Luxemburg - aber was und wann?

[cojobo]

Hallo mal wieder,
an diesen Stück (19 mm, 1,2 g) brassele ich seit längerer Zeit herum, ohne nennenswerte Fortschritte. Es muss aus Luxemburg sein; das sagt das Wappen und auch der innere Kreis der Reverslegende. Aber den Rest kann vermutlich nur jemand lesen, der die Münze schon kennt. Vielleicht kann mir dabei einer der Fachleute dieses Forums etwas Nachhilfeunterricht geben.
Besten Dank für jeden Lerntip!
Und beste Grüße
cojobo

[Marc]

Interessantes Stück.

Mitte nächster Woche bin ich wieder Zuhause, wenn bis dahin keiner es gefunden hat kann ich nachschauen.

[cojobo]

Oh, ich habe gerade gesehen, dass ich die Münze vor vielen (mindestens 20) Jahren schon mal besser bestimmte hatte:
1/3 Groschen 1346 - 53. Ich weiß aber nicht mehr, wie ich an diese Definition gekommen bin.
Das ändert aber nichts an der Fragestellung: Was steht da drauf?
Und wenn Marc da ein wenig Hilfestellung leisten kann, freue ich mich riesig.
Dann bis nächste Woche
cojobo

[Marc]

Die Zuweisung scheint schlüssig. Vom Gewicht her ist es ein drittel Tournose. Diese Stücke welche optisch wie kleine Tournosen aussehen wurden in Frankreich entworfen um die Sterlinge und Brabantiner zurückzudrängen welche als drittel Tournose in ganz Mitteleuropa gehandelt wurden und somit auch nach Frankreich eindrangen. Dieses Nominal nennt man "maille tierce" und es wurde auch in Lothringen zusammen mit den Tournosen kopiert. Letztlich setzten sich aber die Sterlingstypen (Sterlin, Easterlin, Brabantiner, Witten etc.) als Drittelgroschen durch.

Die Rückseite orientiert sich am französischen Vorbild und weist vermutlich die übliche Umschrift auf:
+ MONETA : LVCEBVRG
+ XP.C : VINCIT : XP.C : REGNAT : XP.C : MPR
oder
+ XP.C : VINCIT : XP.C : REGNAT : IMPERAT

Die Vorderseite zeigt das Luxemburger Wappen und sollte eine Umschrift etwa wie folgend haben :
+ KAROL : ROMAN : ET : BOEM : REX

Diese Münze wurde von Kaiser Karl IV. als Herzog von Luxemburg ausgegheben. Genaueres kann ich aber nur mit Literatur sagen.

[Marc]

So ich war kurz zuhause um Post abzuholen.

Es ist ein Drittelgroschen von Graf Karl I. (als deutscher König Karl IV. 1346–1378) von Luxemburg aus dem Zeitraum von 1346-53. Also von vor der Übertragung von Luxemburg 1353 an seinem Bruder Wenzel und vor der Erhebung zum Herzogtum 1354.

Die Umschrift lautet :
+ KAROL : ROMAN : ET : BOEM : REX

+ MONETA : LVCEBVRG
+ XPC : VINCIT : XPC : REGNAT : XPC : IM

Im ‚Catalogue des monnaies luxembourgeoises et de celles des fiefs’ vom Cercle numismatique du grand-duche de Luxembourg ist dieses Stück unter Nr. 126 aufgeführt.

[cojobo]

Einen ganz ganz herzlichen Dank an Marc für diese superschnelle und superexakte Bestimmung !!!!
Unter Zuhilfenahme meiner besten Lupe konnte ich sogar die Umschrift so gut wie komplett identifizieren.
Den genannten Katalog der luxemburgischen Münzen gibt es ja wohl sicher nicht online. Aber eventuelle antiquarisch? Ich möchte nämlich schrecklich gern wissen, ob ich da war rares oder was ordinäres habe. Allein schon der historische Kontext ist ja spannend.
Also nochmals besten Dank!!!!
cojobo

[cojobo]

Ha, ich habe soeben den Luxemburg-Katalog bei einem luxemburgischen Antiquariat erworben!
Jetzt bin ich gespannt!
cojobo

[Marc]

Ich möchte nämlich schrecklich gern wissen, ob ich da war rares oder was ordinäres habe. Allein schon der historische Kontext ist ja spannend.

Also ordinär ist er auf keinen Fall, ich als Groschensammler mag alle Maille tierces weil sie fein geschitten sein mußten, um das Münzbild unter zu bekommen. Keine Münze von Karl aus Luxemburg ist häufig. Ich mein der andere Drittelgroschen von Karl mit Adler statt Wappen sei noch seltener, aber ich möchte dafür nicht meine Hand ins Feuer legen. Wenn sie dir zu ordinär ist ich nehm sie gern Ne im Ernst, ist wie ich schon im ersten Post schieb ein interessantes Stück, egal was es auf dem Münzmarkt bringt.

[cojobo]

Hallo Marc,
ich freue mich sehr über den überaus konstruktiven Kontakt !
Ich habe allerdings nicht im mindesten die Absicht, das Stück zu verkaufen. Es ist ein Altbestandteil unserer Schulsammlung, und wenn es tatsächlich, wie Du geschrieben hast, ein relativ rares Stück ist, wird es in der Präsentation unserer Sammlung auf der Homepage einen Ehrenplatz bekommen. Da ist es in der Abteilung Mittelalter auch schon präsentiert, allerdings natürlich ohne irgendwelche genaueren Angaben.
http://www.cojobo.net/~p_niesem/muenzen/muenzen1neu.htm
Wenn Du dazu noch mehr Informationen beisteuern kannst, bin nicht nur ich, sondern ist auch die sehr aktive Numismatik-Arbeitsgemeinschaft der Schule Dir dankbar.
Nochmals besten Dank und beste Grüße
cojobo

[Marc]

sondern ist auch die sehr aktive Numismatik-Arbeitsgemeinschaft der Schule

Wo war die in meiner Schule

Schön das etwas für die Nachwuchsförderung getan wird

PS: Wenn ich wieder zuhause bin kannn ich zu den anderen Groschen bestimmt noch was sagen. Die Seite 'Wer hilft bei der Identifikation??' zeigt bei mir keine Bilder.

[cojobo]

Vielen Dank für den Hinweis auf die Seite mit den unbekannten Münzen. Ich habe sie jetzt herausgenommen, da die allermeisten Stücke schon vor Jahren von den freundlichen Helfern hier im Forum identifiziert worden sind.
Das kommt davon, wenn man nicht dauernd seine eigenen Internetprodukte kontrolliert.
Beste Grüße
cojobo

[cojobo]

Hallo vor allen an Marc,
ich habe heute den Luxemburg-Katalog bekommen und auch gleich die Nr 126 kontrolliert. Dort ist das Stück allerdings mit einer leicht veränderten Reverslegende aufgeführt. Du hattest das ja selber auch schon zitiert.
Sind solche Legendenvarianten normal, oder wird dadurch aus unserem Stück ein RRR (statt, wie im Katalog: RR) ?
Beste Grüße und einen schönen ersten Advent!
cojobo

[Marc]

Nein bei mittelalterlichen Groschen sind Legendenvarianten normal. Viele Varianten deuten im Gegenteil sogar auf eine Massenprägung hin.

Es gibt zwei Arten von Katalogen/Literatur, in einer werden alle bekannten Stempel eines Typs aufgeführt (z. B. 126.1 bis 126.7), in der anderen wird für jeden Typ nur eine typische Legende zitiert. Bei dem Katalog wird zu jedem Typ nur eine typische Legende zitiert, grade bei häufigeren Stücken gibt es dann viele Umschriftvarianten. Das von eurem Stück mindestens zwei existieren, ist also ein Zeichen das für die Prägung ein Stempel nicht ausreichte. Bei Seltenheitsangaben muss man eh immer vorsichtig sein, fast jeder Autor hat seine eigene. Ein RRR aus einem Katalog kann häufiger sein als ein RR aus einem anderen. Euer Stück ist selten und interessant, alles weitere ist Ansichtssache.

So oder so, finde ich an eurer Schulsammlung gut, dass ihr als Drittelgroschen sowohl den Maille tierces als auch den siegreichen Easterlin habt. Das ist anschaulicher und wichtiger als ein R mehr oder weniger, welches immer persönliche Ansichtssache ist.

[cojobo]

Und schon wieder besten Dank für die präzise und einleuchtende Auskunft!
Der Katalog ist übrigens wirklich klasse (abgesehen davon, dass der Vorbesitzer wohl starker Raucher gewesen sein muss). Er beschreibt doch tatsächlich mit der gleichen Akribie die banalsten modernen Prägungen wie die seltensten mittelalterlichen.
Und nochmals schönen Sonntag!
cojobo