Kelten Gurina

Keltische Münzen

Moderator: Numis-Student

kollboy
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Beitrag von kollboy » Mo 18.02.08 15:53

noch eine frage, obwohl ich weiss, dass die archaeologen mit fundortpublikationen eher knausern: ist das mühlviertel wirklich (bis auf ganz an der donau gelegene hügel wie luftenberg etc) bezügl der letzten beiden vorchristlichen jahrhunderte so fundleer, wie es scheint? imo müsste doch zumindest nach dem ersten steilanstieg entlang der handelswege nach norden kleinere siedlungen zu finden sein (kirchschlag, hellmonsödt am ende des haselgrabens etc.)

Gast
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Beitrag von Gast » Mo 18.02.08 16:02

Kollboy, das Mülviertel ist bei Funden aus der betreffenden Epoche mangels Fundmeldungen fast eine "terra incognita".
Wie Du sicher von anderen Beispielen und vielleicht auch aus eigener Erfahrung weißt, hat das aber nichts zu bedeuten.
Ich bin mir fast sicher, daß auch in diesem Gebiet einige mittel- bis spätkeltische Siedlungen existierten.
Grüße
Harald

kollboy
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Beitrag von kollboy » Mo 18.02.08 16:03

ja, aber wenn schon so viele vindelikische kleinsilbermünzen in neubau umliefen, warum fehlt dann das gold fast vollstaendig? wurde es vom meines wissens besseren boischen gold verdrängt? und warum ist die südachse so schlecht im münzmaterial fassbar (vier noriker ist beid er fuelle an muenzen quasi nix!) - ein hauptweg vom boierzentrum in böhmen ins herz noricums verlaeuft doch einerseits durchs kremstal (weiter pyhrn etc.), andrerseits via welser traunfurt/sattledt/pyhrn? udn die donau entlang ging ja auch die verbindung weiter zud en siedlungen bei st pölten, von dort richtung roseldorf aber auch weiter die donau runter ins gebiet der von dir genannten gemeinsamen siedlungsgebiete.

also fuer mich sind das (fehlen vindelikischen goldes und norischer gepräge) zwei auffaelligkeiten, die cih mir schlecht erklaeren kann!

Gast
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Beitrag von Gast » Mo 18.02.08 16:25

Der Bereich von Linz gehörte offenbar auch nochzum großen geographischen Gebiet, wo die Boier mit ihrer Goldwährung als Hauptzahlungsmittel noch großen Einfluß hatten.
Das Silbergeld, sozusagen das Wechselgeld stammt dagegen von den Vindelikern.
Auch in Roseldorf, im St. Pöltner Raum im Weinviertel und Marchfeld war die boische Goldwährung Hauptzahlungsmittel.
Dazu kam im zweiten Jahrhundert Kleinsilber.
In Roseldorf gibt es immer noch einen Anteil von fast zwanzig Prozent an vindelikischem Kleinsilber.
Der Anteil an boischem Kleinsilber ist nur um einiges höher.
Darunter verstehe ich keine Roseldorfer Typen, sondern boisches Kleinsilber des Typs Paulsen 565-591 mit Kopfavers und Pferderevers, welche zum größten Teil in Stradonice geprägt wurden..
Der größte Teil an Kleinsilber in Roseldorf besteht natürlich aus RoseldorfII und in weit geringerer Zahl aus Roseldorf I Kleinsilber.
Grüße
Harald

kollboy
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Beitrag von kollboy » Mo 18.02.08 16:51

erst mal danke, dass du dir von mir löcher in den bauch fragen lässt - und auch noch antwortest! hier noch ein paar löcher:

wie ist eigentlich das mengenverhältnis roseldorf1:roseldorf2 in roseldorf? - in neubau ist roseldorf1 sehr sehr selten und eher stark abgenützt.

und wie schauts aus mit einer absoluten chronologie bzw mit einer (auch relativen) gegenüberstellung der praegezeiten von roseldorf, boiische goldpraegung, vindelikische gold und kleinsilberprägung, norische silberprägung? wie gültig sind diesbezüglich die überlegungen von castelin udn paulsen? wie fügt sich kellner bezüglich manching da ein? und wie steht die wissenschaft heute zu den (imo teilweise sehr mutigen) auf rein metrischen überlegungen beruhenden aussagen/schlussfolgerungen castelins zur gruppeneinteilung boischer bzw in deren einfluss stehender goldprägungen? (dembski folgt ja den gruppeneinteilungen in seiner khm-bestandpublikation - tut er das aus sachlichen oder historischen gründen?)

...und in wie weit lassen sich castelins überlegungen zur goldprägung und die einteilung in haupt- und nebengruppen auf die bekannten boiischen und boiernahen kleinsilberprägungen übertragen?
Zuletzt geändert von kollboy am Mo 18.02.08 17:16, insgesamt 1-mal geändert.

kollboy
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Beitrag von kollboy » Mo 18.02.08 16:59

ad mühlviertel:

ich kenne einige sucher, die das mühlviertel - va auf der suche nach ww2-abzeichen u dgl - sehr intensiv abgrasen, dabei auch welche, die ältere funde nicht melden, aber von keinem ist mir etwas bekannt, dass sie aus dieser epoche was gefunden haetten im mühlviertel. hängt vielleicht auch mit der topographischen situation dort zusammen: geschützte lagen im eher rauhen mühlviertler klima sind auch heute fast alle besiedelt, und die hügelkuppen sind fast alle bewaldet - und such dir mal mitten im wald eine roseldorfer oder manchinger!

Gast
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Beitrag von Gast » Mo 18.02.08 17:14

Das Verhälnis von R1 zu R2 liegt in Roseldorf zwischen 3:1 und 4:1 bei über 500 erfaßten Exemplaren.
Auf anderen Siedlungen liegt dieses Verhältnis ähnlich.
Da RII weitaus längere Ausgeprägt wurde gibt es duch Stempelumschnitte bedingt viel mehr Varianten als bei RI.
RI wurde fast immer in gutem Silber ausgeprägt und ist entsprechend lang umgelaufen und abgegriffen.
Bei RII ist nur zu Beginn der Prägung reines Silber verwendet worden.
Dieses wurde mit zunehmender Ausprägezeit immer mehr mit Kupfer, Blei und Zinn legiert.
Meine Unterlagen zu den Prägezeiten liegen im Moment auf meinem Arbeitsplatz und ich kann dir dazu erst Ende der Woche Auskunft geben.
Castellin, Goldprägung ist zwar zum Teil überholt, da er die Prägezeit fast ausschließlich vom Gewicht abhängig macht, aber er hat in vielen Belangen noch immer seine Berechtigung und ist Paulsen bei der Datierung vorzuziehen.
Nach wie vor empfehlenswert ist Castellin, Katalog Zürich Band I und II.
Für aktuellere Datierungen und Überlegungen zur Stempelentwicklung kann ich die neuesten Publikationen von Kolnikova und Dembski empfehlen .
Eine sehr gute Literaturliste findest du auf der Seite nhm-sandberg.a t
Grüße
Harald

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Beitrag von bernima » Di 19.02.08 20:05

Hallo,

Habe da auch noch zwei die zu eueren Münzen passen. Durchmesser ca 8 und 8-9 mm. Mit dem Gewicht muss ich momentan leider passen, meine Waage ist defekt.
Bisher nicht von mir Bestimmt-- wie fast alle meine Kelten.
Leider habe ich kaum Literatur über Keltische Münzen darum wäre ich über eine Bestimmung dankbar.
Bin halt Mittelaltersammler,aber ab und an eine Keltische Münze kann ich mir auch nicht verkneifen.

mfg. bernima
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Beitrag von taurisker » Di 19.02.08 20:37

Hallo bernima,

die obere Münze:
Westnoricum Kleinsilber Gurina Ar Typ Gurina (siehe mein Exemplar und Haralds Ausführungen dazu auf Seite 1 im thread) Dembski 839

die untere Münze:
ebenfalls Gurina Ar Typ Eis?? (siehe ebenfalls Seite 1 missmarples und mein Exemplar) Dembski 846-848

Prägezeit bei beiden Stücken ca. 50v.

Salü
taurisker

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Beitrag von bernima » Mi 20.02.08 04:24

Hallo, taurisker

Danke für deine Bestimmungshilfe.

mfg. bernima

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Beitrag von Gast » So 24.02.08 13:06

Eine Zusatzifo zu diesen norischen " Kreuzmünzen", die im süddeutschen Raum in Form von Quinaren in abgewandelter Form vorkommen:
Diese Kreuzdarstellung zeigt eine Verbindung über eine weite geographische Distanz.
Vorbild dafür waren die Kreuzmünzen der Tectosagen.
(zb. Dembski, Kelten Nr. 188)
Die Darstellung des Kreuzes, welches aus Punkten und Linien zusammengesetzt ist, hat bei diesen Münzen der Tectosagen ihren Ursprung bei der Abbildung einer Rose auf den Reversen der Münzen aus Rhode. ( heute Rosas in Spanien)

Grüße
Harald

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Beitrag von missmarple » So 24.02.08 18:04

Ausgezeichnete Infos zum Thema, sehr spannend!
Habe wieder einiges gelernt dabei - danke an alle!

best regards
miss marple
sapere aude

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Beitrag von taurisker » So 24.02.08 18:09

Ja missmarple, ich freu mich ebenfalls über eine feine "Keltendatenbank" und danke @Harald für die gediegene Info!!!
Salü
taurisker

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Beitrag von leonardo » Mo 25.02.08 16:19

hallo auch ich zeige euch mein norisches kleinsilber :)
zweimal typ eis mit 0.51g und 0.71g
und ein gurina typ mit 0.69g

hochinteressant finde ich auch das in karlstein auch ein eiserner prägestempel für den gurina typ gefunden wurde
mit dem keltischengeldumlauf in bayern und österreich befasst sich auch Bernhard Overbeck im jahresbericht der stiftung aventinum heft 9/10
(Keltisches Münzwesen in Altbayern)
dieses heft empfehle ich jedem der sich mit keltischernumismatik in diesem raum befasst, es wird auch auf das norischemünzwesen eingegangen und eben auch auf den kleingeldumlauf
passend zu unserer thematik
für das vorbild der Kreuzmünzen die im süddeutschen vorkommen (Schönaich,Düren) halte ich auch ein massalia obol als vorbild für möglich
ich werde meine münzen dazu im laufe der woche posten

wobei handelt es sich um die "Keltendatenbank" und kann man da mitmachen???
lg leo
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Beitrag von taurisker » Mo 25.02.08 17:43

Hallo bei den Kelten @leonardo!
Interessante und schöne Gurina Kleinsilber zeigst Du her, danke!!
wobei handelt es sich um die "Keltendatenbank" und kann man da mitmachen???
lg leo
Hmmm, Du bist ja schon mittendrin, in der Datenbank und bei deren Erweiterung!? Dieses Forum bezeichne ich als "die Datenbank". Wer die Suchfunktion nutzt kann sich hier mit einer Menge Info versorgen und je mehr die Mitglieder des Forums publizieren, desto reichhaltiger wird das Angebot. Freu mich schon auf Deine Beiträge.

Salü
taurisker

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