Mittelalter-Einstieg

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adson
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Mittelalter-Einstieg

Beitrag von adson » Fr 24.10.03 18:08

Hallo liebe MA-Experten,

ich sammle eigentlich Römer, überlege aber zur Zeit, ob ich ins Mittelalter "einsteigen" soll. Als Schwabe in der Diaspora dachte ich dabei an den süddeutsch-schwäbischen Raum, als Zeitraum ganz grob 1100-1300 (ist aber rein aus dem Bauch heraus, ich lasse mich gerne eines Besseren belehren).
Welche Münzen und Sammelgebiete kämen dabei in Frage? Vielleicht kennt jemand gute Einsteiger-Literatur zu dem Bereich oder hat sonstige Tipps?

Danke im Voraus

Adson

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mumde
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Beitrag von mumde » Fr 24.10.03 23:23

Hallo adson, in der Zeit, an die Du denkst, gab es in Schwaben die Bodensee-Brakteaten, das ist eine Art von Brakteaten, die sich durch Größe und Aussehen deutlich z. B. von den mitteldeutschen Brakteaten unterscheidet. Das ist ein beliebtes Sammelgebiet. Diese Bodensee-Brakteaten sind kleiner, dicker und stabiler als die mitteldeutschen Brakteaten, knittern nicht so leicht und sind deshalb normalerweise in guter Erhaltung zu finden. Dazu gibt es einen hervorragend erarbeiteten Katalog: Klein/Ulmer, Concordantiae Constantienses, tabellarischer Katalog der Bodensee-Brakteaten, in: Beiträge zur süddeutschen Münzgeschichte 2001, Stuttgart 2001. Weitergehende Informationen gibt es in: J. Cahn, Münz- und Geldgeschichte von Konstanz und des Bodenseegebietes im Mittelalter. Heidelberg 1911. Das ist antiquarisch ab und zu zu bekommen. Außerdem gibt es ein paar Fundbeschreibungen, vor allem Fund Elchenreute (Hamburger Beiträge zur Numismatik 1965) und Fund Niederrieden (Memminger Geschichtsblätter 1966), und selbstverständlich Arbeiten zu einzelnen Münzstätten, z. B. Überlingen, Konstanz, Rottweil usw. Herr Dr. Klein vom Württembergischen Landesmuseum Stuttgart hat da in den letzten Jahren einige sehr gute Arbeiten publiziert.
Die häufigeren Bodensee-Brakteaten bekommt man in ss-vz für ca. 60.- bis 80.- Euro, die selteneren können ein paar tausend Euro kosten.
Gruß mumde

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tournois
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Beitrag von tournois » Fr 24.10.03 23:54

Hallo @adson,
schön von Dir zu hören.
Ich bin ein wenig überrascht, denn ich dachte Du seist im Bereich der Karolinger am sammeln......
Oder habe ich das damals falsch verstanden?
[b]tournois[/b]
[img]http://www.my-smileys.de/smileys3/zensurmann.gif[/img]
"Wir leben in einem Zeitalter, in dem die überflüssigen Ideen überhand nehmen und die notwendigen Gedanken ausbleiben!"
Joseph Joubert 1754 - 1824

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adson
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Beitrag von adson » Sa 25.10.03 00:20

@tournois,
hatte ich das nicht geschreiben? Ich würde die zwar gern sammeln, aber das ist finanziell in nächster Zeit wohl eher utopisch. Die Karolingermünzen interessieren mich sozusagen professionell, ich bin Geschichtsstudent, kann mich, was das numismatische Fachwissen angeht, allerdings mit einigen Forumsmitgliedern in keiner Weise messen. Auch sonst noch einmal Hut ab vor den kompetenten Beiträgen hier im Forum. (warst du das, der in einem anderen Beitrag bei den Jahreszahlen 1119-1314 sofort auf Templer geschlossen hat oder wars mumde?) Allerdings haben die Karolinger bei mir die Neugier auf die MA-Münzen entfacht.
@mumde
Danke für die Tipps. Ich schau mal ob die Uni die Bücher hat. Allerdings sind 60-80 € relativ viel für mich. Ist mir klar, dass MA nicht das (finanziell) günstigste Gebiet ist, aber vielleicht gibts noch Bereiche, die studententauglicher sind, es müssen ja keine Schwaben sein. Ansonsten muss das Mittelalter bis Ende des Studiums warten.

heripo
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Beitrag von heripo » Sa 25.10.03 14:54

adson - so, wie Du Deinen Lebensraum beschreibts ( Diasporo ) würd' ich mal 'ne Raute malen - Ulm - Konstanz - Freiburg - Tübingen. Wie mumde schon sagte - ein durchaus lohnendes Gebiet um ins MA einzusteigen, zumal sich für den kleineren ( Studenten-)Geldbeutel ja auch noch die Vierschlagpfennige und "Zipfelbrakteaten" (Hälblinge/Rappen) anbieten. Wenn Du z.B. mit dem "Hugo-Pfennig" Tübingen anfängst, dann kann's auch in puncto künstlerischer Gestaltung nur noch aufwärts gehen :-) ...
und wer weiß, vielleicht stösst Du dann sogar zum Kreis der bereits eingeschworenen "Conciliumsbrüder" - die Du ggf. auf meiner E...y-"mich" kennenlernen kannst ...dazu noch eine kleine Auswahl solcher MA-Denare. Und, wenn Du gut aufpasst, von den Stauferkaisern werden in letzter Zeit immer wieder deren in Ital. geprägte Münzlein angeboten. Also, laß Dich ruhig von einem Staufer-Fan anspornen ! Gruß heripo

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Beitrag von adson » Di 28.10.03 01:53

Ich glaube, die Vierschlagpfennige könnten eher was für mich sein. Waren am Wochenende auch einige bei Ebay zu haben, zu einem studentenadäquaten Preis. Allerdings steh ich, was die Bestimmung dieser betrifft ,"wie der Ochs vorm Berg" (Nur Bilder, keine Umschrift verwirren mich als Römer-Sammler halt). Vielleicht kann hier jemand noch Literarur oder Internet-Seiten posten, die da einen Einstieg bieten können?

Danke
Adson

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Beitrag von heripo » Di 28.10.03 17:07

adson - oftmals suchen "Anfänger" nach einem Münzbuch - meist meinen sie dabei einen Katalog anhand dessen sie den "Wert ihrer Schätze" ermessen können! Oftmals handelt es sich bei den MA-denaren eben um kleine, unscheinbare Gepräge, die wohl auch bei den "Auktionen" den Aufwand nicht lohnen, sie in die Kataloge aufzunehmen. Es ist daher bei solchen Münzen oftmals schwieriger und teurer, die Literatur zu bekommen, als die Münzlein selbst. - Wenn ich Dir daher einen Tipp geben darf: Seit es für mich das Internet gibt, sammle ich auch viruell. Oftmals werden die Münzen ja von Kennern angeboten, die nicht nur ein gutes Scanbild sondern ( wenn man Glück hat ) auch eine richtige Beschreibung dazu liefern. Dies wird von mir sorgfältig in eine aufgebaute Datei kopiert und archiviert und so komme ich langsam aber sicher zu einerm recht umfangreichen "Werk" über mittelalterliche Münzen! - Und stell Dir vor, auf diese Art und Weise "kaufe" ich mir sogar recht viele Münzen - auch Karolinger - die ich in Realo eben nicht kaufe ! Es lebe daher - neben der tatsächlichen, erschwinglichen - auch die virtuelle Münzensammlung mit vielen Unerschwinglichen! Gruß, heripo

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Beitrag von mumde » Di 28.10.03 23:05

Hallo adson, das Sammeln von Vierschlagpfennigen hat seine Vorteile und seine Nachteile, wie alles im Leben. Vorteil: Die Münzen sind billig zu bekommen, denn es gibt da nur wenig Sammlerkonkurrenz, weil das Gebiet den meisten zu schwierig und zu unattraktiv ist. Dabei ist es ein spannendes Gebiet, auf dem noch Entdeckungen zu machen sind, örtliche und zeitliche Zuschreibungen teilweise noch nicht richtig erforscht sind, und z. B. durch Fundanalysen neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Es ist ein wenig bearbeitetes Gebiet, auf dem es noch viel zu tun gibt. Nachteil: Es ist halt ein schwieriges Gebiet. Die Darstellungen auf den Münzen sind oft nur teilweise zu erkennen, und selbst wenn die Darstellung voll da ist, ist sie nicht besonders aussagekräftig. Es fehlt die Umschrift, die dem Betrachter genau sagt, wer diese Münze wo hat prägen lassen. Die Literaturnachweise muß man sich in den verschiedenen geographisch begrenzten Katalogen und in alten Zeitschriftenaufsätzen zusammensuchen. Aber wenn Du Dich für süddeutsche Geschichte interessierst, sind die Vierschlagpfennige ein guter Einstieg.
Für einen ersten Eindruck, was da auf Dich zukäme, kannst Du Dir Dirk Steinhilber, Die Pfennige des Regensburger Schlages, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte Band VIII/1957, ansehen. Er nennt für die verschiedenen Gebiete weiterführende Literatur. Aber z. B. auch die Wiener Pfennige, die bei Steinhilber nicht vorkommen, sind Vierschlagpfennige - es ist ein weites Feld.
Gruß mumde

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Beitrag von adson » Mi 29.10.03 00:53

Danke für die schnellen und hilfreichen Antworten.
@heripo
Das mit dem virtuellen Sammeln ist sicher ne gute Idee, nur dauerts auch dabei eine Weile, bis man einen Grundstock hat, mit dem man arbeiten kann. Vielleicht solltest du deine gesammelten Werke mal auf CD veröffentlichen, könnte ja das Standartwerk für hilflose Jungsammler werden und bei Ebay Höchstpreise erzielen. :idea: :lol:
@mumde
Ich denke du triffst mit deinen Gedanken zu den Vierschlagpfennigen den "Nagel auf den Kopf". Ist wohl wirklich nicht das einfachste Gebiet. Wobei das bei den Mittelalterlichen doch in anderen Gebieten nicht anders ist, oder? (Brakteaten haben doch auch keine Umschriften). Ich glaube ich werds trotzdem mal mit den Pfennigen versuchen; die machen mich ehrlich gesagt im Moment - ganz abgesehen von Finanziellen - auch mehr an als die Brakteaten.
Danke auch für den Literaturtipp. Ich werds mir morgen gleich besorgen und mal schauen, was so auf mich zukommt.

Grüße

Adson.

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Beitrag von mumde » Mi 29.10.03 01:50

@adson: Mit Brakteaten ist das doch noch ein bißchen anders: Brakteaten sind verhältnismäßig gut erforscht. Da gibt es sehr viele Kataloge, die man zu Rate ziehen kann. Selbstverständlich gibt es da auch noch weiße Flecken auf der Karte, z. B. die dynastischen Beischläge der Meißener Brakteaten. Oder lies mal hier im Forum die Diskussion zu Heiligenberg: Niemand weiß was Genaues. Aber das große Format und die künstlerisch oft hervorragende Gestaltung zieht mehr Sammler zu den Brakteaten, so daß man da nicht so verloren dasteht wie manchmal mit einem nur halb ausgeprägten Vierschlagpfennig, zu dem noch nie jemand etwas geschrieben hat. Aber fang erstmal an. Wenn Du dann nicht weiter weißt, gibt's vielleicht hier im Forum den einen oder anderen, der Dir einen Tip geben kann. Nur eine Bitte habe ich: Wenn Du etwas kaufst, dann achte darauf, daß darauf etwas erkennbar ist. Bei schlecht erhaltenen Exemplaren von Massenprägungen der Wiener Pfennige reagiere ich z. B. gar nicht. Sowas ist nur lästig. Achte bitte auf Qualität bei dem, was Du sammelst! Sammeln ist ja nicht einfach ein Anhäufen dessen, was zufällig vorbeikommt. Sammeln ist eine aktive Auswahl des Interessanten aus der großen Menge des Existierenden. Für den Münzensammler heißt das: Aus der unglaublich großen Menge der erhaltenen alten Münzen muß er in seiner Sammlung die Münzen zusammenstellen, die Geschichte unter einem bestimmten Aspekt begreifbar machen, z. B. dynastische Geschichte verständlich machen, Wirtschaftsbeziehungen dokumentieren, Sozialgeschichte belegen (wann gab es gute, wann gab es schlechte Münze), usw. Und dazu ist es notwendig, daß die Münze klar und deutlich erkennbar und dadurch vielleicht bestimmbar ist. Kauf als Anfänger bitte keine Vierschlagpfennige, bei denen Du nicht erkennen kannst, was für ein Bild da drauf ist.
Gruß mumde

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