Fehlleistungen beim Stempelschneiden und Prägen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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Nikolausi
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Beitrag von Nikolausi » Fr 10.12.04 16:24

Hallo,
sehr interessanter Beitrag chinamul,
leider ist die Münze nicht bei mir gelandet.
Das von Pscipio angesprochene Erscheinungsbild einer Münze
kann daran m. E. daran liegen, daß die Schrötlinge, nachdem sie von der
gegossenen Stange abgeschlagen wurden, teilweise "justiert" werden mußten,
d.h. sie wurden auf das richtige Gewicht gebracht (als Nebeneffekt wurde die Stempelseiten der Münzen geglättet).
Diese Justierung erfolgte mittels Feilen....
warum allerdings die Münze aussieht, als wäre sie "abgedreht"
worden, ist mir ein Rätsel. Lag hier ein besonders großer Schrötling vor?
Vielleicht ist hier eine spezielle Herstellungsvariante im Spiel, bei der dann anschließend ein weiteres Glühen des Rohlings (wie er etwa beim Hämmern des Rohlinges stattfinden muß) entfällt?

Das Justieren von Rohlingen mittels überdimensionaler Nagelfeilen war bis vor kurzen noch Usus, ... bis ins 19.Jh...
Grüße
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Fr 10.12.04 17:55

Hallo Pscipio!

Gewöhnlich wird Vabalathus immer auf der Rückseite der Münzen dargestellt mit einem Lorbeerkranz und der Abkürzung der Titel, die er erhalten hatte: VCRIMDR. Die genaue Bedeutung dieser Initialen wird immer noch diskutiert, aber die überzeugendste lautet: VIR CLARISSIMVS REX IMPERATOR DVX ROMANORVM.
1. Vir clarissimus = Einem Senator (nur ein solcher konnte das Konsulat
erhalten) gebührte seit der Zeit Hadrians (117-138) der Ehrentitel "vir
clarissimus"
2. Rex = König
3. Imperator = Heerführer
4. Dux Romanorum = Römischer Führer
Dies zeigt deutlich, daß er sich selbst in der niedrigeren Position eines Satellitenkönigs sah und die Oberherrschaft des Kaisers anerkannte.

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Pscipio » Fr 10.12.04 19:04

Peter43 hat geschrieben:Gewöhnlich wird Vabalathus immer auf der Rückseite der Münzen dargestellt
Ist das gesichert? Ich habe auch schon gehört, dass die Rückseite Aurelianus zeigt. Auch im Kampmann scheint es so gehandhabt zu sein. Mir erscheint dies insofern logisch, als das Beizeichen "Z" im Abschnitt unterhalb der Aurelianus-Büste geprägt wurde.

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Peter43 » Fr 10.12.04 19:30

Hallo Pscipio!

Dies ist meine Quelle:

The dual-bust coins of Vabalathus from the mint in Antioch Syria show Aurelian on one side, and Vabalathus on the other. The side with Aurelian is probably the obverse, in spite of the officina mark below him. It was standard practice for the emperor to be on the obverse, and these coins show Aurelian with the radiate crown which identifies him with Sol, and also indicates the denomination of the coin (referred to by modern numismatists as an "antoninianus"). He is shown with the close-cropped beard typical of portraits of the military era, and is cuirassed (armored). The legend reads IMP(erator) C(aesar) AVRELIANVS AVG(ustus)

Link: http://www.ruark.org/coins/Palmyra/

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von Pscipio » Fr 10.12.04 19:34

Hallo Peter43

Hört sich sinnvoll an, vor allem der Hinweis auf die Strahlenkrone als Merkmal eines Antoninianus. Danke für die Informationen!

Gruss, Pscipio
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Beitrag von Iotapianus » Fr 10.12.04 20:29

Dieser Pseudo-Antoninian (der ja kein Bestandteil des offiziellen römischen Münzsystems war) ist ungewöhnlich häufig, ganz im Gegnsatz zu der anschließenden ziemlich seltenen Prägung, die nur Vabalathos (und zwar jetzt mit der Legendenschreibung: IMP C VHABALATHVS AVG) zeigt, und erst recht zu der Handvoll Pseudo-Antoniniane mit dem Porträt seiner Mutter Zenobia (S ZENOBIA AVG).

Rechtschreibfehler kommen auf der Münze mit dem Doppelporträt gelegentlich vor; bei meiner fehlt das E in AVRELIANVS.

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secundus
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Beitrag von secundus » So 12.12.04 13:06

In meiner Sammlung hatte ich einen Antoninian des Claudius Gothicus mit genau diesen, von chinamul beschriebenen, negativen Abdruck der Büste auf der Rückseite, den ich mir bis dato nicht recht erklären konnte.
Bin noch dabei seine Theorie mit Hilfe modernster Methoden der experimentellen Numismatik zu verifizieren. :D Näheres, wenn der Gips abgetrocknet ist.

Wie der Zufall so will, wird gerade bei eBay ein Stück feinstes Silber mit Hohlschlagspuren (die Büste steht auf dem Kopf) feilgeboten:
http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?Vie ... 82905&rd=1
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claudiusii.jpg

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Beitrag von Peter43 » So 12.12.04 15:54

Ich möchte hier auch eine Münze vorstellen, bei der der Stempelschneider einen Fehler gemacht hat. Es ist ein Antoninianus von Postumus 259 - 268 Gallisches Reich:
AR - Antoninianus, 3.66g, 19.9mm
Köln 262/268
Av. IMP C POSTVMVS PF AVG
Drapierte, geharnischte Büste, Kopf mit Strahlenkrone n.r.
Rv. M - ONET - A - AVG
Moneta steht n.l., hält Waage und Cornucopiae
RIC V/2, 315(c); C.199
VZ, fast ungelaufen, schönes Portait!

Vom Verkäufer gab es diese Zusatzinformation:
Bemerkenswert ist, daß der Originalstempel AVGG auf dem Revers hatte. Dieses zweite G wurde dann wieder entfernt. Dazu muß man wissen, daß sein Sohn Postumus jun. für einige Zeit sein Mitherrscher war!

Wenn man sich allerdings die korrigierte Stelle auf dem Revers genauer ansieht, scheint es eher ein doppeltes V gewesen zu sein, daß dann entfernt wurde.

Mit freundlichem Gruß
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postumus_315(c).jpg
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Beitrag von Peter43 » So 12.12.04 16:10

Und noch eine interessantes Beispiel, allerdings nicht so leicht zu erkennen. Ich selbst habe es nicht erkannt, sondern wurde erst später von einem Domitianspezialisten darauf aufmerksam gemacht! Es ist ein Denar von Domitian 81 - 96
AR - Denar, 3.62g, 18mm, Rom 92/93
Av. IMP CAES DOMIT AVG - GERM PM TRP XIII
belorbeerter Kopf n.r.
Rv. IMP XXII COS XVI CENS P PP
Minerva, behelmt, steht n.l., hält Blitzbündel und Speer; Rundschild zu ihren Füßen
RIC II, 177; C.283; BMCR. 218
fast VZ

Diese Münze wurde mir als RIC II, 173 verkauft, dasselbe Revers, aber Averslegende IMP CAES DOMIT AVG GERM PM TRP XII. Sieht man sich die Averslegende genauer an, dann erkennt man, daß mit ihr etwas nicht stimmt. Sie wurde umgeschnitten von TRP XII in TRP XIII! Man sieht deutlich die Zweiteilung im Fußbereich des zweiten I. So ist die Averslegende IMP CAES DOMIT AVG GERM PM TRP XIII und es handelt sich tatsächlich um RIC 177!

Mit freundlichem Gruß
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domitianXIII.jpg
domitianXIII.jpg (10.25 KiB) 1524 mal betrachtet
domitian_173.jpg
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Beitrag von secundus » So 12.12.04 19:15

Der Domitian war wohl zum Ärger der Stempelschneider länger an der Regierung geblieben, als sie eingeplant hatten. Jedenfalls kommt es nicht selten vor, dass die Legende weiträumig beginnt, zum Ende immer gestauchter wird, bis sich endlich der letzte Buchstabe auf der Büste wiederfindet:
http://imagedb.coinarchives.com/img/gor ... e02713.jpg

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Beitrag von secundus » So 12.12.04 22:43

So, chinamuls Theorie hat den Praxistest mit Bravour bestanden!
Hier nun die teuflich gute gemachte Fälschung eines Sesterzen, geprägt mit aufeinandergeschlagenen Stempeln.
Auch wenn es schwer fällt, bitte nicht bebieten!

Vorgehensweise:
Abdrücke der Voder- und Rückseite mit Knetmasse.
Härten der Abdrücke im Gefrierfach.
Aufeinanderpressen der beiden "Stempel".
Ausgießen mit Gips.

Weshalb nur auf der Rs. ein Abdruck der Vs. erkennbar ist, nicht aber umgekehrt, obwohl beide Stempel während des Aufeinanderpressens von gleiche Härte waren, erkläre ich mir wie folgt:

Nur Felder als die höchste Stellen der Stempel treffen beim Leerschlag ohne Schrötling aufeinander und nutzen sich ab, wodurch die damit geprägte Münze vergleichsweise flachere Konturen (Feld / Motivkannte) aufweist.

An den, dem (vertieften) Motiv des jeweils anderen Stempels gegenüberliegenden Stellen im Feld, wird kein Material verdrängt. Diese werden zum positiven Abbild des Motivs auf dem gegenübeliegenden Stempel bzw. zum negativen auf der Münze.
Nur in den Feldern kann so ein Abdruck entstehen.

Ragt das kleinere Rückseitenmotiv, wie bei dieser Müze, beim Aufeinanderschlagen der Stempel ohne Schrötling nicht über den Rand der Büste hinaus, so wird die Vs. auch nicht beeinträchtigt. Auch hinterlässt eine flacher Stempel, wie bei Rs. häufig, natürlich geringere Spuren.
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stempelschlag.jpg

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Beitrag von Peter43 » Mo 13.12.04 00:22

@secundus:

Hast Du das alles selbst nachvollzogen? Dann ist das ein großes Stück experimentelle Numismatik! Überzeugend! Toll!

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Beitrag von Pscipio » Mo 13.12.04 00:35

@ Peter43
Peter43 hat geschrieben:Sie wurde umgeschnitten von TRP XII in TRP XII!.
Hat sich da ein kleiner Fehler in deinen ansonsten sehr interessanten Beitrag eingeschlichen, oder liege ich womöglich komplett falsch und habe nicht begriffen, um was es bei deiner Münze ging? :?

Diese Frage ist nicht als kleinliche Kritik gemeint!

Gruss, Pscipio
Zuletzt geändert von Pscipio am Mo 13.12.04 00:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von chinamul » Mo 13.12.04 00:40

Hallo secundus!

Hiermit bekunde ich Dir meinen höchsten Respekt und danke Dir, daß Du Dir die Mühe gemacht hast, meine Hypothese experimentell so überzeugend zu untermauern. Auf diese Idee bin ich selbst überhaupt nicht gekommen. Vielleicht sollte man überlegen, ob man das nicht noch an anderer Stelle veröffentlicht.

Gruß

chinamul
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Beitrag von klaupo » Mo 13.12.04 00:43

Als interessierter Leser kann ich vielleicht mit einem Stück beitragen, das von @antoninus in einem anderen Forum aufgrund seiner Schriftverwilderung als interessant bezeichnet wurde. Hier könnte es vielleicht als Fehlleistung der Stempelschneider passen. Wenn nicht kann man's ja überspringen.

Gruß klaupo
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