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Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: Fr 04.10.24 22:47
von friedberg
Hallo,

vor einigen Tagen wurde hier im Forum eine Frage zum Los 887 der NAC Herbstauktion 2024 gestellt:
viewtopic.php?f=6&t=64568&start=3165#p617404
https://www.biddr.com/auctions/nac/brow ... &l=6041359
image00887.jpg
NAC schrieb im Katalog völlig richtig das es sich um ein plattiertes Stück handelt.
Im weiteren Verlauf äußerte ich meine Vermutung das es sich um ein Exemplar aus dem "Gibraltar Hort" handelt:
https://chre.ashmus.ox.ac.uk/hoard/12870

Ich erbat ein paar Tage Zeit um mir die betreffende Publikation:
C-M. Fallani, Nummi Pelliculati, Numismatic Witness to History, IANP Publications No. 8
via Fernleihe zugänglich zu machen. Selbige liegt mir inzwischen vor.

Carlo-Maria Fallani beschreibt dort 224 Exempare und schätz das ihm damit ca. 80% - 90%
der Gesamtmenge des ursprünglichen Hort Fundes zum Zeitpunkt seiner Publikation vorlagen.

Der Typ des NAC Stückes kommt in obiger Publikation mit 16 Exemplaren bezeichnet 160A - 170C vor.
gibra.jpg
Ich bitte die Qualität obigen Photos zu entschuldigen, es handelt sich dabei um ein Photo der Publikation
und die max. 150kb des Forum setzen der Wiedergabe enge Grenzen.

Das NAC Stück selbst ist nicht unter diesen 16 Exemplaren. Alle Stücke dieses Hort Fundes sind
gekennzeichnet / ersichtlich durch ihre jeweils außergewöhnliche technische und stilistische Ausführung.
Auf den Ersten Blick kann man die Stücke nur dann als plattierte Exemplare erkennen wenn die Silber
Plattierung beschädigt ist und aufgrund Korrosion dann der Kern ersichtlich wird.

Die Stücke des "Gibraltar Hort" unterscheiden sich dahingehend einschneidend von anderen plattierten
flavischen Denaren.

Für mich selbst steht inzwischen außer Frage das es sich bei dem NAC Exemplar um ein Stück
aus obigem Hort Fund handelt. In Folge dessen handelt es sich meiner Meinung nach um ein Stück aus der Zeit.

Der geneigte Leser mag aber natürlich für sich selbst entscheiden ob er das Exemplar für ein antikes Stück
erachtet oder ob er das dennoch als unwahrscheinlich ansieht.

Im Kern seiner Publikation geht Carlo-Maria Fallani davon aus das die Exemplare dieses Hort Fundes
von Mitarbeitern der offiziellen römischen Münze hergestellt wurden.
Er geht nicht davon aus das es sich um Fälschungen handelt die einen wirtschaftlichen Vorteil erbringen sollten.
Seiner These nach ging es bei der Herstellung darum lokalem Geldmangel von offizieller Seite Abhilfe zu leisten.

Seine Begründung dafür ist die außergewöhnliche technische und stilistische Ausführung der Stücke.
Zwar interessant, aber dem muss man nicht unbedingt folgen, eine These halt.

Ich bedanke mich fürs "reinschauen hier" und mit freundlichen Grüßen

Re: Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: Sa 05.10.24 08:26
von Altamura2
friedberg hat geschrieben:
Fr 04.10.24 22:47
... Das NAC Stück selbst ist nicht unter diesen 16 Exemplaren. ...
Passt aber hervorragend da mit dazu. Besten Dank für die Recherche! Das ist schon sehr überzeugend :D .

Gruß

Altamura

Re: Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: Sa 05.10.24 08:58
von justus
friedberg hat geschrieben:
Fr 04.10.24 22:47
Im Kern seiner Publikation geht Carlo-Maria Fallani davon aus das die Exemplare dieses Hort Fundes
von Mitarbeitern der offiziellen römischen Münze hergestellt wurden.
Er geht nicht davon aus das es sich um Fälschungen handelt die einen wirtschaftlichen Vorteil erbringen sollten.
Seiner These nach ging es bei der Herstellung darum lokalem Geldmangel von offizieller Seite Abhilfe zu leisten.
Könntest du mal ein entsprechendes Zitat mit genauer Seitenangabe veröffentlichen? Ich hatte vor mehr als 10 Jahren hier im Forum eine ähnliche These aufgestellt, die allerdings zu einer Kontroverse führte und letztendlich abgelehnt wurde, soweit ich mich erinnere. Hintergrund waren einige subaerate Denare, unter anderem auch von Nero, die meiner Ansicht nach mit offiziellen Stempeln geprägt worden waren.

Re: Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: Sa 05.10.24 17:56
von friedberg
Hallo justus,
justus hat geschrieben:
Sa 05.10.24 08:58
Könntest du mal ein entsprechendes Zitat mit genauer Seitenangabe veröffentlichen?
C-M. Fallani, Nummi Pelliculati, Numismatic Witness to History, IANP Publications No. 8, Seite 63, Zitat Original:
"Dando ora uno sguardo all'esecuzione, dal punto di vista artistico, di tutte queste
monete, possiamo ben affermare che sono il frutto di ottimi incisori e non vi è nulla
di provinciale, nel senso deteriore della parola.

Questa è una prova in più per affermare che la coniazione di questi suberati è
stata opera di incisori dello Stato e non di privati falsari o di barbari.

I suberati devono essere considerati gli avi della nostra carta moneta, anche se
nessun documento giuridico pervenutoci ne confermi la legalità. ..."

Zusammenfassung:
- Die künstlerische Umsetzung zeigt das Werk hervorragender Graveure, nichts deutet auf einen provinziellen Ursprung hin
- Es war das Werk staatlicher Graveure und nicht privater Fälscher oder Barbaren
- Die Suberates müssen als die Vorfahren unseres Papiergeldes betrachtet werden

Ein Minenfeld. Die Frage ist ob man alle suberaten Denare als private Fälschungen hergestellt zur Erlangung
eines wirtschaftlichen Vorteils ansehen muss, oder ob derartige Stücke teils auch offiziell von staatlichen Stellen,
aus welchen Gründen auch immer hergestellt wurden ?

Einen handfesten Beweis könnte man nur mit einer Querverbindung aus offiziellen Stücken und stempelgleichen
suberaten Stücken erbringen. Wobei sich die Frage stellt ob das damals von staatlicher Seite überhaupt passierte ?
Vielleicht gab es z.B. Gründe von staatlicher Seite nicht die gleichen Stempel zu verwenden um die Stücke
überhaupt leicht unterscheiden zu können.

Ein häufiges Kennzeichen suberater Stücke ist das Avers / Revers zeitlich nicht zueinander passen,
oder das in den Legenden vorkommende Ämter Kombinationen ebenfalls nicht möglich sind.
Bei den Stücken dieses betreffenden Hort Fundes habe ich, soweit ich die Abbildungen bisher abgeglichen habe,
kein Stück gefunden welches dahingehend auffällig ist. Alle Stücke die ich bisher verglichen habe lehnen
sich so eng wie eben nur möglich an bekannte offizielle Stücke an.

Die technische / handwerkliche Ausführung der Stücke ist herausragend. Wenn die Silberschicht nicht beschädigt ist
fällt es mir wirklich auch schwer diese Stücke von offiziellen optisch zu unterscheiden.
Dahingehend stimme ich mit Carlo-Maria Fallani überein. Diese Stücke stammen eher nicht aus einer privaten
Hinterhof Fälscher Werkstatt die im geheimen werkelte. Nur einen Beweis wird man wohl nicht erbringen können.

Hinsichtlich suberater Flavier gibt es noch einige weitere ungeklärte Auffälligkeiten.
Ein Beispiel dafür ist der Typ: RIC II 1² Vespasian 1120
http://numismatics.org/ocre/id/ric.2_1(2).ves.1120
https://www.forumancientcoins.com/galle ... play_media

Dieser Typ ist offiziell aus solidem Silber selten. Als suberates Stück dagegen kommt er sehr häufig vor.
Querverbindungen via stempelgleich sind nicht bekannt. Stellt sich die Frage warum ausgerechnet dieser Typ
als suberates Exemplar wesentlich häufiger vorkommt.

Mit freundlichen Grüßen

Re: Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: Sa 05.10.24 18:45
von Zwerg
Persönlich tendiere ich bei den wirklich guten subaeraten Prägungen zu "Home Office" der Münzwerker.
Wäre dies wirklich ein staatliches Projekt gewesen, müßten sehr viel mehr Exemplare im Umlauf gewesen sein.

Grüße
Klaus

Re: Plattierte flavische Denare des Gibraltar Hort Fund

Verfasst: So 06.10.24 09:02
von justus
friedberg hat geschrieben:
Sa 05.10.24 17:56
Hallo justus,
justus hat geschrieben:
Sa 05.10.24 08:58
Könntest du mal ein entsprechendes Zitat mit genauer Seitenangabe veröffentlichen?
C-M. Fallani, Nummi Pelliculati, Numismatic Witness to History, IANP Publications No. 8, Seite 63, Zitat Original:
"Dando ora uno sguardo all'esecuzione, dal punto di vista artistico, di tutte queste
monete, possiamo ben affermare che sono il frutto di ottimi incisori e non vi è nulla
di provinciale, nel senso deteriore della parola.

Questa è una prova in più per affermare che la coniazione di questi suberati è
stata opera di incisori dello Stato e non di privati falsari o di barbari.

I suberati devono essere considerati gli avi della nostra carta moneta, anche se
nessun documento giuridico pervenutoci ne confermi la legalità. ..."

Mit freundlichen Grüßen
Vielen lieben Dank für deine Informationen.

Die Bemerkung von Klaus ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Aber ich denke auch, dass es sich bei "offiziell" plattierten Denaren um Einzelfälle handeln dürfte.