Historisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Historisch interessante Münzen
Aretas IV. Philopatris
Aretas IV. (9 v.Chr. - 40 n.Chr.) war der bedeutendste der nabatäischen Könige. Unter ihm besaß das Königreich Nabatu die größte Ausdehnung. 80% aller gefundenen nabatäischen Münzen wurden in seiner Regierungszeit geprägt. Das spricht für eine blühende Wirtschaft. Es gab Beziehungen zu weit entfernten Ländern. Nabatäische Münzen wurden gefunden in Zypern, Dura-Europos, Susa im Iran und nach einer Mitteilung von Dr. Cahn sogar in der Schweiz.
Ursprünglich soll Aretas Aeneas geheißen haben (Josephus), habe aber nach seiner Thronbesteigung den Namen Aretas angenommen. Sein nabatäischer Name war hrtt, was als Harithath gelesen wird. Er legte sich den Namen rahem 'ameh, griech. Philopatris (wörtlich eigentlich Philodemos) zu, was bedeutet "der sein Volk liebt (und nicht die Römer)". Manchmal liest man fälschlicherweise "den sein Volk liebt". Aber Philadelphos im Namen des Ptolemaios II. heißt auch "der seine Schwester liebt" und nicht "der von seiner Schwester geliebt wird".
1. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV., 9 v.Chr. - 40 n.Chr.
AE 15, 2.02g, 14.97mm, 0°
Petra, 39/40 n. Chr
Av.: Belorbeerter Kopf des Aretas, mit Moustache und mit Haaren, die bis in den Nacken fallen
[re. im Feld H (für Harithath)]
Rv.: Kranz mit nabatäischer Inschrift (von re. nach li.): = T T R H = Harithath
Ref.: Meshorer 115
selten, fast SS, Sandpatina Aretas kam 9 v. Chr. auf den Thron als Nachfolger von Obodas. Ob er an dessen Tod beteiligt war - Obodas ist wahrscheinlich vergiftet worden, ist nicht geklärt. Auch die familiäre Abstammung Aretas' ist nicht endgültig geklärt. Seine Thronbesteigung lief nicht problemlos ab. Er hatte sich gegen Syllaeus durchzusetzen und er trat seine Herrschaft an ohne die Erlaubnis von Augustus erhalten zu haben. Darüber war Augustus sehr verärgert und hatte vor, ihn abzusetzen und sein Reich dem Herodes zu übertragen. Doch hielten ihn dessen hohes Alter und mögliche Thronstreitigkeiten davon ab und so wurde Aretas später von ihm anerkannt (Josephus, ant.)
Aretas hatte zwei Ehefrauen. Mit Huldu (1-16 n. Chr.) war er schon bei seiner Thronbesteigung verheiratet. Von ihr gibt es Abbildungen auf Münzen bis 16 n. Chr. Nach einer Lücke von einigen Jahren heiratete er wohl 23 n. Chr. seine Schwester Shuqailat. Mit Huldu hatte er 6 Kinder: die Söhne Malichus, Obodas und Rabbel, und die Töchter Phasael, Shudat und Hagera (Jane Taylor, 2001). Mit Shuqailat hatte er 4 Kinder: Hagru, Malichus, Jameelah und Shuqailat II.
2. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Huldu, 9 v. Chr. - 40 n Chr.
AR - Drachme, 3.53g, 13.94mm, 0°
Petra, 6/5 v. Chr.
Av.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [HM]' MHR WTBN K L[M TTRH]
= [Harithath Ma]lik - Nabatu Rahem [Amha]
= Harithath König der Nabatäer Liebhaber seines Volkes
Büste des Aretas IV., diademiert, drapiert und belorbeert, n. r.
Rv.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [T N S WT B N] T K L M WDLH
= Huldu Malikat - [Nabatu Shanat 4]
= Huldu Königin der Nabatäer Jahr 4
Büste der Huldu, diademiert und verschleiert, drapiert, n. r.
Ref.: Meshorer 54
selten, fast SS 3. Münze
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Shuqailat, 9 v Chr. - 40 n. Chr.
AR - Drachme, 3.79g, 16.25mm, 0°
Petra,
Av.: nabatäische Legende (von re. nach li.): H M ' M HR[WTBN K LM TTRH]
= Harithath Malik Nabatu Rahem Amha
= Harithath König der Nabatäer Liebhaber seines'Volkes
Büste des Aretas IV., diademiert, drapiert und belorbeert, n. r.
Rv.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [T NS WT B N]T K L M T L Y Q S
= Shuqailat Malikat Nabatu Shanat (Jahreszahl)
= Shuqailat Königin der Nabatäer Jahr (Jahreszahl)
Hintereinanderstehende Büsten des Aretas IV., belorbeert, und der Shuqailat, drapiert, n. r.
Ref.: Meshorer Nabatean 99-111
S+ Anmerkung:
Beim der Schreibung des Namens Shuqailat folge ich Meshorer und Barkay.
(wird fortgesetzt)
Aretas IV. (9 v.Chr. - 40 n.Chr.) war der bedeutendste der nabatäischen Könige. Unter ihm besaß das Königreich Nabatu die größte Ausdehnung. 80% aller gefundenen nabatäischen Münzen wurden in seiner Regierungszeit geprägt. Das spricht für eine blühende Wirtschaft. Es gab Beziehungen zu weit entfernten Ländern. Nabatäische Münzen wurden gefunden in Zypern, Dura-Europos, Susa im Iran und nach einer Mitteilung von Dr. Cahn sogar in der Schweiz.
Ursprünglich soll Aretas Aeneas geheißen haben (Josephus), habe aber nach seiner Thronbesteigung den Namen Aretas angenommen. Sein nabatäischer Name war hrtt, was als Harithath gelesen wird. Er legte sich den Namen rahem 'ameh, griech. Philopatris (wörtlich eigentlich Philodemos) zu, was bedeutet "der sein Volk liebt (und nicht die Römer)". Manchmal liest man fälschlicherweise "den sein Volk liebt". Aber Philadelphos im Namen des Ptolemaios II. heißt auch "der seine Schwester liebt" und nicht "der von seiner Schwester geliebt wird".
1. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV., 9 v.Chr. - 40 n.Chr.
AE 15, 2.02g, 14.97mm, 0°
Petra, 39/40 n. Chr
Av.: Belorbeerter Kopf des Aretas, mit Moustache und mit Haaren, die bis in den Nacken fallen
[re. im Feld H (für Harithath)]
Rv.: Kranz mit nabatäischer Inschrift (von re. nach li.): = T T R H = Harithath
Ref.: Meshorer 115
selten, fast SS, Sandpatina Aretas kam 9 v. Chr. auf den Thron als Nachfolger von Obodas. Ob er an dessen Tod beteiligt war - Obodas ist wahrscheinlich vergiftet worden, ist nicht geklärt. Auch die familiäre Abstammung Aretas' ist nicht endgültig geklärt. Seine Thronbesteigung lief nicht problemlos ab. Er hatte sich gegen Syllaeus durchzusetzen und er trat seine Herrschaft an ohne die Erlaubnis von Augustus erhalten zu haben. Darüber war Augustus sehr verärgert und hatte vor, ihn abzusetzen und sein Reich dem Herodes zu übertragen. Doch hielten ihn dessen hohes Alter und mögliche Thronstreitigkeiten davon ab und so wurde Aretas später von ihm anerkannt (Josephus, ant.)
Aretas hatte zwei Ehefrauen. Mit Huldu (1-16 n. Chr.) war er schon bei seiner Thronbesteigung verheiratet. Von ihr gibt es Abbildungen auf Münzen bis 16 n. Chr. Nach einer Lücke von einigen Jahren heiratete er wohl 23 n. Chr. seine Schwester Shuqailat. Mit Huldu hatte er 6 Kinder: die Söhne Malichus, Obodas und Rabbel, und die Töchter Phasael, Shudat und Hagera (Jane Taylor, 2001). Mit Shuqailat hatte er 4 Kinder: Hagru, Malichus, Jameelah und Shuqailat II.
2. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Huldu, 9 v. Chr. - 40 n Chr.
AR - Drachme, 3.53g, 13.94mm, 0°
Petra, 6/5 v. Chr.
Av.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [HM]' MHR WTBN K L[M TTRH]
= [Harithath Ma]lik - Nabatu Rahem [Amha]
= Harithath König der Nabatäer Liebhaber seines Volkes
Büste des Aretas IV., diademiert, drapiert und belorbeert, n. r.
Rv.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [T N S WT B N] T K L M WDLH
= Huldu Malikat - [Nabatu Shanat 4]
= Huldu Königin der Nabatäer Jahr 4
Büste der Huldu, diademiert und verschleiert, drapiert, n. r.
Ref.: Meshorer 54
selten, fast SS 3. Münze
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Shuqailat, 9 v Chr. - 40 n. Chr.
AR - Drachme, 3.79g, 16.25mm, 0°
Petra,
Av.: nabatäische Legende (von re. nach li.): H M ' M HR[WTBN K LM TTRH]
= Harithath Malik Nabatu Rahem Amha
= Harithath König der Nabatäer Liebhaber seines'Volkes
Büste des Aretas IV., diademiert, drapiert und belorbeert, n. r.
Rv.: nabatäische Legende (von re. nach li.): [T NS WT B N]T K L M T L Y Q S
= Shuqailat Malikat Nabatu Shanat (Jahreszahl)
= Shuqailat Königin der Nabatäer Jahr (Jahreszahl)
Hintereinanderstehende Büsten des Aretas IV., belorbeert, und der Shuqailat, drapiert, n. r.
Ref.: Meshorer Nabatean 99-111
S+ Anmerkung:
Beim der Schreibung des Namens Shuqailat folge ich Meshorer und Barkay.
(wird fortgesetzt)
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 24.02.22 15:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Historisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
Das Problem mit Phasael:
Phasael wird auf 2 Inschriften erwähnt: von Avdat im Negev und von en-Numir in Petra. Daraus ergeben sich 2 mögliche Annahmen:
(1) Phasael war der erstgeborene Sohn des Aretas, der früh starb und seinem Vater nicht auf dem Thron folgen konnte (Meshorer 1975; Schmitt-Korte/Price1994).
(2) Phasael war eine Tochter des Aretas, aber nicht die erstgeborene. So kann die Jahresangabe 5 nicht ihre Geburt bezeichnen, sondern ist das Jahr ihrer Hochzeit (Schwentzel 2010).
Rahel Barkay faßt zusammen:
Phasael war eine Tochter und 5 ist das Jahr ihrer Geburt. Auf einer Münze, die 2017 auf einem Antiquitätenmarkt in Jordanien entdeckt wurde, geht klar hervor, daß sie eine Tochter des Aretas mit Huldu war. Die irrige Annahme, daß Phasael ein Sohn war, kann damit zusammenhängen, daß ein Bruder Herodes des Großen Phasael hieß.
4. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Phasael,
9 v. Chr. - 40 n. Chr.
AE 14, 1.89g, 14.21mm, 0°
Petra, 5/4 v. Chr.
Av.: diademierter Kopf des Aretas n. r.
davor H (für Aretas)
Rv. Doppelcornuacopiae n. r., im li. Feld Palmzweig
im re. unteren Feld nabatäisch (von re. nach li.): = S P (für Phasael)
Ref.: Meshorer 61A
S+, mit sandigen Auflagerungen Anmerkung:
Diese Münzen wurden zur Geburt von Phasael im Jahre 5 geprägt. Deshalb auch der Palmzweig im li. Feld,als Zeichen eines bedeutenden und frohen Ereignisses!
Phasaels Heirat mit Herodes Antipas
Aretas war der mächtigste Nachbar von Judaea und nahm häufig Einfluß auf dessen Politik. So unterstützte er den römischen Statthalter von Syrien, Quintilius Varus (den von der Schlacht im Teutoburger Wald), indem er ihm Hilfstruppen gegen Herodes den Großen nach Judaea schickte.
Aretas verheiratete seine Tochter Phasael mit Herodes Antipas, dem Tetrarchen von Galiläa und Peräa. Antipas verliebte sich in die ehrgeizige Herodias, die Frau seines Halbbruders Herodes Boethos. Diese war auch seine Nichte und die Enkelin Herodes des Großen und die Mutter der Salome. Um sie heiraten zu können, verstieß er Phasael, die zu ihrem Vater floh (ca. 34/35, wobei die Jahreszahlen alle etwas ungewiß sind).
Daraufhin zog Aretas 35/36(?) gegen Antipas, mit dem er ständig Grenzstreitigkeiten hatte, zu Felde und fügte ihm in einem Grenzkrieg eine schwere Niederlage bei, wonach er das Gebiet entlang des Jordans einschließlich der Gebiete um Qumran einnahm. In diesem Zusammenhang steht auch die Enthauptung Johannes' des Täufers, hinter der wohl Herodias gesteckt hat. Unter dem Namen Herodes erscheint Antipas im Neuen Testament.
Antipas gelang es nur mit Hilfe römischer Truppen zu entkommen. Er wandte sich darauf an Kaiser Tiberius, der seinem Statthalter Lucius Vitellius befahl, Aretas anzugreifen und ihn zu bestrafen. Als aber Caligula den Thron bestieg, brach Vitellius den Feldzug ab, weil er keine Vollmacht mehr zu haben glaubte. Auf Betreiben von Herodias ging Antipas nach Rom, um dort von Caligula den Königstitel zu fordern. Caligula aber verbannte Antipas nach Lugdunum und hat dann entweder Aretas mit Damaskus belehnt oder von Aretas einen Aufseher für die damaszenischen Beduinen einsetzen lassen. Jedenfalls stand Damaskus unter einem Ethnarchen des Aretas, als Paulus in der Stadt war. Darüber wird im Neuen Testament berichtet. Im 2. Korintherbrief 11, 32-33 schreibt Paulus:
32. Zu Damaskus verwahrte der Landpfleger des Königs Aretas die Stadt der Damasker und wollte mich greifen, 33. Und ich ward in einem Korbe zum Fenster durch die Mauer niedergelassen und entrann aus seinen Händen.
Diese Episode wird auch in der Apostelgeschichte 9, 23-25 erwähnt. Mit Landpfleger wurde das griechische Ethnarch übersetzt.
In Petra, der Hauptstadt von Nabatu, ließ Aretas ein Theater für 85000 Zuschauer errichten. Dies war die Zeit, in der das nabatäische Reich seine größte Ausdehnung besaß. Es umfaßte den Süden Syriens (zeitweilig sogar die Metropole Damaskus), fast ganz Jordanien, den Norden von Saudi-Arabien und den Süden von Palästina (Wüste Negev).
Um 40 n. Ch. starb Aretas, der auch "der Große" genannt wurde. Mit 49 Jahren hatte er die längste Regierungszeit aller nabatäischen Könige. Es war ihm gelungen, die Einheit seines Reiches zu wahren und die Römer hatten ihn in seinem Amt belassen. Seine Nachfolger auf dem Thron wurden sein ältester Sohn Malichus II. und seine Tochter Shuqailat II.
Quellen:
(1) Die Bibel, Berlin 1927
(2) Novum Testamentum Graece, Stuttgart 1960
(3) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer
Literatur:
(1) Der Kleine Pauly
(2) Meshorer, Nabatean Coins, QEDEM 3, 1975
(3) Rahel Barkay, Coinage of the Nabataeans, QEDEM 58, 2019
(4) Bibellexikon (online)
(5) jewiki.net
(6) Jane Taylor: Petra: And the Lost Kingdom of the Nabataeans, 2001
(7) Syllaeus – der nabatäische Superminister, Artikel in diesem Thread
(8) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Das Problem mit Phasael:
Phasael wird auf 2 Inschriften erwähnt: von Avdat im Negev und von en-Numir in Petra. Daraus ergeben sich 2 mögliche Annahmen:
(1) Phasael war der erstgeborene Sohn des Aretas, der früh starb und seinem Vater nicht auf dem Thron folgen konnte (Meshorer 1975; Schmitt-Korte/Price1994).
(2) Phasael war eine Tochter des Aretas, aber nicht die erstgeborene. So kann die Jahresangabe 5 nicht ihre Geburt bezeichnen, sondern ist das Jahr ihrer Hochzeit (Schwentzel 2010).
Rahel Barkay faßt zusammen:
Phasael war eine Tochter und 5 ist das Jahr ihrer Geburt. Auf einer Münze, die 2017 auf einem Antiquitätenmarkt in Jordanien entdeckt wurde, geht klar hervor, daß sie eine Tochter des Aretas mit Huldu war. Die irrige Annahme, daß Phasael ein Sohn war, kann damit zusammenhängen, daß ein Bruder Herodes des Großen Phasael hieß.
4. Münze:
Reich der Nabatäer, Aretas IV. Philopatris & Phasael,
9 v. Chr. - 40 n. Chr.
AE 14, 1.89g, 14.21mm, 0°
Petra, 5/4 v. Chr.
Av.: diademierter Kopf des Aretas n. r.
davor H (für Aretas)
Rv. Doppelcornuacopiae n. r., im li. Feld Palmzweig
im re. unteren Feld nabatäisch (von re. nach li.): = S P (für Phasael)
Ref.: Meshorer 61A
S+, mit sandigen Auflagerungen Anmerkung:
Diese Münzen wurden zur Geburt von Phasael im Jahre 5 geprägt. Deshalb auch der Palmzweig im li. Feld,als Zeichen eines bedeutenden und frohen Ereignisses!
Phasaels Heirat mit Herodes Antipas
Aretas war der mächtigste Nachbar von Judaea und nahm häufig Einfluß auf dessen Politik. So unterstützte er den römischen Statthalter von Syrien, Quintilius Varus (den von der Schlacht im Teutoburger Wald), indem er ihm Hilfstruppen gegen Herodes den Großen nach Judaea schickte.
Aretas verheiratete seine Tochter Phasael mit Herodes Antipas, dem Tetrarchen von Galiläa und Peräa. Antipas verliebte sich in die ehrgeizige Herodias, die Frau seines Halbbruders Herodes Boethos. Diese war auch seine Nichte und die Enkelin Herodes des Großen und die Mutter der Salome. Um sie heiraten zu können, verstieß er Phasael, die zu ihrem Vater floh (ca. 34/35, wobei die Jahreszahlen alle etwas ungewiß sind).
Daraufhin zog Aretas 35/36(?) gegen Antipas, mit dem er ständig Grenzstreitigkeiten hatte, zu Felde und fügte ihm in einem Grenzkrieg eine schwere Niederlage bei, wonach er das Gebiet entlang des Jordans einschließlich der Gebiete um Qumran einnahm. In diesem Zusammenhang steht auch die Enthauptung Johannes' des Täufers, hinter der wohl Herodias gesteckt hat. Unter dem Namen Herodes erscheint Antipas im Neuen Testament.
Antipas gelang es nur mit Hilfe römischer Truppen zu entkommen. Er wandte sich darauf an Kaiser Tiberius, der seinem Statthalter Lucius Vitellius befahl, Aretas anzugreifen und ihn zu bestrafen. Als aber Caligula den Thron bestieg, brach Vitellius den Feldzug ab, weil er keine Vollmacht mehr zu haben glaubte. Auf Betreiben von Herodias ging Antipas nach Rom, um dort von Caligula den Königstitel zu fordern. Caligula aber verbannte Antipas nach Lugdunum und hat dann entweder Aretas mit Damaskus belehnt oder von Aretas einen Aufseher für die damaszenischen Beduinen einsetzen lassen. Jedenfalls stand Damaskus unter einem Ethnarchen des Aretas, als Paulus in der Stadt war. Darüber wird im Neuen Testament berichtet. Im 2. Korintherbrief 11, 32-33 schreibt Paulus:
32. Zu Damaskus verwahrte der Landpfleger des Königs Aretas die Stadt der Damasker und wollte mich greifen, 33. Und ich ward in einem Korbe zum Fenster durch die Mauer niedergelassen und entrann aus seinen Händen.
Diese Episode wird auch in der Apostelgeschichte 9, 23-25 erwähnt. Mit Landpfleger wurde das griechische Ethnarch übersetzt.
In Petra, der Hauptstadt von Nabatu, ließ Aretas ein Theater für 85000 Zuschauer errichten. Dies war die Zeit, in der das nabatäische Reich seine größte Ausdehnung besaß. Es umfaßte den Süden Syriens (zeitweilig sogar die Metropole Damaskus), fast ganz Jordanien, den Norden von Saudi-Arabien und den Süden von Palästina (Wüste Negev).
Um 40 n. Ch. starb Aretas, der auch "der Große" genannt wurde. Mit 49 Jahren hatte er die längste Regierungszeit aller nabatäischen Könige. Es war ihm gelungen, die Einheit seines Reiches zu wahren und die Römer hatten ihn in seinem Amt belassen. Seine Nachfolger auf dem Thron wurden sein ältester Sohn Malichus II. und seine Tochter Shuqailat II.
Quellen:
(1) Die Bibel, Berlin 1927
(2) Novum Testamentum Graece, Stuttgart 1960
(3) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer
Literatur:
(1) Der Kleine Pauly
(2) Meshorer, Nabatean Coins, QEDEM 3, 1975
(3) Rahel Barkay, Coinage of the Nabataeans, QEDEM 58, 2019
(4) Bibellexikon (online)
(5) jewiki.net
(6) Jane Taylor: Petra: And the Lost Kingdom of the Nabataeans, 2001
(7) Syllaeus – der nabatäische Superminister, Artikel in diesem Thread
(8) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
- Peter43
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Re: Historisch interessante Münzen
Ein Beispiel dafür, wie eng wir kulturell mit der Ukraine verbunden sind:
Tyras - vom Rand der antiken Welt
Schon lange habe ich ein starkes Interesse an den griechischen Städten der nördlichen Schwarzmeerküste. Die folgende Münze, die selten ist wie alle Münzen von Tyras, gibt mir die Gelegenheit, etwas über Tyras zu schreiben.
Die Münze:
Sarmatien, Tyras, Antoninus Pius, 138-161
AE 16, 2.54g, 15.87mm, 0°
Av.: AVT ANTΩNEINON [CEB]
belorbeerte Büste n. r.
Rv.: [T]YPA - N - ΩN
Herakles, nackt, frontal stehen, n.r. blickend, stützt sich mit der Rechten auf seine Keule, hält über dem ausgestreckten li. Arm das Löwenfell
und in der li. Hand die Äpfel der Hesperiden.
Ref.: AMNG I/1, Taf.XII, 25 (Giel, stempelgleich); SNG Copenhagen 117; RPC Online IV, Nr. 3672 (temp.)
selten, fast SS, dunkelgrüne Patina Anmerkungen:
(1) Die Legende auf der Vs. steht im Akkusativ des äußeren Objekts, der auf Münzen nur selten verwendet wird. Man ergänze etwa ["Die Einwohner von Tyras feiern, ehren"] den Kaiser Antoninus Pius"
(2) "Die Küstengebiete des Schwarzen Meeres bis zur Borysthenesmündung" war ursprünglich für den Band AMNG I/2 in Aussicht genommen worden. Die Kgl. Akademie der Wissenschaften hat das dafür gesammelte Material 1904 Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Alexander Michailowitsch von Rußland überlassen. Diese Arbeit ist allerdings nie erschienen. So kommt es, daß es zwar eine Abbildung dieser Münze in AMNG I/1 gibt, aber eine Beschreibung nicht vorhanden ist.
(3) Christian Giel (1837-1909) war ein deutscher Erzieher und Numismatiker in Rußland.
Tyras (lateinisch Tyra) war eine griechische Stadt an der nördlichen Schwarzmeerküste ca. 80km südwest-lich von Olbia.
Sie lag am re. Ufer des gleichnamigen Flusses (des heutigen Dnister, russ. Dnjestr) etwa 10km von dessen Mündung entfernt. Der Tyras bildet vor seiner Mündung in das Schwarze Meer einen Liman, eine Art großer Lagune (siehe unten "Geographische Bemerkungen"
Gegründet wurde Tyras im 6.Jh. v.Chr. von milesischen Siedlern in einem Gebiet, das von dem einheimischen Stamm der Tyragetes (Tyragetae) besiedelt wurde, den Geten am Fluß Tyras. Weiter westlich siedelten Geten und Daker. Tyras gehörte zur antiken Region Sarmatia. Das war seit Pomponius Mela die Bezeichnung des von den Sarmaten bewohnten Gebietes. Bei Herodot hieß es noch σκυθικη χωρα (= Skythisches Land). Erstmals wurde Tyras von Herodot erwähnt. Seine Geschichte ist nur bruchstückhaft bekannt.
Ursprünglich wurde die Stadt Ophiussa (= Stadt der Schlangen) genannt. Lange Zeit (bis Mitte des 4.Jh.) stand sie unter dem Einfluß des mächtigeren Istros. Erst Mitte des 4. Jh. nahm sie die Merkmale einer typischen griechischen Polis an (Zograf, Blavatsky). Ihr Name ist wohl thrakischen Ursprungs.
Wir wissen, daß das Verwaltungssystem, der Kalender und die religiösen Kulte identisch waren mit denen von Milet. So gab es 5 Archonten, einen Senat und eine Vollversammlung (Pauly).
Aufgrund ihrer günstigen Lage spielte sie eine wichtige Rolle im Handel mit den nördlichen Gebieten des Schwarzen Meeres und war wahrscheinlich ein Zentrum für den Handel mit Getreide, Fisch und Wein. Auch die wenigen Inschriften, die es gibt, beziehen sich meist auf den Handel. Dazu gehörte natürlich auch der Handel mit Sklaven
Trotz hinreichend belegter Handelsbeziehungen mit Athen im 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. unterhielt es einen viel lebhafteren Handel mit den einheimischen Stämmen und anderen pontischen Städten. Ihr eigener Herrschaftsbereich beschränkte sich aber fast nur auf das Stadtgebiet.
Im 2. Jahrhundert v. Chr. geriet Tyras unter die Herrschaft einheimischer Könige, deren Namen auf den Münzen erscheinen.
Im 1. Jh. v. Chr. war das Gebiet ein Teil des Dakerreiches von Burebista.
Um 50 v. Chr. wurde es von den Geten zerstört. Aber im Jahr 56 n. Chr. scheint es von den Römern unter Nero wiederhergestellt worden zu sein und gehörte seit Domitian zur Provinz Moesia inferior. Bei den Römern hieß es Alba Julia.
Nachdem Trajan die Daker besiegt und die Provinz Dacia errichtet hatte, wurde die Stadt im 2. Jahrhundert durch starke Befestigungen geschützt und von Besatzungen der Legio I Italica, der Legio V Macedonica und der Legio XI Claudia bemannt. Wegen ihrer günstigen Lage diente sie als Stützpunkt für die römische Flotte. In Tyras war eine kleine Einheit der römischen Flotte stationiert, die Classis Flavia Moesica.
Die römische Münzprägung in Tyras begann in der Zeit des Domitians (81 n. Chr.) und hielt mit wenigen Unterbrechungen bis zum Ende der Herrschaft des Alexander Severus (235 n. Chr.) an. Die Münzen von Tyras aus dieser Zeit waren aus Kupfer und trugen Porträts der Mitglieder des kaiserlichen Familie. Auf den Rückseiten der Münzen finden sich neben Abbildungen bekannter griechischer Gottheiten wie Herakles, Dionysos, Athene, Demeter, Hermes und Nike das Bild der Stadttyche. Nach 230 n. Chr. wurde die Münzprägung aus unbekannten Gründen eingestellt - möglicherweise aufgrund einer allgemeinen Krise im Reich oder aufgrund von Kriegen, die durch die Invasionen von Goten und Hunnen verursacht wurden
Kurz nach dem Tod des Severus Alexander wurde Tyras durch den Einfall der Goten um 240 n. Chr. zerstört. Aber archäologische Funde zeigen, daß die Römer noch bis zum Ende des 4. Jahrhunderts unter Theodosius I. dort geblieben waren.
Später bauten die Byzantiner in der durch Barbareneinfälle zerstörten Stadt das Maurokastron "schwarze Festung", was die Genueser zu Moncastro machten.
Im Mittelalter war es unter dem griech. Namen Asprokastron (= “Weiße Burg”) bekannt. Dieser Name ist bestätigt, bis es 1484 von den ottomanischen Türken erobert wurde.
Von der Stadt sind nur wenige Überreste erhalten, da sie von der großen mittelalterlichen Festung Maurokastron überbaut wurde, die später Akkerman/Cetatea Alba genannt wurde.
Die Ruinen von Tyras befinden sich heute in der modernen Stadt Bilhorod-Dnistrovskyi im Gebiet Odessa in der Ukraine. Die archäologischen Ausgrabungen am Fuße des Festung dauern seit 1900 bis heute an. Bilhorod-Dnistrovskji mit der Festung. Links sieht man die Ausgrabungsstätte des antiken Tyras. Photo: Canadian Institute of Ukrainian Studies.
Anmerkung:
Es ist auffällig, daß viele Namen für Tyras sich auf die Farbe Weiß beziehen:
Asprokastron = Weiße Burg (griech.)
Alba Iulia (lat.)
Cetatea Alba = Weiße Burg (rumän.)
Akkerman = Weiße Burg (türk. Und russ. Bis 1944)
Bilhorod-Dnistrovskyi = Weiße Stadt am Dnistr (ukra-inisch)
Von anderen Städten in Rußland und der Ukraine wissen, wir, daß dies ein Hinweis auf größere Kalk- oder Kreidevorkommen ist. Darüber habe ich aber nichts weiter erfahren können.
Geographische Bemerkungen:
Der Dnistr (russ. Dnjestr, rumän. Nistru, poln. Dniestr) entspringt in einer Höhe von 900m in den ukrainischen Waldkarpaten in der Nähe der ukrainisch-polnischen Grenze. Nach 1352km mündet er in einem Liman in das Schwarze Meer.
Ein Liman (von griech. λιμένας Hafen, Bucht) ist ein lagunenartiger Strandsee, den es an der Küste des Schwarzen Meeres und des Kaspischen Meeres gibt. Diese typischen Mündungsgebiete entstanden durch den Anstieg des Meeresspiegels in der Nacheiszeit durch die Überflutung von Tälern. Sie verlaufen deshalb immer senkrecht zur Küstenlinie. Durch die Entwicklung von Nehrungen werden sie in weiten Teilen vom Meer abgeschnitten.
Der Dnister-Liman, an dem Tyras lag, ist ein Mündungsarm des Flusses Dnister. Seine Mündung ist durch eine breite (von 40 bis 500 Meter) Sandbank (Buhas) vom Schwarzen Meer getrennt und mit diesem durch die schmale Dnister-Passage verbunden.
Anmerkung:
Pomponius Mela, gest. um 45 n.Chr., war ein römischer Geograph und Kosmograph aus Tingentera am Nordufer der Straße von Gibraltar. In den Jahren 43–44 n. Chr., verfasste er mit De Chorographia eine Beschreibung der damals bekannten geographischen Welt.
Literatur:
(1) Herodot, Historien
(2) Pomponius Mela, De Chorographia
(3) Aleksandr Zograph, Monetii Tirii, Moskau, 1957
(4) AMNG I/1 und I/2
(5) Peter G. Burbules, Die antiken Münzen Griechenlands, Concordance of Images to Catalog Numbers Vol. I and I/II, 2001
(6) RE: Sarmatia
(7) Der Kleine Pauly
(8) Encyclopedia Britannica
(9) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Hand wörterbuch, 1954
(10) Adolf Kaegi, Kurzgefaßte griechische Schulgrammatik, 1957
(11) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Tyras - vom Rand der antiken Welt
Schon lange habe ich ein starkes Interesse an den griechischen Städten der nördlichen Schwarzmeerküste. Die folgende Münze, die selten ist wie alle Münzen von Tyras, gibt mir die Gelegenheit, etwas über Tyras zu schreiben.
Die Münze:
Sarmatien, Tyras, Antoninus Pius, 138-161
AE 16, 2.54g, 15.87mm, 0°
Av.: AVT ANTΩNEINON [CEB]
belorbeerte Büste n. r.
Rv.: [T]YPA - N - ΩN
Herakles, nackt, frontal stehen, n.r. blickend, stützt sich mit der Rechten auf seine Keule, hält über dem ausgestreckten li. Arm das Löwenfell
und in der li. Hand die Äpfel der Hesperiden.
Ref.: AMNG I/1, Taf.XII, 25 (Giel, stempelgleich); SNG Copenhagen 117; RPC Online IV, Nr. 3672 (temp.)
selten, fast SS, dunkelgrüne Patina Anmerkungen:
(1) Die Legende auf der Vs. steht im Akkusativ des äußeren Objekts, der auf Münzen nur selten verwendet wird. Man ergänze etwa ["Die Einwohner von Tyras feiern, ehren"] den Kaiser Antoninus Pius"
(2) "Die Küstengebiete des Schwarzen Meeres bis zur Borysthenesmündung" war ursprünglich für den Band AMNG I/2 in Aussicht genommen worden. Die Kgl. Akademie der Wissenschaften hat das dafür gesammelte Material 1904 Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Alexander Michailowitsch von Rußland überlassen. Diese Arbeit ist allerdings nie erschienen. So kommt es, daß es zwar eine Abbildung dieser Münze in AMNG I/1 gibt, aber eine Beschreibung nicht vorhanden ist.
(3) Christian Giel (1837-1909) war ein deutscher Erzieher und Numismatiker in Rußland.
Tyras (lateinisch Tyra) war eine griechische Stadt an der nördlichen Schwarzmeerküste ca. 80km südwest-lich von Olbia.
Sie lag am re. Ufer des gleichnamigen Flusses (des heutigen Dnister, russ. Dnjestr) etwa 10km von dessen Mündung entfernt. Der Tyras bildet vor seiner Mündung in das Schwarze Meer einen Liman, eine Art großer Lagune (siehe unten "Geographische Bemerkungen"
Gegründet wurde Tyras im 6.Jh. v.Chr. von milesischen Siedlern in einem Gebiet, das von dem einheimischen Stamm der Tyragetes (Tyragetae) besiedelt wurde, den Geten am Fluß Tyras. Weiter westlich siedelten Geten und Daker. Tyras gehörte zur antiken Region Sarmatia. Das war seit Pomponius Mela die Bezeichnung des von den Sarmaten bewohnten Gebietes. Bei Herodot hieß es noch σκυθικη χωρα (= Skythisches Land). Erstmals wurde Tyras von Herodot erwähnt. Seine Geschichte ist nur bruchstückhaft bekannt.
Ursprünglich wurde die Stadt Ophiussa (= Stadt der Schlangen) genannt. Lange Zeit (bis Mitte des 4.Jh.) stand sie unter dem Einfluß des mächtigeren Istros. Erst Mitte des 4. Jh. nahm sie die Merkmale einer typischen griechischen Polis an (Zograf, Blavatsky). Ihr Name ist wohl thrakischen Ursprungs.
Wir wissen, daß das Verwaltungssystem, der Kalender und die religiösen Kulte identisch waren mit denen von Milet. So gab es 5 Archonten, einen Senat und eine Vollversammlung (Pauly).
Aufgrund ihrer günstigen Lage spielte sie eine wichtige Rolle im Handel mit den nördlichen Gebieten des Schwarzen Meeres und war wahrscheinlich ein Zentrum für den Handel mit Getreide, Fisch und Wein. Auch die wenigen Inschriften, die es gibt, beziehen sich meist auf den Handel. Dazu gehörte natürlich auch der Handel mit Sklaven
Trotz hinreichend belegter Handelsbeziehungen mit Athen im 5. bis 4. Jahrhundert v. Chr. unterhielt es einen viel lebhafteren Handel mit den einheimischen Stämmen und anderen pontischen Städten. Ihr eigener Herrschaftsbereich beschränkte sich aber fast nur auf das Stadtgebiet.
Im 2. Jahrhundert v. Chr. geriet Tyras unter die Herrschaft einheimischer Könige, deren Namen auf den Münzen erscheinen.
Im 1. Jh. v. Chr. war das Gebiet ein Teil des Dakerreiches von Burebista.
Um 50 v. Chr. wurde es von den Geten zerstört. Aber im Jahr 56 n. Chr. scheint es von den Römern unter Nero wiederhergestellt worden zu sein und gehörte seit Domitian zur Provinz Moesia inferior. Bei den Römern hieß es Alba Julia.
Nachdem Trajan die Daker besiegt und die Provinz Dacia errichtet hatte, wurde die Stadt im 2. Jahrhundert durch starke Befestigungen geschützt und von Besatzungen der Legio I Italica, der Legio V Macedonica und der Legio XI Claudia bemannt. Wegen ihrer günstigen Lage diente sie als Stützpunkt für die römische Flotte. In Tyras war eine kleine Einheit der römischen Flotte stationiert, die Classis Flavia Moesica.
Die römische Münzprägung in Tyras begann in der Zeit des Domitians (81 n. Chr.) und hielt mit wenigen Unterbrechungen bis zum Ende der Herrschaft des Alexander Severus (235 n. Chr.) an. Die Münzen von Tyras aus dieser Zeit waren aus Kupfer und trugen Porträts der Mitglieder des kaiserlichen Familie. Auf den Rückseiten der Münzen finden sich neben Abbildungen bekannter griechischer Gottheiten wie Herakles, Dionysos, Athene, Demeter, Hermes und Nike das Bild der Stadttyche. Nach 230 n. Chr. wurde die Münzprägung aus unbekannten Gründen eingestellt - möglicherweise aufgrund einer allgemeinen Krise im Reich oder aufgrund von Kriegen, die durch die Invasionen von Goten und Hunnen verursacht wurden
Kurz nach dem Tod des Severus Alexander wurde Tyras durch den Einfall der Goten um 240 n. Chr. zerstört. Aber archäologische Funde zeigen, daß die Römer noch bis zum Ende des 4. Jahrhunderts unter Theodosius I. dort geblieben waren.
Später bauten die Byzantiner in der durch Barbareneinfälle zerstörten Stadt das Maurokastron "schwarze Festung", was die Genueser zu Moncastro machten.
Im Mittelalter war es unter dem griech. Namen Asprokastron (= “Weiße Burg”) bekannt. Dieser Name ist bestätigt, bis es 1484 von den ottomanischen Türken erobert wurde.
Von der Stadt sind nur wenige Überreste erhalten, da sie von der großen mittelalterlichen Festung Maurokastron überbaut wurde, die später Akkerman/Cetatea Alba genannt wurde.
Die Ruinen von Tyras befinden sich heute in der modernen Stadt Bilhorod-Dnistrovskyi im Gebiet Odessa in der Ukraine. Die archäologischen Ausgrabungen am Fuße des Festung dauern seit 1900 bis heute an. Bilhorod-Dnistrovskji mit der Festung. Links sieht man die Ausgrabungsstätte des antiken Tyras. Photo: Canadian Institute of Ukrainian Studies.
Anmerkung:
Es ist auffällig, daß viele Namen für Tyras sich auf die Farbe Weiß beziehen:
Asprokastron = Weiße Burg (griech.)
Alba Iulia (lat.)
Cetatea Alba = Weiße Burg (rumän.)
Akkerman = Weiße Burg (türk. Und russ. Bis 1944)
Bilhorod-Dnistrovskyi = Weiße Stadt am Dnistr (ukra-inisch)
Von anderen Städten in Rußland und der Ukraine wissen, wir, daß dies ein Hinweis auf größere Kalk- oder Kreidevorkommen ist. Darüber habe ich aber nichts weiter erfahren können.
Geographische Bemerkungen:
Der Dnistr (russ. Dnjestr, rumän. Nistru, poln. Dniestr) entspringt in einer Höhe von 900m in den ukrainischen Waldkarpaten in der Nähe der ukrainisch-polnischen Grenze. Nach 1352km mündet er in einem Liman in das Schwarze Meer.
Ein Liman (von griech. λιμένας Hafen, Bucht) ist ein lagunenartiger Strandsee, den es an der Küste des Schwarzen Meeres und des Kaspischen Meeres gibt. Diese typischen Mündungsgebiete entstanden durch den Anstieg des Meeresspiegels in der Nacheiszeit durch die Überflutung von Tälern. Sie verlaufen deshalb immer senkrecht zur Küstenlinie. Durch die Entwicklung von Nehrungen werden sie in weiten Teilen vom Meer abgeschnitten.
Der Dnister-Liman, an dem Tyras lag, ist ein Mündungsarm des Flusses Dnister. Seine Mündung ist durch eine breite (von 40 bis 500 Meter) Sandbank (Buhas) vom Schwarzen Meer getrennt und mit diesem durch die schmale Dnister-Passage verbunden.
Anmerkung:
Pomponius Mela, gest. um 45 n.Chr., war ein römischer Geograph und Kosmograph aus Tingentera am Nordufer der Straße von Gibraltar. In den Jahren 43–44 n. Chr., verfasste er mit De Chorographia eine Beschreibung der damals bekannten geographischen Welt.
Literatur:
(1) Herodot, Historien
(2) Pomponius Mela, De Chorographia
(3) Aleksandr Zograph, Monetii Tirii, Moskau, 1957
(4) AMNG I/1 und I/2
(5) Peter G. Burbules, Die antiken Münzen Griechenlands, Concordance of Images to Catalog Numbers Vol. I and I/II, 2001
(6) RE: Sarmatia
(7) Der Kleine Pauly
(8) Encyclopedia Britannica
(9) Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Hand wörterbuch, 1954
(10) Adolf Kaegi, Kurzgefaßte griechische Schulgrammatik, 1957
(11) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Mo 28.02.22 18:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Historisch interessante Münzen
Das ist in der Tat eine interessante Region, über die man bei uns zum Teil gar nicht so viel weiß. Ich hab' ziemlich gestaunt, als ich das erste Mal von Ruinen griechischer Tempel an der nördlichen Schwarzmeerküste erfahren hatte .
http://www.s391106508.websitehome.co.uk ... =0901_0334
http://numismatics.org/collection/1944.100.15160
https://www.acsearch.info/search.html?id=8934021
Gruß
Altamura
Was hat der aber jetzt mit der Münze hier zu tun? Das hab' ich nicht verstanden .
Das mag für die römische Münzprägung in Tyras gelten (die RPC jedoch schon früher anzusetzen scheint), die Griechen begannen aber bereits im vierten Jahrhundert v. Chr. recht ansehnliche Münzen zu prägen :
http://www.s391106508.websitehome.co.uk ... =0901_0334
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https://www.acsearch.info/search.html?id=8934021
Gruß
Altamura
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Re: Historisch interessante Münzen
Christian Giel war der Eigentümer der Münze aus Tyras, die Pick in der Hand hatte. Ich interessiere mich auch für die Sammler, die Pick erwähnt.
Ich hatte geschrieben;
Im 2. Jahrhundert v. Chr. geriet Tyras unter die Herrschaft einheimischer Könige, deren Namen auf den Münzen erscheinen.
Daraus sollte doch hervorgehen, daß es bereits eine vorrömische Münzprägung gegeben hatte. Aber ich haber sicherheitshaber ein "römisch" hinzugefügt.
Jochen
Ich hatte geschrieben;
Im 2. Jahrhundert v. Chr. geriet Tyras unter die Herrschaft einheimischer Könige, deren Namen auf den Münzen erscheinen.
Daraus sollte doch hervorgehen, daß es bereits eine vorrömische Münzprägung gegeben hatte. Aber ich haber sicherheitshaber ein "römisch" hinzugefügt.
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Ein Blick in die Werkstatt eines Stempelschneiders
Die antiken Stempelschneider waren auch nur Menschen und so unterliefen ihnen Fehler wie uns allen. Gerade bei römischen Provinzialmünzen gibt es viele Münzen mit Legendenfehlern, mehr als bei imperialen Münzen. Besonders interessant ist es, wenn der Stempelschneider seinen Fehler bemerkt hat. Da es aufwendiger und teurer war, einen neuen Stempel herzustellen, kam es manchmal vor, daß er diesen Fehler korrigiert hat. Münzen mit solchen Korrekturen sind ein interessantes Sammelgebiet, da sie uns einen Einblick in die Arbeit in den antiken Münzwerkstätten geben.
Ich stelle hier eine Reihe von Provinzialmünzen vor, auf denen ein Legendenfehler verbessert wurde. Ich habe folgende unterschiedliche Vorgehensweisen gefunden:
a) Ein vergessener Buchstabe wurde nachträglich eingefügt.
b) Ein falscher Buchstaben wurde nachträglich retouchiert.
c) Ein Buchstabe hat eine Doppelfunktion übernommen..
Wissen sollte man, daß bei Stempeln zuerst die Abbildung graviert wurde und anschließend die Legende von einem anderen Mitarbeiter eingepaßt werden mußte. Um Platz zu sparen habe habe ich jeweils nur die betroffene Seite abgebildet.
a) Ein vergessener Buchstabe wurde nachträglich eingefügt
(1) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Tyche) Die Ethnik auf der Rs. ist MAPKI-A-NOΠOΛEI und über das Feld verteilt T-Ω-N. Das erste O ist rund mit einem Punkt in der Mitte. Das zweite ist nur ein dicker Punkt. Es ist offensichtlich vergessen und nachträglich eingefügt worden.
Ref.: AMNG I/1, 588var.; Hristova/Jekov (2014) 6.14.38.29 (diese Münze).
(2) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Dionysos) Die Ethnik auf der Rs. heißt V AV ΓAΛΛOV MAPKIAN-OΠOΛITΩN. Diesmal hat der Stempelschneider das P von MAPKIANOΠOΛITΩN vergessen. Er fügte es nachträglich ein, aber da kein Platz für ein eigenes P mehr vorhanden war, setzte er dem K einfach einen kleinen Bogen an. So haben wir jetzt ein ligiertes PK mit spiegelbildlichem P.
Ref.: AMNG I/1, 556 var.; Hristova/Jekov (2014) 6.14.8.8 (diese Münze).
(3) Moesia inferior, Markianopolis, Macrinus, 217-218 Die korrekte Legende auf der Vs. ist AVT K OΠEΛ CEV - MAKPEINOC. Bemerkenswert ist hier die Tieferstellung des I unter die Lücke zwischen E und N von MAKPEINOC. Es wird kein subskribiertes I sein, sondern der Stempelschneider wird einfach das I vergessen haben und hat diesen Fehler zu korrigieren versucht. Dies hat auch Pick (AMNG) angemerkt!
Ref.: AMNG I/1, 712; Hristova/Jekov (2014) 6.23.38.5 (diese Münze)
(4) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Diadumenian, 217-218 (Homonoia) Die korrekte Legende wäre VΠ AΓPIΠΠA NIK - OΠOΛITΩN ΠPOC IC / TPW gewesen. Hier hat der Stempelschneider das O von ΠPOC vergessen und nur ΠPC geschrieben. Aber er wußte sich zu helfen: Er hat das fehlende o (etwas verkleinert) einfach unter das ΠPC geklemmt!
Ref.: AMNG I/1, 1813 var.; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.25.36.7 (diese Münze)
(5) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Macrinus, 217-218 Diese Rückseite mit demselben Fehler gibt es auch für Macrinus.
Ref.: AMNG I/1, 1703; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.23.36.7 (diese Münze)
(wird fortgesetzt)
Die antiken Stempelschneider waren auch nur Menschen und so unterliefen ihnen Fehler wie uns allen. Gerade bei römischen Provinzialmünzen gibt es viele Münzen mit Legendenfehlern, mehr als bei imperialen Münzen. Besonders interessant ist es, wenn der Stempelschneider seinen Fehler bemerkt hat. Da es aufwendiger und teurer war, einen neuen Stempel herzustellen, kam es manchmal vor, daß er diesen Fehler korrigiert hat. Münzen mit solchen Korrekturen sind ein interessantes Sammelgebiet, da sie uns einen Einblick in die Arbeit in den antiken Münzwerkstätten geben.
Ich stelle hier eine Reihe von Provinzialmünzen vor, auf denen ein Legendenfehler verbessert wurde. Ich habe folgende unterschiedliche Vorgehensweisen gefunden:
a) Ein vergessener Buchstabe wurde nachträglich eingefügt.
b) Ein falscher Buchstaben wurde nachträglich retouchiert.
c) Ein Buchstabe hat eine Doppelfunktion übernommen..
Wissen sollte man, daß bei Stempeln zuerst die Abbildung graviert wurde und anschließend die Legende von einem anderen Mitarbeiter eingepaßt werden mußte. Um Platz zu sparen habe habe ich jeweils nur die betroffene Seite abgebildet.
a) Ein vergessener Buchstabe wurde nachträglich eingefügt
(1) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Tyche) Die Ethnik auf der Rs. ist MAPKI-A-NOΠOΛEI und über das Feld verteilt T-Ω-N. Das erste O ist rund mit einem Punkt in der Mitte. Das zweite ist nur ein dicker Punkt. Es ist offensichtlich vergessen und nachträglich eingefügt worden.
Ref.: AMNG I/1, 588var.; Hristova/Jekov (2014) 6.14.38.29 (diese Münze).
(2) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Dionysos) Die Ethnik auf der Rs. heißt V AV ΓAΛΛOV MAPKIAN-OΠOΛITΩN. Diesmal hat der Stempelschneider das P von MAPKIANOΠOΛITΩN vergessen. Er fügte es nachträglich ein, aber da kein Platz für ein eigenes P mehr vorhanden war, setzte er dem K einfach einen kleinen Bogen an. So haben wir jetzt ein ligiertes PK mit spiegelbildlichem P.
Ref.: AMNG I/1, 556 var.; Hristova/Jekov (2014) 6.14.8.8 (diese Münze).
(3) Moesia inferior, Markianopolis, Macrinus, 217-218 Die korrekte Legende auf der Vs. ist AVT K OΠEΛ CEV - MAKPEINOC. Bemerkenswert ist hier die Tieferstellung des I unter die Lücke zwischen E und N von MAKPEINOC. Es wird kein subskribiertes I sein, sondern der Stempelschneider wird einfach das I vergessen haben und hat diesen Fehler zu korrigieren versucht. Dies hat auch Pick (AMNG) angemerkt!
Ref.: AMNG I/1, 712; Hristova/Jekov (2014) 6.23.38.5 (diese Münze)
(4) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Diadumenian, 217-218 (Homonoia) Die korrekte Legende wäre VΠ AΓPIΠΠA NIK - OΠOΛITΩN ΠPOC IC / TPW gewesen. Hier hat der Stempelschneider das O von ΠPOC vergessen und nur ΠPC geschrieben. Aber er wußte sich zu helfen: Er hat das fehlende o (etwas verkleinert) einfach unter das ΠPC geklemmt!
Ref.: AMNG I/1, 1813 var.; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.25.36.7 (diese Münze)
(5) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Macrinus, 217-218 Diese Rückseite mit demselben Fehler gibt es auch für Macrinus.
Ref.: AMNG I/1, 1703; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.23.36.7 (diese Münze)
(wird fortgesetzt)
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Re: Historisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
Die eben vorgestellte Münze hat eine weitere Besonderheit auf der Vs. Dort befindet sich zwischen dem I und dem N von MAKPINOC eine auffällige Lücke. Und wenn man genau hinschaut, kann man die Reste eines Buchstabens erkennen. Es hat den Anschein, als habe der Stempelschneider versehentlich MAKPIENOC geschrieben und anschließend das E entfernt hat. Und damit kommen wir bereits zum zweiten Teil unserer Betrachtung
b) Ein falscher Buchstabe wurde nachträglich retouchiert
(2) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Elagabal, 218-222 (Adler mit Standarten) Die korrekte Legende auf der Rs. wäre VΠ NOBIOV - POVΦOVNIKOΠOΛITΩN ΠPOC ICT und im li. Feld untereinander PO / N
Man kann in der Rv.-Legende jedoch deutlich POVΦO NIKOΠOΛITWN lesen. Aber das N von NIKO sieht mit seiner gebogenen li. Haste stark nach einem V aus. Mein Verdacht war, daß der Stempelschneider wohl das letzte V von ROVΦOV vergessen und dann aus dem N ein halbwegs lesbares V gemacht hatte. Der unbekannte Stempelschneider war unter dem Statthalter Novius Rufus für Elagabal tätig.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2012) 8.26. 47.2 corr. (Ligatur nicht bemerkt!); Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.26.47.1 (diese Münze)
Zunächst hatte ich diese Idee aufgegeben, weil Doug Smith meinte, es sei einfach ein Buchstabe vergessen worden (wohl das letzte V, denn das N von NIKOΠOΛ zu vergessen ist kaum vorstellbar), und ich mich seiner Autorität beugte. Aber danach habe ich eine zweite Münze mit demselben Fehler gefunden, diesmal auf einer Münze, die unter dem Statthalter Flavius Ulpianus für Caracalla geprägt worden war, also von einem ganz anderen Stempelschneider.
(3) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Caracalla, 198-217 (Dionysos) Hier ist die Rv.-Legende V ΦΛ OVΛΠIANO(VN) - I - KOΠOΛI ΠPOC I (VN ligiert!). Die nachträgliche Verbesserung ist noch deutlicher zu erkennen. Man kann richtig sehen, wie der Stempelschneider am N herumgeschnitzt hat! Nach dieser "Korrektur" war es möglich, das N gleichzeitig auch als V zu lesen. Interessant ist, daß beide Stempelschneider bei der Korrektur ihres Fehlers auf dieselbe Idee gekommen sind.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2012) 8.18.8.5 corr. (Legendenfehler übersehen!); Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.18.8.5 (diese Münze)
(4) Moesia inferior, Markianopolis, Philipp I. & Otacilia, 244-249 (Apollo Lykeios),
Beim dritten Beispiel steht im li. Feld der Rs. untereinander Π / OΛ / EI / T(ΩN). Aber der Dussel von Stempelschnei-der hat N / OΛ / EI / T(ΩN) geschrieben, dann aber nachträglich aus dem N ein Π gemacht hat. Aber das N darunter läßt sich nicht mehr verleugnen.
(5) Moesia inferior, Markianopolis, Philipp I. & Otacilia, 244-249 (Apollo Lykeios) Inzwischen habe ich das Glück gehabt, ein Ex. zu finden, bei dem das noch nicht verbesserte N / O / Λ / EI / T(ΩN) im Feld steht! Diese Version ist erheblich seltener. Ich selbst hatte sie vorher noch nie gesehen.
Ref.: AMNG I/1, 1199 var.; Hristova/Jekov (2014) 6.41.7.1 (diese Münze)
(6) Moesia inferioe, Nikopolis ad Istrum, Septimius Severus, 193-211 (Flußgott) Die Exemplare bei Pick aus Paris und Wien haben NEIKOΠ. Pick schreibt, dies sei offensichtlich aus NEIΠOT verbessert worden, wie auch das Bild auf Taf. XVII, 34 zeigt. Mein Exemplar hat klar den Legendenfehler NEIΠOT auf der Rs, d.h. hier ist der Legendenfehler auf dem Stempel noch nicht verbessert worden
Ref.: AMNG I/1, 1310; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.14.32.14 corr. (diese Münze)
(wird fortgesetzt)
Die eben vorgestellte Münze hat eine weitere Besonderheit auf der Vs. Dort befindet sich zwischen dem I und dem N von MAKPINOC eine auffällige Lücke. Und wenn man genau hinschaut, kann man die Reste eines Buchstabens erkennen. Es hat den Anschein, als habe der Stempelschneider versehentlich MAKPIENOC geschrieben und anschließend das E entfernt hat. Und damit kommen wir bereits zum zweiten Teil unserer Betrachtung
b) Ein falscher Buchstabe wurde nachträglich retouchiert
(2) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Elagabal, 218-222 (Adler mit Standarten) Die korrekte Legende auf der Rs. wäre VΠ NOBIOV - POVΦOVNIKOΠOΛITΩN ΠPOC ICT und im li. Feld untereinander PO / N
Man kann in der Rv.-Legende jedoch deutlich POVΦO NIKOΠOΛITWN lesen. Aber das N von NIKO sieht mit seiner gebogenen li. Haste stark nach einem V aus. Mein Verdacht war, daß der Stempelschneider wohl das letzte V von ROVΦOV vergessen und dann aus dem N ein halbwegs lesbares V gemacht hatte. Der unbekannte Stempelschneider war unter dem Statthalter Novius Rufus für Elagabal tätig.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2012) 8.26. 47.2 corr. (Ligatur nicht bemerkt!); Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.26.47.1 (diese Münze)
Zunächst hatte ich diese Idee aufgegeben, weil Doug Smith meinte, es sei einfach ein Buchstabe vergessen worden (wohl das letzte V, denn das N von NIKOΠOΛ zu vergessen ist kaum vorstellbar), und ich mich seiner Autorität beugte. Aber danach habe ich eine zweite Münze mit demselben Fehler gefunden, diesmal auf einer Münze, die unter dem Statthalter Flavius Ulpianus für Caracalla geprägt worden war, also von einem ganz anderen Stempelschneider.
(3) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Caracalla, 198-217 (Dionysos) Hier ist die Rv.-Legende V ΦΛ OVΛΠIANO(VN) - I - KOΠOΛI ΠPOC I (VN ligiert!). Die nachträgliche Verbesserung ist noch deutlicher zu erkennen. Man kann richtig sehen, wie der Stempelschneider am N herumgeschnitzt hat! Nach dieser "Korrektur" war es möglich, das N gleichzeitig auch als V zu lesen. Interessant ist, daß beide Stempelschneider bei der Korrektur ihres Fehlers auf dieselbe Idee gekommen sind.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2012) 8.18.8.5 corr. (Legendenfehler übersehen!); Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.18.8.5 (diese Münze)
(4) Moesia inferior, Markianopolis, Philipp I. & Otacilia, 244-249 (Apollo Lykeios),
Beim dritten Beispiel steht im li. Feld der Rs. untereinander Π / OΛ / EI / T(ΩN). Aber der Dussel von Stempelschnei-der hat N / OΛ / EI / T(ΩN) geschrieben, dann aber nachträglich aus dem N ein Π gemacht hat. Aber das N darunter läßt sich nicht mehr verleugnen.
(5) Moesia inferior, Markianopolis, Philipp I. & Otacilia, 244-249 (Apollo Lykeios) Inzwischen habe ich das Glück gehabt, ein Ex. zu finden, bei dem das noch nicht verbesserte N / O / Λ / EI / T(ΩN) im Feld steht! Diese Version ist erheblich seltener. Ich selbst hatte sie vorher noch nie gesehen.
Ref.: AMNG I/1, 1199 var.; Hristova/Jekov (2014) 6.41.7.1 (diese Münze)
(6) Moesia inferioe, Nikopolis ad Istrum, Septimius Severus, 193-211 (Flußgott) Die Exemplare bei Pick aus Paris und Wien haben NEIKOΠ. Pick schreibt, dies sei offensichtlich aus NEIΠOT verbessert worden, wie auch das Bild auf Taf. XVII, 34 zeigt. Mein Exemplar hat klar den Legendenfehler NEIΠOT auf der Rs, d.h. hier ist der Legendenfehler auf dem Stempel noch nicht verbessert worden
Ref.: AMNG I/1, 1310; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.14.32.14 corr. (diese Münze)
(wird fortgesetzt)
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Re: Historisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
c) Ein Buchstabe hat eine Doppelfunktion übernommen.
Die eleganteste Methode finden wir auf der folgenden Münze.
(1) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Dionysos) Die Abb. von AMNG I/1, 556 auf Taf. XVI zeigt klar die Legende MAP - K - IANOΠOΛITΩ. Während bei meiner Münze das I fehlt. Allerdings ist das obere Ende des Thyrsos so in die Legende eingefügt, daß es wie ein I wirkt. Nun ist es gut möglich, daß dies den Stempelschneider verführt hat, das eigentliche I wegzulassen, so wie es auch Varbanov und Hristova/Jekov nicht aufgefallen ist, daß das I fehlt.
Oder es besteht die Möglichkeit, daß das obere Thyrsosende gleichzeitig die Funktion des I übernommen hat. Ist so etwas damals möglich gewesen? Oder ist es doch nur ein ungewollter, aber interessanter Legendenfehler?
(2) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Gordian III., 238-244 (Glykon) Ein hübsches Beispiel für die Verbindung von Legende und Zeichnung zeigt die folgende Münze des Gordian III. Die Rv.-Legende lautet
VΠ CAB MOΔECT(OV) - NIKOΠOΛEIT(ΩN) (ΠP)OC ICT.
Die Glykonkonschlange ist dargestellt mit einer imponierenden Mähne aus Strahlen mit einem Punkt darüber, die nahtlos in die Legende übergeht. Die Punkte stehen auch über dem N von NIKOPO und die vertikalen Hasten des N imitieren die Strahlen, eine eindeutige Verbindung von Darstellung und Legende. Dieses hübsche Beispiel zeigt, daß solche Spielereien mit Legende und Darstellung kein Einzelfall gewesen sind.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.36.22.2 (diese Münze)
Referenzen:
(1) Pick, AMNG I/1, 1898
(2) Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Istrum, 2020
(3) Hristova/Jekov, The Coinage of Marcianopolis, 2018
(4) eigene Sammlung
Vielleicht ist jetzt jemand auf den Geschmack gekommen, nimmt seine Lupe und untersucht seine Münzen auf Fehlerkorrekturen.
Mit freundlichem Gruß
Jochen
c) Ein Buchstabe hat eine Doppelfunktion übernommen.
Die eleganteste Methode finden wir auf der folgenden Münze.
(1) Moesia inferior, Markianopolis, Septimius Severus, 193-211 (Dionysos) Die Abb. von AMNG I/1, 556 auf Taf. XVI zeigt klar die Legende MAP - K - IANOΠOΛITΩ. Während bei meiner Münze das I fehlt. Allerdings ist das obere Ende des Thyrsos so in die Legende eingefügt, daß es wie ein I wirkt. Nun ist es gut möglich, daß dies den Stempelschneider verführt hat, das eigentliche I wegzulassen, so wie es auch Varbanov und Hristova/Jekov nicht aufgefallen ist, daß das I fehlt.
Oder es besteht die Möglichkeit, daß das obere Thyrsosende gleichzeitig die Funktion des I übernommen hat. Ist so etwas damals möglich gewesen? Oder ist es doch nur ein ungewollter, aber interessanter Legendenfehler?
(2) Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Gordian III., 238-244 (Glykon) Ein hübsches Beispiel für die Verbindung von Legende und Zeichnung zeigt die folgende Münze des Gordian III. Die Rv.-Legende lautet
VΠ CAB MOΔECT(OV) - NIKOΠOΛEIT(ΩN) (ΠP)OC ICT.
Die Glykonkonschlange ist dargestellt mit einer imponierenden Mähne aus Strahlen mit einem Punkt darüber, die nahtlos in die Legende übergeht. Die Punkte stehen auch über dem N von NIKOPO und die vertikalen Hasten des N imitieren die Strahlen, eine eindeutige Verbindung von Darstellung und Legende. Dieses hübsche Beispiel zeigt, daß solche Spielereien mit Legende und Darstellung kein Einzelfall gewesen sind.
Ref.: AMNG I/1, -; Hristova/Hoeft/Jekov (2020) 8.36.22.2 (diese Münze)
Referenzen:
(1) Pick, AMNG I/1, 1898
(2) Hristova/Hoeft/Jekov, The Coinage of Nicopolis ad Istrum, 2020
(3) Hristova/Jekov, The Coinage of Marcianopolis, 2018
(4) eigene Sammlung
Vielleicht ist jetzt jemand auf den Geschmack gekommen, nimmt seine Lupe und untersucht seine Münzen auf Fehlerkorrekturen.
Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Das ist ein interessantes Thema.
Jochen, hast du das ausschliesslich bei Provinzmünzen mit griechischer Legende ausmachen können?
Ich denke da an die vielen Denare aus östlichen Münzstätten, die zwar auch massig Schreibfehler aufweisen, aber nie korrigiert wurden.
Grüsse
Rainer
Jochen, hast du das ausschliesslich bei Provinzmünzen mit griechischer Legende ausmachen können?
Ich denke da an die vielen Denare aus östlichen Münzstätten, die zwar auch massig Schreibfehler aufweisen, aber nie korrigiert wurden.
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Re: Historisch interessante Münzen
Hat das eventuell mit einer niedrigeren Alphabetisierungsquote zu tun? Soweit ich weiß, war die Alphabetisierung in Rom ja recht hoch, da war wohl kaum ein Analphabet Stemepelschneider. Vielleicht war das in den Provinzen teilweise anders?
Aus den Fehlern hier kann man das aber zumindest nicht so eindeutig schließen, wie es bei manchen historischen Fälschungen der Fall ist.
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Re: Historisch interessante Münzen
Da der Schwerpunkt meiner Sammlung auf den Münzen aus Nordgriechenland liegt, habe ich mich bei diesem Thema mit anderen Gebieten nicht beschäftigt.
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Esbus (Heshbon) – Gefälschte Geschichte
Esbus, griech. Esbous, im Alten Testament Hesbon, samaritanisch 'Isbon, in der Septuaginta Esebon, heute Heshbon, ist eine Ausgrabungsstätte in Jordanien 20km südwestlich von Amman.
Die Münze:
Arabia Petraea, Esbus, Elagabal, 218-222
AE 22, 9.49g, 22.34mm, 210°
geprägt in Aurelia Esbus
Av.: AVT(sic!) M AVR ANTONINVS
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert, n. r.
Rv.: Viersäuliger Tempel mit zentralem Bogen und flachem Dach zu den Flügeln, im mittleren Intercolumnare die Stadtgöttin (Tyche) in kurzem
Chiton und mit Mauerkrone halblinks stehend, den re. Fuß auf ein unbekanntes Objekt gesetzt (Stierkopf?), stützt sich mit der erhobenen Linken
auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten Rechten eine kleine Figur (Kopf des Kaisers?).
li. und re. über den flachen Dächern der Seitenflügel A - V (für Aurelia)
im Abschnitt ECBOVC
Ref.: Spijkerman 3; Rosenberger IV, 3; Sofaer Collection 4; BMC Arabia p. 29, 3; SNG ANS -
sehr selten, S+, dunkelgrüne Patina mit Sandauflagerungen, die die Konturen hervorheben Anmerkungen:
(1) Anstelle von IMP steht hier das griech. AVT!
(2) Bei dem mittleren Bogen handelt es sich um einen sog. syrischen Bogen. So wird eine Biegung des gesamten Gebälks an den Fassaden antiker Tempel bezeichnet, meist zwischen 2 Säulen mit korinthischen oder Kompositkapitellen, wobei der Architrav mit allen Profilen in den Bogen übergeht. Der Name stammt vom ältesten Beispiel, dem Duschara-Tempel von Si'a in Syrien.
(3) Unter Elagabal wurde die Stadt, die jetzt Aurelia Esbus hieß, zu einem Municipium erhoben. Das erklärt auch die unter ihm stattgefundene Münzprägung. Zu dieser Zeit besaßen alle Städte des Reiches mindestens den Rang eines Municipiums, wobei sich allerdings der Unterschied zu einer Colonia bis heute nicht genau bestimmen läßt.
Münzprägung:
Esbus hat nur unter Elagabal geprägt. Bekannt sind bisher 4 Rv.-Typen und 3 Av.-Typen (RPC online):
Rv.-Typen:
R1 Zeus n. l. thronend
R2 Tempel mit Tyche (HN schreibt Astarte)
R3 Men li. stehend mit Schlangenstab
R4 Dionysos mit Kantharos und Panther
Av.-Typen:
A1 Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, r
A2 Büste, drapiert und cürassiert, mit Strahlenkrone, r.
A3 Belorbeerter Kopf r.
Damit sind bisher 6 verschiedene Typen bekannt:
Spijkerman 1 R1/A1
Spijkerman 2 R1/A2
Spijkerman 3 R2/A1
Spijkerman 4 R3/A1
Spijkerman 5 R3/A3
Spijkerman 6 R4/A3
Biblische Geschichte:
Wir wissen, daß Palästina schon in den ältesten Zeiten besiedelt war. So müssen wir auch bei der Geschichte von Esbos sehr weit zurückgehen. Erwähnt wird es bereits im Alten Testament unter dem Namen Hesbon. Zuerst kommt es vor im 4. Buch Mose (Numeri) in den Kapiteln 21: 21-35, zur Zeit der Landnahme:
Zu dieser Zeit war Sihon der König der Amoriter mit der Hauptstadt Hesbon östlich des Toten Meeres. Als er Mose und den Israeliten den friedlichen Durchzug durch seine Gebiete verweigerte, wurde er angegriffen und besiegt. Hesbon wird aufgrund seiner Bedeutung als Hauptstadt der Amoriter hervorgehoben:
"Denn Hesbon war die Stadt Sihons, des Königs der Amoriter, und er hatte zuvor mit dem König der Moabiter gestritten und ihm all sein Land abgewonnen bis zum Arnon."
Seitdem wohnte Israel in Hesbon. Der Vormarsch der Israeliten kam zu einem für Sihon sehr ungünstigen Moment, da er kurz zuvor durch einen Sieg über die Moabiter, denen Hesbon gehört hatte, seinen Machtbereich erweitert, aber noch nicht genügend gefestigt hatte.
Anmerkung:
Dem unbefangenen Leser wird die Ähnlichkeit auffallen mit der Forderung des Deutschen Kaiserreichs 1914 an Belgien, ihm den friedlichen Durchzug seiner Truppen zu erlauben!
Kurz nach diesem Sieg starb Mose, nachdem er das "gelobte Land" vom Gipfel des Berges Nebo im Lande der Moabiter südlich von Hesbon gesehen hatte. Nach Kanaan selbst gelangte er nicht. Die weitere Führung der Israeliten übernahm Josua.
Nach der Landnahme wurde das von Israel eroberte Kanaan unter die Stämme aufgeteilt (Numeri 32). Das Land östlich des Toten Meeres bis zum Arnon im Süden mit Hesbon im Norden erhielt der Stamm Ruben (32:37). Das Land nördlich davon erhielt der Stamm Gad. Damit wurde Hesbon zu einer Stadt an der Grenze zwischen den Gebieten des Stammes Ruben und des Stammes Gad.
In Richter 11:26 wird beiläufig erwähnt, daß Israel inzwischen 300(!) Jahre in Hesbon gewohnt habe und in allen Städten, die am Arnon liegen.
In Josua 21:39 wird erzählt, daß der Stamm Gad zusammen mit anderen Städten auch Hesbon an die levitischen Merariter abgab. Das bedeutet, daß Hesbon als Grenzstadt zwischen Ruben und Gad inzwischen zu Gad gekommen war.
Im Hohelied Salomons wird Hesbon wegen seiner Teiche gerühmt. In 7:4 heißt es "Deine Augen sind wie die Teiche zu Hesbon an dem Tor Bathrabbims". Damit kann nur die Reinheit und Klarheit ihres Wassers gelobt werden und nicht ihr Fischreichtum, wie man oft lesen kann. Bathrabbims heißt übersetzt "Tochter von vielen" und ist ein Name für Hesbon.
Die Moabiter werden in der Bibel immer als Gegner der Israeliten dargestellt, was mit dem unter ihnen herrschenden Baals-Kult zusammenhängen kann. Von der Herkunft her waren sie, wie auch die Ammoniter, mit den Israeliten verwandt. Sowohl Moab als auch Ben-Ammi waren Söhne des Lot, eines Neffen Abrahams, die seine Töchter mit ihm gezeugt hatten, als er im Vollrausch schlief. Trotzdem war Ruth, als Urgroßmutter König Davids die Stammesmutter des Hauses David, eine Moabiterin. Sie versuchte ein friedvolles Zusammenleben der Israeliten mit den Moabitern zu erreichen.
Der Prophet Jesaja war zeitgenössischer Zeuge des grauenvollen assyrischen Feldzugs unter Sanherib (705-681 v.Chr.) gegen Juda. Nur durch riesige Tributzahlungen gelang es König Hiskias, die Belagerer von der Zerstörung Jerusalems abzuhalten. Zu dieser Zeit ist Hesbon unter die Kontrolle der Moabiter geraten, wie Jesaja in seinen Anklagen gegen die Moabiter erwähnt.
Jes. 15:4: "Hesbon und Eleale schreien, daß man's zu Jahza hört"
Jes. 16:8: "denn Hesbon ist ein wüstes Feld geworden"
Jes. 16:9: "und vergieße viel Tränen um Hesbon und Eleale"
Aufgrund von Angaben zu Beginn des Jeremiabuches wird die Berufung Jeremias zum Propheten auf das 626 v. Chr. geschätzt. Er predigte dem Volk Israel Bekehrung und Umkehr zu Jahwe und prophezeite jahrelang den Untergang Jerusalems und des Tempels, der im Jahr 586 v. Chr. durch den babylonischen König Nebukadnezar II. tatsächlich eintrat. In seinen Anklagen gegen Moab erwähnte auch er mehrmals Hesbon:
Jer. 48:2: "der Trotz Moabs ist aus, den sie an Hesbon hatten"
Jer. 48:34: "von des Geschreies wegen zu Hesbon bis Eleale, welches bis gen Jahza erschallt"
Jer. 48:45: "Die aus der Schlacht entrinnen, werden Zuflucht suchen zu Hesbon; aber es wird ein Feuer aus Hesbon und eine Flamme aus Sihon gehen, welche die Örter in Moab und die kriegerischen Leute verzehren wird."
Später muß die Stadt unter ammonitische Besatzung geraten sein, was Jer. 49:3 in seiner Weissagung gegen Ammon nahelegt: "Heule, o Hesbon!"
Bei Josephus kommt die Stadt oft in der Form Esbonitis oder Sebonitis vor. Es sei im Besitz der Judäer gewesen seit der Hasmonäer Alexander Jannaeus (106-79 v.Chr.) es erobert und zu einer jüdischen Stadt gemacht hatte. Auch Herodes der Große soll über die Stadt geherrscht und dort eine Festung errichtet haben.
Nach dem Jüdischen Krieg (68-70 n. Chr.) wurde das Land von einem Stamm eingenommen, den Plinius Arabes Esbonitae nennt. Sie wurde unter dem Namen Esbous oder Esbouta wiederhergestellt und wird von Ptolemäus unter den Städten von Arabia Petraea erwähnt. Von Hesbon aus wurden die Meilensteine der römischen Straße nach Jericho gezählt. Historische Geschichte:
Die Aufgabe der Wissenschaftler besteht jetzt darin, die biblischen Geschichten mit den archäologischen Funden in Übereinstimmung zu bringen. Und damit hapert es gewaltig.
Bedeutende Ausgrabungen fanden statt von 1968-1973 durch Siegfried H. Horn. Siegfried Herbert Horn (1908-1993) ist durch seine Ausgrabungen von Heschbon berühmt geworden. Er war Professor für antike Geschichte am theologischen Seminar der Siebenten-Tag-Adventisten in Berrien Springs, Michigan. Horn wie auch seine Sponsoren hofften, die Stadt des Amoriterkönigs Sihon zu finden, die bei der israelitischen Landnahme zerstört worden war. Um 700 v.Chr. gab es aber nur eine unbedeutende Siedlung und vor 1200 v.Chr. war die Stätte definitiv unbewohnt. Dies alles im Widerspruch zu den Erzählungen der Bücher Numeri und Josua, wo es der Sitz eines bedeutenden Kleinkönigs gewesen sein soll. Die Reaktionen sind symptomatisch gewesen. Da nicht sein kann, was nicht sein darf, hatten sie sofort Erklärungen parat für die negativen Ergebnisse: Hesbon habe an einem anderen Ort gelegen oder nach der Zerstörung sei es von den Israeliten an einem anderen Ort wieder aufgebaut worden. Ein bronzezeitliches Hesbon wurde nicht gefunden.
Lage von Tell Hisban:
Im Gegensatz dazu konnte durch die Ausgrabungen von 1974-1976 durch Roger S. Boraas und Lawrence T. Geraty die Stadt Esbus aus römischer und byzantinischer Zeit mit dem Tell (archäologischer Hügel) identifiziert werden, der auf Arabisch als Tell Hisban oder Tell Ḥesbān bekannt ist. Dieser befindet sich etwa 20km südwestlich von Amman und 9km nördlich von Madaba, auf einem der höchsten Gipfel der Berge von Moab. Tell Hesban (Wikipedia)
Fazit:
Die Geschichten über die israelische Einwanderung nach Kanaan ist reine Phantasie. Alle die berühmten Geschichten wie die Posaunen von Jericho sind nichts als romantische Märchen. Nicht eine Angabe konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden. Vom Ende der mittleren Bronzezeit bis zur Eisenzeit gibt es keine Überreste. Die ältesten Hinweise auf eine Besiedlung durch die Israeliten stammen aus der Eisenzeit, also viele hundert Jahre später. Beschreibungen in der Bibel stammen alle aus der Zeit, als sie geschrieben wurden, und sind dann in die Vergangenheit verlegt worden. (Finkelstein)
Inzwischen ist das Muster klar geworden. Die in den Auszugserzählungen erwähnten Orte sind real. Einige waren wohl bekannt und sowohl in viel älterer als auch viel späterer Zeit bewohnt als die biblische Darstellung zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurde. Zum Pech für all jene, die einen historischen Auszug suchen, waren sie genau zu jenem Zeitpunkt unbewohnt, als sie angeblich in den Ereignissen um die Wüstenwanderung der Israeliten eine Rolle spielten (Finkelstein).
Quellen:
(1) Bibel, Berlin 1927
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Ptolemaios, Geographika
(4) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer,
(5) Flavius Josephus, Der Jüdische Krieg
Literatur:
(1) Barclay V. Head, Historia Numorum
(2) Der Kleine Pauly
(3) Richard Elliott Friedmann, Wer schrieb die Bibel?, 2007
(4) Finkelstein/Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, 2003
(5) Lawrence T. Geraty, Israel's Exodus in Transdisciplinary Perspective, Springer 2015 (S.55-64)
(6) The Handbook of Biblical Numismatics
Online-Quellen:
(1) RPC online
(2) aeruginis - architectura in nummis (aeruginis.de)
(3) www.bibelwissenschaft.de
(4) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Esbus, griech. Esbous, im Alten Testament Hesbon, samaritanisch 'Isbon, in der Septuaginta Esebon, heute Heshbon, ist eine Ausgrabungsstätte in Jordanien 20km südwestlich von Amman.
Die Münze:
Arabia Petraea, Esbus, Elagabal, 218-222
AE 22, 9.49g, 22.34mm, 210°
geprägt in Aurelia Esbus
Av.: AVT(sic!) M AVR ANTONINVS
Büste, drapiert und cürassiert, von hinten gesehen, belorbeert, n. r.
Rv.: Viersäuliger Tempel mit zentralem Bogen und flachem Dach zu den Flügeln, im mittleren Intercolumnare die Stadtgöttin (Tyche) in kurzem
Chiton und mit Mauerkrone halblinks stehend, den re. Fuß auf ein unbekanntes Objekt gesetzt (Stierkopf?), stützt sich mit der erhobenen Linken
auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten Rechten eine kleine Figur (Kopf des Kaisers?).
li. und re. über den flachen Dächern der Seitenflügel A - V (für Aurelia)
im Abschnitt ECBOVC
Ref.: Spijkerman 3; Rosenberger IV, 3; Sofaer Collection 4; BMC Arabia p. 29, 3; SNG ANS -
sehr selten, S+, dunkelgrüne Patina mit Sandauflagerungen, die die Konturen hervorheben Anmerkungen:
(1) Anstelle von IMP steht hier das griech. AVT!
(2) Bei dem mittleren Bogen handelt es sich um einen sog. syrischen Bogen. So wird eine Biegung des gesamten Gebälks an den Fassaden antiker Tempel bezeichnet, meist zwischen 2 Säulen mit korinthischen oder Kompositkapitellen, wobei der Architrav mit allen Profilen in den Bogen übergeht. Der Name stammt vom ältesten Beispiel, dem Duschara-Tempel von Si'a in Syrien.
(3) Unter Elagabal wurde die Stadt, die jetzt Aurelia Esbus hieß, zu einem Municipium erhoben. Das erklärt auch die unter ihm stattgefundene Münzprägung. Zu dieser Zeit besaßen alle Städte des Reiches mindestens den Rang eines Municipiums, wobei sich allerdings der Unterschied zu einer Colonia bis heute nicht genau bestimmen läßt.
Münzprägung:
Esbus hat nur unter Elagabal geprägt. Bekannt sind bisher 4 Rv.-Typen und 3 Av.-Typen (RPC online):
Rv.-Typen:
R1 Zeus n. l. thronend
R2 Tempel mit Tyche (HN schreibt Astarte)
R3 Men li. stehend mit Schlangenstab
R4 Dionysos mit Kantharos und Panther
Av.-Typen:
A1 Büste, drapiert und cürassiert, belorbeert, r
A2 Büste, drapiert und cürassiert, mit Strahlenkrone, r.
A3 Belorbeerter Kopf r.
Damit sind bisher 6 verschiedene Typen bekannt:
Spijkerman 1 R1/A1
Spijkerman 2 R1/A2
Spijkerman 3 R2/A1
Spijkerman 4 R3/A1
Spijkerman 5 R3/A3
Spijkerman 6 R4/A3
Biblische Geschichte:
Wir wissen, daß Palästina schon in den ältesten Zeiten besiedelt war. So müssen wir auch bei der Geschichte von Esbos sehr weit zurückgehen. Erwähnt wird es bereits im Alten Testament unter dem Namen Hesbon. Zuerst kommt es vor im 4. Buch Mose (Numeri) in den Kapiteln 21: 21-35, zur Zeit der Landnahme:
Zu dieser Zeit war Sihon der König der Amoriter mit der Hauptstadt Hesbon östlich des Toten Meeres. Als er Mose und den Israeliten den friedlichen Durchzug durch seine Gebiete verweigerte, wurde er angegriffen und besiegt. Hesbon wird aufgrund seiner Bedeutung als Hauptstadt der Amoriter hervorgehoben:
"Denn Hesbon war die Stadt Sihons, des Königs der Amoriter, und er hatte zuvor mit dem König der Moabiter gestritten und ihm all sein Land abgewonnen bis zum Arnon."
Seitdem wohnte Israel in Hesbon. Der Vormarsch der Israeliten kam zu einem für Sihon sehr ungünstigen Moment, da er kurz zuvor durch einen Sieg über die Moabiter, denen Hesbon gehört hatte, seinen Machtbereich erweitert, aber noch nicht genügend gefestigt hatte.
Anmerkung:
Dem unbefangenen Leser wird die Ähnlichkeit auffallen mit der Forderung des Deutschen Kaiserreichs 1914 an Belgien, ihm den friedlichen Durchzug seiner Truppen zu erlauben!
Kurz nach diesem Sieg starb Mose, nachdem er das "gelobte Land" vom Gipfel des Berges Nebo im Lande der Moabiter südlich von Hesbon gesehen hatte. Nach Kanaan selbst gelangte er nicht. Die weitere Führung der Israeliten übernahm Josua.
Nach der Landnahme wurde das von Israel eroberte Kanaan unter die Stämme aufgeteilt (Numeri 32). Das Land östlich des Toten Meeres bis zum Arnon im Süden mit Hesbon im Norden erhielt der Stamm Ruben (32:37). Das Land nördlich davon erhielt der Stamm Gad. Damit wurde Hesbon zu einer Stadt an der Grenze zwischen den Gebieten des Stammes Ruben und des Stammes Gad.
In Richter 11:26 wird beiläufig erwähnt, daß Israel inzwischen 300(!) Jahre in Hesbon gewohnt habe und in allen Städten, die am Arnon liegen.
In Josua 21:39 wird erzählt, daß der Stamm Gad zusammen mit anderen Städten auch Hesbon an die levitischen Merariter abgab. Das bedeutet, daß Hesbon als Grenzstadt zwischen Ruben und Gad inzwischen zu Gad gekommen war.
Im Hohelied Salomons wird Hesbon wegen seiner Teiche gerühmt. In 7:4 heißt es "Deine Augen sind wie die Teiche zu Hesbon an dem Tor Bathrabbims". Damit kann nur die Reinheit und Klarheit ihres Wassers gelobt werden und nicht ihr Fischreichtum, wie man oft lesen kann. Bathrabbims heißt übersetzt "Tochter von vielen" und ist ein Name für Hesbon.
Die Moabiter werden in der Bibel immer als Gegner der Israeliten dargestellt, was mit dem unter ihnen herrschenden Baals-Kult zusammenhängen kann. Von der Herkunft her waren sie, wie auch die Ammoniter, mit den Israeliten verwandt. Sowohl Moab als auch Ben-Ammi waren Söhne des Lot, eines Neffen Abrahams, die seine Töchter mit ihm gezeugt hatten, als er im Vollrausch schlief. Trotzdem war Ruth, als Urgroßmutter König Davids die Stammesmutter des Hauses David, eine Moabiterin. Sie versuchte ein friedvolles Zusammenleben der Israeliten mit den Moabitern zu erreichen.
Der Prophet Jesaja war zeitgenössischer Zeuge des grauenvollen assyrischen Feldzugs unter Sanherib (705-681 v.Chr.) gegen Juda. Nur durch riesige Tributzahlungen gelang es König Hiskias, die Belagerer von der Zerstörung Jerusalems abzuhalten. Zu dieser Zeit ist Hesbon unter die Kontrolle der Moabiter geraten, wie Jesaja in seinen Anklagen gegen die Moabiter erwähnt.
Jes. 15:4: "Hesbon und Eleale schreien, daß man's zu Jahza hört"
Jes. 16:8: "denn Hesbon ist ein wüstes Feld geworden"
Jes. 16:9: "und vergieße viel Tränen um Hesbon und Eleale"
Aufgrund von Angaben zu Beginn des Jeremiabuches wird die Berufung Jeremias zum Propheten auf das 626 v. Chr. geschätzt. Er predigte dem Volk Israel Bekehrung und Umkehr zu Jahwe und prophezeite jahrelang den Untergang Jerusalems und des Tempels, der im Jahr 586 v. Chr. durch den babylonischen König Nebukadnezar II. tatsächlich eintrat. In seinen Anklagen gegen Moab erwähnte auch er mehrmals Hesbon:
Jer. 48:2: "der Trotz Moabs ist aus, den sie an Hesbon hatten"
Jer. 48:34: "von des Geschreies wegen zu Hesbon bis Eleale, welches bis gen Jahza erschallt"
Jer. 48:45: "Die aus der Schlacht entrinnen, werden Zuflucht suchen zu Hesbon; aber es wird ein Feuer aus Hesbon und eine Flamme aus Sihon gehen, welche die Örter in Moab und die kriegerischen Leute verzehren wird."
Später muß die Stadt unter ammonitische Besatzung geraten sein, was Jer. 49:3 in seiner Weissagung gegen Ammon nahelegt: "Heule, o Hesbon!"
Bei Josephus kommt die Stadt oft in der Form Esbonitis oder Sebonitis vor. Es sei im Besitz der Judäer gewesen seit der Hasmonäer Alexander Jannaeus (106-79 v.Chr.) es erobert und zu einer jüdischen Stadt gemacht hatte. Auch Herodes der Große soll über die Stadt geherrscht und dort eine Festung errichtet haben.
Nach dem Jüdischen Krieg (68-70 n. Chr.) wurde das Land von einem Stamm eingenommen, den Plinius Arabes Esbonitae nennt. Sie wurde unter dem Namen Esbous oder Esbouta wiederhergestellt und wird von Ptolemäus unter den Städten von Arabia Petraea erwähnt. Von Hesbon aus wurden die Meilensteine der römischen Straße nach Jericho gezählt. Historische Geschichte:
Die Aufgabe der Wissenschaftler besteht jetzt darin, die biblischen Geschichten mit den archäologischen Funden in Übereinstimmung zu bringen. Und damit hapert es gewaltig.
Bedeutende Ausgrabungen fanden statt von 1968-1973 durch Siegfried H. Horn. Siegfried Herbert Horn (1908-1993) ist durch seine Ausgrabungen von Heschbon berühmt geworden. Er war Professor für antike Geschichte am theologischen Seminar der Siebenten-Tag-Adventisten in Berrien Springs, Michigan. Horn wie auch seine Sponsoren hofften, die Stadt des Amoriterkönigs Sihon zu finden, die bei der israelitischen Landnahme zerstört worden war. Um 700 v.Chr. gab es aber nur eine unbedeutende Siedlung und vor 1200 v.Chr. war die Stätte definitiv unbewohnt. Dies alles im Widerspruch zu den Erzählungen der Bücher Numeri und Josua, wo es der Sitz eines bedeutenden Kleinkönigs gewesen sein soll. Die Reaktionen sind symptomatisch gewesen. Da nicht sein kann, was nicht sein darf, hatten sie sofort Erklärungen parat für die negativen Ergebnisse: Hesbon habe an einem anderen Ort gelegen oder nach der Zerstörung sei es von den Israeliten an einem anderen Ort wieder aufgebaut worden. Ein bronzezeitliches Hesbon wurde nicht gefunden.
Lage von Tell Hisban:
Im Gegensatz dazu konnte durch die Ausgrabungen von 1974-1976 durch Roger S. Boraas und Lawrence T. Geraty die Stadt Esbus aus römischer und byzantinischer Zeit mit dem Tell (archäologischer Hügel) identifiziert werden, der auf Arabisch als Tell Hisban oder Tell Ḥesbān bekannt ist. Dieser befindet sich etwa 20km südwestlich von Amman und 9km nördlich von Madaba, auf einem der höchsten Gipfel der Berge von Moab. Tell Hesban (Wikipedia)
Fazit:
Die Geschichten über die israelische Einwanderung nach Kanaan ist reine Phantasie. Alle die berühmten Geschichten wie die Posaunen von Jericho sind nichts als romantische Märchen. Nicht eine Angabe konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden. Vom Ende der mittleren Bronzezeit bis zur Eisenzeit gibt es keine Überreste. Die ältesten Hinweise auf eine Besiedlung durch die Israeliten stammen aus der Eisenzeit, also viele hundert Jahre später. Beschreibungen in der Bibel stammen alle aus der Zeit, als sie geschrieben wurden, und sind dann in die Vergangenheit verlegt worden. (Finkelstein)
Inzwischen ist das Muster klar geworden. Die in den Auszugserzählungen erwähnten Orte sind real. Einige waren wohl bekannt und sowohl in viel älterer als auch viel späterer Zeit bewohnt als die biblische Darstellung zum ersten Mal schriftlich festgehalten wurde. Zum Pech für all jene, die einen historischen Auszug suchen, waren sie genau zu jenem Zeitpunkt unbewohnt, als sie angeblich in den Ereignissen um die Wüstenwanderung der Israeliten eine Rolle spielten (Finkelstein).
Quellen:
(1) Bibel, Berlin 1927
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Ptolemaios, Geographika
(4) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer,
(5) Flavius Josephus, Der Jüdische Krieg
Literatur:
(1) Barclay V. Head, Historia Numorum
(2) Der Kleine Pauly
(3) Richard Elliott Friedmann, Wer schrieb die Bibel?, 2007
(4) Finkelstein/Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, 2003
(5) Lawrence T. Geraty, Israel's Exodus in Transdisciplinary Perspective, Springer 2015 (S.55-64)
(6) The Handbook of Biblical Numismatics
Online-Quellen:
(1) RPC online
(2) aeruginis - architectura in nummis (aeruginis.de)
(3) www.bibelwissenschaft.de
(4) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
- Peter43
- Beiträge: 13169
- Registriert: Mi 11.08.04 02:01
- Wohnort: Arae Flaviae, Agri Decumates
- Hat sich bedankt: 294 Mal
- Danksagung erhalten: 2180 Mal
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Re: Historisch interessante Münzen
Die sog. "Dreier" aus Markianopolis
Dieser Artikel geht auf das Jahr 2011 zurück. Aber er ist trotzdem noch interessant, weil er zeigt, wie man auch als einfacher Sammler numismatisch tätig sein kann. Hier geht es um die sog. "Dreier" aus Markianopolis.
Zunächst einige Bemerkungen zur Münzprägung von Markianopolis, wobei sich diese nur auf die Zeit der kaiserlichen Prägungen beziehen.
Der Hauptort der Seestädte am Schwarzen Meer war die Metropolis Tomis. Deren Münzprägung bestimmte die der anderen Seestädte, aber auch die von Moesia inferior. Dabei folgte Markianopolis in seiner Münzprägung dem System der Nachbarstädte, was auch ganz vernünftig war. Gesichert ist dies für die Zeit seit der Statthalterschaft des Flavius Ulpianus. Dieses System gliederte sich in die folgenden Wertstufen (nach Behrendt Pick, AMNG I/1):
1. Die Fünfer (Pentassaria)
Dies waren die größten Münzen. Sie waren signiert mit dem Namen des Statthalters und trugen das Wertzeichen E in verschiedenen Formen. Am einfachsten aber konnte man sie daran erkennen, daß sie auf dem Avers immer 2 Brustbilder zeigten! Das war in der Regel der Kaiser zusammen mit einem Mitkaiser oder einer Kaiserin. Gordian III. gibt es zusammen mit Serapis. Das war vor seiner Ehe mit Tranquillina. Und Philipp II. gibt es nur mit Serapis, da er kein Gegenüber hatte.
2. Die Vierer (Tetrassaria)
Die zweite große Gruppe mit dem Namen des Statthalters waren die Vierer. Diese waren in Markianopolis nun nicht wie in anderen Städten mit einem Delta gekennzeichnet, sondern man erkannte sie daran, daß auf ihnen nur ein Kopf erschien. Man muß sie als Vierer ansehen, weil es sich um das Hauptnominal dieser Region handelt, und es kaum vorstellbar ist, daß es in Markianopolis fehlen sollte. Sie haben ungefähr die-selbe Größe wie die Fünfer, unterscheiden sich aber durch das Gewicht. Die Münzen mit dem E wiegen ungefähr 12-14g, die Münzen mit nur einem Kopf ungefähr 9-10g, wobei es natürlich in beiden Gruppen Ausreißer nach oben und nach unten gibt.
3. Die Dreier (Triassaria)
Von den übrigen Nominalen - alle ohne den Namen des Statthalters - wiegen die größten etwa 7g. Die älteren mit dem Typus der 3 Grazien unter Commodus tragen zwar kein Wertzeichen, sind aber sicherlich als Dreier aufzufassen. Ab Julia Domna haben alle Dreier auf der Rückseite das Bild der Artemis als Jägerin. Besonders interessant sind die mit dem Wertzeichen Γ.
4. Die Zweier und Einer (Diassaria und Assaria)
Die kleineren Münzen haben zwar kein Wertzeichen, können aber gut durch ihre Größe und ihr Gewicht unterschieden werden in Zweier (4-6g) und Einer (2-4g).
Nun habe ich die Serie der Dreier des Diadumenian aus Markianopolis komplettieren können. Allerdings kann es nach Varbanov von Diadumenian noch einige Varianten geben, z.B. Artemis angeblich ohne Hund. Hier ist nun meine Auflistung. Ich habe sie mit meinen anderen Dreiern ergänzt:
(1) Julia Domna, 193-211 AE 21, 5.32g
IOVΛIA – ΔOMNA C
Ref.: unpubliziert; c.f. HrJ (2014) 6.17.13.1 (nur für den Typ)
(2) Diadumenian, 217-218
Das Revers ist immer MAPKIANO – ΠOΛEITWN, Artemis mit Hund n. r. eilend, Γ im li. Feld.. Benutzt wurden aber mehrere Stempel, was man an den leicht abweichenden Zeichnungen sehen kann. Varbanov habe ich hier nicht berücksichtigt, weil seine Beschreibungen zu ungenau sind.
Beim Avers sind folgende Typen bekannt (Allerdings ist in der Zwischenzeit eine weitere aufgetaucht!): AE 24mm, 9.19g, 24.20mm
M OΠEΛΛION ANTΩNEINON K (NE ligiert)
Büste, drapiert, von vorne gesehen, bar-häuptig n. r.
Ref.: AMNG I/1, 785 (2 Ex., Löbbecke, London); HrJ (2014) 6.25.13.2
AE 24, 10.13g, 23.37mm
M OΠEΛΛIOC ANTΩNEINOC [K], (NE ligiert)
Büste, drapiert, von vorne gesehen, barhäuptig, n. r.
Ref.: AMNG I/1, 787 (3 Ex., Athen, Bukarest, Göt-tingen); HrJ (2014) 6.25.13.3
AE 24, 7.08g, 23.92mm
M OΠEΛΛION ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig n. r.
Ref.: AMNG I/1, 788 (4 Ex.); nicht in HrJ (2014)
AE 24, 7.10g, 24.29mm
M OPEΛΛION ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig, n. r
Rv.: ohne Γ im Feld!!
Ref.: AMNG -; HrJ (2014) 6.25.13.5 (diese Münze)
Anmerkung:
Dieser Typ fällt dadurch auf, daß er kein Γ im li. Feld hat. Durch die Standarddarstellung der Artemis ist er aber klar als Dreier ausgewiesen.
Besonders stolz bin ich auf den nächsten Typ, den ich vor Kurzem gefunden habe. Auch er hat kein Γ im li. Feld, aber er unterscheidet sich von den üblichen Typen dadurch, daß Artemis hier nach links eilt und sich nach rechts umdreht. Diese ungewöhnliche Darstellung kenne ich nur von einer Abbildung aus Nikopolis und habe sie dort nach Pat Lawrence als Typ “Artemis Rospigliosi” bezeichnet.
(wird fortgesetzt)
Dieser Artikel geht auf das Jahr 2011 zurück. Aber er ist trotzdem noch interessant, weil er zeigt, wie man auch als einfacher Sammler numismatisch tätig sein kann. Hier geht es um die sog. "Dreier" aus Markianopolis.
Zunächst einige Bemerkungen zur Münzprägung von Markianopolis, wobei sich diese nur auf die Zeit der kaiserlichen Prägungen beziehen.
Der Hauptort der Seestädte am Schwarzen Meer war die Metropolis Tomis. Deren Münzprägung bestimmte die der anderen Seestädte, aber auch die von Moesia inferior. Dabei folgte Markianopolis in seiner Münzprägung dem System der Nachbarstädte, was auch ganz vernünftig war. Gesichert ist dies für die Zeit seit der Statthalterschaft des Flavius Ulpianus. Dieses System gliederte sich in die folgenden Wertstufen (nach Behrendt Pick, AMNG I/1):
1. Die Fünfer (Pentassaria)
Dies waren die größten Münzen. Sie waren signiert mit dem Namen des Statthalters und trugen das Wertzeichen E in verschiedenen Formen. Am einfachsten aber konnte man sie daran erkennen, daß sie auf dem Avers immer 2 Brustbilder zeigten! Das war in der Regel der Kaiser zusammen mit einem Mitkaiser oder einer Kaiserin. Gordian III. gibt es zusammen mit Serapis. Das war vor seiner Ehe mit Tranquillina. Und Philipp II. gibt es nur mit Serapis, da er kein Gegenüber hatte.
2. Die Vierer (Tetrassaria)
Die zweite große Gruppe mit dem Namen des Statthalters waren die Vierer. Diese waren in Markianopolis nun nicht wie in anderen Städten mit einem Delta gekennzeichnet, sondern man erkannte sie daran, daß auf ihnen nur ein Kopf erschien. Man muß sie als Vierer ansehen, weil es sich um das Hauptnominal dieser Region handelt, und es kaum vorstellbar ist, daß es in Markianopolis fehlen sollte. Sie haben ungefähr die-selbe Größe wie die Fünfer, unterscheiden sich aber durch das Gewicht. Die Münzen mit dem E wiegen ungefähr 12-14g, die Münzen mit nur einem Kopf ungefähr 9-10g, wobei es natürlich in beiden Gruppen Ausreißer nach oben und nach unten gibt.
3. Die Dreier (Triassaria)
Von den übrigen Nominalen - alle ohne den Namen des Statthalters - wiegen die größten etwa 7g. Die älteren mit dem Typus der 3 Grazien unter Commodus tragen zwar kein Wertzeichen, sind aber sicherlich als Dreier aufzufassen. Ab Julia Domna haben alle Dreier auf der Rückseite das Bild der Artemis als Jägerin. Besonders interessant sind die mit dem Wertzeichen Γ.
4. Die Zweier und Einer (Diassaria und Assaria)
Die kleineren Münzen haben zwar kein Wertzeichen, können aber gut durch ihre Größe und ihr Gewicht unterschieden werden in Zweier (4-6g) und Einer (2-4g).
Nun habe ich die Serie der Dreier des Diadumenian aus Markianopolis komplettieren können. Allerdings kann es nach Varbanov von Diadumenian noch einige Varianten geben, z.B. Artemis angeblich ohne Hund. Hier ist nun meine Auflistung. Ich habe sie mit meinen anderen Dreiern ergänzt:
(1) Julia Domna, 193-211 AE 21, 5.32g
IOVΛIA – ΔOMNA C
Ref.: unpubliziert; c.f. HrJ (2014) 6.17.13.1 (nur für den Typ)
(2) Diadumenian, 217-218
Das Revers ist immer MAPKIANO – ΠOΛEITWN, Artemis mit Hund n. r. eilend, Γ im li. Feld.. Benutzt wurden aber mehrere Stempel, was man an den leicht abweichenden Zeichnungen sehen kann. Varbanov habe ich hier nicht berücksichtigt, weil seine Beschreibungen zu ungenau sind.
Beim Avers sind folgende Typen bekannt (Allerdings ist in der Zwischenzeit eine weitere aufgetaucht!): AE 24mm, 9.19g, 24.20mm
M OΠEΛΛION ANTΩNEINON K (NE ligiert)
Büste, drapiert, von vorne gesehen, bar-häuptig n. r.
Ref.: AMNG I/1, 785 (2 Ex., Löbbecke, London); HrJ (2014) 6.25.13.2
AE 24, 10.13g, 23.37mm
M OΠEΛΛIOC ANTΩNEINOC [K], (NE ligiert)
Büste, drapiert, von vorne gesehen, barhäuptig, n. r.
Ref.: AMNG I/1, 787 (3 Ex., Athen, Bukarest, Göt-tingen); HrJ (2014) 6.25.13.3
AE 24, 7.08g, 23.92mm
M OΠEΛΛION ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig n. r.
Ref.: AMNG I/1, 788 (4 Ex.); nicht in HrJ (2014)
AE 24, 7.10g, 24.29mm
M OPEΛΛION ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig, n. r
Rv.: ohne Γ im Feld!!
Ref.: AMNG -; HrJ (2014) 6.25.13.5 (diese Münze)
Anmerkung:
Dieser Typ fällt dadurch auf, daß er kein Γ im li. Feld hat. Durch die Standarddarstellung der Artemis ist er aber klar als Dreier ausgewiesen.
Besonders stolz bin ich auf den nächsten Typ, den ich vor Kurzem gefunden habe. Auch er hat kein Γ im li. Feld, aber er unterscheidet sich von den üblichen Typen dadurch, daß Artemis hier nach links eilt und sich nach rechts umdreht. Diese ungewöhnliche Darstellung kenne ich nur von einer Abbildung aus Nikopolis und habe sie dort nach Pat Lawrence als Typ “Artemis Rospigliosi” bezeichnet.
(wird fortgesetzt)
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Re: Historisch interessante Münzen
(Fortsetzung)
AE 25, 8.65g, 25.19mm, 150°
M OΠEΛΛION(sic!) ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig, n, r.
Ohne Γ im Feld!
Ref.: unpubliziert
extrem selten!
Anmerkung:
Die Artemis Rospigliosi ist die römische Marmorkopie eines hellenistischen Bronzeoriginals. Auffallend ist, daß sie ihren Kopf entgegen der Laufrichtung nach hin-ten gewendet hat. Dabei kann es sich um die Bronze-gruppe handeln, die Pausanias (I, 25, 2) erwähnt und die eine Gigantomachia darstellte. Ursprünglich im Palazzo Pallavicini Rospigliosi in Rom gelang sie unter Napoleon Bonaparte nach Frankreich. Heute im Louvre in Paris. (3) Elagabal, (218-222)
Auch diesen Typ habe ich neu entdeckt AE 22, 6.69g, 22.43mm
AVT K M AVPH - ANTΩNEINOC
Ref.: AMNG -; Varbanov -; HrJ (2014) 6.26.13.1 (diese Münze)
extrem selten!
(4) Julia Mamaea (gest. 235) AE 23 , 8.13g, 23.41mm
IOVΛIA - MA[M]A[IA]
Γ retrograd
Ref.: AMNG I/1, 1086 (1 Ex., St. Petersburg); Var-banov 1882 corr. (schreibt MAMMAIA); HrJ (2014) 6.35.13.1 (diese Münze)
extrem selten!
(5) Tranquillina, (ca. 225 - nach 244) AE 24, 8.08g, 24.19mm
CAB TPANKVΛ - ΛEINA CEB
Ref.: AMNG I/1, 1193 (1 Ex., Bukarest); Varbanov 2064 (stempelgleich); HrJ (2014) 6.39.13.1 (stempel-gleich)
sehr selten!
Die beiden Dreier von Mamaea und Tranquillina sind übrigens die einzigen Typen, die für diese Kaiserinnen in Markianopolis geprägt worden sind.
Literatur:
(1) Behrendt Pick, AMNG I/1
(2) Varbanov, Greek Imperial Coins
(3) Hristova/Jekov, The Coinage of Marcianopolis, 2014
Mit freundlichem Gruß
Jochen
AE 25, 8.65g, 25.19mm, 150°
M OΠEΛΛION(sic!) ANTΩNEINOC KAICAP
Büste, drapiert, von hinten gesehen, barhäuptig, n, r.
Ohne Γ im Feld!
Ref.: unpubliziert
extrem selten!
Anmerkung:
Die Artemis Rospigliosi ist die römische Marmorkopie eines hellenistischen Bronzeoriginals. Auffallend ist, daß sie ihren Kopf entgegen der Laufrichtung nach hin-ten gewendet hat. Dabei kann es sich um die Bronze-gruppe handeln, die Pausanias (I, 25, 2) erwähnt und die eine Gigantomachia darstellte. Ursprünglich im Palazzo Pallavicini Rospigliosi in Rom gelang sie unter Napoleon Bonaparte nach Frankreich. Heute im Louvre in Paris. (3) Elagabal, (218-222)
Auch diesen Typ habe ich neu entdeckt AE 22, 6.69g, 22.43mm
AVT K M AVPH - ANTΩNEINOC
Ref.: AMNG -; Varbanov -; HrJ (2014) 6.26.13.1 (diese Münze)
extrem selten!
(4) Julia Mamaea (gest. 235) AE 23 , 8.13g, 23.41mm
IOVΛIA - MA[M]A[IA]
Γ retrograd
Ref.: AMNG I/1, 1086 (1 Ex., St. Petersburg); Var-banov 1882 corr. (schreibt MAMMAIA); HrJ (2014) 6.35.13.1 (diese Münze)
extrem selten!
(5) Tranquillina, (ca. 225 - nach 244) AE 24, 8.08g, 24.19mm
CAB TPANKVΛ - ΛEINA CEB
Ref.: AMNG I/1, 1193 (1 Ex., Bukarest); Varbanov 2064 (stempelgleich); HrJ (2014) 6.39.13.1 (stempel-gleich)
sehr selten!
Die beiden Dreier von Mamaea und Tranquillina sind übrigens die einzigen Typen, die für diese Kaiserinnen in Markianopolis geprägt worden sind.
Literatur:
(1) Behrendt Pick, AMNG I/1
(2) Varbanov, Greek Imperial Coins
(3) Hristova/Jekov, The Coinage of Marcianopolis, 2014
Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Re: Historisch interessante Münzen
Poppaea Sabina - die große Liebe des Nero
Poppaea Sabina, die große Liebe Neros, war berüchtigt für ihre Amoralität und ihren aufwendigen Lebenswandel, aber berühmt wegen ihrer Schönheit. Von ihr sind keine Abbildungen überliefert, weswegen wir uns auf die Münzbilder verlassen müssen. Eine Ahnung von ihrer Schönheit und ihrer Ausstrahlungskraft gibt das Bild auf unserer Münze.
Die Münze
Koinon von Galatien, Tavion, Nero, 54-68
AE 25, 13.14g, 26.4mm, 150°
geprägt 62-65
Av.: [NEPΩ]NOΣ - [ΣE]BAΣTOV
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: [ΠOΠ]ΠAIAΣ - ΣEB[AΣTHΣ]
Büste der Poppaea, drapiert, n. r.; das Haar in einem Zopf in den Nacken, über der Stirn Locken
Ref.: RPC 3562; SGICV 662; SNG von Aulock 6117; SNG Paris 2400
SS, gestrippt Anmerkung:
Auf imperialen Münzen gibt es keine Büsten der Poppaea. Wir sind auf Provinzialmünzen angewiesen. Ihre Büste finden wir z. B. auf Münzen aus Perinthos, Kyzikos, Thyateiron, Alexandria, Akmoneia und vom Koinon von Galatia, wie unsere Münze aus Tavion.
Tavion (lateinisch Tavium) war die Hauptstadt der Trocmi, eines der 3 großen Galliervölker, die aus dem Donautal nach Kleinasien gewandert waren und dort Galater genannt wurden. Es lag in der Nähe des Ostufers des Halys (heute Kisilirmak) und war in der Antike eine bedeutende Handelsstation durch den Schnittpunkt mehrerer großer Hanndelswege (Pinius, Strabo). Heute finden sich noch Ruinen in der Nähe von Büyüknefes.
Herkunft:
Poppaea Sabina stammte aus einer Familie, die ursprünglich aus Campanien kam, wo der Name Poppaea nicht selten ist. Ihr Großvater war Gaius Poppaeus Sabinus, der 9 n. Chr, Consul gewesen war. Sabinus weist auf die Sabiner hin. Ihre Mutter, Poppaea Sabina die Ältere, galt als schönste Frau ihrer Zeit (Tacitus). Ihr Vater war Titus Ollius, der ein Freund des Präfekten der Prätorianergarde Sejan gewesen ist und nach dessen Sturz Selbstmord machen mußte. Auch ihre Mutter hatte ein schlimmes Ende. Um die Gärten des Lucullus auf dem Pincio in ihren Besitz zu bekommen, die Valerius Asiaticus gehörten, begann Messalina, die Frau des Kaisers Claudius, eine Intrige gegen sie zu spinnen. Sie klagte sie endlich des Ehebruchs mit Valerius Asiaticus an, dem erlaubt wurde, Selbstmord zu begehen. Vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu müssen, beging auch sie Selbstmord. Heute steht sie ganz im Schatten ihrer berühmteren Tochter.
Poppaea Sabina die Jüngere hieß zunächst nach ihrem Vater Ollia. nahm aber nach dessen Tod den Namen ihres Großvaters an, weil der mehr Ansehen hatte.
Bildung
Poppaea besaß eine für die damalige Zeit gute Bildung. Es wird sogar ihre "sophia" gelobt. Selbst Tacitus, der sonst nichts Schmeichelhaftes von ihr berichtet, gesteht ihr einen gebildeten Verstand und eine freundliche Rede zu. Besonders hebt er dabei ihre kokette Ironie hervor.
Luxus
Ihr Vermögen war beträchtlich. Sie selbst soll ein luxuriöses Anwesen in Pompeji besessen haben. Diskutiert wird die Villa Poppaea in Oplontis. Ihren Reichtum benutzte sie u.a. für eine verschwenderische Körperpflege. Berüchtigt sind ihre Bäder in Eselsmilch, die ihrer Haut Blässe und Straffheit geben sollten. Dazu führte sie immer 500 frisch gefohlt habende Eselinnen mit sich, die sie täglich melken ließ. Sie benutzte auch selbst hergestellte Salben, pinguia Poppaiana (Juvenal). Ihr Haar war nach Plinius rotgolden und ihre Haut weiß. Wie ihre Mutter galt sie als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit. Sie äußerte den Wunsch, „sterben zu dürfen, ehe sie verblühe“.
Charakter
Poppaeas Charakter war von Wollust und Berechnung geprägt. So trat sie mit halb verschleiertem Gesicht auf, "um dem Auge nicht volle Befriedigung zu geben". Auf ihren Ruf nahm sie keinerlei Rücksicht. Um ihren eigenen Vorteil zu verfolgen, setzte sie ihre Sinnlichkeit ein (Tacitus). Mal schmeichelte sie Nero und reizte ihn, dann machte sie ihm Vorwürfe, nannte ihn "unmündig" und wies ihn zurück. Ein uraltes weibliches Spiel. So stachelte sie seine Begierde an. Ihr Zorn und ihre Grausamkeit waren gefürchtet.
Ihre Ehen
In erster Ehe war sie mit dem Prätorianerpräfekten Rufrius Crispinus verheiratet. Rufrius Crispinus wurde vier Jahre später von Neros Mutter Agrippina seiner Stellung enthoben, weil sie den Präfekten „dem Andenken der Messalina und deren Kindern ergeben“ glaubte.
Im Jahr 58 ließ sich Poppaea von Rufrius Crispinus wieder scheiden. Später wurde Rufrius Crispinus im Jahr 65 im Rahmen der Pisonischen Verschwörung gefangen genommen und ins Exil geschickt, wobei Tacitus auch persönliche Motive Neros für diese Verbannung andeutet. Einen vermutlich um das Jahr 51 (oder etwas später) geborenen Sohn aus dieser Ehe, der wie sein Vater Rufrius Crispinus hieß, ließ Nero noch als Knaben ertränken.
Laut Tacitus fing Poppaea bereits während der Ehe mit Crispinus ein Verhältnis mit Otho, dem Freund Neros und späteren Kaiser, an und heiratete ihn nach der Scheidung von Crispinus. Otho war so leichtsinnig, Nero die Schönheiten seiner Frau in allen Einzelheiten zu preisen. Auch Poppaea begann, die Begierde Neros durch Verführung und Verweigerung zu reizen, bis Nero ihr erlag, sie seine Mätresse wurde und er schließlich Otho weit weg von Rom als Statthalter nach Lusitania (Portugal) schickte, um Poppaea selbst hei-raten zu können.
Plutarch erzählt, daß Otho nur der Strohmann Neros gewesen sei, weil der noch mit Octavia verheiratet war und Agrippina, seine Mutter, fürchtete. Otho aber verliebte sich in Poppaea und wollte sie nicht mit Nero teilen. Poppaea wurde die Mätresse Neros, lehnte jedoch eine Hochzeit mit ihm ab. Auf Anraten Senecas wurde Otho nach Lusitania geschickt.
Einer Hochzeit mit Nero standen sowohl Agrippina als auch Octavia im Wege. Durch ironische Spottreden stachelte sie Nero auf und es gelang ihr, Nero, der in heftiger Liebe zu Poppaea entbrannt war, dazu zu bringen, sich von seiner Mutter zu befreien. Im März 59 ließ er sie ermorden. Nachdem auch Neros Berater Burrus und Seneca 62 ausgeschaltet waren, erreichte Poppaea es, daß sich Nero unter der Beschuldigung, sie sei unfruchtbar, von Octavia scheiden ließ. Ihr wurde auch ein Verhältnis mit einem alexandrinischen Flötenspieler, einem Sklaven, vorgeworfen. Octavia wurde nach Campanien verbannt. Doch das römische Volk empörte sich über seine Entscheidung, so daß Nero sie aus Angst wieder als seine Frau zurückholte.
Inzwischen war Poppaea schwanger geworden. Unter dem Vorwand eines weiteren Ehebruchs wurde Octavia auf die Insel Pandateria im Tyrrhenischen Meer verbannt und anschließend dort ermordet. Ihr Haupt wurde Poppaea gebracht.
Ehe mit Nero
Jetzt konnte Nero Poppaea heiraten. Bald nach der Heirat gebar sie ihm eine Tochter Claudia, die er Augusta nannte, so wie er auch Poppaea den Titel Augusta verliehen hatte. Doch nach 4 Monaten starb die Tochter und wurde als DIVA CLAVDIA VIRGO konsekriert. Poppaea führte ihren aufwendigen Lebensstil weiter. Die Hufe der Maultiere z.B., die ihren Wagen zogen, waren mit goldenen Schuhen überzogen.
Poppaeas Tod
65 wurde sie zum zweiten Mal schwanger. Im Sommer 65 starb sie, nachdem Nero ihr in einem Wutanfall in den Bauch getreten hatte, als sie ihm Vorhaltungen machte, daß er zuviel Zeit bei den Rennen verbrachte (Sueton). Wahrscheinlich war die Ursache eine durch den Tritt ausgelöste Fehlgeburt, obwohl es auch Gerüchte über einen Giftmord gab.
Sie wurde als DIVA konsekriert und ihr Leichnam wurde im Mausoleum des Augustus auf dem Campus Martius beigesetzt. Nero hielt die Grabrede. Er lobte ihre Schönheit und erinnerte daran, daß sie "eines göttlichen Kindes Mutter gewesen sei".
Skurril ist das Verhalten Neros nach ihrem Tod. Weil er sie nicht vergessen konnte, nahm er zunächst eine ähnlich aussehende Frau zu sich, dann aber Sporus, einen Freigelassenen, den er kastrieren ließ und als seine Frau hielt. Er mußte die Kleidung der Kaiserin tragen und Nero nannte ihn Sabina. Unter Tigellinus, seinem Prätorianerpräfekten, kam es sogar zu einer Hochzeit! (Cassius Dio)
Nach dem Tod des Nero im Juni 68 fiel auch das Andenken der Poppaea unter die damnatio memoriae und ihre Standbilder wurden zerstört. Doch 69 ließ Otho, der jetzt Kaiser war, den Senatsbeschluß wieder aufheben. Trotzdem sind kaum Statuen oder Portraits erhalten. Bernoulli bezweifelte überhaupt die Möglichkeit, Bildnisse der Poppaea aufzufinden, doch dürfte sie auf einer Marmorstatue aus Olympia und auf einer Statue aus Pompeji an der für sie typischen Haartracht zu erkennen sein.
Poppaea und die Juden
Es wird berichtet, daß Poppaea ein besonderes Verhältnis zu den Juden gehabt habe. Es gibt sogar die Meinung, daß sie Christin gewesen sei. Josephus berichtet, daß Agrippa II. 62 in Jerusalem ein hohes Gebäude habe errichten lassen, von dem aus man den Tempel beobachten konnte. Daraufhin wurde eine Mauer errichtet, die dies verhinderte, aber auch den Römern die Kontrolle unmöglich machte. Als diese die Mauern niederreißen wollten, schickten die Juden eine Abordnung nach Rom, die Nero ihre Sache darlegte. Poppaea überredete Nero, ihnen stattzugeben. Weiter erzählt Joseph auch, daß er durch ein persönliches Treffen mit Poppaea die Freilassung von gefangengesetzten Priestern erreichen konnte. Er meint, daß dies der Gottesfürchtigkeit der Poppaea zu verdanken gewesen sei. Ich glaube aber, daß es tatsächlich ihr Aberglauben war, der dahintersteckte. So beschäftigte sie einen ganzen Stab von Astrologen. Ihre Neigung zur Astrologie war öffentlich bekannt. Dies wurde geduldet, obwohl die Astrologie in Rom verboten war und streng verfolgt wurde.
Literatur:
(1) Strabo, Geographie
(2) Plinius. Naturalis Historia
(3) Dio Cassius, Römische Geschichte
(4) Sueton, Kaiserbiographien
(5) Tacitus, Annalen
(6) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer
Secundäriteratur:
(1) Dietmar Kienast, Römische Kaisertabelle
(2) William Smith (Ed.), A Dictionary of Greek and
Roman biography and mythology, 1849
(3) Johann Jakob Bernoulli, Römische Ikonographie, 1882
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Poppaea Sabina, die große Liebe Neros, war berüchtigt für ihre Amoralität und ihren aufwendigen Lebenswandel, aber berühmt wegen ihrer Schönheit. Von ihr sind keine Abbildungen überliefert, weswegen wir uns auf die Münzbilder verlassen müssen. Eine Ahnung von ihrer Schönheit und ihrer Ausstrahlungskraft gibt das Bild auf unserer Münze.
Die Münze
Koinon von Galatien, Tavion, Nero, 54-68
AE 25, 13.14g, 26.4mm, 150°
geprägt 62-65
Av.: [NEPΩ]NOΣ - [ΣE]BAΣTOV
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: [ΠOΠ]ΠAIAΣ - ΣEB[AΣTHΣ]
Büste der Poppaea, drapiert, n. r.; das Haar in einem Zopf in den Nacken, über der Stirn Locken
Ref.: RPC 3562; SGICV 662; SNG von Aulock 6117; SNG Paris 2400
SS, gestrippt Anmerkung:
Auf imperialen Münzen gibt es keine Büsten der Poppaea. Wir sind auf Provinzialmünzen angewiesen. Ihre Büste finden wir z. B. auf Münzen aus Perinthos, Kyzikos, Thyateiron, Alexandria, Akmoneia und vom Koinon von Galatia, wie unsere Münze aus Tavion.
Tavion (lateinisch Tavium) war die Hauptstadt der Trocmi, eines der 3 großen Galliervölker, die aus dem Donautal nach Kleinasien gewandert waren und dort Galater genannt wurden. Es lag in der Nähe des Ostufers des Halys (heute Kisilirmak) und war in der Antike eine bedeutende Handelsstation durch den Schnittpunkt mehrerer großer Hanndelswege (Pinius, Strabo). Heute finden sich noch Ruinen in der Nähe von Büyüknefes.
Herkunft:
Poppaea Sabina stammte aus einer Familie, die ursprünglich aus Campanien kam, wo der Name Poppaea nicht selten ist. Ihr Großvater war Gaius Poppaeus Sabinus, der 9 n. Chr, Consul gewesen war. Sabinus weist auf die Sabiner hin. Ihre Mutter, Poppaea Sabina die Ältere, galt als schönste Frau ihrer Zeit (Tacitus). Ihr Vater war Titus Ollius, der ein Freund des Präfekten der Prätorianergarde Sejan gewesen ist und nach dessen Sturz Selbstmord machen mußte. Auch ihre Mutter hatte ein schlimmes Ende. Um die Gärten des Lucullus auf dem Pincio in ihren Besitz zu bekommen, die Valerius Asiaticus gehörten, begann Messalina, die Frau des Kaisers Claudius, eine Intrige gegen sie zu spinnen. Sie klagte sie endlich des Ehebruchs mit Valerius Asiaticus an, dem erlaubt wurde, Selbstmord zu begehen. Vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu müssen, beging auch sie Selbstmord. Heute steht sie ganz im Schatten ihrer berühmteren Tochter.
Poppaea Sabina die Jüngere hieß zunächst nach ihrem Vater Ollia. nahm aber nach dessen Tod den Namen ihres Großvaters an, weil der mehr Ansehen hatte.
Bildung
Poppaea besaß eine für die damalige Zeit gute Bildung. Es wird sogar ihre "sophia" gelobt. Selbst Tacitus, der sonst nichts Schmeichelhaftes von ihr berichtet, gesteht ihr einen gebildeten Verstand und eine freundliche Rede zu. Besonders hebt er dabei ihre kokette Ironie hervor.
Luxus
Ihr Vermögen war beträchtlich. Sie selbst soll ein luxuriöses Anwesen in Pompeji besessen haben. Diskutiert wird die Villa Poppaea in Oplontis. Ihren Reichtum benutzte sie u.a. für eine verschwenderische Körperpflege. Berüchtigt sind ihre Bäder in Eselsmilch, die ihrer Haut Blässe und Straffheit geben sollten. Dazu führte sie immer 500 frisch gefohlt habende Eselinnen mit sich, die sie täglich melken ließ. Sie benutzte auch selbst hergestellte Salben, pinguia Poppaiana (Juvenal). Ihr Haar war nach Plinius rotgolden und ihre Haut weiß. Wie ihre Mutter galt sie als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit. Sie äußerte den Wunsch, „sterben zu dürfen, ehe sie verblühe“.
Charakter
Poppaeas Charakter war von Wollust und Berechnung geprägt. So trat sie mit halb verschleiertem Gesicht auf, "um dem Auge nicht volle Befriedigung zu geben". Auf ihren Ruf nahm sie keinerlei Rücksicht. Um ihren eigenen Vorteil zu verfolgen, setzte sie ihre Sinnlichkeit ein (Tacitus). Mal schmeichelte sie Nero und reizte ihn, dann machte sie ihm Vorwürfe, nannte ihn "unmündig" und wies ihn zurück. Ein uraltes weibliches Spiel. So stachelte sie seine Begierde an. Ihr Zorn und ihre Grausamkeit waren gefürchtet.
Ihre Ehen
In erster Ehe war sie mit dem Prätorianerpräfekten Rufrius Crispinus verheiratet. Rufrius Crispinus wurde vier Jahre später von Neros Mutter Agrippina seiner Stellung enthoben, weil sie den Präfekten „dem Andenken der Messalina und deren Kindern ergeben“ glaubte.
Im Jahr 58 ließ sich Poppaea von Rufrius Crispinus wieder scheiden. Später wurde Rufrius Crispinus im Jahr 65 im Rahmen der Pisonischen Verschwörung gefangen genommen und ins Exil geschickt, wobei Tacitus auch persönliche Motive Neros für diese Verbannung andeutet. Einen vermutlich um das Jahr 51 (oder etwas später) geborenen Sohn aus dieser Ehe, der wie sein Vater Rufrius Crispinus hieß, ließ Nero noch als Knaben ertränken.
Laut Tacitus fing Poppaea bereits während der Ehe mit Crispinus ein Verhältnis mit Otho, dem Freund Neros und späteren Kaiser, an und heiratete ihn nach der Scheidung von Crispinus. Otho war so leichtsinnig, Nero die Schönheiten seiner Frau in allen Einzelheiten zu preisen. Auch Poppaea begann, die Begierde Neros durch Verführung und Verweigerung zu reizen, bis Nero ihr erlag, sie seine Mätresse wurde und er schließlich Otho weit weg von Rom als Statthalter nach Lusitania (Portugal) schickte, um Poppaea selbst hei-raten zu können.
Plutarch erzählt, daß Otho nur der Strohmann Neros gewesen sei, weil der noch mit Octavia verheiratet war und Agrippina, seine Mutter, fürchtete. Otho aber verliebte sich in Poppaea und wollte sie nicht mit Nero teilen. Poppaea wurde die Mätresse Neros, lehnte jedoch eine Hochzeit mit ihm ab. Auf Anraten Senecas wurde Otho nach Lusitania geschickt.
Einer Hochzeit mit Nero standen sowohl Agrippina als auch Octavia im Wege. Durch ironische Spottreden stachelte sie Nero auf und es gelang ihr, Nero, der in heftiger Liebe zu Poppaea entbrannt war, dazu zu bringen, sich von seiner Mutter zu befreien. Im März 59 ließ er sie ermorden. Nachdem auch Neros Berater Burrus und Seneca 62 ausgeschaltet waren, erreichte Poppaea es, daß sich Nero unter der Beschuldigung, sie sei unfruchtbar, von Octavia scheiden ließ. Ihr wurde auch ein Verhältnis mit einem alexandrinischen Flötenspieler, einem Sklaven, vorgeworfen. Octavia wurde nach Campanien verbannt. Doch das römische Volk empörte sich über seine Entscheidung, so daß Nero sie aus Angst wieder als seine Frau zurückholte.
Inzwischen war Poppaea schwanger geworden. Unter dem Vorwand eines weiteren Ehebruchs wurde Octavia auf die Insel Pandateria im Tyrrhenischen Meer verbannt und anschließend dort ermordet. Ihr Haupt wurde Poppaea gebracht.
Ehe mit Nero
Jetzt konnte Nero Poppaea heiraten. Bald nach der Heirat gebar sie ihm eine Tochter Claudia, die er Augusta nannte, so wie er auch Poppaea den Titel Augusta verliehen hatte. Doch nach 4 Monaten starb die Tochter und wurde als DIVA CLAVDIA VIRGO konsekriert. Poppaea führte ihren aufwendigen Lebensstil weiter. Die Hufe der Maultiere z.B., die ihren Wagen zogen, waren mit goldenen Schuhen überzogen.
Poppaeas Tod
65 wurde sie zum zweiten Mal schwanger. Im Sommer 65 starb sie, nachdem Nero ihr in einem Wutanfall in den Bauch getreten hatte, als sie ihm Vorhaltungen machte, daß er zuviel Zeit bei den Rennen verbrachte (Sueton). Wahrscheinlich war die Ursache eine durch den Tritt ausgelöste Fehlgeburt, obwohl es auch Gerüchte über einen Giftmord gab.
Sie wurde als DIVA konsekriert und ihr Leichnam wurde im Mausoleum des Augustus auf dem Campus Martius beigesetzt. Nero hielt die Grabrede. Er lobte ihre Schönheit und erinnerte daran, daß sie "eines göttlichen Kindes Mutter gewesen sei".
Skurril ist das Verhalten Neros nach ihrem Tod. Weil er sie nicht vergessen konnte, nahm er zunächst eine ähnlich aussehende Frau zu sich, dann aber Sporus, einen Freigelassenen, den er kastrieren ließ und als seine Frau hielt. Er mußte die Kleidung der Kaiserin tragen und Nero nannte ihn Sabina. Unter Tigellinus, seinem Prätorianerpräfekten, kam es sogar zu einer Hochzeit! (Cassius Dio)
Nach dem Tod des Nero im Juni 68 fiel auch das Andenken der Poppaea unter die damnatio memoriae und ihre Standbilder wurden zerstört. Doch 69 ließ Otho, der jetzt Kaiser war, den Senatsbeschluß wieder aufheben. Trotzdem sind kaum Statuen oder Portraits erhalten. Bernoulli bezweifelte überhaupt die Möglichkeit, Bildnisse der Poppaea aufzufinden, doch dürfte sie auf einer Marmorstatue aus Olympia und auf einer Statue aus Pompeji an der für sie typischen Haartracht zu erkennen sein.
Poppaea und die Juden
Es wird berichtet, daß Poppaea ein besonderes Verhältnis zu den Juden gehabt habe. Es gibt sogar die Meinung, daß sie Christin gewesen sei. Josephus berichtet, daß Agrippa II. 62 in Jerusalem ein hohes Gebäude habe errichten lassen, von dem aus man den Tempel beobachten konnte. Daraufhin wurde eine Mauer errichtet, die dies verhinderte, aber auch den Römern die Kontrolle unmöglich machte. Als diese die Mauern niederreißen wollten, schickten die Juden eine Abordnung nach Rom, die Nero ihre Sache darlegte. Poppaea überredete Nero, ihnen stattzugeben. Weiter erzählt Joseph auch, daß er durch ein persönliches Treffen mit Poppaea die Freilassung von gefangengesetzten Priestern erreichen konnte. Er meint, daß dies der Gottesfürchtigkeit der Poppaea zu verdanken gewesen sei. Ich glaube aber, daß es tatsächlich ihr Aberglauben war, der dahintersteckte. So beschäftigte sie einen ganzen Stab von Astrologen. Ihre Neigung zur Astrologie war öffentlich bekannt. Dies wurde geduldet, obwohl die Astrologie in Rom verboten war und streng verfolgt wurde.
Literatur:
(1) Strabo, Geographie
(2) Plinius. Naturalis Historia
(3) Dio Cassius, Römische Geschichte
(4) Sueton, Kaiserbiographien
(5) Tacitus, Annalen
(6) Flavius Josephus, Jüdische Altertümer
Secundäriteratur:
(1) Dietmar Kienast, Römische Kaisertabelle
(2) William Smith (Ed.), A Dictionary of Greek and
Roman biography and mythology, 1849
(3) Johann Jakob Bernoulli, Römische Ikonographie, 1882
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Omnes vulnerant, ultima necat.
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