Währungseinheit

Keltische Münzen

Moderator: Numis-Student

kollboy
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Beitrag von kollboy » Fr 21.03.08 08:00

tja, da waer es halt interessant, was diesebezüglich im fund von podmokly alles war und eingeschmolzen wurde (mir hats den magen umgedreht, als ich das vor ca 20 jahren das erste mal gelesen hab) da waren sicher viele, die zusammenhänge erhellenden stücke dabei gewesen!

frage: ich hab gelesen, es gab damals sogar eine spezielle "verordnung", mit der dieses gold der münze zugeführt wurde - war adas auch eine besondere, heute noch identifizierbare edition, die daraus gepraegt wurde, oder ging das einfach in der regulaeren dukaten (oder was auch immer)praegung unter?

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harald
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Beitrag von harald » Fr 21.03.08 08:14

Dieser Schatz bestand aus über 7000 boischen Goldmünzen mit einem Gesamtgewicht von 30-40Kg.

Der Großteil wurde eingeschmolzen und zum Teil wurden daraus Prägungen für die Fürsten Fürstenberg hergestellt.

Reste dieses Schatzes befinden sich im Nationalmuseum Prag und in einige Privatsammlungen.

So wie der Schatzfund boischen Goldes in Manching, zeigt auch der Schatz von Podmokly enge Verbindungen zwischen Vindelikern und Boiern.

Das Bronzegefäß mit dem Münzen stammte aus Süddeutschland.

Gruß
Harald

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biatec
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Beitrag von biatec » So 23.03.08 09:03

Guten Morgen Freunde,

sind zur Leierblume-Tetradrachme neben den Kleinsilber vom selben Typ Zwischenstücke (Drachmen und Halbdrachmen bekannt) ?

Dafür fehlt bei der "Stern" Serie die Tetradrachme.

Nur so eine Idee die mir im Kopf herumgeistert:
Meiner Meinung nach spielten im regionalen Geldverkehr die Tetradrachmen (zumindest bis zum Einsetzen der Prägung in Noricum und bei den "Gross-Boiern" fast keine Rolle. Sie kommen in Siedlungen eig. nur vereinzelt vor.
Häufiger sind zerhackte Tetradrachmen verschiedener (ostkeltischer) Typen - die offenbar eingeschmolzen und zu den lokalen Geprägen umgemünzt wurden.
Wenn das so wäre war der lokale Geldverkehr (Silber) von Drachmen und deren Teilstücken getragen, die offenbar für den regionalen Handel ausreichten.

Daneben natürlich die Stater und deren Teilstücke.
Tetradrachmen waren zwar geläufig, liefen aber scheinbar nicht nennenswert um sondern wurden verarbeitet.

Sehr ähnlich dürfte das auch in Süddeutschland gewesen sein, wo die Quinare und Kleinsilber die Träger des Geldverkehrs waren.

Liege ich dar ungefähr richtig oder hab ich da einen Denkfehler.

Österliche Grüße aus Noricum

Stephan

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harald
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Beitrag von harald » So 23.03.08 10:24

Hallo Stephan!

Zur Leierbumen Serie sind m. W. keine Drachmen oder Hemidrachmen bekannt.

Beim Typ Leier-Stern Typ gab es kein Großsilber, da diese Funktion die boische Goldwährung erfüllte.
In späterer Zeit gab es zur Godwährung dann das Kleinsilber vom Roseldorfer I und II Typ

Deine Idee entspricht voll der im Moment unter Numismatikrn vorherrschenden Meinung zum Währungsumlauf.
Du liegst auch mit Deinem Süddeutschen Vergleich genau richtig.

Als Ergänzung wäre noch anzumerken daß das Großgold bei den Boiern und ebenso den Vindelikern auf Grund des immensen Wertes primär für den Fernhandel eingesetzt wurde.

Diese frühe boische Goldmünzen bestehen aus reinem Flußgold mit einer Reinheit von 98% .
Die 2 Prozent wurden nicht zulegiert.

Somit zählen diese frühen boischen Goldmünzen des Athena Alis Typs zu den Goldmünzen der Kelten mit dem höchsten Goldgehalt.

Man kann davon ausgehen, daß auf Grund eines Versuches des Prager Nationalmuseums in den achziger Jahren, die Gewinnung dieses Flußgoldes extrem zeit- und personalaufwendig war.
Dieser Versuch bestand aus einer nach Originalfunden rekonstruierten Waschbank mit Fellauflage.
Dabei wurde in einem der goldhältigsten Flüsse Böhmens versucht Gold zu waschen.
Die Ausbeute von Profis: etwa 1Gramm Gold pro Person und pro Tag!!!

Ich finde das sagt einiges über den damaligen Wert und die Seltenheit des Goldes aus.

pannonische Ostergrüße

Harald

taurisker
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Beitrag von taurisker » So 23.03.08 10:36

Dieser Versuch bestand aus einer nach Originalfunden rekonstruierten Waschbank mit Fellauflage.
Dabei wurde in einem der goldhältigsten Flüsse Böhmens versucht Gold zu waschen.
Die Ausbeute von Profis: etwa 1Gramm Gold pro Person und pro Tag!!!
Hallo Freunde,
dazu habe ich vor einiger Zeit eine äußerst spannende und fundiert bearbeitete Story dreier Forscher gelesen (ein Historiker, ein Archäologe und ein Metallurge), unbedingt lesens- bzw. empfehlenswert:
Auf der Suche nach dem Gold der Kelten, Otto Förster - Gernot Spielvogel - Gerhard Nägele, Verlag Heyne ISBN 3-453-19726-7 Taschenbuchausgabe 223 Seiten inkl. Bildmaterial

Zum Thema TDR: könnte es mit dem Aufkommen der Großsilberlinge etwas mit verstärktem Kontakt zu den Ost und Südstämmen zu tun gehabt haben? Die Anlehnung derer Nominale an den attischen Münzfuß kennt man ja ... oder bin ich da auf dem Holzweg?

Salü
taurisker

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harald
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Beitrag von harald » So 23.03.08 10:48

Herfried, auch Du liegst richtig.

Klar machten unsere Kelten bei ihren Reiserouten nach Griechenland sowohl mit griechischem Großsilber, als auch mit den Ostkeltischen Kopien Bekanntschaft.
Da den Boiern aber als Rohstoff mehr Gold als Silber zur Verfügung stand wählten sie Gold als Hauptwährung.
Die seltenen Tetradrachmen wurden erst später in lokal eng begrenzten Gebieten eingesetzt.

Übrigens, Deinen Literaturtipp kann ich weiterempfehlen!

Grüße
Harald

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harald
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Beitrag von harald » So 23.03.08 13:56

In diesem Zusammenhang wäre es interessant über die Wertrelation zwischen keltischen Gold- und Silbermünzen zu diskutieren.

In Griechenland um ca. 350 v.Chr., also einige Jahrzehnte vor Beginn der boischen Goldprägung war das Verhältnis Au zu Ag etwa 10:1.
Dieses verhältnis war bedingt durch die damals entdeckten Goldvorkommen im Pangaion und auf Thasos .

Wenn man von hohen Goldvorkommen in den böhmischen Flüssen ausgeht könnte man ein Verhälnis Au zu Ag von 11-12:1 annehmen.

In Rom des 2.Jh.n.Chr. betrug das Verhältnis nur mehr 8:1.
Zum Teil ist dieser Verfall des Goldpreises noch auf das von Cäsar erbeutete gallische Gold zurückzuführen.

Geht man bei den Boiern um 200v.Chr. rein hypothetisch von einer Annahme des Verhälnisses Au:Ag = 11,5:1 aus würde sich folgende Umrechnung ergeben:


1 Stater = 24Drachmen = 48 Hemidrachmen = 96 Obole
1/3 Stater = 8 Drachmen = 16 Hemidrachmen =32 Obole
1/8 Stater = 3 Drachmen = 6 Hemidrachmen = 12 Obole
1/24 Stater = 1 Drachme = 2 Hemidrachmen = 4 Obole

Mich würde Eure Meinung zu dieser Rechnung interessieren.

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Beitrag von biatec » Mo 24.03.08 09:11

Danke für die interessanten Ausführungen.

Zum Goldvorkommen in böhmischen Flüssen: der durchschnittliche Goldgehalt liegt ca. bei 7g Gold pro Tonne Sand/Material. Ev. lagen sie in Böhmen zu Beginn etwas darüber.

Also kann man sich vorstellen, welchen Aufwand es bedurfte die vermünzten Edelmetalle zu gewinnen.

LG

Stephan

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Beitrag von harald » So 30.03.08 14:21

Nun möchte ich die boische Goldwährung des Typs Athena Alkis vom Beginn der Prägung zwischen ca. 220-200v.Chr.
bis zum Ende um etwa 100v.Chr. vorstellen.

Bei der Prägephase 1 stammen die Aversstempel der 1/3, der 1/8 und der 1/24 von unterschiedlichen Stempelschneidern, die Reverse weisen die gleiche Handschrift auf.
Vom Vollstater gibt es fast nur Prägungen aus abgenütztem Aversstempel.
Der Drittelstater wurde in seiner frühen Prägephase so wie die 1/8 und 1/24 mit einem schönen Athenakopf am Avers ausgestattet. Diese Stempel wurden jedoch nach deren Abnützung nicht mehr nachgeschnitten.
Die Beispiele der Phase 1, 1a und 2 zeigen, dass sowohl die Aversstempel, als auch die für die Reverse mehrere Jahrzehnte, möglicherweise sogar ein halbes Jahrhundert weiterverwendet wurden.

Datierung dieser Serie: 220-200v.Chr.

Einheit: Stater 1/3 1/8 1/24

Gewicht: 8,42g 2,78g 1,02g 0,35g

D: 17mm 11mm 8mm .6mm

Zitat: Paulsen 49 Paulsen 80 Paulsen 112 .Paulsen 141
Zuletzt geändert von harald am Fr 24.04.09 14:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von harald » So 30.03.08 14:33

Phase 1a Datierung: ca.180v.Chr.

Erste Phase der Bildverschlechterung.

In dieser Phase wurden die Aversstempel nicht mehr nachgeschnitten.
Die Reversstempel der 1/3, 1/8 und 1/24 sind ident, wobei beim 1/24 Umschnitt erkennbar ist.

Der Drittelstater weist unter dem Schild des Kriegers einen strahlenförmig zum Rand verlaufenden Stempelfehler auf.

Einheit: Stater Drittel Achtel Vierundzwanzigstel

Gewicht: 8,00g 2,75g 0,98g 0,34g

D: 15mm 10mm 7mm 5mm

Zitat: Paulsen259 Paulsen84 Paulsen117 Paulsen148
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Beitrag von harald » So 30.03.08 14:43

Phase 2, Datierung: 150-140v.Chr.

Änderung des Bildinhaltes durch Umschnitt der Stempel.

Der Aversstempel des 1/24 zeigt ein neues Bild und alle Reversstempel weisen ebenfalls starken Umschnitt auf.
Entstehen völlig neuer Bilder.

Einheit: Stater Drittel Achtel Vierundzwanzigstel

Gewicht: 7,46g 2,53g 0,89g 0,31g

D: 13mm 10mm 7-8mm 5mm

Zitat: Paulsen- Paulsen98 Paulsen134Var. Paulsen165
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Beitrag von harald » So 30.03.08 14:53

Prägephase3 Datierung: um 100v.Chr.

Besonderheit: Es gibt keine 1/24 mehr!

Abwanderung der Boier aus ihren Wohnsitzen nach Bratislava.
Durch kompletten Stempelumschnitt Schaffung neuer Bilder mit Strahlensymbolik.
Starke Verschlechterung des Feingehaltes und Schrötlinge wie beim zeitgleichen Kleinsilber in Schüsselform.

Einheit: Stater Drittelstater Achtelstater

Gewicht: 6,68g 2,21g 0,94g

D: 15mm 11mm 9-10mm

Zitat: Paulsen394 Paulsen1147 Paulsen495
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taurisker
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Beitrag von taurisker » Mo 31.03.08 09:43

Nun möchte ich die boische Goldwährung des Typs Athena Alkis vom Beginn der Prägung zwischen ca. 220-200v.Chr.
bis zum Ende um etwa 100v.Chr. vorstellen.
... und ich bin schon wieder mal platt 8O
Dieser Überblick ist ja äußerst interessant!
Fein Goldkelten sind das, bin beeindruckt und danke fürs Zeigen!!

Salü
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pixxer
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Beitrag von pixxer » Mo 31.03.08 10:46

Sehr fein!

Vor allem beeindruckend finde ich die fast schon detektivische Arbeit um diese feinen, aber entscheidenden Unterschiede zur Datierung herauszufinden. Und dann muss man erst einmal soviel "Material" zur Verfügung haben um das realisieren zu können...

Lg Pixxer

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harald
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Beitrag von harald » Di 29.04.08 13:36

Ostkeltische Tetradrachme und Obol des Typs Leierblume.

Dieser Typ stammt aus Syrmien und ist mit dem häufig vorkommenden Typ Kugelwange verwandt.
(Man beacht die Wangendarstellung!)

Av.: Belorbeerter Kopf n.r. mit torquesförmigem Ohr, "Lidstrich" und Perlenreihe auf der Stirn.
Rv.: springendes Pferd n.l., darüber Leierblume, unter der Schnauze antropomorphes Symbol, darunter Rad auf Potest.

Tdr: Gew. 10,26g

OTA 213
Dembski 1123
Lanz 521 (stgl.)

Obol: Gew. 0,80g

Lanz 523

Datierung: 180-150v.Chr.

Grüße
Harald
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