Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Alles was von Europäern so geprägt wurde
Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Mo 29.07.13 13:02

@cepasaccus
Bezüglich dem Schilling mit der Krone.
Das Stück schien mir "verdächtig" zu sein (= 50%/50%). Hier gab es für mich nur 2 Möglichkeiten - die Fälschung unter äußerst talentierter Nachahmung der Hand eines bekannten Stempelschneiders (=Stempelschnitt) oder die des Originals.
Es gibt mindestens 2 oder 3 moderne "Stempelschneider" die tatsächlich einige Buchstaben perfekt nachschneiden können - ein gefälschtes Gesamtbild einer Hand habe ich freilich auch noch nicht gesehen (zum Glück!). Dies wäre für mich der entscheidende Aspekt bei der Sache.
Der Schilling liegt tatsächlich schon seit 1890 in Berlin. Schließt eine moderne Fälschung natürlich aus ... aber eben auch keine frühere.
Nun, die vorherige 50 / 50 Waage tendiert zu 100% Original ! :wink:

Vielen Dank für den Einwurf cepasaccus !

P.S.: Hier der erst vor wenigen Stunden in Berlin eingestellte originale Halbschoter --- ein schön ausgeprägtes Original mit Prägeglanzresten : http://www.smb.museum/ikmk/object.php?i ... t=0&side=0
Zuletzt geändert von Comthur am Do 30.01.14 19:24, insgesamt 1-mal geändert.
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Mo 28.10.13 20:34

Und hier ist sie - meine erste DO-Münze:

13./14. Jh.?
d = 14mm; m = 220mg
Dateianhänge
K800_P1030132.JPG
K800_P1030131.JPG
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Mo 28.10.13 21:38

Ein wirklich schöner Deutschordens-Pfennig aus der 1. Hälfte des 14.Jahrhunderts ! Eine auch geschichtlich sehr interessante Zeit.
Das Beizeichen über dem Schild würde man aber nicht als Kreuz sondern als "Dreiblatt" interpretieren. :wink:
Die Gewichtsangabe in Milligramm (?!) ist allerdings auch für mich eine neue Erfahrung !

Vielen Dank für`s Zeigen und viele Grüße !

Daniel
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Di 29.10.13 09:13

Hallo Daniel,

freut mich, dass das Stück dem "Expertenblick" standhält. Durchm. und Gewicht entspr. ja genau den von Dir angegebenen Werten, und auch unter der Lupe sieht alles einwandfrei aus.

Vielen Dank für die nähere zeitl. Zuordung und die Aufklärung über das vermeintl. Kreuz!

VG
Roland
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Di 19.11.13 20:01

Und hier ein weiterer Brakteat - vermutlich DER Klassiker:
d = 13 mm; m = 350 mg
K800_DO-Kreuz-A.JPG
K800_DO-Kreuz-R.JPG
Die Echtheit steht fest, das bzw. die Jahrhundert(e) der Prägung leider nicht.


Bei diesem Stück allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es ein DO-Brakteat sein soll:
http://www.ebay.de/itm/380767596842?ssP ... 1438.l2649
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Di 19.11.13 23:25

...obwohl, je länger ich meine Neuerwerbung - absolut seriöse Quelle! - unter der Lupe betrachte und mit anderen Stücken, an deren Echtheit ich keine Sekunde lang zweifeln würde, vergleiche, umso mehr bin ich geneigt, meine Behauptung (dass die Echtheit feststünde) zurückzunehmen: bereits am Foto sieht man, dass die Oberfläche etwas grob wirkt, dass die vielen feinen Kratzer fehlen, die für eine Mittelaltermünze charakteristisch sind. Andererseits, wenn es sich bei diesem Stück tatsächlich um eine Fälschung handeln sollte, dann wäre (mit rel. geringem Aufwand) hervorragende Arbeit geleistet worden.

Das Gewicht ist um gut 50% höher als das Gewicht des Brakteaten mit dem DO-Schild, und das, obwohl der Durchmesser um 1 mm kleiner ist...

Vielleicht sollte ich das kleine "Miststück" nach Hannover schicken. :drinking:
Wird die Echtheit bestätigt, weiß ich genauso wenig wie vorher, und wird sie mit dem "Beizeichen" F versehen, kann ich mich eines besonders seltenen Stücks rühmen; eines sogenannten L 'mannschen Äfflings. :mrgreen:
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

s69_de
Beiträge: 209
Registriert: Mi 05.05.04 18:40
Wohnort: Landkreis Aschaffenburg
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 0

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von s69_de » Mi 20.11.13 20:22

Wo ist der "Gefällt mir" Button für den letzten Abschnitt??? :D

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Di 31.12.13 19:19

Auch hier vorab Asche auf`s Haupt für meine verspätete Antwort !

Der Kreuzpfennig ist im allgemeinen die wohl am heftigsten umstrittene Pfennigprägung. Einmal, weil definitiv ab der Münzreform unter Hochmeister Michael Kuchmeister "Pfennige, gezeichnet mit einem Kreuze" geschlagen wurden und zum weiteren ... weil es so viele variante Stücke gibt.

Grundsätzlich würde ich die Originalität nicht anzweifeln wollen - ABER der recht ungewöhnlich runde Wulstrand wurde meiner Seit`s auch schon an anderen Pfennigvarianten beobachtet und muß unbedingt noch näher untersucht werden.
In der polnischen Literatur geht man m.E. extrem fahrlässig mit "neuen" resp. neuartigen Varianten um ... notfalls wird das dann zum "polnischen Beischlag" erklärt (-aber ohne Erklärung der dazu notwendigen polnischen Silberreichtümer ... die aber angesichts der Dokumente nicht im geringsten vorhanden gewesen sein können).
Professor Borys Paskiewicz, der in Polen momentan als wahrhaftige Koryphäe in unserem Bereich gefeiert wird, beschreibt etwas umständlich die Datierung derartiger Stücke ab dem 13. Jahrhundert (?!) ... über die 2. H. des 14.Jh.(?!!) bis in das 15.Jh. .... .
Kurz : Unter Paskiewicz N9a (Tafel VI./ S. 456) als "Ordensfremde Nachprägung" (m.E. typische Ordensprägung) und unter T18 (einer Variante Tafel X./ S.462) als Ordensprägung des 15.Jh. bezeichnet. Auf den m.E. untypischen Wulstrand der letzteren Prägung wird nicht eingegangen.

Ich würde das Stück "unter Vorbehalt" von Originalität und Zuschreibung zum Orden auf das 15.Jh. datieren. Das Rauhgewicht erscheint mir etwas zu hoch. Meiner Meinung nach haben wir hier aber noch einiges an numismatischer Arbeit vor uns. Dazu komme ich intensiver erst nach Abschluß meines Kataloges in der moneytrend.

P.S.: Als "Klassiker" würde ich einen der Schildpfennige bezeichnen, also Pfennige mit dem typischen Ordensschild - neben den früheren Brakteaten a la "Arm und Fahne" sowie dem "Ritter-"Brakteaten. ...Aber auch hier schreibt die polnische "Elite" dem einen oder anderem Stück ... eine polnische (?!) Herkunft (= polnischer Beischlag) zu... .
Wenn sich doch gewisse polnische Numismatiker einmal intensiv mit den eigenen, polnischen, Gebieten beschäftigen würden ... ! Die alten Numismatiker wie Gumowski wussten beispielsweise noch nichts von (so vielen) polnischen Beischlägen ... .
Zuletzt geändert von Comthur am Fr 03.01.14 20:39, insgesamt 2-mal geändert.
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Fr 03.01.14 19:03

Comthur hat geschrieben:Auch hier vorab Asche auf`s Haupt für meine verspätete Antwort !
Hallo Comthur,

ich hatte schon befürchtet, man hätte Dich zur Gänze eingeäschert. :cry: :wink:
Comthur hat geschrieben:Der Kreuzpfennig ist im allgemeinen die wohl am heftigsten umstrittene Pfennigprägung. Einmal, weil definitiv ab der Münzreform unter Hochmeister Michael Kuchmeister "Pfennige, gezeichnet mit einem Kreuze" geschlagen wurden und zum weiteren ... weil es so viele variante Stücke gibt.
Diese rel. genaue Datierung hatte mich bereits gewundert:
http://www.ebay.de/itm/DEUTSCHER-ORDEN- ... 2ecd4fae43
Der Hohlrand scheint hier allerdings normal zu sein...

Ein gutes Neues!
AvP
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Fr 03.01.14 20:27

Ein Link zu einem langjährigen DO-Sammler aus dem Norden ! Nun ja ... er schreibt ja auch etwas von 1219 (?!)... bzw. im Text etwas von der Prägung "vor 1352" ... aber bei ihm sollte man das nicht so eng sehen. Auf eine genauere Datierung sollte man ersteinmal verzichten. Da müsste man tatsächlich ersteinmal die bekannten Schatzfunde anständig dokumentieren. Aber schon hier tun sich in Polen Abgründe auf : Fälschungsverseuchte archäologische Ausgrabungen , miteinander vermischte Münzfunde (!) , hypothetisch(!) "rekonstruierte" Funde , im bzw. vom "Antiquariatshandel"(?!) zu Funden hinzugefügte Stücke , in einem Fund fehlen nun plötzlich einige Münzen (-werden bei den Russen vermutet :mrgreen: - als wenn die früher einzelne Münzchen herausgesucht hätten - die haben ALLES mitgehen lassen ...) etc. --- hier bekommt man einen Vogel, wenn man soetwas liest !

Bei Händlern und erst recht bei sog. "Sachverständigen" bin ich da nicht mehr so gnädig - die verdienen mit ihrem (Nicht-)Wissen eine Stange Geld, während der Sammler u.U. der Dumme ist.

Und bei Paskiewicz kann man sogar Datierungen auf kaum +/- 5 Jahre finden - und das mit sehr dürftiger Quellenlage.

Auch von mir allen Freunden der Numismatik ein gutes Neues 2014 !
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Do 30.01.14 21:09

@Princes Polonie » So 28.07.13 19:34
Ich würde auch sagen, das es sich um eine DO-Münze handeln könnte. Allerdings beim abgebildeten Stück mit großer Unsicherheit da mir der Stempelschnitt etwas grob daher kommt, man auch wegen dem erheblichen Fehlstück keinen Gesamteindruck vom Stück bekommt.
Paszkiewicz legt einen recht ähnlichen Typ (eine Variante mit Punkten, E 7.5) nach Polen - in`s 2.Viertel des 14.Jh. (?). M.E. eher eine typische Ordens-Variante.

Princes Polonie » So 28.07.13 19:39
Scheint tatsächlich einen Zusammenhang mit dem oben genannten Stück zu haben. Auch hier bräuchte man vollständig erhaltene Vergleichsstücke und möglichst eine Fundbeschreibung. Das Gewicht weicht allerdings erheblich vom obigen ab. Stören würde mich die hier für den Orden eher untypische Zeichnung.

Princes Polonie » So 28.07.13 19:42
Nur wegen dem Perlkreis würde ich eine Münze nicht verdammen.
Auch an dem oben abgebildetem Stück fällt mir der etwas eigenartige, "starke" Stempelschnitt auf, welcher von mir allerdings bei mehreren Varianten an Ordenspfennigen beobachtet wurde. Auch hier würde ich Vergleiche mit alten Beständen in staatlichen Sammlungen vor einer definitiven Zuschreibung anstellen und vor allem nachrecherchieren ... ab wann derlei Exemplare auftauchten (...). Alles, was an "neuen" Varianten erst in den letzten gut 20 Jahren auftauchte stelle ich unter Fälschungsverdacht. Wir haben hier ein riesiges Problem, welches von polnischer Seite m.E. zu schnell mit "polnischem Beischlag" gelöst wird (wenn zu sehr von regulären Ordensmünzen abweichend).
Paszkiewicz freilich steckt seine aufgelisteten 2 (Kreuzpfennig-)Varianten (E1.1 und E1.2 = Waschinski 16 a + b ; Gumowski 16[K.Brakteaty, 1938]) mit Perlrändern auf dem Wulstrand auch zu den "polnischen Beischlägen".

Princes Polonie » So 28.07.13 19:47
Bei diesem Stück würde sich eine intensivere Stempeluntersuchung womöglich lohnen. Eine Ordensmünze halte auch ich für weniger wahrscheinlich.
Andererseits, wenn man auch dieses Stück zum "polnischen Beischlag" erklärt, würde mich doch interessieren, wann und aus welcher Münzstätte diese (ganzen) Münzen entsprungen sein sollen - und möglichst auch anhand polnischen Quellenmaterials mit Hinweis auf diesbezügliche Privilegien / Münztätigkeiten / entsprechenden Handelstätigkeiten etc. .

Princes Polonie » So 28.07.13 19:50
Diese Zeichnung erinnert mich stark an die recht primitiven Denare der Lithauer Großfürsten (Ende 14.Jh). Womöglich daher stammend.

Princes Polonie » So 28.07.13 20:04
Auch hier würden mich die genaueren Fundzusammenhänge interessieren. Der Stempelschnitt ist eher zu schlecht für Ordensmünzen ... .

Da auch hier "polnische Beischläge" als Erklärung des Unerklärlichen angeboten werden, meine Gegenfrage : WOHER sollte denn das viele Silber kommen, wo doch erst unter Kasimir dem Großen um die Mitte des 14.Jh. überhaupt erst 2 Handelsrouten festgelegt wurden (...) und reichlich Quellen für die eher völlig verarmten polnischen Fürsten vorliegen. Als auch der eine oder andere polnische König resp. Seniorherzog die Ausgaben seiner "Verwalter" (jew. untergeordneten Fürsten) nicht erstattete ... kamen diese dann natürlich auf die Idee, Ländereien an den Orden als Sicherheit gegen teils erhebliche Darlehen zu vergeben. Nicht der Orden "raubte" polnische Ländereien ... die polnische Fürsten boten es ihm an, waren offensichtlich dazu berechtigt (worden?!) ! Und nun kann mir niemand erzählen, daß die Gelder womöglich für die "Beischläge" verwandt worden wären.
P.S.: Welches derzeit aktuelle Standardwerk beschäftigt sich mit der polnischen Münzkunde des Mittelalters / Spätmittelalters ?? Gumowskis "Handbuch der Polnischen Numismatik" ? Welches Zitierwerk ist empfehlenswert ?
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Albert von Pietengau
Beiträge: 723
Registriert: So 19.05.13 19:58
Wohnort: NRW (Raum K)
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 48 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Albert von Pietengau » Do 22.05.14 19:44

Hier https://www.numisbids.com/n.php?p=sale& ... earch=&s=1 (Lot 180-200) werden seltene und sehr, sehr schöne Stücke angeboten.

Gruß
AvP
DEUS UNUS EST (Meister Eckhart)

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Mo 09.06.14 12:38

...und hier werden, nachdem ein deutsches Auktionshaus mit diesem Unsinn angefangen hat, Prägungen des Deutschen (Ritter-)Ordens nun unter Polen (!!) angeboten.
Leute, wenn das weiter Schule macht und der Handel sich hierzulande nicht ändert... hänge ich die Numismatik an den Haken ! Diesen Unsinn mache ich nicht mehr lange mit.

http://mashops.de/kornblum/item.php5?id=1259
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Benutzeravatar
Marc
Beiträge: 1212
Registriert: Mi 07.09.05 15:37
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Marc » Mo 09.06.14 14:35

Leider eine Unsitte gekommen mit dem Nationalismus. Bei DO geht das ja noch, im Westen ist das für unerfahrene viel verwirrender.

Beispiel: Es war ja üblich Große der Nachbarländer defacto abzuwerben, so belehnte der deutsche König den französischen Grafen von Flandern mit fünf Grafschaften und einem Münzrecht welches er in Frankreich nicht hatte. Letzlich orientierte sich Flandern immer mehr nach Niederlothringen und wurde 1493 dann dem Reich zugeschlagen. Hingegen belehnte der französische König den deutschen Herzog von (Ober-)Lothringen mit der Champagne unter der Bedingung Frankreich nicht mehr so mit unter deutschem Münzrecht geprägten lothringischen Münzen zu überschwämmen. Fast die ganzen linksrheinischen Gebiete Oberlothringens wurden franzäsisch. So ordnete man sie in der Zeit des Nationalismus unter französische Provinciales ein, obwohl sie ja lothringische also deutesche Provinzen waren.
Das führt für Leser die Literatur beider Seiten lesen zu fast schon witzigen Eskapaden. So bricht sich z. B. der fähige und angesehene Numismatiker F. de Saulcy eine ab beim Münzrecht, wenn er versucht zu erklären warum einzelne lothrigische Herren mit Gebieten auch in Frankreich Münzen prägen und in Frankreich in Umlauf bringenn obwhol ihr französisches Münzrecht es nicht erlaubt. Weil er einfach nicht in der Lage ist über den Zaun zu schauen und zu erkennen sie prägen mit deutschem Münzrecht und schleusen sie dann in den französischen Markt ein. Gerade wenn ein Münzherr Rechte auf beiden Seiten hat, muss man genau hinschauen um zu verstehen.

Deshalb habe ich bei meiner Sammlung immer einen Grundsatz: Immer in der Grenzen der Zeit die ich behandle.

Wobei beim DO ist das so kompliziert, das er bei mir weder unter Deutschland noch unter Polen einsortiert ist, sondern mit Baltikum und Preussen separat. Ich mein: Papst verspricht Polen das Gebiet der heidnischen baltischen Pruzzen. Die Polen können es nicht erobern, also rufen die den Kreuzfahrerorden. Der erobert es, aber will nichts mehr von polnischer Oberhoteit wissen. Die Polen besiegern letzlich den Orden und gründen das polnische Herzogtum Preussen. Das Herzogtum geht an den deutschen Kurfürsten von Brandenburg welcher wieder nichts von polnischer Oberhoheit wissen will, und sich die unabhängigkeit und den das symbolisieren Titel König erkämpft. Also DO hat zumindest mehr mit Polen zu tun wie viele 'Französische Provinzialen' mit Frankreich (weil viele von denen ausschließlich Gebiete in Deutschland hatten, welche die damaligen französischen Könige auch nicht mal beanspruchten, während der polnische ja gern Herr von Preussen wäre es nur nicht durchsetzen konnte).

Benutzeravatar
Comthur
Beiträge: 853
Registriert: So 15.05.05 19:44
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 92 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Münzprägung des Deutschen (Ritter-)Ordens

Beitrag von Comthur » Mo 09.06.14 18:31

Hochinteressant, bezüglich unserer westlichen Verwicklungen auch in der Frage der Belehnungen ... aber zum Deutschen Ordensgebiet muß dann doch etwas "relativiert" werden, weil nach Dokumentenlage alles klar ist. Ich versuche mich so kurz wie möglich zu halten :

Von einem "Polen" als mehr oder minder einheitliches Reich zu sprechen, wäre für die Zeit des 1. und 2. Königs Ende des 10./11. Jh. sicher berechtigt. Allerdings kam es zu Teilungen in mehrere Herzogtümer und dem sogenannten Seniorat. Diese Herzöge bekriegten sich mal mehr mal weniger über die Jahrhunderte hinweg. Selbst als im 14.Jh. wieder Könige von Polen gekrönt wurden, wurden diese von den Herzögen ziemlich drangsaliert, sodaß nach Kasimir dem Großen, der alles einigermaßen zusammenhielt, eher mit gewissem Abstand regiert wurde. Durchgegriffen wurde dann erst unter dem Litauer Wladislaw Jagiello, als er 1386 praktisch das Königreich Polen übernahm. Der polnische Adel war sehr empfänglich für reichliche Geschenke und so wurde die polnische Königin (Thronanwärterin Hedwig) an ihn regelrecht verkauft - samt Titel "König von Polen".
In der früheren Zeit hat es Bekehrungsversuche von polnischen Herzögen gegeben - diese sind wie schon oben richtig bemerkt - erfolglos geblieben. Egal wie sich der eine oder andere Herzog nannte - die haben NIE das Prussische Gebiet beherrscht, schon gar nicht besessen, im Gegenteil. In der folgenden Zeit (sicher auch früher) gab es verheerende Einfälle der Prussen (Heiden) in die angrenzenden Gebiete wie des Herzogs von Masowien. Erst als Konrad von Masowien über große Teile seines Landes nicht mehr Herr im eigenen Land war, wurde der Deutsche Orden zu Hilfe gerufen.
Anhand einer Reihe(!) von Dokumenten kann nachgewiesen werden, daß der Orden das - wohl da ohnehin schon verlorene und von den Prussen verwüstete - Kulmer Land geschenkt bekam. Papst und Kaiser bestätigten dieses Unternehmen, die Schenkung und alles, was der Orden von den Heiden erobern sollte zum Eigentum des Ordens und als Teil des Reiches(!). Der Papst unterstellte sich in der Folge diese Gebiete und erklärte sie obendrein (wohl mit Blick auf das kaiserliche Dokument) als Lehensunabhängig. Die Rechtslage war, bezüglich Seniorat Polen // Masowien, absolut klar - was gibts da noch herumzudeuten ?
Soweit Klarheit bzgl. Kaiser und Papst. Die Ländereien sind also im Reichsverband des Heiligen Römischen Reiches und (oder) als päpstliche anzunehmen aber niemals als Polnische zu bezeichnen. Ebenso die pommern`schen Gebiete samt Danzig. Es gab nicht "nur" Polanen sondern auch Pomoranen ... etc. ;-)
Nun zu Konrads von Masowiens Dokumenten. Er war zur Zeit der Ausstellung (ca. 1225....35) tatsächlich Seniorherzog und vollkommen dazu berechtigt, Landesteile durch Schenkung zu veräußern. Die älteren Fälschungslegenden bzgl. der(!) "Schenkungsurkunde" werden schon anhand der nachgewiesenen, diese bestätigenden UrkundEN(!) seiner Frau und weiteren erbberechtigten Nachkommen / Verwandten ad Absurdum geführt, leider wird / wurde bisher kaum so klar gegenargumentiert.
Die Münze, welche im Ordensland geschlagen wurden, wie der obige Brakteat aus Thorn (-zugeschrieben), ist also keinesfalls als eine polnische Münze zu bezeichnen. Zu dieser Zeit - im 13.Jahrhundert - gab es nicht einmal ein Königreich Polen. Ich würde es einfach Anarchie nennen - nichts als Mord und Totschlag, auch keine wirtschaftlichen Struckturen. Nur die Kirche war über ein paar Bistümer organisiert.
Übrigens bekämpfte der Orden (14.Jh.!) mit dem polnischen König mehrfach gemeinsam die heidnischen Litauer, welche in polnische Herzogtümer einfielen .... bis weit in die 1370er Jahre hinein (!) AHA-Effekt ?! Und 1386 wurde der kaum 10 Jahre vorher Polen bedrohende litauische Großfürst als "hochgelobter" König von Polen gefeiert ?!! Wie schon beschrieben - Verteidigung war sowieso nicht "angesagt" beim polnischen Adel, dann lieber Geschenke vom "Feind" eingeheimst und eigene Macht unter dem übermächtigen Litauer gesichert (...). Vom "Seniorat" war unter dem Litauer freilich auch keine Rede mehr.
Man muß nur möglichst viele Fakten auf den Tisch legen, dann kommt man dem Lauf der Dinge schon wesentlich näher.
Zwischen den Litauern+(litauisch-)Polen und dem Orden kommt es dann trotz div. Verträge zu Problemen. Hierzu gibt es viele hochinteressante Dokumente. 1410 kommt es dann zur Schlacht von Tannenberg, wo der Orden geschlagen und in der Folge finanziell fast ruiniert wird. Die extreme polnisch-litauische Aggressionspolitik setzt sich dann mehr oder minder intensiv in alle Himmelsrichtungen - bis zur Vernichtung des Ordens in Preussen i.J. 1525 fort.
Abgesehen von "Rebellenprägungen" (auf Basis polnischer Privilegien für Ordensuntertanen!) haben wir es auch bis 1525 nur mit Ordensgeprägen im Ordensland zu tun.
Der Deutsche Orden hat absolut nichts mit Polen zu tun - abgesehen von den Konflikten und ethnischen Polen auch unter seinen Untertanen.
M.E. entbehrt die Umwandlung des Ordenslandes zu einem polnischen Lehen jeglicher Rechtsgrundlage. Die vorherigen, zwischen 1469 und 1489 vom Orden abgezwungenen "Huldigungseide" sind ebenso wenig rechtens gewesen - und zu polnischen Münzen werden die (sämtliche !?) Ordenspägungen deswegen auch nicht. Dementsprechend ist auch der letzte Hochmeister, Albrecht von Brandenburg, mit der Reichsacht belegt worden - allerdings konnte ihm auch nicht geholfen werden (Bauernkrieg / Luther etc.).
Übrigens wurden 1410 Heiden wie Tartaren auf Polnisch - Litauischer Seite eingesetzt. Also schon gegen damalige Grundsätze verstoßend ; in den 1430er Jahren wurden von Polen/Litauen die Hussiten unterstützt ... und m.E. sicher nicht "zufällig" fällt der 13-jährige Krieg in die Zeit der Türkenkriege ... also auch hier keine Hilfe von Reich und Papst. Häufiger Verrat gegen den Orden ist ebenfalls belegt.
Und da wir schon von Urkundenfälschng gesprochen haben --- gefälscht wurde die kaiserliche (!!) "Bestätigung" des dem Orden abtrünnigen "Bundes" ... ! Alles belegt. Dieses Wagnis traute man sich sicher nur mit starker polnischer Macht im Rücken - m.E. durch Polen initiiert um eine "Rechtfertigung" zu haben, das bedeutend fortschrittlichere Ordensland zu annektieren. Übrigens haben gleich mehrere Familienangehörige der Verräter wie von Baysen`s, ich habe 3(!) entdeckt, hohe Ämter in den früheren Ordensländereien übernehmen können. Auch so manch ein Schuldner konnte so seine Rückzahlungen an den Orden sparen (...).
HONOR MAGRI JVDICIVM DILIGIT

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste