Ganz kleines Kleingeld aus unsicheren Quellen im römischen Osten
Verfasst: So 28.09.25 19:19
Neulich hab' ich mir für kleines Geld eine kleine Bronzemünze erstanden. Sie war als eine aus Arados beschrieben, hab' ich zwar nicht geglaubt
, aber nach irgendwas aus Phönizien hat sie schon ausgesehen und erschien mir interessant
:
Av: Kopf der Tyche mit Mauerkrone nach rechts, Palmzweig hinter dem Nacken
Rv: Figur auf Galeere nach links stehend, irgendwas in der erhobenen Rechten haltend und über der linken Schulter; Buchstaben im linken Feld
AE, 11 mm, 1,16 g
. (https://www.biddr.com/auctions/nummitra ... &l=7456281)
Recht schnell hab' ich dann herausgefunden, dass dieser Münztyp aus Tyros stammt und er dort etwa Ende des ersten und im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts n. Chr. über mehrere Jahre und Kaiser hinweg geprägt wurde. In RPC online findet man eine ganze Menge dieser Münzen (https://rpc.ashmus.ox.ac.uk/search/brow ... x=&format=). Die Figur auf dem Revers wird in der Literatur dazu als Astarte identifiziert, die in der erhobenen Rechten einen Kranz und über der linken Schulter eine Standarte hält (man findet auch Stylis). Es gibt diesen Typ in allerlei Varianten, die meist datiert sind und auch zusätzlich phönizische Buchstaben tragen können. Ein gutes Beispiel dafür ist dieses Exemplar aus der BnF:
. (https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8537201d)
Irgendwie hat meine Münze dann aber doch anders ausgesehen
. Sie ist kleiner und leichter, die Form der Galeere ist irgendwie anders, es stehen zu wenig Buchstaben auf dem Revers und die vorhandenen konnte ich auch nicht richtig lesen. Da dämmerte mir langsam, dass es sich vielleicht um eine zeitgenössische Imitation handeln könnte
.
Mit diesem Ansatz bin ich dann auf einen recht aktuellen Artikel von Kevin Butcher gestoßen, "Small Coins, Big Implications?", in Rubina Raja (Hrsg.), "Palmyra in Perspective", Turnhout 2024, S. 163-174: https://wrap.warwick.ac.uk/id/eprint/19 ... ations.pdf
Dort findet sich der Münztyp hier wieder und der Blick geht über ein viel weiteres Feld als nur mein Exemplar hier
.
Die Münze hier gehört laut Butcher zu einer Gruppe von Imitationen, die im östlichen Mittelmeerraum (Levante, Syrien usw.) von nicht offizieller Seite zur Befriedigung der Nachfrage nach Kleingeld hergestellt wurde. Typische Eigenschaften dieser Gruppe sind folgende:
Diese Imitationen folgen fast immer offiziellen Vorbildern aus dem östlichen Mittelmeerraum, haben aber
Da diese Imitationen sehr häufig zusammen mit den Vorbildern gefunden werden, fanden sie wohl ganz normale Verwendung im alltäglichen Geldumlauf. Die Menge, die man davon findet, deutet auch darauf hin, dass diese Münzen von der Obrigkeit nicht sanktioniert wurden, da diese Obrigkeit am Kleingeld für das arme Volk anscheinend nicht sonderlich interessiert war
.
Anhand der Datierung der Vorbilder kann man diese Münzen wohl ganz grob ins ausgehende erste und ins zweite Jahrhundert n. Chr. datieren, Butcher äußert sich da aber nur sehr vorsichtig.
Viele dieser imitativen Kleinbronzen wurden in der Vergangenheit (und werden immer noch) Palmyra zugeschrieben, auch die Minima aus Caesarea Maritima gehören laut Butcher in diese Gruppe von zeitgenössischen Imitationen.
Da ist mir dann auch aufgefallen, dass meine drei Kleinbronzen, die ich bislang (aber auf sehr schwacher Grundlage
) unter Palmyra verbucht hatte, auch in diese Gruppe von Imitationen gehören
:
. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191175)
. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191163)
. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191178)
Schaut man genau hin (so genau muss man das aber jetzt gar nicht mehr tun
), dann gehören sehr viele angeblich aus Palmyra stammende Münzen in Auktionen zu dieser Gruppe im Detail noch ungeklärter Imitationen
.
Völlig unverständlich ist mir jedoch, warum Butcher die Arbeiten von Clive Stannard zum Thema "pseudomints" nicht erwähnt
, die sich im Prinzip mit einem analogen Phänomen in Italien und dem römischen Westen befassen, auch wenn dieses etwas früher stattgefunden hat. Ich hatte hier mal darauf hingewiesen: viewtopic.php?f=6&t=11926&p=636066#p636066
Und ja, Römer sind eigentlich nicht mein Fokus, aber dass es einer ist, wusste ich beim Kauf ja noch nicht
. Interessant war das jetzt aber allemal
.
Gruß
Altamura


Av: Kopf der Tyche mit Mauerkrone nach rechts, Palmzweig hinter dem Nacken
Rv: Figur auf Galeere nach links stehend, irgendwas in der erhobenen Rechten haltend und über der linken Schulter; Buchstaben im linken Feld
AE, 11 mm, 1,16 g
. (https://www.biddr.com/auctions/nummitra ... &l=7456281)
Recht schnell hab' ich dann herausgefunden, dass dieser Münztyp aus Tyros stammt und er dort etwa Ende des ersten und im ersten Drittel des zweiten Jahrhunderts n. Chr. über mehrere Jahre und Kaiser hinweg geprägt wurde. In RPC online findet man eine ganze Menge dieser Münzen (https://rpc.ashmus.ox.ac.uk/search/brow ... x=&format=). Die Figur auf dem Revers wird in der Literatur dazu als Astarte identifiziert, die in der erhobenen Rechten einen Kranz und über der linken Schulter eine Standarte hält (man findet auch Stylis). Es gibt diesen Typ in allerlei Varianten, die meist datiert sind und auch zusätzlich phönizische Buchstaben tragen können. Ein gutes Beispiel dafür ist dieses Exemplar aus der BnF:
. (https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8537201d)
Irgendwie hat meine Münze dann aber doch anders ausgesehen


Mit diesem Ansatz bin ich dann auf einen recht aktuellen Artikel von Kevin Butcher gestoßen, "Small Coins, Big Implications?", in Rubina Raja (Hrsg.), "Palmyra in Perspective", Turnhout 2024, S. 163-174: https://wrap.warwick.ac.uk/id/eprint/19 ... ations.pdf
Dort findet sich der Münztyp hier wieder und der Blick geht über ein viel weiteres Feld als nur mein Exemplar hier

Die Münze hier gehört laut Butcher zu einer Gruppe von Imitationen, die im östlichen Mittelmeerraum (Levante, Syrien usw.) von nicht offizieller Seite zur Befriedigung der Nachfrage nach Kleingeld hergestellt wurde. Typische Eigenschaften dieser Gruppe sind folgende:
Diese Imitationen folgen fast immer offiziellen Vorbildern aus dem östlichen Mittelmeerraum, haben aber
- als Vorbilder meist auch nur Kleinmünzen von 12-15 mm und 1,5 bis 2,5 Gramm, selten größere,
- in der Regel ein geringeres Gewicht von etwa einem Gramm und eine reduzierte Größe von etw 11 mm,
- meist gar keine Legende oder nur eine in Trugschrift,
- gelegentlich Kombinationen von Avers und Revers aus Vorbildern unterschiedlicher Münzstätten, vereinzelt auch neue Motive,
- machmal Stempelkopplungen über Avers oder Revers, die unterschiedliche Motive aus verschiedenen Münzstätten verbinden.
Da diese Imitationen sehr häufig zusammen mit den Vorbildern gefunden werden, fanden sie wohl ganz normale Verwendung im alltäglichen Geldumlauf. Die Menge, die man davon findet, deutet auch darauf hin, dass diese Münzen von der Obrigkeit nicht sanktioniert wurden, da diese Obrigkeit am Kleingeld für das arme Volk anscheinend nicht sonderlich interessiert war

Anhand der Datierung der Vorbilder kann man diese Münzen wohl ganz grob ins ausgehende erste und ins zweite Jahrhundert n. Chr. datieren, Butcher äußert sich da aber nur sehr vorsichtig.
Viele dieser imitativen Kleinbronzen wurden in der Vergangenheit (und werden immer noch) Palmyra zugeschrieben, auch die Minima aus Caesarea Maritima gehören laut Butcher in diese Gruppe von zeitgenössischen Imitationen.
Da ist mir dann auch aufgefallen, dass meine drei Kleinbronzen, die ich bislang (aber auf sehr schwacher Grundlage


. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191175)
. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191163)
. (https://www.acsearch.info/search.html?id=12191178)
Schaut man genau hin (so genau muss man das aber jetzt gar nicht mehr tun


Völlig unverständlich ist mir jedoch, warum Butcher die Arbeiten von Clive Stannard zum Thema "pseudomints" nicht erwähnt

Und ja, Römer sind eigentlich nicht mein Fokus, aber dass es einer ist, wusste ich beim Kauf ja noch nicht


Gruß
Altamura