf, and to permit the consignor to bid on his own lots. CNG may loan or advance money to consignors or prospective bidders, and may have an interest other than commission charges in any lot. CNG may bid on its own account as an “insider” with information not available to the public.

https://cngcoins.com/Terms+of+Use.aspx

Neben dem Bieten im eigenen Namen wird auch erwähnt, dass CNG im eigenen Namen Ware verkauft. Das Auktionshaus kann so also im Prinzip Münzen kaufen, diese dann in den Auktionen anbieten und wiederum selbst darauf bieten, um den Preis zu erhöhen (shill bidding), da es bei Vorgeboten das Maximum der Bieter kennt. CNG ist damit keine Ausnahme, nur ist es eines der einzigen Auktionshäuser, das dies ganz offen und ehrlich so in den Auktionsbedingungen schreibt.
Wahnsinn, das ist ja schlimmer als ich dachte! Natürlich darf auch ein Auktionshaus mitbieten, aber natürlich nur unter nicht-Kenntnis der Max Gebote (dies könnte über eine interne governance, sog. “Chinese walls”, gewährleistet werden). Alles andere führt die Bieter Logik ja ad absurdum.

Am Ende muss man als Bieter hier die richtige Mischung aus Gutgläubigkeit und Skepsis finden, um nicht den Spaß an der Sache zu verlieren...

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von andi89 » So 07.03.21 15:09

richard55-47 hat geschrieben:
So 07.03.21 11:38
...C gibt ein persönliches Höchstgebot ab, sagen wir 1.000,00 €. Als er das Gebot abgibt, liegt der Startausruf bei 1,00 €. Bleibt C der einzige Bieter, kann er also den Gegenstand für 1,00 € erwerben. ...
Und hierzu hätte ich eine Frage: Warum ist das so? Ein Gesetz/Vorschrift (wenn ja welche)? Mir ist nämlich nicht bewusst gewesen, dass ein Auktionshaus den Zuschlag "billigst" möglich erteilen muss. Meine persönliche Sicht: Das Gebot lag vor, der Bieter war also bereit diesen Betrag zu bezahlen; ich vermag nicht zu erkennen wem hier geschadet wurde. Es ist halt unter Umständen kein fairer Marktpreis, aber das ist ja wieder etwas anderes.
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Xanthos
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Xanthos » So 07.03.21 16:17

andi89 hat geschrieben:
So 07.03.21 15:09
Und hierzu hätte ich eine Frage: Warum ist das so? Ein Gesetz/Vorschrift (wenn ja welche)?
Das liegt daran, dass es sich bei den uns bekannten Auktionen meist um sogenannte Zweitpreisauktionen (oder Englische Auktionen) handelt. Der siegreiche Bieter zahlt also nicht sein Höchstgebot, sondern das zweithöchste Gebot bzw. das zweithöchste Gebot plus ein Gebotsschritt bei der Englischen Auktion. Das andere wäre eine Erstpreisauktion, d.h. der siegreiche Bieter zahlt sein Höchstgebot.

Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Auktionstheorie

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von richard55-47 » So 07.03.21 18:23

andi89 hat geschrieben:
So 07.03.21 15:09
Meine persönliche Sicht: Das Gebot lag vor, der Bieter war also bereit diesen Betrag zu bezahlen; ich vermag nicht zu erkennen wem hier geschadet wurde. Es ist halt unter Umständen kein fairer Marktpreis, aber das ist ja wieder etwas anderes.
Andreas
Es gibt mehrere Auktionsarten:
Nr. 1:
Es wird von einem hohen Ausrufpreis ausgegangen, der sich nach einem gewissen Kriterium in Stufen immer mehr senkt. Irgendwann drückt einer den Knopf und er hat den Artikel. Von dieser Auktion spreche ich nicht.
Nr. 2:
Auf einen Artikel bietet jemand einen Betrag von wie in meinem Beispiel 1.000,00 €. Dieses Gebot steht, ein anderer Interessent muss mehr bieten, um am Zug zu kommen. Erfolgt dieser Schritt, muss der Erstbieter den Zweitbieter überbieten. Das ist bedenkenfrei, solange der Zweitbieter nicht sein Gebot nur abgegeben hat, um den Erstbieter zu weiteren Geboten zu veranlassen. Will er gar nicht ernsthaft ersteigern, sondern nur den Erstbieter hochtreiben, gibt er nur ein nichtiges Scheingebot ab. Der Schaden für den Erstbieter ist klar erkennbar: Die Differenz zwischen 1.000,00 € und dem letztlich abgegebenen Gebot.
Nr. 3:
Auf einen Ausrufpreis von 1,00 € bietet ein Erstbieter nicht den Ausrufbetrag, sondern den Betrag, den er höchstens zu zahlen bereit ist. Ich nenne das Vorratsgebot, in meinem Beispiel 1.000,00 €. Das ist das ebay-System. Solange kein anderer bietet, beträgt der Kaufpreis 1,00 €, auch wenn das Vorratsgebot viel höher ist. Der Erstbieter erspart sich, auf das Gebot eines Zweitbieters, jedes Mal einen Betrag X neu zu bieten. Tritt ein ernsthafter Zweitbieter auf, kabbeln sich die beiden - zuerst automatisch bis 1.000,00 € wegen des Vorratsgebotes, danach per Einzelgebot resp. weiteren Vorratsgeboten. Tritt ein Zweitbieter auf, der gar nicht den Kaufvertrag schließen und den Erwerb tätigen will, sondern nur den Verkaufspreis steigern will, gibt er ein nichtiges Scheingebot ab, was aber weder der Auktionator/die Plattform noch der Erstbieter erkennen können. Das nichtige Scheingebot wird wie ein wirksames Gebot behandelt, somit wird das letzte Gebot künstlich erhöht. Der Erstbieter kann so bis zur Höhe seines Vorratsgebotes getrieben werden, hätte aber ohne dieses Scheingebot billiger ersteigern können. Der Schaden: die Differenz zwischen dem möglichen Kaufpreis ohne Scheingebote (1,00 €) und dem letztendlich zu zahlenden Kaufpreis = künstlich aufgeblasenes Höchstgebot.

Falls diese Ausführungen immer noch nicht ausreichen, den Schaden aufzuzeigen, gebe ich auf.
do ut des.

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