unbekannter Reiter Denar

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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diwidat
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unbekannter Reiter Denar

Beitrag von diwidat » Fr 03.12.10 14:03

In meiner bescheidenen Sammlung hat sich eine kleine Silbermünze eingefunden, die sich jeglicher Zuordnung verweigert.
Auf beiden Seiten der Münze ist je ein Reiter dargestellt, wie er gewöhnlich bei den armenischen Münzen in Kilikien zu finden ist.
Das Bild des Reiters erinnert einmal an einen armenischen König - der andere Reiter sieht aus, als wenn er in Byzanz zu Hause gewesen ist.
Eine Umschrift ist nicht zu erkennen.
Das Stück hat 19 mm Dm und wiegt 2,1 g.
Hat jemand so etwas schon mal gesehen - oder ist es eine unnatürliche Kombination von zwei verschiedenen Münzbildern.
Byzantiner zu Pferd habe ich noch nirgends gefunden. :(
Reiter-Denar-unbek.jpg
Gruß diwidat

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leodux
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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von leodux » Fr 03.12.10 14:17

Hallo diwidat,

nicht direkt Byzanz, aber fast: Kaiserreich von Trapezunt.
Hier ein ähnliches Stück: http://www.mcsearch.info/record.html?id=80201

Aber leider gibt es gerade von diesem Münztyp zur Zeit viel mehr Fälschungen als Originale. Wie bei den Originalen gibt es auch die Fälschungen mit unterschiedlichen Beizeichen unter den Reitern. Diejenigen, die in der letzten Zeit auf Ebay als angeblich unbestimmte Münzen angeboten wurden, waren wohl fast ausschließlich Fälschungen.
Hier einige Fotos von solchen Fälschungen:
http://www.forumancientcoins.com/fakes/ ... m=8&pos=40
http://www.forumancientcoins.com/fakes/ ... m=8&pos=41
http://www.forumancientcoins.com/fakes/ ... m=8&pos=42
http://www.forumancientcoins.com/fakes/ ... m=8&pos=43
Und auch hier im Forum hatten wir dieses Thema schon mal:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic.php?f=7&t=28250
In dem o.g. Thread ist vermutlich sogar eine zu deiner Münze identische Fälschung abgbildet.

Die Fälschungen sind wohl meist nicht geprägt, sondern gegossen. Kannst du bei deinem Exemplar etwas erkennen, was einen Guss vermuten lässt?

Viele Grüße
Peter

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von Franz » Fr 03.12.10 15:49

Hallo diwidat,
im MA Forum ab 17. 11. 08 bis 16. 5. 10 wurde dieser Münztyp schon mehrfach diskutiert. Weiß ich deshalb so genau, weil ich auch auf eine Gußfälschung hineingefallen bin.
Gruß Franz

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von diwidat » Fr 03.12.10 17:09

Einen herzlichen Dank an die Kenner der Materie -
- und den länger zurück liegenden Beiträgen.

Tatsächlich erkenne ich jetzt die markanten Spuren eines Gusses an meiner Münze. Gussporen im Feld - ein leichter Versatz des Randes - Feilspuren am Rand - sonst aber ein gutes "schlechtes Beispiel".
Beim Erwerb des Stückes für 6 Euronen war die Neugierde stärker als die gebotene(?) Vorsicht.
Da meine Fälschungssammlung schon seit längerem keinen Nachschub mehr bekommen hat - ist es eigentlich egal - da trage ich auf beiden Schultern. Was nicht echt ist (war auch nicht zu erwarten) ist eben wenn nicht echt, dann falsch und ab in die andere Schublade.

Gruß diwidat

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von diwidat » Sa 04.12.10 14:43

Von den beiden Herren, die gerade an und vorbei geritten sind, habe ich noch ein anderes Abbild.
Trapezunt-Joh-II.jpg
Links ist der Heilige Eugenios mit Prozessionskreuz v.v. zu sehen, Inschr. O EY-GENIoC -
rechts der Kaiser Johannes II. Komneneos im Ornot mit Akakia und Labaron-Zepter (1280-1297)
Inschr. KoMNH-No

Offensichtlich handelt es sich hier um die gleichen Personen

Gruß diwidat

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leodux
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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von leodux » Sa 04.12.10 16:41

Hallo diwidat,
stimmt, St. Eugenios ist auf beiden Münzen zu sehen.
Der Kaiser muss aber eigentlich ein anderer sein, denn laut Sear gibt es von Johann II. keine Silber-Asper mit Reitern, sondern nur solche mit jeweils frontal stehendem Heiligen und Herrscher, wie bei deiner zweiten Münze. Die Asper mit Reitern gibt es erst ab Alexius II., dann aber bis ins 15. Jahrhundert.

Ich bin mir übrigens nicht sicher, ob der Kaiser wirklich eine Akakia in der Hand hält und nicht vielleicht doch einen Kreuzglobus. Das lässt sich auf dem Foto nicht richtig erkennen.
Vielleicht siehst du da im Original etwas mehr.
Nach Sear hält der Kaiser bei dieser Variante der Inschrift (IW O KOMN und auf der anderen Seite des Kaisers NOC) nämlich einen Kreuzglobus in der Hand = Sear 2609.

Der Sear ist allerdings nicht die ideale Literatur für das Kaiserreich Trapezunt, das hier nur ganz am Rande mit den byzantinischen Münzen behandelt wird. Außerdem widerspricht die Abbildung der Nummer 2609 dem Beschreibungstext, denn die Inschrift auf der Seite des Heiligen entspricht eher Nummer 2610.
Es gibt gerade von Sear 2609 sehr viele verschiedene Varianten. Gut möglich, dass es auch eine Variante der Münze mit dieser Umschrift und Akakia gibt.

Viele Grüße
Peter

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von diwidat » Sa 04.12.10 19:42

Hallo,
was hier erwähnt wird, ist die Beschreibung des Händlers aus der zweiten Reihe.
Nach Deiner Darstellung, Peter, Muss ich wohl noch etwas tiefer einsteigen, ist aber nicht gerade mein Jagdtrevier.
Danke für die Hinweise.

Gruß diwidat

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von leodux » Sa 04.12.10 21:43

Hi diwidat,

bei Google gibt es unter der folgenden Adresse das Buch "Zeitschrift für Münz-, Siegel-und Wappen-Kunde, Band 3" von 1849 zum Download als PDF-Dokument (oben Rechts "PDF" anklicken):
http://books.google.de/books?id=_j4CAAA ... frontcover
Ab Seite 103 findet sich der Artikel "Die Komnenischen Silbermünzen mit dem Heiligen Eugenius".
Der Artikel ist aufgrund des Alters natürlich nicht mehr auf dem derzeitigen Stand der Forschung und der Autor versucht, diese Münzen nicht den Komnenen von Trapezunt, sondern den gleichnamigen byzantinischen Kaisern aus dem 12. Jahrhundert zuzuweisen.
Aber auch wenn in dem Artikel die Zuweisung der Münzen falsch ist, ist die Auflistung der damals bekannten Varianten ab Seite 117 interessant.
Alleine mit dem Namen von Johannes werden 55 verschiedene Varianten dieses Münztyps gelistet. Dort steht dann auch, ob der Kaiser einen Kreuzglobus (Varianten 1 bis 36), gar nichts (Varianten 37 bis 47), oder eine Akakia (hier "eine Rolle" genannt, Varianten 48 bis 55) in der Hand hält.
Wenn ich nicht etwas übersehen habe, dann wird auch in diesem Artikel bei der Umschriftvariante, die zu deiner Münze passt, geschrieben, dass der Kaiser einen Kreuzglobus trägt.

Wie gesagt, das Buch ist uralt und die Zuweisungen der Münzen zu den Kaisern stimmen alle nicht, aber wenn man so eine Münze besitzt, ist es vielleicht trotzdem mal ganz interessant, den Artikel zu lesen.

Viele Grüße
Peter

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Re: unbekannter Reiter Denar

Beitrag von diwidat » Do 09.12.10 21:08

Danke Peter,
durch die empfohlene Siegel- und Wappenkunde muss ich mich wohl mal durchkämpen.

Gruß diwidat

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