Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

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Lilienpfennigfuchser
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Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Do 22.03.12 17:57

Hallo,

für die zeitliche Einordnung verschiedener Südwestdeutscher Mittelaltermünzen wäre die Feststellung des Silbergehalts sehr hilfreich. Hat jemand damit Erfahrung? Wie hoch sind die Kosten.

Grüße

Lilienpfennigfuchser

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cepasaccus
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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von cepasaccus » Do 22.03.12 18:58

Die uebliche Methode zur Feingehaltsbestimmung ist XRF (Roentgenfloureszenz). Das misst hauptsaechlich die Oberflaeche. Deshalb vertraue ich Messungen bei denen nur dabei steht, dass es mit XRF gemessen ist, nicht. Zum Beispiel gibt es eine Analsyse von gepraegten Bronzemuenzen, die Zinngehalte von bis zu 40% ergaben. Wer schon mal eine Kupfer-Zinn-Legierung mit 40% Zinn unter dem Hammer hatte wird nur verstaendnislos mit dem Kopf schuetteln. Was man machen koennte ist die Muenze zu zersaegen oder anzufeilen, aber das wollen fast alle nicht machen.

Wovon ich mir mehr verspreche ist eine LA-ICP-MS. Damit bohrt man mit einem Laser ein winziges Loechlein durch die Muenze und bestimmt das verdampfte Material in einem Massenspektrometer. Ich habe aber keine Ergebnisse bisher im Detail gesehen, da ich zwar Muenzen habe analysieren lassen, aber keine Ergebnisse zu mir zurueckgeflossen sind und, so wie ich das einschaetze, es auch niemals werden.

Wo machen lassen und was kostet es? Das einzige Institut, das mir einfaellt, ausser dem oben nicht genannten, ist das Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie. Ich habe keinerlei Erfahrung mit denen. Die haben auch eine Preisliste unter http://www.cez-archaeometrie.de/angebote.html verlinkt. Da gibts eine LA-ICP-MS-Spurenanalyse ab 200 EUR. Ob das das richtige ist fuer den Silbergehalt weiss ich nicht. Koennte aber sein. Wenn es aufwendiger wird, wird es sicher teurer, bei mehr Muenzen billiger. Wenn man es ihnen wissenschaftlich schmackhaft machen kann senkt das bestimmt auch den Preis. Und obwohl ich hier sonst niemanden nennen kann gibt es bestimmt noch weitere Institute, die sowas machen koennen.

vale
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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Fr 23.03.12 18:50

Besten Dank für Deinen Beitrag. Bei diesen Preisen werde ich weiter hoffen, dass einzelne Feingehaltsbestimmungen "von Amts wegen" durchgeführt werden.
Bei der momentanen Geldknappheit in diesem Bereich hoffe ich da möglicherweise vergebens.
Erstaunlich ist es für mich, dass z. B. Buchenau bereits im Jahr 1916 bei der Beschreibung des Fundes von Weingarten für fast alle Münzen den Feingehalt angeben konnte. Man sollte doch annehmen können, dass sich die Methoden weiterentwickelt haben und die amtlichen Stellen für die wissenschaftliche Bearbeitung von MA - Fundmünzen (sofern die Werte nicht bereits vorliegen) nach wie vor den Feingehalt berücksichtigen sollten. Bei neueren Fundberichten ist jedoch der Feingehalt selten angegeben.
Wie haben die damals den Feingehalt bestimmt?

Grüße Lilienpfennigfuchser

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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von cepasaccus » Fr 23.03.12 19:51

Was sicher abgenommen hat ist die Bereitschaft Muenzen fuer die Wissenschaft zu "opfern". Zum Beispiel hat Zwicker bei den Analysen fuer Erlanger auch Pfennige eingeschmolzen. Ueber weitere Gruende kann ich nur spekulieren. Geringere Vernetzung der Disziplinen? Weniger Interesse der Chemie an solcher Chemie?

vale
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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Numis-Student » Fr 23.03.12 21:30

Bei den Großfunden um 1900 wurden meist 100 Pfennige jeder Sorte eingeschmolzen, um eine vernünftige Durschnittsfeinheit zu bekommen. Alles, was damals nicht für wenige Sammler oder die großen Kabinette interessant war, ging sowieso in die Schmelze der Münzstätten (dort wurden alle Shmelzposten genau auf den Silbergehalt analysiert).

Da das heute nicht mehr das übliche Vorgehen ist, werden auch weniger Münzen anlysiert...

MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von cepasaccus » Sa 24.03.12 00:22

Wobei es auch nicht so korrekt ist ganze Muenzen einzuschmelzen, weil dann die aeussere Korrosionsschicht auch mit ins Toepfchen wandert. Die Heiligsprechung der archaeologischen Objekte ist aber IMHO spaeter passiert. So lange ist das mit Zwicker nicht her.

cepasaccus, der Muenzen auch schon mal mit der Feile oder Saege zu Leibe rueckt
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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » So 15.04.12 11:06

Hallo,
besten Dank für die Beiträge.
Noch etwas zum Feingehalt von MA - Silberpfennigen (über 60 % Silber):
Eine größere Anzahl an Münzen zur Feingehaltsbestimmung trägt gewiss zur Genauigkeit der Untersuchung bei. Doch bei der Beschreibung des Fundes von Weingarten z.B. (Buchenau/Roller) ist auch eine Feinprobe von einer Münze angegeben. Eine solches Ergebnis ist, auch wenn es mit großer Vorsicht zu verwenden ist, besser als keine Information. Die 100 Münzen zum Einschmelzen haben wir in aller Regel ja nicht.
In diesem Zusammenhang wäre es gut zu wissen, um wie viel % das Ergebnis einer heutigen zerstörungsarmen Untersuchung von einer Einschmelzuntersuchung abweicht - abweichen kann. Erst dann kann man m. E. die modernen Untersuchungsmethoden bewerten. Die Auswirkung der Oxydationsschicht wird um so größer sein, je dünner die Münze ist.

Einen schönen Sonntag!

Grüße
Lilienpfennigfuchser

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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von cepasaccus » So 15.04.12 11:52

Zu Silbermuenzen kann ich Dir kein Beispiel geben, aber zu gepraegten Bronzemuenzen. Da gibt es XRF-Analysen, die bis zu 40% Zinn ergaben. Das ist weit jenseits aller Praegbarkeit. Ich wuerde mal sagen, da ist hoechsten ein viertel davon drin. Ein Vergleich mit der nasschemischen Analyse gibt es da leider nicht.
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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Schwarzschaf » Di 17.04.12 14:11

Auch Luschin hat bei Funden Wiener und Frisacher Pfennige zwecks Feingehalstbestimmung eingeschmolzen
RC
Weil ich nicht alles weiß, bin ich neugierig

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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von tüffeltofta » Di 17.04.12 19:41

Hallo, das geht weit billiger! Auf allen großen Münzmessen findest Du Anbieter mit Technik zur Bestimmung des Feingehalts. Auf der letzten Monyfair in Berlin wollten Sie 5 Euro pro Bestimmung. Informiere Dich mal bei www.analyticon-instruments.de wo das nächste mal in deiner Nähe ein Bestimmungstest angeboten wird.
Gruß
tüffeltofta

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Re: Feingehaltsbestimmungen bei MA - Münzen

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Mi 25.04.12 18:55

Hallo,

das hört sich ja gut an, besten Dank tüffeltofta. Ich werde da mal am Ball bleiben.

Grüße Lilienpfennigfuchser

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