Gestempelte Silberbarren

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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Numis-Student
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Numis-Student » Mo 10.09.12 22:18

Wolfger von Passau, seine Reisekostenrechnungen sind recht bekannt ;)
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Comthur
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Comthur » Di 11.09.12 14:34

... Genau, und hier schließt sich der Kreis. Für die eigene Münzprägung benötigte man den Rohstoff Silber und der kam in der Masse über Barren in`s Land.
In der Culmer Handfeste (Dez. 1232) wird festgeschrieben, daß die Pfennige aus "reinem Silber", gleichbleibender Güte hergestellt werden sollten ... . Nur einmal in 10 Jahren sollten die Münzen erneuert und 12 Neue für 14 alte Münzen ausgegeben werden. Somit konnten reine Silberbarren gegen die Pfennige dieser Zeit gegengewogen werden. M.E. zeigt die Abbildung genau so eine Szene. Unkosten, ggf. auch Schlagschatz, wurden in der damaligen Zeit über den zeitlich festgelegten Wechsel(zwang) eingetrieben. Als dies wohl nicht so recht funktionieren wollte ging man zur stärkeren Legierung über - so jedenfalls die Bedingungen im Deutschordensgebiet, welche sicher auch in ähnlicher Form auf die Hansegebiete im Norden angewendet wurden.

Da der genannte Bischof um 1204 seine Reise tat, dürften ebenfalls - zumindest nördlich der Alpen - "reine" Pfennige im Umlauf gewesen sein... . Die Barren wanderten mit Sicherheit in die jeweilige Münzstätte. Woher sollte sonst das Silber im nennenswertem Umfang kommen ... in der Zeit der regionalen Pfennigprägung ??
Die Stempelung des Barrens war genau genommen nichts als ein Garantiesiegel für die Güte des Rohstoffes Silber ---- Die Prägung der Münze desgleichen, allerdings in genormten Gewicht und ggf. mit einem Nominalwert versehen.
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Andechser
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Andechser » Di 11.09.12 19:39

Also die These mit den Pfennigen aus reinem Silber nördlich der Alpen lässt sich so leider nicht halten. In der Zeit des regionalen Pfennigs ist es sehr schwer allgemeingültige Aussagen zu treffen, aber sicher ist, dass die Gewichte und Feingehalte der Pfennige von Prägeherr zu Prägeherr und von Region zu Region deutlich variieren konnten. Während zum Beispiel in Bamberg die Pfennige ca. 80% Feinheit aufwiesen, enthielten die Bamberger Pfennige für den Friesacher Raum 90%iges Silber.
Allerdings ist es wohl richtig, dass für einen Währungsgrenzen überschreitenden Handel oder Reisen über Währungsgrenzen hinaus das Gewichtssilber als Werteinheit galt. Das lässt sich übrigens auch sehr gut anhand der Reisekosten Wolfgers von Passau bestätigen. Hierbei war es nicht zwingend notwendig, dass man Silberbarren mitführte, da auch Fremdwährungen nach Feinheit und Gewicht gewechselt wurden.
Was den Schlagschatz und die sonstigen mit der Münzprägung zusammenhängenden Kosten angeht, ist eine "Eintreibung über den Verruf" eher unwahrscheinlich. Der Schlagschatz wurde schon bei der Ausprägung der Münzen einbehalten. Der Münzverruf sorgte hingegen für eine vermehrte Ausprägung und somit durchaus für eine Steigerung des Schlagschatzes. Allerdings erscheint es unwahrscheinlich, dass bei einem Verruf die Stücke effektiv eingezogen werden konnten. Wie sollte dies außerhalb der direkt dem Münzherren unterstehenden Märkten im Währungsgebiet durchgesetzt werden?

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cepasaccus
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von cepasaccus » Mi 12.09.12 14:31

Die Verrufungen scheinen mir eher sowas wie eine Umsatzsteuer zu sein und sind damit ein anderes Konzept als der Schlagschatz.

Ich frage mich, warum sind die gestempelten norddeutschen Barren so "haeufig" und der Rest praktisch unbekannt?
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Comthur » Do 13.09.12 12:46

Zugegebener Maßen ist das Deutschordensgebiet auch numismatisch eine recht spezielle Angelegenheit und - je nach zeitlichem Horizont - kaum mit anderen Regionen vergleichbar. Über den Begriff "rein" könnte man nat. auch trefflich philosophieren. Hier sollten die alten Dokumente mit den entsprechenden Pfennigprägungen Hand in Hand gehen.
Was Verruf und Einzug von Münzen angeht, wurden im Bereich der Hanse (siehe die ersten Hanserecesse) sowie auch im DO.-Gebiet ... sicher auch anderswo schon früher im sog. Zeitalter der regionalen Pfennigprägung sehr strenge Bestimmungen für den Umlauf an Münzen erlassen. Wer da fremde Münzen in Umlauf bringen wollte, wurde nicht nur des Geldes verlustig sondern verlor schnell sein Leben. Daher dürfte ein Wechsel einigermaßen gelungen sein und diese Praxis - insbesondere im Bereich der Pfennigprägung - wäre doch wohl zu verallgemeinern. Fremde oder auch ältere Münzen eigneten sich freilich dennoch für die Hortung als Silber.
Aber hier wird vom Thema abgeschwiffen : Um auf cepasaccus Frage zu kommen, würde ich hinter den "häufigeren" norddeutschen Barren einen erhöhten Silberzufluß aus den Geschäften der Händler vermuten. Angesichts der geringer werdenden Münzen insbes. zum Ende des 14. Jahrhunderts zu, ist eine "Rücklage" in feinen Barren als überall akzeptierter "Währung" sicher die beste Lösung gewesen. Wenn die benannten Barren auch noch in die Hochzeit der Hansetätigkeit fallen ... wäre dies sicher ein akzeptables Indiz.
Natürlich könnte man auch argumentieren, daß die "anderen" Barren einfach besser versteckt worden sind ... ;))
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Bert » Do 13.09.12 17:08

Vor einiger Zeit sind einige Silberbarren in einem Sondengängerforum aufgetaucht, die anscheinend in der Ostsee gefunden wurden:
http://www.schatzsucher.de/Foren/showth ... ght=Barren
Dem Gewicht nach müsste es sich um Barren im 4fachen Markgewicht handeln. Leider konnten die Stempel nicht abschliessend identifiziert werden.

Adios, Bert

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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Brakti1 » Mo 17.09.12 23:04

Hallo Bert,
danke für deinen Nachweis.
Nach meiner Meinung handelt es sich bei dem Stück aus dem Forum um einen Erfurter Silberbarren.
(Barren im mehrfachem Markgewicht mit rundem Stempel.)

Zum Feingehalt von Münzen und Barren.
Im Göttinger Urkundenbuch wird im Jahr 1382 der Feingehalt der Silberbarren mit 12 3/4 Lot und der Feingehalt der Pfennige mit 11 1/4 Lot angegeben.
Ein aufwiegen von Barren und Pfennige wäre somit nicht möglich. :wink:
Der Unterschied zwischen geprägtem Geld und ungeprägtem Geld beträgt hier 1 1/2 Lot.
Gibt es noch andere Angaben, die den Unterschied zuwischen geprägtem Geld und ungeprägtem Geld angeben?

Viele Grüße

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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Brakti1 » Mo 17.09.12 23:15

Wegen der vorangegangenen Diskussion stelle ich heute einen ungestempleten Barren aus dem Münzfund von Mecklestedt ein.
Leider wurde der Barren am Rand abgefeilt, um den Silbergehalt zu bestimmen.
Ob die Ritzung bereits nach der Herstellung oder erst nach dem Fund vorgenommen wurde, ist unklar.
Es ist auch auffällig, dass viele Barren wie dieser oder noch stärker nach Innen gebogen wurden.
Ein möglicher Grund dafür wäre das verhindern von Fälschungen.

Viele Grüße
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Bert » Di 18.09.12 19:07

Hallo Brakti,

gibt es noch andere Nachweise für Silberbarren im mehrfachen Markgewicht? Ich hatte seinerzeit dazu leider nichts gefunden.

Meinst du mit "nach innen gebogen" die Schüsselform dieser Barren? Die ergibt sich meiner Meinung nach aus dem Abkühlungsprozess in der Gussform/-kelle. Durch die größere Dicke in der Mitte schrumpft die Mitte beim Abkühlen mehr zusammen als der bereits erkaltete Rand.

Adios, Bert

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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von welfenprinz » Fr 21.09.12 08:51

Hallo,
im Landesmuseum Hannover liegt die Neuerwerbung einer Silberbarren-Sammlung aus dem Welfenhaus .
Mit dem Erwerb dieser verschollenen Silberbarren-Sammlung, konnt eine Lücke der Welfen-Münzsammlung
geschlossen werden .

http://chronico.de/magazin/geschichtssz ... er-welfen/

Gruss Klaus
Braunschweig-Lüneburg und Stadt Hannover Münzenfreund .
Sammler u. Numismatiker

http://www.welfenprinz-home.de

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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Brakti1 » Fr 21.09.12 15:19

Hallo,
Bert und welfenprinz.

Danke für die Informationen.

1. Es gibt auch noch aus anderen Funden Barren mit mehrfachem Markgewicht. Vgl. dazu Bauer und Loehr.

2. Die durch Abkühlung entstehende Schüsselform meine ich nicht. Die Barren wurden nach dem Guß bewußt zusammen gebogen.

Als Beispiel füge ich hier eine Abbildung von einen Barren mit Stempeln der Städte Hannover und Hildesheim im Gewicht von 378 g bei.

Viele Grüße
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Brakti1 » Do 27.09.12 22:46

Heute habe ich die Abbildung von einem Silberbarren,
der zwar keinen Stempel aufweist aber eine Ritzung.
Außerdem ist er zusammen gebogen worden.
Kann mir jemand etwas zu der Ritzung sagen?
Was für ein Zeichen ist das?
Kann man die Ritzungen einer Stadt zuordnen?

Viele Grüße
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Comthur » So 11.08.13 01:12

Die Ritzung sieht mir nach einer Hausmarke aus --- das Zeichen eines Händlers. Womöglich eine (Eigentums-) Kennzeichnung wie sie im hansischen Handel unter Handelsgut verschiedener Provenienz (z.B. auf einem Schiff) Anwendung fand. Für den Fall von (z.B.) Raub oder Schiffbruch in Küstennähe konnte so das Eigentum späterhin ggf. identifiziert werden.
Dies wäre meine Theorie - mal vorausgesetzt, die Ritzung wäre wirklich alt und keine moderne Manipulation.
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Pflock » So 11.08.13 16:31

Hallo Zusammen,
will diese interessante Diskussion nicht allzusehr stören, habe für meine Frage daher einen neuen Thread aufgemacht: Gibt es von Mühlhausen gestempelte Silberbarren? Vielleicht kann mir jemand dort die Frage beantworten. Danke.
Gruß Pflock

Ich sammel Münzen und Medaillen aus Mühlhausen in Thüringen, vom Mittelalter bis heute.
Freue mich immer über Angebote.
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Re: Gestempelte Silberbarren

Beitrag von Comthur » So 11.08.13 20:36

@Pflock
"dort" die Frage beantworten ... hier voll daneben !
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