Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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cojobo
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Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von cojobo » Mi 05.01.11 14:57

Wieder mal hallo,
und immer noch ein gutes Neues Sammlerjahr!
Unser nächstes Rätselstück (20 mm, 1,7 g) zeigt auf der einen Seite einen hübschen (böhmischen?) Löwen, auf der anderen um die Krone herum einen Text, von dem ich zumindest den zweiten Teil als PRIMVS zu lesen meine.
Wie immer mit ganz herzlichen Dank für jeden sachdienlichen Hinweis
und besten Grüßen
cojobo
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Salier
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von Salier » Mi 05.01.11 16:15

Hallo Cojobo,

entweder handelt es sich um einen Parvus oder einen beschnittenen Prager Groschen von Karl IV. 1346-1378., CAROLVS PRIMVS

Gruß
Salier
Sancta Colonia Agrippina

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cojobo
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von cojobo » Mi 05.01.11 16:31

Und schon wieder danke schön für die superschnelle Klärung. Beschnitten sieht er mir nicht aus, wobei ich natürlich kein Fachmann in der Beurteilung dieser Frage bin.
Er wirkt sogar dicker als der Prager Groschen, den ich als Vergleich daneben liegen habe.
Wobei ich sagen muss: Gegen den ungarischen Parvus, den ich vor ein paar Tagen ebenfalls von Salier hier geklärt bekommen habe, ist dieses Gebilde ein Riese.
Also ist "Parvus" ganz schön relativ. Das werde ich mal einigen Schülern klarmachen, die unter ihrer geringen Wachstumsrate leiden.
Beste Grüße, und bis zum nächsten Fragepunkt!
cojobo

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leodux
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von leodux » Mi 05.01.11 16:52

Hallo,
für einen Parvus ist die Münze mit 20 mm eigentlich zu groß und zu schwer.
Wenn man bedenkt, dass 12 Parvi einen Groschen galten, dann kann ein Parvus einfach nicht 1,7 g wiegen.
Das sieht für mich sehr nach einem beschnittenen Prager Groschen von Karl IV. aus.
Schau dir mal dieses Foto an:
http://www.mcsearch.info/images/22/215970.jpg
Wenn man dort die äußere Umschrift abschneidet, bleibt deine Münze übrig.
Ich glaube sogar, unter dem Löwen noch Reste der abgeschnittenen Umschrift erkennen zu können.

Viele Grüße
Peter

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cojobo
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von cojobo » Mi 05.01.11 17:17

Hallo leodux,
Du hast mal wieder recht. Wenn man mit der Lupe die unter dem Ring um den Löwen etwas überstehende Kante anschaut, sind dort Unregelmäßigkeiten, die tatsächlich Reste von Buchstaben-Unterkanten sein können. So eine Gemeinheit, jetzt kann ich mir den ganzen pädagogischen Gag an den Hut stecken.
Hatten diese beschnittenen Groschen einen Namen? Denn sie können ja schlecht als Groschen durchgegangen sein. Also doch vielleicht ein Halbgroschen?
Besten Dank und beste Grüße
cojobo

passant
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von passant » Mi 05.01.11 17:40

Hallo cojobo ,
Das ist bestimmt ein beschnittenen Prager Groschen. Alle kleine Nominalen, die damals im Umlauf wären, hatte trotzdem einen Umschrift ringsum den Löwe.
Diese Münze hatte keine besondere Name, weil es war gewöhnliches Groschen, aber ist beschnitten worden, um zu den Wert kleineren Nominalen anzupassen. Diese Erscheinung war in osteuropäischem Region relativ häufig.
Sie können ein paar Stücke, inzwischen von Karl IV, hier sehen:
http://forum.mbook.net.ua/viewtopic.php?f=26&t=44
Viele Grüße,
passant

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leodux
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von leodux » Mi 05.01.11 18:04

Hallo cojobo,

da zur Zeit von Karl IV. die Prager Groschen schon etwas leichter geworden waren, passt das Gewicht mit 1,7 g sogar einigermaßen zum halben Groschen. Leicht untergewichtig zwar, aber wohl noch einigermaßen innerhalb der Toleranz. Bei mcsearch ist z.B. ein relativ leichter Prager Groschen Karls mit 3,47 g.

Karls Vorgänger Johann hat übrigens auch Halbgroschen prägen lassen, die allerdings sehr selten sind und ich weiß nicht, wie sie ausgesehen haben. Es scheint also ein gewisser, wenn auch geringer Bedarf an halben Groschen bestanden zu haben.
Ob Karl auch halbe Groschen prägen ließ, ist mir nicht bekannt.

Es kann aber auch sein, dass jemand das Gewicht des Groschens zu einem späteren Zeitpunkt an die dann zeitgenössischen deutlich leichteren Groschen angepasst hat.
Oder er wurde an das Gewicht einer Währung außerhalb Böhmens angeglichen.
Und nicht zuletzt wurden Münzen auch oft mit betrügerischer Absicht beschnitten.

Hallo passant,
leider kann man bei deinem Link keine Bilder sehen. Um die Fotos sehen zu können, muss man vermutlich bei dem Forum angemeldet sein.

Viele Grüße
Peter

passant
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von passant » Mi 05.01.11 18:59

Hallo leodux,
leodux hat geschrieben: Hallo passant,
leider kann man bei deinem Link keine Bilder sehen. Um die Fotos sehen zu können, muss man vermutlich bei dem Forum angemeldet sein.
Es tut mir leid.
leodux hat geschrieben: Karls Vorgänger Johann hat übrigens auch Halbgroschen prägen lassen, die allerdings sehr selten sind und ich weiß nicht, wie sie ausgesehen haben.
Es gibt ein altes Buch - "Beschreibung der Sammlung bochmischer Münzen und Medaillen des Max Donebauer", von Eduard Fiala, Prag, 1889. Ich meine, daß es ist ein vollständigstes Buch zum Thema.
In diesem Buch man kann sehen, wie ein Halbgroschen ausgesehen hat. Sehen Sie unten bitte.
leodux hat geschrieben: Ob Karl auch halbe Groschen prägen ließ, ist mir nicht bekannt.
Auch in diesem Buch Herr Fiala nur solche Nominalen zur Zeit von Karl IV. anfährt:
- Florind'or;
- Prager Groschen;
- Pravus.

Viele Grüße,
passant
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cepasaccus
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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von cepasaccus » Mi 05.01.11 19:41

Ich habe auch schon gehoert, dass diese Muenzen so gepraegt wurden, da:

- Es relativ viele dieser Muenzen gibt.
- Der Durchmesser ziemlich gut dem Lowen entspricht.
- Es auch bei den Turnosen den aeusseren Ring gibt, der bei Weglassen den Pfennig ergibt.
- So eine Muenze deutlich zu stark beschnitten ist um noch als vollwertiger Groschen akzeptiert zu werden.

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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von leodux » Mi 05.01.11 19:59

Hallo passant,

danke für die Abbildung des Halbgroschens!
Dann hatten die Halbgroschen also auch eine Umschrift um den Löwen.

Hallo cepasaccus,
bei den Turnosen war aber zuerst der Pfennig (Denier der Abtei St. Martin in Tours) da und erst später wurde daraus mit dem zusätzlichen "Ring" ein Groschen. Die Pfennige wurden hier auch niemals mit den Stempeln der Groschen geprägt.

Bei späteren Prager Groschen kommt es häufig vor, dass die Schrötlinge kleiner als das Münzbild sind. Aber dass zur Zeit von Karl IV. halbe Groschen mit den Stempeln der ganzen Groschen geprägt wurden, wäre mir neu. Ich stelle mir das auch recht schwierig vor, die kleinen Schrötlinge bei der Prägung so gut zu zentrieren, dass an allen Seiten genau der innere Kreis mit dem Rand des Schrötlings abschließt.
Eine spätere Manipulation, um z.B. die Münze den immer leichter werdenden Groschen anzupassen, scheint mir da viel wahrscheinlicher.

Viele Grüße
Peter

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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von Otakar » Mi 05.01.11 23:16

Auch ich schließe mich der Meinung an, dass es sich hier um einen beschnittenen Prager Groschen von Karl IV. handelt. Im Saurma findet sich unter Nr. 399 (Abb. 174) genau diese Münze, wenn man den Rand weglässt. Eine andere Möglichkeit scheint mir nicht denkbar, da mir noch nie eine Münze, die von Natur aus dieses Format hat untergekommen ist. Ob es sich hier um eine offizielle Aktion oder um einen banalen Silberdiebstahl gehandelt hat, wäre zu klären. Es wäre denkbar, dass eine herrschaftliche Institution kleinere Nominale schaffen wollte, dann müssten aber auch mehrere ähnliche Beispiele bekannt sein.
Schöne Grüße!
OTAKAR

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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von cojobo » Do 06.01.11 08:55

Wenn ich das also mal zusammenfassen darf:
Wir haben mal wieder in unserer Sammlung ein Stück, das es nicht gibt. Schön!
Ich danke allen ganz herzlich für die interessante Diskussion
und freue mich schon auf die nächste Rätselfrage (die bestimmt kommt).
Beste Grüße
cojobo

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Re: Böhmischer (Halb?)Groschen - oder was?

Beitrag von passant » Do 06.01.11 20:39

Otakar hat geschrieben: Ob es sich hier um eine offizielle Aktion oder um einen banalen Silberdiebstahl gehandelt hat, wäre zu klären.
Es gibt ein Buch (schade, auf Ukrainische) wo man diese Frage relativ seriös studiert hat. Hauptschluß - diese Aktion ist von Bevölkerung ausgefahren worden.
Man sagt, daß vor ein paar Jahre ein Schatz, der vollig aus beschnittenen Prager Groschen bestand, in der Ukraine gefunden worden ist. Es ist interessant, daß man kann nur früher Prager Groschen (von Wenceslav II, Johan, Karl) als beschnittene Prager Groschen finden. Späteren Groschen (von Wenceslav III und weiter), die leichter als alteren Groschen waren, sich fast nicht solchem Abschneiden ausgesetzt wurden.

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