Was bedeutet der Globus auf römischen Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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gordiphilos
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Was bedeutet der Globus auf römischen Münzen

Beitrag von gordiphilos » Do 15.07.04 21:52

Hallo liebe Römerfreunde !

Jetzt werfe ich mal ein Thema in den Ring:

Auf römischen Münzen werden häufig Kaiser mit Globus dargestellt.
Dieser Globus stellt ja wohl den Weltenrund dar. Spätere Zeiten haben das zum Reichsapfel transformiert.

Nun glaubten die Griechen und Römer ja unserer geschichtlichen Ausbildung zufolge an die Theorie der Erde als Scheibe - Säulen des Herakles und danach Absturz usw.

Andererseits sprechen die enormen altägyptischen astronomischen Kenntnisse und Berichte über Sonnenfinsternissen aus griechisch-römischer Zeit eine andere Spache.
Hat die Zeit nach der Blüte der antiken Kulturen und dem Untergang Roms dieses Wissen bezüglich der Erde als rund innerhalb eines übergeordneten Systems vergessen und sich auf einem weniger wissenschaftlichen als vielmehr theologischen Level wiedergefunden, den erst Gallileo 1000 Jahre später brechen konnte.


Wer weiss daüber etwas ...

Beste Grüsse
gordiphilos

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antoninus1
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Beitrag von antoninus1 » Fr 16.07.04 09:14

Hallo Gordiphilos (Freund des Gordian?),

willkommen im Forum :D

Ich interessiere mich auch für Globen auf römischen Münzen und will mal ein paar ungeordnete Gedanken loslassen.

Die überwiegende Meinung in der Antike war, dass die Erde Kugelgestalt haben muss und sich um die Sonne dreht. Pythagoras und Parmenides waren die ersten, die das behaupteten.
Als Beweise wurden z.B. die Gestalt des Erdschattens auf dem Mond (das Geniale war überhaupt, zu erkennen, dass die Erde einen Schatten auf den Mond wirft und ihn je nach Position ganz, teilweise oder gar nicht verdunkelt) hergenommen oder die Tatsache, dass man den Erdumfang mit geometrischen Methoden, deren Gültigkeit bewiesen war, bestimmen kann (Erathostenes).

Was ich mich dazu frage: haben die Leute damals die Erde als Kugel dargestellt, also in Form von Globen, auf denen dann die bekannten Meere und Landflächen abgebildet wurden? Mir ist kein antiker Globus bekannt, auch kein antikes Wandgemälde, auf dem jemand einen Globus betrachtet.
Es scheint diese Darstellung nur auf Münzen zu geben. Und da habe ich gelesen, dass es sich vielleicht nicht um den Erdglobus, sondern um den Himmelsglobus handelt.
Das All wurde ja als Sphäre, die die Erde (und Sonne und Mond) umschliesst, gedacht. Darauf laufen die Planeten und Sterne.
Wenn man sich eine gut erhaltene Globusdarstellung auf einer Münze ansieht, kann man auf vielen eine oder zwei Linien und Sterne erkennen. Manche sind auch glatt dargestellt.
Die eine Linie wird als Ekliptik (nicht als Erdäquator), gedeutet, die andere als Himmeläquator. Zum Erdäquator würde ja auch keine Abbildung von Sternen passen.

Hier eine Definition der Ekliptik:

"Ekliptik: der Kreis, der den jährlichen Lauf der Sonne auf der Himmelskugel darstellt, so wie er von der Erde aus gesehen wird.

Die Ebene dieses Kreises, genannt Ebene der Ekliptik, schneidet den Himmelsäquator (die Projektion des Erdäquators auf die Himmelskugel) in einem Winkel von etwa 23 Grad und 27 Bogenminuten. Diesen Winkel nennt man Schiefe der Ekliptik."

Da die Darstellungen auf Münzen unterschiedlich sind, wäre es interessant zu wissen, ob nun Erd- und Himmelsgloben dargestellt wurden, oder ob manche Stempelschneider es sich halt einfacher gemacht haben.
Vielleicht kann man auch Unterschiede ausmachen, ob ein Globus mit einer Gottheit oder Personifikation dargestellt wird oder mit einem Kaiser.
(Gottheit - Himmelsglobus, Kaiser - Erdglobus?)

So, jetzt freue ich auf eine interessante Diskussion. Gerade Themen wie dieses machen für mich das Sammeln von antiken Münzen so interessant. :)
Gruß,
antoninus1

B.A.
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Beitrag von B.A. » Mi 21.07.04 13:45

Und hier ein bissel Anschauungsmaterial :wink:


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Mfg
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Beitrag von Peter43 » So 22.08.04 18:47

Hallo!

Ich fand eben diesen interessanten Beitrag und möchte auch etwas dazu sagen
Meistens wird davon ausgegangen, daß es bei der Kugel auf den Münzen, z.B. wenn Sol dem Kaiser einen Globus überreicht, eher um die Himmelskugel handelt, also das Himmelsgewölbe, das man sieht, wenn man zum Himmel emporblickt. Wurden in der antiken Kunst Details hinzugefügt, waren es immer Sterne, nicht aber geographische Einzelheiten. Zudem steht die Ekliptik, wie schon gesagt, schief zum Äquator, aber die Kugeln zeigen nur Kreise, die rechtwinklig aufeinanderstehen.
Zur Kugelgestalt der Erde ('Kleiner Pauly'): Nach Theophrastos soll bereits Parmenides um 475 v.Chr. die Kugelgestalt der Erde entdeckt haben. Eine wichtige Frage war dabei immer, wo auf dieser Kugel die Länder um das Mittelmeer herum lägen. Die übliche Antwort war korrekt: nördlich des Äquators!
Eudoxos, um 340 v.Chr., errechnete den Durchmesser der Erde zu 400.000 Stadien, etwa 40% zu groß. Eratosthenes, 225 v.Chr., schätzte ihn fast korrekt auf 225.000 Stadien. Er benutzte zu seiner Berechnung den unterschiedlichen Sonnenwinkel zwischen Alexandria und Cyrene an einem bestimmten Tag zur Mittagszeit.
Die Geographia des Ptolomäus, ca. 75 v.Chr., enthält eine Karte auf der Europa, Asien und Afrika auf einer Erdkugel liegen, und Modelle der Erde in Kugelgestalt waren bekannt, wenn man dem römischen Geographen Strabo Glauben schenkt.

Leider kam dann später der Abstieg ins 'dunkle Mittelalter'. Da wurde in der Bibel z.B. als Wert für Pi 3 angenommen, obwohl Archimedes es bereits erheblich genauer berechnet hatte - es war sogar schlechter als der
Näherungswert der Babylonier, 23/7 -, und die Erde war bei der breiten Bevölkerung flach, weil sonst der Teufel Jesus nicht auf einen Berg hätte führen können, um ihm alle Königreiche der Welt zeigen zu können. Aber damals kam es auf solche Nebensächlichkeiten nicht an, sondern nur auf die ewige Seeligkeit.

Mit freundlichen Grüßen
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Beitrag von B.A. » Mo 25.10.04 20:47

Moin Moin,

Schon die Pythagoräer sollen von der Kugelgestalt überzeugt gewesen sein.
Aber Aristoteles nennt den Ersten Beweis, denn für einen Beobachter an Land tauchten bei Annäherung eines Schiffes an die Küste zuerst die Masten über der Kimm auf.
Und zur Berichtigung, Eratosthenes errechnette einen Erdumfang von 2500000 Stadien, wobei 1 Stadie ca. 148,5m entspricht.
Nur zur Info, der richtige Erdumfang beträgt 40.076 km also war er ganz nah dran.

so, wollte auch noch meinen Senf dazu geben :wink:

Mfg
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Beitrag von Peter43 » Di 02.11.04 22:28

@Bastard-Ratte:

Danke für Deinen Beitrag! Das mit den Masten über dem Horizont sollte eigentlich jeden durchschnittlich intelligenten Beobachter überzeugen!
Aber das mit Deinen Stadien kann nicht richtig sein: 2500000 x 148.5m = 371250000m = 371250km. Damit würde man bereits in die Größenordnung des Jupiter kommen, und mit der dann herrschenden Schwerkraft hätte es wohl keine Lebewesen gegeben und leider auch keine Sammler von alten römischen Münzen!

Mit freundlichen Grüßen
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Beitrag von curia » Di 02.11.04 22:44

Eratosthenes (Leiter der Bibliothek von Alexandria) errechnete
250'000 (zweihundertfünfzigtausend) Stadien.

Wenn man die genannten 148.5 m nimmt, kommen dabei
37'125 km heraus - und das ist nicht schlecht!

(Quelle: J. Hamel. Geschichte der Astronomie. 2. Aufl.,
Franckh-Kosmos, Stuttgart 2002)

Hope that helps!

Ciao,
Chris
Moribus antiquis res stat Romana virisque

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Beitrag von B.A. » Di 02.11.04 23:36

Sorry, aber da war wohl ne "0" zuviel, 250000 ist richtig :wink:

Das mit dem Masten ist schon logisch, aber das mit der Schwerkraft auch (ich sage bloß ein Apfel fällt vom Baum ..) aber trotzdem dauerte es sehr lange eh jemand darauf kam .... :wink:

Mfg
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Beitrag von spider » Mi 28.09.05 20:25

Ich wärme dieses Thema noch einmal auf da ich auf der Website die beachcomber empfohlen hat die folgende Münze gefunden habe.
Meiner Meinung nach kann es sich dabei nicht um ein Weltkugel handeln da ja sonst die Sterne außerhalb derselben wären.
Was meint ihr dazu?
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domit024.jpg

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Beitrag von Peter43 » Mi 28.09.05 23:01

Hallo Spider!

Es gibt noch einige andere Münzen, bei denen die übliche (und ich bin überzeugt auch richtige) Interpretation des Globus als Himmelskugel (globus celestis) zumindestens fragwürdig ist. Das sind Münzen, bei denen Orbis terrarum (als Frau dargestellt), einem Kaiser, z.B. Aurelian, einen Globus überreicht. Orbis terrarum ist ja der Weltkreis im Sinne der bewohnten Welt und hat mit der Himmelskugel nichts zu tun.

MfG
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Beitrag von chinamul » Do 29.09.05 11:35

Im Gegensatz zu mehreren z. T. erstaunlich exakten römischen Himmelsgloben, die ich auf Abbildungen schon gesehen habe, ist mir ein Erdglobus bisher noch nicht untergekommen. Es wird sich bei den Globen wohl durchweg um Himmelsgloben handeln. Deutlich wird das bei Abb. a, wo die Aeternitas auf einem sternenbesetzten großen Globus sitzt. Auf den beiden anderen Abbildungen zeigen die Globen Strukturen, die man allerdings noch genauer unterpretieren müßte.

Gruß

chinamul
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himmelsglobus c.jpg
himmelsglobus b.jpg
himmelsglobus a.jpg
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Beitrag von Peter43 » Di 04.10.05 23:43

Nach einiger Suche habe ich die Münze gefunden, auf die ich mich oben bezogen habe. Es ist der Sesterz RIC 594 von Hadrian.
Av.: IMP CAESAR TRAIANVS HADRIANVS AVG P M TR P COS III, belorbeerter
Kopf n.r.
Rv.: RESTITVTORI ORBIS TERRARVM, SC im Abschnitt, Hadrian steht n.l.,
streckt seine Hand aus, um eine knieende Frau zu erheben, die eine
Mauerkrone trägt und einen Globus hält.
Diese Frau ist wahrscheinlich die Personifikation des Orbis terrarum. Ein Problem dabei ist allerdings, daß Orbis maskulin ist und durch eine weibliche Figur vertreten werden soll. Dies könnte ein neues Diskussionsthema sein. Der Orbis terrarum ist der bewohnte Erdkreis, enthält also auch die Vorstellung einer Rundheit. Der Globus wird Hadrian überreicht als dem Restitutor Orbis terrarum, man könnte also der Überzeugung sein, ihm wird der wiederhergestellte Erdkreis überreicht. Aber das ist natürlich spekulativ, wie ich zugeben muß.

MfG
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RIC_0594v.jpg
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Beitrag von chinamul » Mi 05.10.05 11:23

Hallo Peter43!

Mir scheint, daß der Kaiser hier die Huldigung der Personifikation einer besiegten Stadt ("towered", also mit Mauerkrone!) entgegennimmt und sie im Sinne der Pax Romana erhebt. In dem orbis terrarum, den der Kaiser wiederherstellt, ist wohl die römische Weltordnung als Abstraktum und nicht der abgebildete Gegenstand zu sehen. Der Globus ist mithin lediglich das Symbol für die von Rom beanspruchte Universalherrschaft, ohne daß hier unbedingt ein Erd- oder Himmelsglobus gemeint sein muß.
Das Münzbild wird übrigens im 4. Jhdt. mit dem Typ REPARATIO REIPVB(licae) wieder aufgenommen. Dort hält der Kaiser einen Globus mit Victoriola. Der Globus dürfte dabei aber dieselbe Bedeutung haben wie beim Hadrianssesterz.

Gruß

chinamul
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Beitrag von gorostiza » Mi 05.10.05 17:03

peter43 erwähnt die Ptolemaioskarte. Sie wurde stets wieder kopiert, eine Kopie, die etwa im 15. Jh. entstanden ist, könnt ihr hier sehen
http://www.odophil.ch/reisen/reisen.html
Ich durfte sie in der alten Stadtbibliothek fotografieren. Sie ist sehr verkleinert wiedergegeben, das Original ist ein bedeutender Fetzen. Die Ptolemaier-Könige haben damals die bedeutetsten Wissenschafter der damaligen Zeit nach Aegypten geholt und erstaunliche Forschungen unterstützt.
goro

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