Die Notmünzserie Bad Weixdorf-Lausa 1921 (Scheuch 250-256)
Heute möchte ich euch die Notmünzserie aus Lausa vorstellen. An und für sich recht häufige Stücke, ihr geschichtlicher Hintergrund ist dafür umso interessanter, ähnelt ihre Entstehungsgeschichte doch fast schon einer Wild-West Erzählung! Entgegen Scheuchs Darstellung handelt es sich hierbei nicht um Städtemünzen sondern um eine Privatausgabe.
Da Weixdorf (bzw. Lausa) den meisten hier wohl unbekannt sein sollte, hier zunächst eine kurze Einleitung diesbezüglich:Weixdorf befindet sich nördlich von Dresden, bekannt ist der Ort zu damaliger vor allen für das 1906 eröffnete Prinz-Hermann-Bad, ein Waldbad welches sich bei den Städtern des nahen Dresdens als Naherholungsziel großer Beliebtheit erfreute. Neben den Badbetrieb, gab es einen Gondelverleih, mietbare Bungalows und seit 1921 auch einen Sportplatz. 1914 wurde Weixdorf (gemeinsam mit Gomlitz) in das größere Lausa eingemeindet, die Gemeinde hieß nun offiziell Lausa. 1938 wurde die Gemeinde im Zuge des Nationalsozialismus der slawische Ortsname durch Weixdorf ersetzt. Seit 1999 ist Weixdorf in Dresden eingemeindet und bildet den nördlichsten Stadtteil.
Am 7. Februar 1921 entschied sich der Finanz- und Verfassungsausschuss der Gemeinde Lausa wie viele Kommunen ihr eignes Notgeld auszugeben. Also beauftragte man am 19. Februar die PMM mit der Herstellung von Entwürfen. Gleichzeitig beantragte man beim Sächsischen Finanzministerium die Genehmigung zur Ausgabe vom Notgeld. Dieser Antrag wurde am 2. März allerdings abgelehnt, da das Finanzministerium eine Notwendigkeit der Ausgabe von Notgeld durch die nur etwa 3600 Einwohner zählende Gemeinde nicht anerkannte.
Nun Griff die Gemeinde zu einen Trick: sie beauftragte die PMM zur Produktion von Notmünzen zu 50 Pfennig, 1 Mark und 2 Mark für das (kommunale) Prinz-Hermann-Bad statt der geplanten Notmünzen für die Gemeinde. Derartige „Privatausgaben“ benötigten keinerlei ministerielle Genehmigung. Man nahm dabei auf vorhergehende Schreiben zwischen Lausa und der PMM bezug. Unterschrieben wurde dieser Auftrag nun nicht mehr mit „Die Gemeinde“ sondern - der neuen Situation angepasst - einfach mit „Die Badverwaltung“. Dass in Wahrheit die Gemeinde dahinter steckt, wird dabei bereits offenbart, wenn man die Unterschrift betrachtet: in beiden Fällen signierte Gemeindevorstand Ernst.
Die PMM ließ daraufhin ihre Entwürfe durch den Porzellan-Medailleur Prof. Paul Börner (der i.ü. die meisten Meissner Porzellanmünzen entworfen hat) an die neuen Gegebenheiten als „Bademünze“ thematisch anpassen:
Das 2 Mark Stück zeigt eine in hüfthohen Wasser badende Frau, die ihre Arme ausbreitet um sich zu sonnen. Die Sonne wird dabei durch schräg nach unten verlaufende Strahlen symbolisiert. Das Motiv soll auf die Erholungsmöglichkeiten beim Baden und Sonnen hinweisen.
Das 1 Mark Stück zeigt einen Äskulapstab mit Schlange und Schale als Symbole der Volksgesundheit.
Das 50 Pfennig Stück eine Eichel, umgeben von zwei Eichenblättern, was auf die Waldlage des Bades hinweisen soll.
Ausgegeben wurden die ersten Münzen zur Einweihung des neuen bad-eigenen Sportplatzes am 10. Juli 1920. Ein daraufhin erschienener Zeitungsartikel über eigene Notmünzen der Gemeinde Lausa-Weixdorf ließ das sächsische Finanzministerium aufhorchen. Man stellte aber alle Ermittlungen ein als die Gemeinde darauf hinwies dass es sich ausschließlich um Bademünzen handele.
Ausgabe und Einlösung
Ausgegeben wurde die Münzen durch die Badverwaltung an den Kassen das Bades. Die Münzen dienten zur Bezahlung von Eintrittsgeldern, für Veranstaltungen, Kabinenleihgebühren und diverse andere Leistungen des Bades. Die Münzen sind daher als „echtes“ Notgeld anzusehen, welches tatsächlich der Bekämpfung des Kleingeldmangels diente. Es gibt auch Berichte wonach die Münzen teilweise in Geschäften außerhalb des Bades akzeptiert wurden, allerdings finden sich hierfür keine Belege. Die Gültigkeit der Münzen erstreckte sich über die Badesaison 1921 und 1922. Man kann annehmen, dass bereits während dieser Zeit eine recht große Abwanderung in Sammlerkreise stattfand. Ab 1923 wurden die nun ungültigen Münzen als Souvenir an der Badkasse verkauft, so dass sich bei einer Bestandsaufnahme am 8. Mai 1945 nur noch kleinere Restposten in der Gemeindekasse befanden.
Scheuch und die Weixdorfer Münzen
Wenngleich Karl Scheuchs Katalog eine Meisterleistung in der Katalogisierung von Porzellanmünzen darstellt und noch heute das Standardwert zu diesen Gebiet ist, so muss man seine Katalogisierung im Falle der Weixdorf-Serie komplett auf den Kopf stellen. Die Münzen sind wenn auch kommunale so doch private und keine Städteausgaben. Des weiteren ist die alphabetische Listung unter W wie Weixdorf falsch. Die Gemeinde hieß zu diesen Zeitpunkt Lausa, wollte man sich auf den Ortsteil Weixdorf beziehen, wäre die Bezeichnung dementsprechend Lausa-Weixdorf und nicht Weixdorf-Lausa gewesen. Insofern ist die Inschrift der Münzen „BAD WEIXDORF-LAUSA“ als „Das Bad Weixdorf in Lausa“ zu interpretieren. Zusätzlich sei noch erwähnt, dass es den Unterlagen zufolge ebenfalls eine Gipsform (=Probe) mit der Aufschrift „Bad Lausa“ (ohne Weixdorf) gegeben haben muss. Dieses Stück fehlt im Scheuch komplett.
Die Ausgaben vom Stahlstempel:
Scheuch#253 50 Pfennig 1921 Auflage: 9500 ex.
Scheuch#255 1 Mark 1921 Auflage: 20000 ex.
Scheuch#256 2 Mark 1921 Auflage: 16000 ex.
Alle Stücke sind aus braunen Böttger-Steinzeug. Zusätzlich gibt es noch diverse seltene Dekorvarianten mit Teilvergoldung. Diese wurden aber nie von der Badverwaltung geordert und scheinen Sammleranfertigungen der PMM zu sein.
Hier noch die
Homepage des Weixdorfer Waldbades