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von Afrasi » Sa 07.03.09 20:31
Moin allerseits!
Hier seht ihr drei verschiedene Token aus Mocambique. Sie stammen von der Insel Ibu im Querimba-Archipel (Provinz Cabo Delgado)
R.O. steht für den indischstämmigen, hinduistischen Geschäftsmann Ranchordas Odha. Es existieren folgende vier Varianten:
1. ohne Loch
2. ohne Loch, durch einen Einhieb in die Rückseite entstand ein weiterer „Punkt“ an unsinniger Stelle auf der geprägten Seite. Es könnte sich hierbei gut um eine „Entwertung“ handeln.
3. mit großem Loch oben, mit Punktkreis am Rand
4. mit kleinem Loch oben, ohne Punktkreis am Rand (fehlt hier; nur 1 Stück bekannt)
Die Präsenz von Indern in Mocambique beruht auf zwei völlig verschiedenen geschichtlichen Anlässen: Zum einen auf der Rolle der Inder als Händler und Finanzberater im Sultanat Oman, das 1840 seine Hauptstadt nach Sansibar verlegte, von wo aus die gesamte „Suaheliküste“ kontrolliert wurde, und zum anderen auf der 1860 einsetzenden Auswanderungswelle in Indien. Vom Bundestaat Gujarat aus machten sich viele Inder, die ihre Passage selbst bezahlten, auf nach Südafrika, ihrem Wunschziel. Bedingt durch rassistische Vorbehalte der südafrikanischen Kolonialisten reisten viele von ihnen weiter nach Delagoa Bay, dem englischen Namen von Lourenço Marques, wo sie schon indischstämmige ansässige Kaufleute vorfanden. Unter den Neuzuwanderern befanden sich Hindus, sunnitische Muslime und Ismaeliten. Sie bildeten bald einen wesentliche Bestandteil der mittelständischen Händler in der Kolonie. Die Kolonialregierung gewährte ihnen mal Schutz in guten Zeiten, wenn die Inder durch ihre Wirtschaftkraft das Land voranbrachten, in schlechten Zeiten (1961) wurde sie von Nationalisten schnell zu Sündenböcken abgestempelt. Sie selbst sahen und sehen sich noch heute allerdings – selbst nicht von rassistischem Gedankengut frei - als eine Art Elite an. Selbst nach der kolonialen Zeit unter der kommunistischen Regierung gelang es noch einigen Familien enorme Vermögen anzuhäufen.
Die hinduistische Händler-Kaste der Bhatias aus Gujarat und die indischen Ismaeliten, die man auch Khojas nennt und der sich im 14. Jahrhundert etliche hinduistische Händler aus der Lahana-Kaste anschlossen, deren beider Wurzeln im britischen Bundesstaat Kutch liegen, dominierten den Handel und die Finanzen im Staate Oman und hatten im Außenhandel praktisch ein Monopol. Es gab – nach Sir Bartle Frere – um 1873 von Sansibar bis Madagascar und Mocambique keinen Ladenbesitzer, der nicht indischer Herkunft gewesen wäre.
Die indischen Händler (Jairam Sewji, ein Bhatia, und Taria Topam, sein früherer „Lehrling“) begannen in der Mitte des 19. Jahrhunderts damit Expeditionen in das Innere Afrikas zu fördern und zu finanzieren – arabische, europäische und amerikanische. Entlang der Expeditionsrouten entstanden bald die erste indischen Läden, die ihre Produkte im Tauschhandel (Elfenbein und Felle) an die Einheimischen verkauften. Um 1870 versorgte Sewa Haji Paroo nicht nur die Ladeninhaber an den neu erschlossenen Routen, sondern organisierte eigene Expeditionen und sandte eigene Handelsagenten zu ständigen Handelsniederlassungen an den neuen „Straßen“. Sein „Lehrling“ Allidina Visram, der sein „Handwerk“ in Bagamoyo erlernte, gründete in den 90er Jahren eine sehr erfolgreiche Handelskette, die um 1909 bereits 40 Zweigniederlassungen und etliche Fabriken in ganz Ostafrika umfasste.
Dieser Erfolg wurde schon bald kopiert. Ranchordas Odha, ein aus Kutch stammender Bhatia, in Mumbai (Bombay) geboren und in Zanzibar als Elfenbeinhändler tätig, verlegte seine Geschäfte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Norden Mocambiques. Ranchordas Odha begründete sein Firmenimperium in Ibu. Schon bald expandierte mit Cantinas unter anderem auch nach Mucimboa de Praia, Necuji, Qissanga, Mahate, und auch in das gerade erst gegründete Porto Amélia. Später verlegte er das Hauptquartier nach Porto Amélia, das in Pemba umbenannt wurde. Dort gehörte ihm nahezu die ganze Halbinsel. In den Cantinas setzte er bevorzugt Familienangehörige, immer aber Mitglieder seiner Kaste ein. Der Cantineiro sorgte für den Erwerb der Nahrungsmittel und Rohstoffe auf dem Lande und den Transport in die Stadt.
Er erhielt über diese Cantinas Cashewnüsse, Erdnüsse, Hirse, Kolumbawurzeln (auch: Ruhrwurzeln; heilkräftige, rübenförmige Wurzeln eines weinartigen Klettergewächses; vor allem genutzt gegen Ruhr und andere Durchfallerkrankungen), Sesam und Wachs von den Afrikanern im Tausch gegen Kleidung (Capulanas) und ein paar Industrieerzeugnisse, wie zum Beispiel Kerosin, Töpfe und Pfannen, Hämmer und Nägel, Messer und andere Dinge mehr. Er ermutigte die afrikanischen Bauern ihre Produktion zu steigern, die er über sein System von Lagerhäusern sammelte und über sein Transportsystem nach Norden und bis nach Indien exportierte. In gleicher Weise importierte er auch Waren aller Art. Im späten 19. Jahrhundert war er der mächtigste Mann in der Provinz Cabo Delgado. Er war zugleich auch „die Bank“, und er finanzierte viele Firmen, nicht nur von Indern, sondern auch von Portugiesen.
Tschüß, Afrasi
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Ich könnte mich über Vieles aufregen, aber zum Glück bin ich nicht verpflichtet dazu. :-)