Seite 1 von 2

Neue Experimente: der Babygeier aus Rottweil

Verfasst: So 22.06.08 20:49
von cepasaccus
Als naechstes habe ich mir diese Muenze ausgesucht:

http://www.coinarchives.com/w/results.p ... D+brakteat

... weil ich den Babygeier putzig finde. Dass das eine andere Herstellungstechnik ist als meine bisherigen war nur von Vorteil fuer ihn.

Ich habe mir also einen Stempel hergestellt. Dazu noch eine Praegehuelse/kappe. (Stempeldurchmesser 20 mm, Praegehuelsen/kappeninnendurchmesser ca. 22-23 mm)

Lektion 1: 4 mm Vierkantstahl ist fuer groessere Perlpunzen zu duenn weil er sich verbiegt.

Lektion 2: Ich bin im zielgenauen Punzen noch nicht besser geworden. Gluecklicherweise sieht es auf der fertigen Muenze garnicht so schlimm aus.

Als Blech hab ich das 625er von Susat auf ca. 0.2 mm gewalzte und nicht ausgegluehte genommen. Eigentlich muesste es unter 0.15 mm sein, da die Muenzen nur bis zu 0.45 g wogen. Das Ergebnis waren nun 0.7 g schwere Muenzen.

Dann zur Praegung:

1) Blei in der Kapp
Prinzipiell funktioniert es schon, aber man muss ganz schoen rumhaemmern und dabei fliesst das Blei in der Kapp am Rand hoch wobei es die Muenze einklammert. Die Muenze ist da nur ganz schwer und nicht ohne irgendwelche Kratzer und Dellen da wieder herauszubekommen. Hinterher muss man versuchen das Blei wieder dahin zu bekommen wo es hergekommen ist. Wenn man laenger rumhaemmert (auch bei den folgenden Methoden) passiert es leicht, dass sich der Rohling auf dem Stempel etwas verdreht, so dass man das Muenzbild wieder kaputt macht.

Lektion 3: Bei groesseren Misshandlungen des Rohlings bricht das Metall im Ring.

2) Leder auf dem Amboss
Prinzipiell funktioniert es schon, aber man muss ganz schoen rumhaemmern und das Leder zeigt schnell groessere Beschaedigungen.

3) Hanf in der Kapp
Funktioniert nicht so. Selbst nach laengeren rumhaemmern ist die Muenze nur ungenuegend ausgepraegt, weil sich der Hanf zu einer festen Masse verdichtet.

4) Feuchter Hanf in der Kapp
Gut feuchter Hanf verhaelt sich ganz anders als trockener Hanf. Er fliesst beim Hammern noch leichter als Blei. Als Folge steckt der Stempel gut in der Kapp und muss gegen den Luftdruck wieder herausgezogen werden. (Wir kennen ja alle die dichtenden Eigenschaften von gefettetem Hanf bei den Wasserrohren.) Ansonsten hat der feuchte Hanf aber nur Vorteile. Die Muenze geht leicht raus und ich glaube, dass man deutlich weniger Schlaege zum Praegen braucht als bei den anderen Materialien.

valete

Verfasst: So 22.06.08 23:35
von Dietemann
Das ist ja Klasse!

Bekommen wir auch noch die Prägestempel zu sehen?

Gruß Dietemann

Verfasst: Mo 23.06.08 00:34
von cepasaccus
Davon kann ich auch noch Fotos machen.

cepasaccus

PS: Bei Backnang denke ich immer es liegt in Thailand.

Verfasst: Mo 23.06.08 08:37
von cepasaccus
Noch ein paar Fotos:

1) Stempelaufsicht

2) Praegekappe/huelse

3) Rueckseite der Blei/Leder-gepraegten Muenze, die fast poliert wirkt - im Gegensatz zur Hanf-gepraegten.

4) Praegekappe/huelse

5) Stempel

6) Stempel in Praegekappe/huelse

valete

Verfasst: Mo 23.06.08 11:53
von Chippi
Leider ist das Bild weg.

Gruß Chippi

Verfasst: Mo 23.06.08 12:01
von Locnar
Moin,

ich glaube das war nie da!

Verfasst: Mo 23.06.08 12:07
von cepasaccus
Jetzt ist es aber da.

Verfasst: Mo 23.06.08 12:42
von Pflock
Hallo cepasaccus,
wie hast Du das Vögelchen auf den Stempel bekommen? Sieht aus, wie mit einem Kugelfräser o.ä.?

Verfasst: Mo 23.06.08 13:02
von cepasaccus
Bollmeissel und Kugelpunze. Alles reine Handarbeit.

Korrektur: Der Ring ist gedreht.

Verfasst: Mo 23.06.08 20:28
von Dietemann
cepasaccus hat geschrieben:PS: Bei Backnang denke ich immer es liegt in Thailand.
:D Tiefste schwäbische Provinz: Bako-wang = Hügel des Herrn Bako, uralte deutsche Bezeichnungen.

Da sieht man die geopolitischen Veränderungen, es soll tatsächlich Briefe aus Amerika geben, die erst in den Irak und von dort aus richtigerweise nach Backnang gelangt sind.
Aber dass das schwäbische und das chinesische verwand sind, sieht man auch an anderen Ortesnamen wie Sindel-feng, Böb-ling.

Toll, Deine Bilder und Deine Versuche, soetwas hat mich schon lange interessiert.

Gruß Dietemann

Verfasst: Mo 23.06.08 20:31
von diwidat
Falls es erlaubt ist, ein paar Hinweise.

Die Kanten der Ringeindrehung sind nicht abgerundet. Wenn die Verformungsgeschwindigkeit größer ist als das Fließen des Materials es erlaubt, entstehen Risse. Der Winkel der Eindrehung hat ebenfalls einen starken Einfluss auf die Verformung.
Die Blüte unten aus Messingblech (3,5 x 3,5 cm) erlitt das gleiche Schicksal. Sie wurde mit einem Fallhammer geprägt. Die Verformungen sind sehr schön zu erkennen.


Um das festklemmen der geprägten Scheibe in der Hülse zu verhindern, würde ich die Prägehülse aus zwei Teilen machen (entgegen der historischen Überlieferung.
Wenn die Hülse einen "losen" Stempel hätte, könne man mit diesem Stempel das fertige Produkt aus der Hülse heraus treiben.

Die Unterstempel waren früher auch etwas stabiler gebaut, um ein Nachfedern zu verhindern.
Es wurde, meine ich, nur mit einem Schlag geprägt und nicht gedengelt.
Die Römer haben angeblich teilweise warm geprägt, warum nicht mal mit geglühten Rohlingen versuchen, das Silber wird bei der Verformung schon wieder hart.

Verfasst: Mo 23.06.08 21:10
von Gerhard Schön
Dietemann hat geschrieben:
cepasaccus hat geschrieben:PS: Bei Backnang denke ich immer es liegt in Thailand.
Tiefste schwäbische Provinz: Bako-wang = Hügel des Herrn Bako, uralte deutsche Bezeichnungen.
Seltsam nur, dass bei solchen Herleitungen immer wieder Personennamen gefunden werden, die ausschließlich durch eben denselben Ortsnamen belegt sind. Und Herr Wang ist kein Hügel, sondern Weideland. Also am ehesten "Hügeliges Weideland", oder, wenn es denn sein muss, "Weideland des Herrn Bacco".

@cepasaccus: Die Experimente zur Prägetechnik gefallen mir gut. Wieviele Schläge braucht man bei feuchtem Hanf in der Kappe und 625er Silber? Wieviele bei 937½er Silber? Und das Glühen der Ronde vor der Prägung ist bestimmt hilfreich. Ein Pfennig dieser Größe sollte tatsächlich mit einem einzigen Schlag zu prägen sein.

Verfasst: Mo 23.06.08 21:28
von cepasaccus
diwidat hat geschrieben:Falls es erlaubt ist, ein paar Hinweise.
Ist erlaubt. :D
Die Kanten der Ringeindrehung sind nicht abgerundet. Wenn die Verformungsgeschwindigkeit größer ist als das Fließen des Materials es erlaubt, entstehen Risse. Der Winkel der Eindrehung hat ebenfalls einen starken Einfluss auf die Verformung.
Die Blüte unten aus Messingblech (3,5 x 3,5 cm) erlitt das gleiche Schicksal. Sie wurde mit einem Fallhammer geprägt. Die Verformungen sind sehr schön zu erkennen.
Schon bei einem Schlag? Also das mit den Rissen ist bei mir nur ein Problem wenn ich versuche Verpraegungen wieder auszubuegeln. Die sind auch am Ringhoehepunkt aufgetreten. Am Ring sind halt die groessten Verformungen. Moeglich waere aber, dass es sich bei weicheren Uebergaengen leichter praegen laesst.
Es wurde, meine ich, nur mit einem Schlag geprägt und nicht gedengelt.
Ja, so in diese Richtung moechte kommen. MMn liegt es am Gegenmaterial, weil sich massivere Muenzen mit einem Schlag praegen lassen.
Die Römer haben angeblich teilweise warm geprägt, warum nicht mal mit geglühten Rohlingen versuchen, das Silber wird bei der Verformung schon wieder hart.
Gluehend oder warm praegen geht bei 0.15mm-Silberblech nicht. Eine Sekunde nachdem man mit dem Brenner weg ist glueht es nicht mehr und bis man auf dem Stempel ist ist es kalt. Was ich machen kann ist weichgluehen. Mein Argument dagegen ist, dass die resultierende Muenze auch noch zum grossen Teil ziemlich weich und damit das Blechle noch empfindlicher ist. Aber es spricht nichts dagegen, dass ich das einfach mal ausprobiere.

@Dietemann:
Ich glaube das schwaebische Backnang ist weltweit das einzige Backnang. Seltsam ... ich haette gewettet, dass es davon in Asien dutzende gibt.

vale

Verfasst: Mo 23.06.08 22:22
von Toltec
Hallo cepasaccus,
eventuell sollte man nicht mit einem relativ "kleinem Gewicht" durch Geschwindigkeit, eine hohe Prägekraft erzeugen, sondern mit einem großen Gewicht, im normalen Fall, prägen. So wie es z.B. bei dem mit Wasser angetriebenen Schmiedehämmern gemacht wird. Das Material hat mehr Zeit zum Fließen und kann nicht rückfedern.
Ich weiß nicht ob du die Möglichkeit hast. Wir haben früher, in der Lehrzeit auf einer Spindelpresse mit Schwungrad geprägt. Der Prägestempel fuhr langsam aber mit großer Kraft auf das Prägestück.
mfg.
Toltec

Verfasst: Di 24.06.08 00:18
von cepasaccus
Ich haette einen 3kg-Hammer im Angebot.