Verrufungen ?

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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Salier
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Beitrag von Salier » Mi 26.09.07 10:12

Hallo Zusammen,
ich verfolge Eure Disskusion mit regem Interesse. Vor ein paar Jahren gab es von Dr. Paul Martin an der Freien Universität Berlin den Versuch einer Erklärung über die Münzverrufung und einer Debatte zu diesem Thema. Hier der Link zu der Seite. Oben auf der Seite befindet sich der Link zur Replik auf seine Darstellung ( Januar 2001).

http://www.arcor.de/home/extern.php?url ... 796aba69ec

Freue mich schon darauf wie Eure Disskusion weiter geht. :)

schöne Grüße
Salier
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Bertolt
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Beitrag von Bertolt » Mi 26.09.07 22:49

Hallo Dietemann, vielen Dank für deine Antwort. Hallo Salier. Zunächst noch ein paar Worte zu den Halbbrakteaten oder auch Dünnpfennigen. Sie waren eine eigenständige Münzgattung, welche von der Mitte des 11. Jahrunderts an bis zum Ende des 12. Jahrhunderts ( Das Bistum –Augsburg hat unter Udalschalk von Eschenlohe 1184-1202 noch Dünnpfennige geschlagen ) geprägt wurden. Eine ausführliche Darstellung findest du in der Zeitschrift der GIG 124/1988 „ Sind die Dünnpfennige die Vorstufe der Brakteaten?“ Von Walter Kühn. Da es ab dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts ( zumindest für Halberstadt ) schon Brakteaten gab, ist zu erkennen, das die Dünnpfennigprägungen in den einzelnen Münzstätten auch in unterschiedlichen Zeitabläufen anzutreffen waren. So setzte sie in Halberstadt praktisch mit den Ende der Salier ein und war im Prinzip nur gut 50 Jahre vorhanden. Im sehr guten Buch
„ Die Salier „ von Prof. Kluge kannst du dich übrigens ausführlich über die Denarprägungen kundig machen. ( Ich kenne nichts besseres ) Ich möchte als Literatur aber auch das „ Archiv für Brakteatenkunde „ und die beiden mehrbändigen Standardwerke von Hermann Dannenberg und Emil Bahrfeld empfehlen.
In den von Salier (Forum) eingestellten Link zu den Brakteaten und der damit verbundenen Problematik der Verrufungen ( Erzbischof Wichmann von Magdeburg, war ja ein Zeitgenosse meines Bischofs Ulrich ) ergibt sich ein interessantes Problem. Wenn also Wichmann der Erfinder der Verrufungen war, dann kann das Problem ja vor ihm eigentlich noch nicht existiert haben? ( Oder hab ich das jetzt falsch gelesen ? ). Zu den Fernhandelspfennigen muss ich erst noch mal nachschauen. (Gruß Bertolt

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Beitrag von Salier » Do 27.09.07 12:09

Hallo Bertolt,
soweit ich das Verstanden habe, ist Wichmann nicht der Erfinder der Verrufungen. Ich weis nicht ob Du die Seite mit der Gegendarstellung
gelesen hast. Wenn nicht hier ist der Link dazu .
http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/ ... replik.htm

schöne Grüße
Salier
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Beitrag von Bertolt » Do 27.09.07 21:55

Hallo salier, danke für deine Info, ja ich hab es inzwischen mitbekommen, das Problem mit den Verrufungen ist vermutlich älter als ich zunächst angenommen habe. Z. Zeit komme ich nicht so recht weiter. Gruß Bertolt

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Beitrag von welfenprinz » Mi 03.10.07 12:42

Hallo,
Dünnpfennige ist ein Sammelbegriff für breite (im Durchschnitt 22-26 mm ) zweiseitige Silberpfennige vom 9-12 Jhdt., deren Prägung häufig durchdrückten und deshalb nicht immer ein klares Bild ergaben . Sie wurden in Mailand unter König Karlmann 879-880 geschaffen .
Mit dem Weg über die Schweiz kamen sie nach Süddeutschland, später bis in den norddeutschen Raum . In Dänemark wurden unter König Erik I. Immergut 1095-1103 die ersten Dünnpfennige gemünzt .
Anm. aus: „Münznahmen und ihre Herkunft “, Konrad Klütz 2004, money trend Verlag Wien .

Demzufolge stellen die Dünnpfennige das Gegenstück zu den norddeutschen Brakteaten, zumal sie des öfteren als Halbbrakteaten bezeichnet wurden . Wer also im norddeutschen Raum Handelsbeziehungen mit Ostseestaaten und süddeutschen Regionen nutzte, prägte gleich Dünnpfennige, die so im gesamten Reich Gültigkeit erfuhren . Der Dünnpfennig lößte den Denar nach und nach ab . Der Vernhandelsdenar war die umfassende Währung, die über Dänemark,Schweden,Polen bis weit nach Italien ihre Gültigkeit behielt .
Heinrich der Löwe ließ in seinen Braunschweig-Lüneburger Erblanden Brakteaten mit einem Durchmesser von ca. 26-32mm Prägen . In seinem Bayrisch-Schwäbischen Herrschaftsgebiet wurden dagegen Denare und Dünnpfennige mit einem Durchmesser von ca. 22-24mm gemünzt .

Gruss Klaus
Braunschweig-Lüneburg und Stadt Hannover Münzenfreund .
Sammler u. Numismatiker

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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » So 17.08.08 17:49

Ich wuerde die Verrufungen gerne noch etwas besser verstehen:

Ich habe Dannenberg jr. gelesen und danach von der Situation um 1400 in Brandenburg den Eindruck bekommen, dass jaehrlich verrufene Pfennige aus markgraeflicher Praegung gleichzeitig mit ewigen staedtischen Pfennigen und auch ewigen boehmischen Groschen im Umlauf waren. Auch verrufene Pfennige sind gehortet worden und koennen deshalb nicht wertlos gewesen sein. Der Silbergehalt spricht ebenfalls gegen eine Wertlosigkeit.

Nach lektuere der aelteren Threads zum Theme stellt es sich fuer mich so dar, dass eine Verrufung im wesentlichen die grossen Maerkte betraf und eine Art Umsatzsteuer war. Wenn man also auf den grossen Jahrmarkt in Brandenburg an der Havel plante einen Einkauf ueber 9 Pfennige zu taetigen, dann wechselte man 12 alte Pfennige (egal welche) um in 9 neue und kaufte damit ein.

Wenn man dann nachher zur Muehle ging um ein Scheffel Roggen zu kaufen zahlte man mit irgendwelchen Pfennigen?

Ich wuerde vermuten ja, weil:

- Da ist genauso oder bei verrufenen eigentlich besser Silber drin als bei den aktuellen Pfennigen.
- Keiner wurde Jahrespfennige annehmen wollen, wenn er genauso gut ewige Pfennige bekommen koennte.
- Da an den paar Tagen des Jahrmarktes nicht alles umgemuenzt werden kann muesste der Muenzherr bei 100%iger Verrufung bis zu 75% der vermuenzt ausgegebenen Silbermenge zusaetzlich vorraetig halten um dieses bis zum Jahrmarkt neu zu muenzen und dann dort ausgeben zu koennen.

Wie passen die ewigen Pfennige und Groschen da rein? Eigentlich ganz gut. Auf den Jahrmaerkten konnte man diese auch in neue Pfennige umtauschen und ansonsten damit einfach bezahlen.

Wie passen die Verrufungen bei Herrscherwechseln ins Bild? In Brandenburg gab es die wohl nicht. Aber ansonsten passt diese Art der Verrufung nicht so gut zu der beschriebenen Art. Wurden die zu den Jahrmaerkten der naechsten 10 Jahre schrittweise umgetauscht? Wenn der Groschen annaehernd werthaltig war (>75% des Wertes tatsaechlich als Silber vorhanden), dann waere einem Umtausch doch das Einschmelzen zum Barren vorzuziehen gewesen um dann damit neue Groschen zu kaufen.

Womit ich beim naechsten Punkt bin: Wieviel Silber hat man fuer 1kg Groschen bekommen, die selbst (angenomme) 0.5kg Silber enthielten? Oder auch wieviele kg 8-loetiger Groschen hat man fuer 1kg Feinsilber bekommen? 1kg Silber fuer 1kg Groschen faende ich etwas uebertrieben. Bei 0.5kg Silber fuer 1kg Groschen haette der Muenzherr aber keinen Schlagschatz mehr, oder?

Leider ist das ein Thema bei dem es ideologisch eingefaerbte Erlaeuterungen gibt, die als Laie nicht so offensichtlich erkennbar sind. Der Text von Karl Walker aus einem anderen Thread scheint mir so einer zu sein.

Zur Erbauung noch ein Foto meiner zwei Dutzend neugepraegten Pfennige aus etwa dieser Zeit.

valete
Dateianhänge
schatz.jpg
24 neue Bahrfeld 626 / Dannenberg 261
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Beitrag von Salier » So 17.08.08 22:19

cepasaccus hat geschrieben: Ich habe Dannenberg jr. gelesen und danach von der Situation um 1400 in Brandenburg den Eindruck bekommen, dass jaehrlich verrufene Pfennige aus markgraeflicher Praegung gleichzeitig mit ewigen staedtischen Pfennigen und auch ewigen boehmischen Groschen im Umlauf waren. Auch verrufene Pfennige sind gehortet worden und koennen deshalb nicht wertlos gewesen sein. Der Silbergehalt spricht ebenfalls gegen eine Wertlosigkeit.
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Hallo cepasaccus,
Hans-Dieter Dannenberg ist nicht mit Hermann Dannenberg verwandt.

Der Ewige Pfennig war eine Konsequenz der Kauleute aus den Städten auf die ständige Münzverrufung. Er wurde als stabile Münze geschaffen damit die überregionalen und ausländischen Handelspartner vertrauen in die Währung hatten. Der Münzherr war an einer so stabilen Münze nicht interessiert weshalb die Städte die Münzstätte für viel Geld pachten oder enorme Abgaben für den entgangenen Gewinn an den Münzherren entrichten mussten.
Zudem gab es die Wechsler die oft die alten Münzen horteten und sich davon Gewinn versprachen.

Der Ewige Pfennig und nachher die Groschen waren Münzen die meist für den überregionalen Handel eingesetzt wurden.

Wieviel Silber hat man fuer 1kg Groschen bekommen.

Man führte in der Zeit des 14. Jahrhunderts keine großen Geldbeträge mehr bei sich. Es gab in dieser Zeit schon Banken und auf den großen Messen und überregionalen Märkten wurde von den Kaufleuten Bargeldlos bezahlt. In Münzen wurde eventuell der Differenzbetrag beglichen. Als Rechnungseinheit diente im 14. Jahrhundert in Deutschland meist die Kölner Mark mit einem Gewicht von 234 Gramm. Also ein Kilo Silber ca. 4 1/4 Kölsche Mark.
Meist wurde aber in Pfund Silber gerechnet. Aber auch da gab es Unterschiede. Um 1350 rechnete man in Nürnberg das Pfund Silber zu 510 Gramm, in Berlin aber nur 467 Gramm, was einen Unterschied von 43 Gramm ausmacht.

Das Thema Münzverrufung beschäftig die Wissenschaft schon seit 150 Jahren und es ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Eigentlich hatte die Münzverrufung zwei Aufgaben, Fälschungen und weniger Lötige Münzen zu entlarven und mit wenig Aufwand enormen Gewinn zu erzielen. Meist wurde das Geld für die Kriegskasse verwand.

schöne Grüße
Salier
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Verrufungen

Beitrag von Bertolt » Do 21.08.08 06:40

Hallo, seitdem ich dieses Thema angeschnitten habe, haben sich meine Erkenntnisse zu den Verrufungen entscheident verändert. Der momentane Stand ist wie folgt: Zeitlich gesehen, befasse ich mich mit Münzen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. In dieser Zeit fällt auf, das der Zeitabschnitt des Fernhandelsdenar sich langsam seinem Ende zuneigt und der regionale Pfennig immer mehr Bedeutung findet. Mann kann das daran erkennen, das neben den Denaren nunmehr auch andere Münzen, wie Halbbrakteaten bzw. Brakteaten die damalige Geldwirtschaft bereichern. Dies ist im direkten Zusammenhang mit der weiter fortschreitenden Kolonialisierung des Reiches und anderen wirtschaftlichen Erschließungen zu sehen. ( Lothar von Sachsen und die Entstehung solch bedeutender Herrschaftshäuser wie z.B. die Schauenburger in Holstein, die Wettiner in Meißen und die Askaniern in Brandenburg ) Das führte zu erhöhtem Zahlungsmittelbedarf in den jeweiligen lokalen Territorien. Hinzu kommt, das im Umfeld und den Märkten einer Stadt mit Münzstätte nur das regionale dort geprägte Geld gültig war. Wer in diesen Bereichen Handel treiben wollte, mußte also zwangsweise das dort gültige Geld eintauschen. Als fester Bestandteil dieses Systems sind dann die Verrufungen anzusehen. Die Münzen waren nur für einen zeitlich begrenztem Umlauf vorgesehen und wurde periodisch verrufen. Das heißt, man erklärte sie für ungültig und ersetzte sich zum Nachteil des jeweiligen Besitzers durch neue. Mann kann auch diese Ereignisse selbst nachvollziehen. Die Verrufungen setzen voraus, das jeweils eine für ungültig erklärte Münze durch eine sich deutlich von der alten zu unterscheidende neue ersetzt wurde. Anhand der Emissionen einer Münzestätte, lassen sich also in etwa auch die Verrufungszyklen ableiten. Gruß Bertolt
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Beitrag von cepasaccus » Do 21.08.08 17:22

Hallo Bertold,


das macht soweit Sinn, erklaert aber fuer mich nicht alles (falls das ueberhaupt aktuell moeglich ist). Wirklich wertlos waren die ungueltigen Muenzen nicht, da sie Silber enthielten. Sie wurden auch damals sicher nicht fuer wertlos gehalten sonst haetten sie diese damals nicht gehortet. (Ich vermute jetzt mal, dass das zu der von dir angegebenen Zeit genauso war.) Deswegen muss fuer den Kleinsparer ein Weg von seinen ungueltigen Muenzen zu gueltigen bestanden haben.

Um vielleicht ein paar moderne Methoden im Umgang mit ungueltigem Geld aufzuzeigen:

- Sovereign: "ehemals" gesetzliche Zahlungsmittel[1] die entsprechend ihres Metallwertes gehandelt und zu gueltigem Geld umgetauscht werden koennen.
- die silbernen Fuenfmarkstuecke: Die waren damals nur Scheidemuenzen haben heut zu Tage aber etwa dem Nennwert entsprechenden Metallwert.
- DM allgemein: Wird zu einem unglaublich guenstigen Wechselkurs von "1:1"[2] in Euro umgetauscht und wurde sogar noch Jahre nach deren Ungueltigkeit teilweise vom Handel akzeptiert.

Diese Szenarien erscheinen mir fuer die damalige Zeit nicht realistisch, weil der Pfad zu aktuellem Geld so gut ist, dass man den 25% Verlust des Umtausches nicht hinnehmen wuerde.

Wuerden Verrufungen fuer alte Muenzen kumulativ sein, dann waeren bei einer 5-6 Jahre alten Muenze nach 5 Verrufungen nur noch 24 % des Wertes uebrig, was sicher kein Anreiz zum Horten ist.


vale aus Kuala Lumpur

[1] EIgentlich sind sie es wohl immer noch, aber wer wuerde bei dem Metallwert damit nur 1 Pfund bezahlen wollen.
[2] Also ohne Gebuehren und Abschlaege.
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Beitrag von Bertolt » Fr 22.08.08 08:21

Hallo cepasaccus, Kuala Lumpur, da hat es dich ja weit abgetrieben, bis an die Straße von Malakka. Zum Thema, ich habe eigentlich nur die Wirkprinzipien der Verrufungen versucht darzustellen. Natürlich hast du Recht damit, das auch die verrufenen Münzen ihren Wert nicht verloren habe. Man konnte sie eben nur nicht mehr in ihrem ehemaligen Zirkulationsraum benutzen. Das ergibt ja aus dem Wert des Silber an sich. Auf anderen Märkten konnte dieses Geld ohne Probleme wieder eingetauscht werden. Man kann auch dieses nachvollziehen, wenn man sich die Zusammensetzung der deutschen Fundmünzen in skandinavischen bzw. baltischen Funden anschaut. Gruß Bertolt und noch viel Spaß in Kuala Lumpur.
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Beitrag von cepasaccus » Fr 22.08.08 19:51

Hallo Bertolt,

mich interessiert halt das persoenliche Erleben des damaligen eher normalen Menschen. Deswegen interessiert mich auch das taktile Gefuehl des Geldes und praege welches. Und auch deswegen wuerde ich da gerne tiefer gehen wollen.

hodie vale aus Bangkok
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Beitrag von Dietemann » So 07.09.08 21:46

Verrufung = Mehrwertsteuer, ansich eine einfache Sache.

Gruß Dietemann

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Verrufungen

Beitrag von Bertolt » So 07.09.08 23:03

Hallo Dietemann, so einfach ist das also, respekt ! Ich dachte immer, Mehrwertsteuer ist eine Steuer, die den Austausch von Leistungen ( = Umsatz ) besteuert. Die Maßnahme der Verrufung erfolgte doch aber schon vor der Leistung respektive dem Umsatz. Somit gibt es auch keine Bemessungsgrundlage in Form eines Erlöses, den ein Händler oder Handelsreisender für seine Erlöse erzielt. Die Verrufung ist nämlich noch an eine sehr häßliche Maßnahme gekoppelt, dem Währungszwang. Gruß Bertolt
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Beitrag von cepasaccus » Mo 08.09.08 22:26

Kommt darauf an, wie die Verrufung gemacht wurde. Wenn die Verrufung nur fuer den aktuellen Markt gilt, dann tauscht man soviel um, wieviel man braucht und damit waere es eine Mehrwertsteuer.

Die Unstabilitaet der Brakteaten bestaetigt aber eher die allgemeine Meinung hier, dass die Verrufung allgemeingueltig war. Dann war es mehr als eine Mehrwertsteuer, aber weniger als eine Vermoegenssteuer. Wer konnte wird sein Geld in andere Wertanlagen umgetauscht haben.

Aber die Foschungen zu dem Thema sind bestimmt nicht abgeschlossen.

Dannenberg jr. geht davon aus, dass die Brandenburgische Denare verrufen wurden, weil die Anzahl passt und die Staedte sich den Ewigen Pfennig kaufen. Andererseits ist das fuer Verrufungen schon ziemlich spaet... In Nuernberg wurde schon viel frueher ewiges Geld gepraegt - auch noch sehr huebsches, das auf meiner TODO-Liste steht.

vale aus Prag
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Beitrag von Dietemann » Do 18.09.08 18:58

Ich kenne nur die Verhältnisse für Eschwege.

Man nimmt für dort an, dass die Münzen tatsächlich nur einmal im Jahr verrufen wurden und dass auf dem Markt in diesem Jahr nur mit neuen Münzen bezahlt werden durfte. Dabei wurden alle Münzen entsprechend eingetauscht, das heißt auch ein Denar von vor fünf Jahren wurde genauso eingetauscht wie einer aus dem Vorjahr oder wie "ausländisches" (also von anderen Städten) Geld. Es handelte sich also tatsächlich um eine Art Umsatzsteuer um den Betrag zu erfassen, den man auf dem Markt kaufen wollte.

Aus verschiedenen Funden weiß man, dass die Brakteaten aufgrund ihres Silbergehaltes trotzdem noch ihren Wert behalten hatten und z.B. für Stiftungen verwendet werden konnten. Hier war es nicht erforderlich aktuelles Geld zu verwenden. Und im Fernhandel galt sowieso nur der Silberwert, auch hier wurden die Münzen weiter verwendet und waren nicht ungültig.

Die Stabilität ist kein Gegenargument. Brakteaten sind sehr viel stabiler als gemeinhin angenommen. Die Münzen wurden damals vermutlich in Holzkästchen aufbewahrt und transpoertiert und haben so unbeschadtet tausende von Kilometern zurückgelegt.
Für Eschwege ist jedenfall nur eine technisch sehr einfach ausgestatte Münzstätte anzunehmen. Eine gängige und einfache Herstellungsmethode war, Brakteaten anderer Städte zu nehmen, platt zu klopfen und dann mit dem neuen Bild zu prägen. Auch das geht nur, wenn die Münzen ausreichend stabil sind.

Gruß Dietemann

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