Historisch interessante Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Larth
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Larth » Mi 01.05.24 09:43

Interessant war für mich die Umbenennung von Fayum in den Gau Arsinoites.
Ich besitze auch das Werk von Imhoof-Blumer, benutze es aber selten.
Zuletzt habe ich nach einem Magistratsnamen, der auf einer Münze aus Kleinasien von Galba erscheint, gesucht und auch gefunden.
Danke an Peter43, Altamura2 und Reinhard Wien.
Zusammen habt ihr einen lehrreichen und spannenden Beitrag geleistet.
Lg Larth
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Sa 11.05.24 19:09

Münzen mit Bildern von Statuen: (1) Timarchides  von  Athen

Von Pat Lawrence habe ich die Überzeugung übernommen, daß die Mehrzahl der abgebildeten Statuen auf Münzen auf reale Standbilder zurückgeht. Dafür spricht z. B., daß viele der abgebildeten Figuren sich auf Stelen, Baumstümpfe u.ä. stützen, die nur dann einen Sinn haben, wenn sie als Stützen bei den realen Standbildern gedient haben. Dabei darf man nicht vergessen, daß die griechischen Originale aus meistens aus Bronze waren, während die Römer ihre Kopien aus Marmor fertigen ließen, den sie über alles liebten. Und beim Marmor waren die Stützen aus statischen Gründen notwendig.

Oft standen diese Standbilder in den Parks und Tempeln der ausgebenden Städte und diese waren stolz, mit ihnen Werbung machen  zu können.

Ich hatte bereits mehrere Münzen mit berühmten Statuen vorgestellt: Von Praxiteles den Apollo Sauroktonos aus Nikopolis und den Eros aus Parion, von Lysipp den Herakles Farnese und Hermes den Sandalenbinder, der besser Sandalenlöser heißen sollte. Vorstellen möchte ich hier vor allem einige der nicht so bekannten Statuen. Der Schwerpunkt soll dabei dem Thema gemäß nicht auf der Mythologie liegen, sondern auf den antiken Künstlern und den Kunstwerken selbst. Daneben gibt es eine große Anzahl von Münzen mit Abbildungen von Statuen, deren Schöpfer wir leider nicht kennen. Dieser Artikel soll auch ein Dankeschön an Pat Lawrence sein, die mich inspiriert hat.

Timarchides war ein griechischer Bildhauer in der 2. Hälfte des 2. Jh. v. Chr. - Anfang des 1. Jh. v. Chr., der einer Bildhauerfamilie entstammte. Plinius erwähnt seinen Vater Polykles als Mitglied der Neoklassizistischen Schule, die er um 156 v. Ch. ansetzt. Sie galten als "Erneuerer der Kunst". Von Timarchides stammt u. a. das Kultbild des Apollo Kitharoedes. Quintus Caecilius Metellus Macedonicus, der Makedonien zur römischen Provinz machte, brachte die Künstlerfamilie nach Rom, wo sie sich niederließ und wirkte.

Das Innere des Tempels des Apollo Medicus, von dem heute noch 3 Säulen am Marcellustheater auf dem Campus Martius erhalten sind, war mit zahlreichen Kunstwerken geschmückt. Viele stammten von Gaius Sosius, der ihn 34 v. Chr. erneuern ließ und dort die aus Kilikien erbeuteten Standbilder aufstellen ließ, weswegen er auch Tempel des Apollo Sosianus genannt wird. Von Plinius gibt es eine Liste von diesen Kunstwerken und unter ihnen befindet sich auch der Apollo Kitharoedes des Timarchides.

Es wird angenommen, daß die als Apollo von Kyrene bekannte Statue im Britischen Museum eine Kopie des griechischen Originals ist. Die Statue wurde in der Mitte des 19. Jh. Im Apollotempel von Kyrene gefunden und war in 121 Teile zerbrochen. Im BM wurde sie wieder zusammengesetzt. Sie zeigt eine Mischung von maskulinen und femininen Zügen, wie sie für den Hellenismus üblich war.
(1) Apollo_Kitharoidos_BM_1380.jpg
Apollo von Kyrene, Kopie aus dem Britischen Museum

Philip Hill schreibt, daß eine etwas naive Version dieser Statue auf Antoninianen aus der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus erscheint. "Die Stempelschneider, die in dieser Zeit nie sehr effizient bei der Ausführung ihrer Rückseitenbilder waren, haben sich bei ihrem Sujet einige Freiheiten genommen. So wird Apollo hier völlig nackt dargestellt, obwohl Spuren von Faltenwürfen auf dem Gegenstand zu sehen sind, auf dem die Lyra steht. Was dieser Gegenstand sein soll, bleibt unklar, da es keine Ähnlichkeit mit dem Baumstumpf des Originals besitzt. Auf den meisten Exemplaren ähnelt er einem Cippus oder einem Tripod, obwohl Cohen ihn völlig falsch als Altar und RIC ebenso falsch als Felsen bezeichnet."

Es handelt sich auch nicht um eine Lyra. Wir wissen inzwischen, daß es eine Kithara ist.
(1) gallienus_467corr.jpg
Gallienus, RIC V/1, (Mediolanum) 467 corr. (schreibt "Felsen")

Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Philip Hill, The Monuments of Ancient Rome as coin types, 1989
(3) Percy H. Webb, RIC V/1, 1927
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
(6) Wikimedia

Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Sa 11.05.24 19:38

Münzen mit Bildern von Statuen: (2) Der Zeus von Olympia des Phidias

Pheidias, Phidias, der Sohn des Charmides, wurde ca. 500 v.Chr. in Athen geboren und galt schon in der Antike als der bedeutendste klassische Bildhauer Athens. Er war nicht nur Bildhauer, sondern auch Metallbildner (Toreut), Maler und Organisator. Seine Ausbildung erhielt er bei den Bildhauern Hegias und Ageladas von Argos, deren Techniken er weiterentwickelte. Sein Ruhm beruht insbesondere auf den Goldelfenbeinbildern der beiden Kolossalstatuen der Athena Parthenos in Athen und des Zeus in Olympia. Diese Statuen waren auch technische Meisterleistungen wegen der statischen Probleme, die gelöst werden mußten. Die Athena war immerhin 9m hoch, der Zeus 13.5m. Keins seiner Werke ist erhalten geblieben. Es gibt nur Beschreibungen und Kopien

Um 431/430 wurde ihm wegen Veruntreuung von Gold, das für die Athenastatue bestimmt war, der Prozeß gemacht. Er scheint im Gefängnis gestorben zu sein (Pauly). Die Kleidung und der Helm der Athena Promachos auf der Akropolis waren mit Gold bedeckt. Wenn die Sonne sie beschien, konnte man sie von See aus bereits vom Kap Sounion sehen. Es muß einen unbeschreiblichen Eindruck gemacht haben. Insgesamt waren es 44 Talente (1150kg) Gold, die alle 4 Jahre nachgewogen wurden. Finanziert wurde es wohl aus der Beute von der Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. und am Eurymedon 465 v. Chr.

Pheidias arbeitete an der Gestaltung der Akropolis mit. Perikles, mit dem er befreundet war, machte ihn zum Oberaufseher. Inwieweit er selbst Hand anlegte, ist ungewiß. Die großen Bildprogramme am Parthenon, die es früher in dieser Geschlossenheit nicht gegeben hat, scheinen aber auf ihn zurückzugehen (Pauly).
Le_Jupiter_Olympien_ou_l'art_de_la_sculpture_antique_1.jpg
De Quincy, Le Jupiter Olympien (Wikimedia)

Dem Altertum galt der Zeus von Olympia als noch bedeutender. Sie zählten ihn zu den 7 Weltwundern. Das Bild des Archäologen und Kunsthistorikers Antoine Chrysostome Quatremere de Quincy (1755-1849) gibt auch den überwältigen Eindruck wieder, den diese 13m hohe  Statue  auf die Betrachter gemacht haben muß.

Beschreibung:
Zeus saß auf einem hochlehnigen Thron, hielt in der erhobenen Linken ein langes Szepter und in der Rechten eine Nike. Unterhalb der Thronlehne waren Niobenreliefs angebracht, die Armlehnen wurden durch Sphingen gestützt. Die Statue war aus Gold und Elfenbein über einem hölzernen Gerüst gefertigt. Der Thron bestand aus Ebenholz. Basis und Thron waren darüber hinaus mit freiplastischen Figuren und Reliefs reich geschmückt, bemalte Schranken hielten den Besucher auf Abstand.

Caligula wollte die Statue nach Rom bringen lassen. Der Plan mißlang, da man sie vorher hätte zerstören müssen. Das Schicksal der Statue ist unbekannt. Im 4.Jh. n. Chr. brannte der Tempel ab und 522 oder 552 n. Chr. wurde der Tempel durch ein Erdbeben  zerstört.
Die Zeusstatue von Olympia wird auf mehreren antiken Münzen abgebildet, hat aber auch die Zeusabbildungen auf anderen Münzen geprägt, so auch die folgende des Zeus Nikephoros.
Antiochia, RPCI 4216.jpg
Syrien, Antiochia ad Orontem, RPC I, 4216

Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Strabo, Geschichte
(3) Plutarch, Biographien
(4) de Quincy, Le Jupiter Olympien, Paris 1814
(5) Der Kleine Pauly
(6) Ulrich Sinn, Das antike Olympia. Götter, Spiel und Kunst, München 2004
(7) Wikipedia
(8) Wikimedia

Freundliche Grüße
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » Sa 11.05.24 20:06

Münzen mit Bildern von Statuen: (3) Der Ares Borghese


(12) philippopolis_ant_pius_Varbanov747var.jpg
Philippopolis, Antoninus Pius, Varbanov 747 var.

Pat Lawrence: Dies ist der Typ des Ares Borghese

Alkamenes
Alkamenes, gest. um 400 v. Chr., griechischer Bildhauer des 5. Jh., war einer der bedeutendsten Schüler, aber auch Rivale des Pheidias. Er schuf vorwiegend Kultstatuen für seine Heimatstadt Athen. Die Statuen waren aus Bronze, Chryselephantin (Goldelfenbein), aber vorwiegend aus Marmor, im Gegensatz zu den meisten anderen Künstlern, die in Bronze arbeiteten. Bezeugt sind von ihm neben dem Ares der Hermes Propylaios und die Marmorgruppe der Prokne mit Itys, die von Pausanias beschrieben  wird.

Die meisten seiner Werke entstanden während des Peloponnesischen Krieges (431-403 v.Chr.). Politisch stand er so wie sein Schüler Agorakritos dem Perikles nahe. Er erhielt mehrere offizielle Aufträge für Kultstatuen der neu erbauten Tempel in Athen. Von ihm stammen auch die Eckfiguren des Westgiebels des Zeustempels in Olympia. Im Original sind nur Fragmente der Gruppe Prokne und Itys erhalten. Alle anderen Werke kennen wir nur von Kopien und Beschreibungen.

Viele ihm in der modernen Literatur zugeschriebenen Werke sind allerdings unsicher, darunter auch auch die berühmte Aphrodite in den Gärten.

Der Ares Borghese ist um 420 v. Chr. entstanden und stand zunächst als Kultstatue im Arestempel in Acharnes, einem Vorort von Athen. In augusteischer Zeit wurde der Tempel Stein für Stein abgebaut und dann auf der Agora errichtet. Die Originalbronzestatue ist verloren.

Kultstatuen für Ares sind in der griechischen Antike sehr selten. Ob die Statue wirklich Ares darstellt, ist umstritten (Werner Müller). Der Helm und der Knöchelring, den er von Aphrodite bekommen hat, sprechen aber dafür. Ob diese römische Kopie, die im 1.-2. Jh. n. Chr. entstanden ist, aber tatsächlich eine Kopie des Ares des Alkamenes ist, ist fraglich. Die Alternative wäre  ein  römisches  Werk  in  neo-attischem  Stil.

Zunächst befand sich die Statue in der Sammlung Borghese. 1807 verkaufte Camillo Filippo Ludovico Borghese wegen finanzieller Schwierigkeiten und auf Druck seines neuen Schwagers Napoleon Bonaparte 164 Statuen, 160 Büsten und zahlreiche andere Antiquitäten unter dem Marktpreis an den französischen Staat, darunter den Ares Borghese. Wir würden heute von Raubkunst sprechen! Heute steht der Ares Borghese  im  Louvre.
(12b) Ares_Borghese_Louvre_Ma_866_n01.jpg
Ares Borghese, Louvre, Paris

Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Der Kleine Pauly
(4) Werner Müller, Alkamenes, in Künstlerlexikon der Antike
(5) Wikipedia

Freundliche Grüße
Jochen

Morgen werde ich die Serie fortsetzen. Ich hoffe, der eine oder andere findet sie interessant. Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Perinawa » Sa 11.05.24 21:23

Peter43 hat geschrieben:
Sa 11.05.24 20:06
Wir würden heute von Raubkunst sprechen!
Das sieht der Louvre sicherlich anders. Es ist sozusagen eine "Dauerleihgabe". :twisted:

Übrigens ein sehr interessantes Thema, die Darstellung von bekannten Statuen auf römischen Münzen.
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » So 12.05.24 00:27

Peter43 hat geschrieben:
Sa 11.05.24 19:09

Philip Hill schreibt, daß eine etwas naive Version dieser Statue auf Antoninianen aus der Zeit der Alleinherrschaft des Gallienus erscheint. "Die Stempelschneider, die in dieser Zeit nie sehr effizient bei der Ausführung ihrer Rückseitenbilder waren, haben sich bei ihrem Sujet einige Freiheiten genommen. So wird Apollo hier völlig nackt dargestellt, obwohl Spuren von Faltenwürfen auf dem Gegenstand zu sehen sind, auf dem die Lyra steht. Was dieser Gegenstand sein soll, bleibt unklar, da es keine Ähnlichkeit mit dem Baumstumpf des Originals besitzt. Auf den meisten Exemplaren ähnelt er einem Cippus oder einem Tripod, obwohl Cohen ihn völlig falsch als Altar und RIC ebenso falsch als Felsen bezeichnet."
Ich finde Hills Aussage, mit der er eine Verbindung zwischen gezeigter Statue und Gallienusrevers begründen möchte, recht suspekt. Köcher und Bogen, den Python und Apollons "Unterleibsbekleidung" wegzulassen läßt in meinen Augen nur einen Schluß zu: bei Gallienus wurde schlicht und ergreifend eine andere Statue kopiert, etwa
https://m.wikidata.org/wiki/Q8768433

Danke Peter43 für den Artikel. Ich hab besagten Gallienus auch, aber der über den Sockel hängenden Gewandzipfel ist mir bis dato gar nicht aufgefallen.
Dateianhänge
20240511_195242.jpg
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Perinawa » So 12.05.24 01:47

Lucius Aelius hat geschrieben:
So 12.05.24 00:27
Ich finde Hills Aussage, mit der er eine Verbindung zwischen gezeigter Statue und Gallienusrevers begründen möchte, recht suspekt. Köcher und Bogen, den Python und Apollons "Unterleibsbekleidung" wegzulassen läßt in meinen Augen nur einen Schluß zu: bei Gallienus wurde schlicht und ergreifend eine andere Statue kopiert, etwa
https://m.wikidata.org/wiki/Q8768433
Und damit bringst du mich gerade auf den Gedanken, dass die Darstellung auf der Münze des Gallienus jenen Apollo Kitharoedes zeigt, der im palatinischen Apollo-Tempel auf dem Vorplatz gestanden hat. - vgl. viewtopic.php?f=6&t=60689&p=547861&hili ... es#p547861
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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.05.24 09:04

Münzen mit Bildern von Statuen: (4) Der Ganymed des Leochares
(3) dardanos_hadrian_unbekannt_Ganymed.jpg
Troas,  Dardanos,  Hadrian,  RPC  III,  1564  (extrem  selten)

Von der Entführung des Ganymeds gibt es mehrere unterschiedliche Darstellungen auf Münzen. Diese ist die, die dem Standbild des Leochares am ähnlichsten kommt. Sie ist keine 1:1-Kopie des Standbildes, aber sicherlich durch dieses beeinflußt.

Leochares aus Athen war ein griechischer Bildhauer im 4. Jh. v. Chr. zur Zeit des Philipp von Makedonien und Alexander des Großen. Nach Plinius "blühte" er 372-369. Er genoß großen Ruhm unter seinen Zeitgenosssen wegen seiner Götterbilder und insbesondere wegen seines Ganymeds. Selbst Plato erwähnt ihn: Er habe im Auftrag des Tyrannen Dionysios II. aus Syrakus von ihm  eine  Apollo- Statue  gekauft.

Er schuf Goldelfenbeinstatuen der Familie des Philipp und seiner Familie, die von Pausanias beschrieben werden.

Leocharis arbeitete zusammen mit Skopas und Timotheos am Mausoleum in Halikarnassos, das zu den Sieben Weltwundern der Antike gehört. Durch Versuche, seine Handschrift in den dortigen Reliefs wiederzufinden und durch Analysen des Ganymeds werden ihm der Apollo von Belvedere, die Artemis im Louvre und  andere  Skulpturen  zugeschrieben  (Pauly).
(3b) 800px-Ganymede_Leochares_Vatican_Inv2445.jpg
Die Entführung des Ganymed, Kopie, Vatikan

Er wird zur mittleren attischen Schule gezählt und arbeitete meist in Bronze, aber auch in Marmor und in Chryselephantine  (Goldelfenbein). In den schlanken Proportionen, der Beweglichkeit, Leichtigkeit und Raumhaltigkeit seiner Figuren ist er an die  Seite  des  Lysippos  zu  stellen  (Pauly).
Apollo_del_Belvedere.jpg
Der Apollo von Belvedere, Vatikanische  Museen

Der Apollo von Belvedere galt lange Zeit als das bedeutendste Beispiel für die Kunst der griechischen Antike. Diesen Ruhm verdankte sie insbesondere Johann Joachim Winckelmann, der sie für den erhabensten Ausdruck griechischer Kunst hielt und schrieb: "Von allen Werken des Altertums, die der Zerstörung entgangen sind, stellt die Statue des Apollo das höchste Ideal der Kunst dar".

Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Pausanias, Reisebeschreibungen
(3) Barclay Vincent Head, Historia Numorum
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia

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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.05.24 09:22

Münzen mit Bildern von Statuen: (5) Der bogenspannende Eros des Lysippos

Statuen des Lysippos sind auf Münzen oft abgebildet. An der Spitze steht da wohl der Herakles Farnese (Museo Nazionale, Neapel). Aber auch Hermes der Sandalenbinder aus dem Louvre findet sich auf Münzen. Hier möchte ich den selteneren bogenspannenden Eros vorstellen:
(2) philippopolis_sept_severus_Varbanov1291var.jpg
Philippopolis, Septimius Severus, Varbanov 1291 var.

Lysippos aus Sikyon, Bronzebildhauer, war der bedeutendste bildende Künstler der Peloponnes im 4. Jh. v. Chr. mit einer großen Werkstatt und Schule, der Schule von Sikyon. Geboren wurde er wohl 400/390 v. Chr. und gestorben ist er gegen Ende des Jh. Als Nachfolger des Polykleitos war er ein kühner Neuerer, Überwinder der Klassik und Vorläufer des Hellenismus und bezog bewußt optische Wirkungen mit ein. Er stellte die Menschen nicht so dar, wie sie waren (wie etwa Polykleitos), sondern so, wie sie erschienen (eigene Aussage nach Plinius). Er hielt zwar an der Ponderation fest, dem augeglichenen Gleichgewicht von Stand- und Spielbein, das Polykleitos eingeführt hatte, aber er veränderte die Proportionen. Seine Figuren wurden länger und gestreckter und die Köpfe kleiner. Das Musterbeispiel dafür ist sein "Apoxyomenos" (der Abschaber), der durch seine Körperstellung auch den Raum miteinbezieht. Dies  haben seine Zeitgenossen bereits  erkannt.

Er war bekannt für seine Detailversessenheit und die Details seiner Haargestaltung waren berühmt (Pauly). Im Satyrikon macht sich Petronius über ihn (anerkennend!) lustig, indem er erzählt, er sei über dem Entwurf zu einer Statue verhungert.

Er war der Hofbildhauer Alexander des Großen. Das Alexander aber gesagt habe, er wolle sich nur durch Lysippos darstellen lassen, so wie er sich nur von Apelles malen ließ, ist eine antike Mythologie. Zusammen mit Leochares hat er die "Löwenjagd des Alexander" geschaffen, eine nicht erhaltene Plastik für Delphi, die eine lebensgefährliche Situation bei einer Löwenjagd zeigte, durch die Alexander nur durch seinen General Krateros  gerettet  werden  konnte.
(2b) Lysipp Eros_bending_his_bow_by_Lysippos,_Ma_448_(551).jpg
Der bogenspannende Eros, Louvre, Paris  (Wikimedia)

Dieser bogenspannende Eros ist eine Marmorkopie aus dem 1. Jh. n. Chr. des griechischen Bronzeoriginals von Lysippos und steht heute im Louvre. Wie üblich gibt es auch  von  diesem  Werk  mehrere  Kopien. Leider ist sein umfassendes Werk nur durch Kopien bekannt, was es schwierig macht, die Einzelheiten seines Stils genau zu analysieren, weil die Nachahmer seinen Stil kopiert haben. Selbst sein Sohn Euktyktates arbeitete in seinem Stil und die Arbeiten von Tysikrates sind von denen des Lysipp  kaum  zu  unterscheiden  (Plinius).
Apoxyomenos_Pio-Clementino_Inv1185.jpg
Der "Apoxyomenos", Museo Pio-Clementino, Vatikan

Literatur:
(1) Plutarch, Biographien
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Petronius, Satyricon
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikimedia
(6) Wikipedia

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Re: Historisch interessante Münzen

Beitrag von Peter43 » So 12.05.24 09:39

Münzen mit Bildern von Statuen: (6) Der Asklepios des Phyromachos

(6) pergamon_BMC158_#2.jpg
Pergamon, SNG von Aulock, 1372

Phyromachos war ein attischer Bildhauer des 2. Jahrhunderts v. Chr., der sich aber den größten Teil seines Lebens in Asia Minor und auf den benachbarten Inseln aufhielt. Er gilt als der letzte der sieben größten griechischen Bildhauer Myron, Phidias, Polyklet, Skopas, Praxiteles und Lysipp. Seine bekanntesten Werke sind die Statue des Asklepios im Asklepieion von Pergamon und eine Porträtbüste des Philosophen Antisthenes. Als sein bedeutendstes Werk wird ihm der Entwurf  des Pergamonaltars zugeschrieben.

Seine Bronzeoriginale sind verloren. Es gibt aber zahlreiche Marmorkopien aus der römischen Zeit. Welche dieser Kopien aber dem Original am Nächsten kommt, ist nicht bekannt. Von den vielen bekannten Asklepiosköpfen hält Andreae den bärtigen Kopf eines Gottes in Syrakus für die genaueste Kopie des Originals!
syracuse_dj-07052016-2861c_asklepios-head.jpg
Bärtiger Kopf eines Gottes aus Syrakus

Bei diesem Kopf handelt es sich um eine römische Marmorkopie aus der augusteischen Periode, 1. Jh. n. Chr. nach dem hellenistischen Original des Phyromachos von um 175 v. Chr. für das Asklepieion in Pergamon.

Der Stil und die Technik der Arbeit wurden mit den Figuren des Gigantomachie-Frieses auf dem Großen Altar von Pergamon verglichen. Gefunden wurde der Kopf 1804 im Amphitheater in Neapolis bei Syrakus auf Sizilien. Heute befindet es sich im Paolo Orsi Regional Archaeological  Museum  in  Syracus. .

Nach Andreae gibt das Portrait auf der Münze den Kopf der berühmten Asklepiosstatue des Phyromachos realistisch wieder. Er bezieht sich dabei insbesondere auf die Gestalt der Schläfenlocken. Siehe Andreae, Phyromachos-Probleme.

Anmerkung:
Auf der Münze sieht man übrigens schön das Netz (Agrenon), das den Omphalos überzieht

Literatur:
(1) Plinius, Naturae Historia
(2) Bernard Andreae, Laokoon und die Kunst von Pergamon, Fischer 1991
(3) Bernard Andeae,  Phyromachos-Probleme, von Zabern 1990
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia

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Re: Historisch interessante Münzen

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Münzen mit Bildern von Statuen: (7) Der Hermes von Olympia des Praxiteles
(4) philippopolis_sept_severus_Varbanov1252.jpg
Philippopolis, Septimius Severus, unpubliziert (cf. Varbanov 2552)

Dargestellt ist Hermes, der den illegitimen Zeussohn vor der Rache der eifersüchtigen Hera in Sicherheit bringt und dem Knaben während einer Rast ein Weintraubenbündel reicht.

Da diese Münze unpubliziert ist, habe ich Ulrike Peters, die für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften das Corpus für Philippopolis bearbeitet, am 9.10.08 angemailt. Auch sie hatte diese Münze noch nicht in ihrer Abdrucksammlung.

Praxiteles, der Sohn des Bildhauers Kephisodotos des Älteren wurde ca. 390 v. Chr. in Athen geboren und starb dort ca. 320. Er war ein Zeitgenosse und Konkurrent des Skopas. Er hatte die Söhne Kephisodotos den Jüngeren und Timarchos, die auch beide Bildhauer waren. Schon in der Antike gehörte er zu den berühmtesten Bildhauern. In erster Linie war er Marmorbildhauer, arbeitete aber auch in Bronze. Bei den Marmorwerken legte er besonderen Wert auf die Struktur und die Bemalung der Oberflächen. Er schuf insbesondere Götterbilder. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören die Aphrodite von Knidos, Apollo der Eidechsentöter, den wir aus Nikopolis kennen, und der Eros von Thespiai. Seine Aphrodite wurde zum Vorbild vieler anderer Darstellungen, z. B. der Kapitolinischen Venus, der Mediceischen Venus oder der Venus Ludivisi. Im Gegensatz zu der erhabenen Strenge des Phidias wurden seine Götter menschlicher, fast schon poetisch. Bei einer Einteilung der Künstler zählt man ihn zur jüngeren attischen Schule, manchmal auch zum spätklassischer Manierismus

Fundumstände:
Der Hermes von Olympia ist eine Marmorgruppe, die auf das Jahr 340 v.Chr. datiert wird und am Übergang von der Spätklassik zum Hellenismus steht.
Gefunden wurde sie am 8.5.1877 bei Ausgrabungen im Heratempel von Olympia unter Gustav Hirschfeld. Diese Statue war von Pausanias bereits im 2. Jh. n. Chr. erwähnt und beschrieben worden (5, 7, 3). Sie wurde nun an genau dieser Stelle gefunden!
(4b) Praxiteles Hermes.jpg
Hermes mit Dionysosknaben, Olympia

Beschreibung:
Der elegante Hüftschwung und das Verhältnis von Standbein zu Spielbein, die sog. Ponderation, läßt den Einfluß von Polykleitos erkennen, die Proportionen der Beine den des Lysipp. Diskutiert wurde seit Beginn die griechische Originalität. So wurde die Statue auch für eine römische Kopie gehalten. Aber die Basis, die auch gefunden wure, stammt nachweislich aus dem 2.-1. Jh. v. Chr., was gegen eine römische Kopie spricht. Daß der Entwurf der Figur auf Praxiteles zurückgeht, ist jedoch unumstritten. Das Motiv des lässigen Sich-Aufstützens, der S-Schwung des schlanken Körpers und die weiche Modellierung der Oberflächen (Inkarnat) gelten als typisch praxitelische Stilmerkmale. Heute ist man mehrheitlich der Meinung, daß es sich um das griechische Original handelt.

Literatur:
(1) Pausanias, Reisebeschreibungen
(2) Georg Treu, Hermes mit dem Dionysosknaben: ein Originalwerk des Praxiteles gefunden im Heraion zu Olympia, Berlin 1878.
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia

Dies war jetzt der letzte Beitrag, den ich vorbereitet hatte. Es lohnt sich sicher, einmal die eigene Sammlung durchzusehen, ob man Abbildungen von bekannten Statuen findet. Ich habe nur Münzen ausgesucht, bei denen der Künstler mehr oder wenig bekannt ist. Daneben gibt es eine große Zahl von Münzen mit Statuen, bei denen der Künstler (bisher?) nicht bekannt ist.

Liebe Grüße
Jochen
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