Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Bezüglich des Chancelleria-Reliefs möchte ich aber darauf hinweisen, dass die Kontroverse, ob Roma oder Virtus, bis jetzt noch keinen Abschluss gefunden hat. Vgl. G. Koeppel,"Profectio und Adventus" in BJb 169, 1969, S. 141 und Keller, Klio 49, 1967, S. 198 ff., die Virtus ansehen. Siehe auch Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, Band 103, S. 406ff.
Gruß
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Folgende Erklärung scheint mir sehr plausibel:
Kleiner, Fred S.: A History of Roman Art, Enhanced Edition, Boston 2010, S. 135:
"Cancelleria Reliefs" ... "The second relief (Fig.9-23) represents an event of 92, Domitian's profectio (departure from Rome) to wage war against the Saramatians. Victory (only one wing is preserved) leads the way, as do Mars and Minerva. Roma literally pushes the emperor out of the city as the Senate and Roman People bid him farewell."
(Kleiner führt dann weiter aus, dass der Kopf des Domitian auf dem Relief nach der Wahl Nervas zum Kaiser in Nervas Kopf umgearbeitet worden wäre, wie das damals üblich gewesen sei, um das Andenken an den gestürzten Kaiser auszulöschen.)
Kleiner, Fred S.: A History of Roman Art, Enhanced Edition, Boston 2010, S. 135:
"Cancelleria Reliefs" ... "The second relief (Fig.9-23) represents an event of 92, Domitian's profectio (departure from Rome) to wage war against the Saramatians. Victory (only one wing is preserved) leads the way, as do Mars and Minerva. Roma literally pushes the emperor out of the city as the Senate and Roman People bid him farewell."
(Kleiner führt dann weiter aus, dass der Kopf des Domitian auf dem Relief nach der Wahl Nervas zum Kaiser in Nervas Kopf umgearbeitet worden wäre, wie das damals üblich gewesen sei, um das Andenken an den gestürzten Kaiser auszulöschen.)
- Invictus
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Das erscheint nicht weniger plausibel :
Werner Eck, Matthäus Heil (Hgg.): Senatores populi Romani, Stuttgart 2005, S. 103:
"Als Beispiel sei hier nur das domitianische Chancelleria-Relief A genannt. Es zeigt den Aufbruch des Domitian: Victoria fliegt voran; Mars und Minerva weisen den Weg; Virtus unterstützt den Kaiser; Die beiden folgenden Figuren verabschieden ihn: es sind Genius senatus und Genius populi Romani"
Hier mal die standartentragende Virtus im Großformat. Klar ersichtlich: der diagonal über die Brust verlaufende Gewandsaum (wg. Freilegung der rechten Brust), der fehlende Brustpanzer, die durch Gurtung aufgebauschten Gewandfalten in Höhe der Taille - so läuft kein Soldat herum!
Werner Eck, Matthäus Heil (Hgg.): Senatores populi Romani, Stuttgart 2005, S. 103:
"Als Beispiel sei hier nur das domitianische Chancelleria-Relief A genannt. Es zeigt den Aufbruch des Domitian: Victoria fliegt voran; Mars und Minerva weisen den Weg; Virtus unterstützt den Kaiser; Die beiden folgenden Figuren verabschieden ihn: es sind Genius senatus und Genius populi Romani"
Hier mal die standartentragende Virtus im Großformat. Klar ersichtlich: der diagonal über die Brust verlaufende Gewandsaum (wg. Freilegung der rechten Brust), der fehlende Brustpanzer, die durch Gurtung aufgebauschten Gewandfalten in Höhe der Taille - so läuft kein Soldat herum!
Zuletzt geändert von Invictus am Do 30.01.14 18:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Immerhin steht fest, daß es sich nicht unwidersprochen um Virtus handelt!
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
"... dass die Virtus, welche in Figuren kleinen Massstabes einem Soldaten sehr ähnlich ist, ... bei
der Profectio und dem Adventus oder bei Triumphzügen die Pferde führt oder voranschreitet."
Friedrich Kenner, Römische Medaillons http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit ... f8975fca4a
der Profectio und dem Adventus oder bei Triumphzügen die Pferde führt oder voranschreitet."
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Bei den Denarii des Octavian ist immer wieder zu lesen, dass der verschleierte Imperator mit zwei Ochsen den sulcus primigenius aushebt http://www.acsearch.info/ext_image.html?id=179015
Schaut man sich die Stücke genauer an, so fällt eine Besonderheit auf: das vordere Tier hat senkrechte Hörner, das dahinter schreitende Vieh waagerechte. Eine sicherlich beabsichtigte Darstellung des Stempelschneiders zwecks Differenzierung.
In der Literatur findet sich recht schnell die Aussage, dass beim Ausheben des Stadtgrabens mittels Pflug nach etruskischem Brauch ein weißer Ochse auf der Außen- und eine weiße Kuh auf der Innenseite eingespannt waren (A. Ribi, Ein Leben im Dienst der Seele)
Schaut man sich die Stücke genauer an, so fällt eine Besonderheit auf: das vordere Tier hat senkrechte Hörner, das dahinter schreitende Vieh waagerechte. Eine sicherlich beabsichtigte Darstellung des Stempelschneiders zwecks Differenzierung.
In der Literatur findet sich recht schnell die Aussage, dass beim Ausheben des Stadtgrabens mittels Pflug nach etruskischem Brauch ein weißer Ochse auf der Außen- und eine weiße Kuh auf der Innenseite eingespannt waren (A. Ribi, Ein Leben im Dienst der Seele)
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Interessante Ergänzung!
Jochen
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Besten Dank!
Ich hatte nie etwas anderes gelernt als das Pflügen mit zwei Ochsen.
Und mein Assistent damals an der Uni war der Sohn eines bekannten Etruskerforschers.
Habe mich jetzt einmal durch das "Netz" gewühlt und nur diesen vernünftigen Link gefunden
http://www.geocities.ws/jackiesixx/caere/ritus.htm
Grüße
Zwerg
Ich hatte nie etwas anderes gelernt als das Pflügen mit zwei Ochsen.
Und mein Assistent damals an der Uni war der Sohn eines bekannten Etruskerforschers.
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
Commodus und seine Vota XX:
BMC: ''the rare VOTIS XX COS VI seems to record the undertaking of 'Vota vicennalia' at the completion of fifteen years of tribunician power.''
Aber weniger die Vollendung des 15. Tribunats dürfte m.E. der Grund für die Vota XX gewesen sein als vielmehr die Vollendung seiner ersten Regierungsdekade.
Immerhin legte des Kaisers Vater Marc Aurel die Gelübde für zehn weitere Jahre (vota suscepta XX) ab, als er bereits das 25. Tribunat inne hatte Vaters Vota.
Das erklärt sich augenscheinlich daraus, dass Marc Aurels Regierung im März 161 AD begann und sich dieses Vota-Ereignis auf 171 AD datieren lässt. Gleiches ist bei Commodus festzustellen, der im März 180 AD die Regierungsnachfolge antrat und sein erstes Zehnjähriges 190 AD (= Prägejahr meines oben gezeigten Denars, stempelgleich mit Kaiser-Raiß, Commodus, Tafel 23, Nr.2) beendete und einlöste (vota soluta).
Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich noch, dass Commodus bereits Jahre vorher schon einmal ein Zehnjahresgelübde einlöste:VOTA SUSCEP DECEN PM TR P X - RIC III 454a. Das lässt sich jedoch auf den Zeitpunkt seiner Augustus-Erhebung 175 AD zurückrechnen und ist somit eine andere vota decennalia jenes Kaisers.
BMC: ''the rare VOTIS XX COS VI seems to record the undertaking of 'Vota vicennalia' at the completion of fifteen years of tribunician power.''
Aber weniger die Vollendung des 15. Tribunats dürfte m.E. der Grund für die Vota XX gewesen sein als vielmehr die Vollendung seiner ersten Regierungsdekade.
Immerhin legte des Kaisers Vater Marc Aurel die Gelübde für zehn weitere Jahre (vota suscepta XX) ab, als er bereits das 25. Tribunat inne hatte Vaters Vota.
Das erklärt sich augenscheinlich daraus, dass Marc Aurels Regierung im März 161 AD begann und sich dieses Vota-Ereignis auf 171 AD datieren lässt. Gleiches ist bei Commodus festzustellen, der im März 180 AD die Regierungsnachfolge antrat und sein erstes Zehnjähriges 190 AD (= Prägejahr meines oben gezeigten Denars, stempelgleich mit Kaiser-Raiß, Commodus, Tafel 23, Nr.2) beendete und einlöste (vota soluta).
Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich noch, dass Commodus bereits Jahre vorher schon einmal ein Zehnjahresgelübde einlöste:VOTA SUSCEP DECEN PM TR P X - RIC III 454a. Das lässt sich jedoch auf den Zeitpunkt seiner Augustus-Erhebung 175 AD zurückrechnen und ist somit eine andere vota decennalia jenes Kaisers.
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
viewtopic.php?t=7629
2. Artikel
Die richtige Benennung hat mittlerweile auch Eingang in die Fachliteratur genommen.
Im neuen RIC über Hadrian wird das "Gerät" richtigerweise als "coinscoop" bezeichnet
Schöne Grüße
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
I prefer "coin counter", since the primary purpose of the device was to quickly count out a desired number of coins, not to "scoop" the coins out of a chest and transport them into the toga of the recipient.
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
In my opinion, Curtis is right, because it seems to be a question of issuing a certain number of coins. Therefore the term 'coin counter' is more appropriate in my opinion.
mit freundlichem Gruß
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Re: Historische Fehler bei Münzbeschreibungen
These are the subtleties of the native speaker.curtislclay hat geschrieben: ↑Do 19.03.20 17:42not to "scoop" the coins out of a chest and transport them into the toga of the recipient.
Of course you are right!
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