Die Dynastie des Vitellius
Verfasst: Sa 30.10.04 15:21
Aulus Vitellius gehört traditionell zu den Kaisern mit der schlechtesten Presse; Sueton zeichnet eine Karikatur eine verfressenen und brutalen Gewaltherrschers, der den Tiefpunkt des 1. Vierkaiser-Jahres markierte.
In letzter Zeit wird (wie bei vielen anderen Kaisern) dieses Bild revidiert. U.a Kenneth Wellesley: The Long Year AD 69. Lonmdon 1975 und Brigitte Richter: Vitellius. Ein Zerrbild der Geschichtsschreibung. Frankfurt u.a. 1992, zeigen sehr deutlich, dass sein Hauptfehler darin lag, den Bürgerkrieg zu verlieren und damit den Siegern - nämlich den Flaviern - die Möglichkeit zu überlassen, ihn so abschreckend zu porträtieren, dass ihr Sieg als der Triumph des Guten über das Böse erschien.
Der kinderlose Galba hatte am 10.1.69 durch die Adoption Pisos erstmals die private und politische Designierung des Nachfolgers als Alternative zur Dynastie ausprobiert, was beide innerhalb von 5 Tagen den Kopf kostete. Zu diesem Zeitpunkt war Vitellius bereits von den untergermanischen Legionen proklamiert worden.
Otho räumte Galba aus dem Weg und beging am 16.4. nach seiner Niederlage gegen Vitellius bei Bedriacum Selbstmord. Vitellius bemühte sich nun (was in der Auseinandersetzung mit Vespasian, der zwei erwachsene Söhne hatte, besonders wichtig war) zumindest die Fiktion einer Dynastie zu schaffen; dazu zählten auch mehrere Münzen.
Zum einen gab er einige Gedenkprägungen, z.T. mit Porträt, für seinen verstorbenen Vater, den früheren Konsul Lucius Vitellius, heraus, der einer der wichtigsten Männer unter Claudius gewesen war.
Außerdem ließ er einige Gold- und Silbermünzen mit der Reverslegende LIBERI IMP GERMAN (Varianten LIBERI IMP GERM AVG und LIBERIS IMP GERMANICI) mit dem Doppelporträt seines Sohnes und seiner Tochter prägen; soweit ich weiß, ist das die einzige Prägung für kaiserliche Kinder, die ihre Namen nicht nennen.
Über diese Kinder weiß man nicht viel. Der Sohn, noch ein Kind, soll einen schweren Sprachfehler gehabt haben (was, wie das Beispiel des Claudius zeigt, kein Hinderungsgrund für eine Nachfolge gewesen wäre); Vitellius stellte ihn den Truppen unter dem Namen Germanicus vor, was sowohl seinen Titel als auch den Namen des noch populären Bruders des Claudius aufgriff. Die Flavier ließen ihn nicht am Leben.
Die Tochter wurde von ihrem Vater an den ihm nahe stehenden General Valerius Asiaticus verheiratet; Vespasian erzwang die Scheidung und verheiratete sie anderweitig standesgemäß. (Sie ist das Vorbild für die ansonsten unhistorische Vitellia in Mozarts "La Clemenza di Tito".)
Diese Prägung ist ein spannendes Dokument für dynastische Politik als Mittel der Herrschaftssicherung.
Das vorliegende Exemplar ist ungewöhnlich gut erhalten und zeigt (z.B. an der Toga des Jungen) die hohe Qualität.
Iotapianus
In letzter Zeit wird (wie bei vielen anderen Kaisern) dieses Bild revidiert. U.a Kenneth Wellesley: The Long Year AD 69. Lonmdon 1975 und Brigitte Richter: Vitellius. Ein Zerrbild der Geschichtsschreibung. Frankfurt u.a. 1992, zeigen sehr deutlich, dass sein Hauptfehler darin lag, den Bürgerkrieg zu verlieren und damit den Siegern - nämlich den Flaviern - die Möglichkeit zu überlassen, ihn so abschreckend zu porträtieren, dass ihr Sieg als der Triumph des Guten über das Böse erschien.
Der kinderlose Galba hatte am 10.1.69 durch die Adoption Pisos erstmals die private und politische Designierung des Nachfolgers als Alternative zur Dynastie ausprobiert, was beide innerhalb von 5 Tagen den Kopf kostete. Zu diesem Zeitpunkt war Vitellius bereits von den untergermanischen Legionen proklamiert worden.
Otho räumte Galba aus dem Weg und beging am 16.4. nach seiner Niederlage gegen Vitellius bei Bedriacum Selbstmord. Vitellius bemühte sich nun (was in der Auseinandersetzung mit Vespasian, der zwei erwachsene Söhne hatte, besonders wichtig war) zumindest die Fiktion einer Dynastie zu schaffen; dazu zählten auch mehrere Münzen.
Zum einen gab er einige Gedenkprägungen, z.T. mit Porträt, für seinen verstorbenen Vater, den früheren Konsul Lucius Vitellius, heraus, der einer der wichtigsten Männer unter Claudius gewesen war.
Außerdem ließ er einige Gold- und Silbermünzen mit der Reverslegende LIBERI IMP GERMAN (Varianten LIBERI IMP GERM AVG und LIBERIS IMP GERMANICI) mit dem Doppelporträt seines Sohnes und seiner Tochter prägen; soweit ich weiß, ist das die einzige Prägung für kaiserliche Kinder, die ihre Namen nicht nennen.
Über diese Kinder weiß man nicht viel. Der Sohn, noch ein Kind, soll einen schweren Sprachfehler gehabt haben (was, wie das Beispiel des Claudius zeigt, kein Hinderungsgrund für eine Nachfolge gewesen wäre); Vitellius stellte ihn den Truppen unter dem Namen Germanicus vor, was sowohl seinen Titel als auch den Namen des noch populären Bruders des Claudius aufgriff. Die Flavier ließen ihn nicht am Leben.
Die Tochter wurde von ihrem Vater an den ihm nahe stehenden General Valerius Asiaticus verheiratet; Vespasian erzwang die Scheidung und verheiratete sie anderweitig standesgemäß. (Sie ist das Vorbild für die ansonsten unhistorische Vitellia in Mozarts "La Clemenza di Tito".)
Diese Prägung ist ein spannendes Dokument für dynastische Politik als Mittel der Herrschaftssicherung.
Das vorliegende Exemplar ist ungewöhnlich gut erhalten und zeigt (z.B. an der Toga des Jungen) die hohe Qualität.
Iotapianus