"vier und zwoelf schill. hell."

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Lilienpfennigfuchser
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"vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Fr 23.05.14 10:11

Hallo,

ich wurde gefragt, was unter der Bezeichnung "vier und zwoelf schill. hell." bzw. "zwene und vier schill.hell." zu verstehen ist. Es geht um die Konbination der verschidenen Zahlen und Nominale. Die Schreibweise kommt in einem südwestdeutschen Lohnvertrag von 1351 vor.
Ich mußte passen. Für eine Erklärung wäre ich sehr dankbar.

Grüße

Lilienpfennigfuchser

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Marc
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » Fr 23.05.14 22:56

Hier ist wohl das Zählschilling gemeint. Also Schilling = 12 Pfennige, Mark = 12 Schillinge = 144 Pfennige und Pfund = 20 Schilling = 240 Pfennige. Der Heller war ursprünglich ein leichter Pfennig und wurde erst im Spätmittelalter zum Halbpfennig. Man muss die Rechnungsbücher der betreffenden Gegend kontrollieren um festzustellen ob zu dieser Zeit in dieser Region der Heller noch der 'Zählpfennig' war oder ob er schon zum Halbpfennig geworden war. Ich habe den Eindruck hier ist der Heller noch die Währungseinheit, aber die Stellen sind recht kurz.

Also "zwoelf schill." währen dann eine Mark , somit wären "vier und zwoelf schill. hell." 1 Mark und 4 Schillinge ausgezahlt als 192 Heller. Und "zwene und vier schill.hell." wären 1 Pfund und 4 Schillinge ausgezahlt als 288 Heller.

Die Mischung von Pfund und Markrechnung ist mir im Rheinland des 14. Jahrhunderts, insbesondere in Gebieten in welchen sowohl schwere als auch leichte Pfennige umliefen, geläufig, für Süddeutschland erstaunt sie mich. Da ich gelernt hatte der leichte Pfennig wie der Heller wird fast immer auf Pfund gezählt während die schweren häufig auch auf Mark gerechnet werden. Aber ich bin kein Süddeutschlandexperte und hier im Forum gibt es Experten für Süddeutschland, welche anderer Meinung sind, das weis ich aus anderen Beiträgen hier im Forum.

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Marc
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » Sa 24.05.14 05:38

Mir ist heute morgen noch etwas eingefallen, was ich wohl nicht deutlich gesagt habe:

Es ist keine Konbination von verschidenen Nominalen. Das Nominal ist immer der Heller, alle Angaben davor sind Mengenangaben.

Wobei nicht in Hellern ausgezahlt werden muss, es können auch Groschen, Gulden im Wert von X Hellern verwendet werden. Es wurden aber bestimmt keine Markstücke verwendet und das Pfund war schon im 13. Jahrhundert endgültig gescheitert an der undurchführbaren Bimetallwährung. Es kann der Gulden zu 20 lokalen Schillingen gerechnet worden sein, aber das war im 14. Jahrhundert nurmehr Zufall. Da sich kein festes Gold-Silberverhältnis durchsetzen ließ, und der Gulden deshalb nicht wie ursprünglich geplant ein Pfund galt sondern nach aktuellen Goldkurs gehandelt wurde. Erst mit der Aufgabe der Bimetallwährung durch den Guldengroschen (Taler) gibt es ein stabiles Pfundstück.

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Sa 24.05.14 09:37

Hallo Marc,

besten Dank für Deine ausführliche Erklärung. Der Lohnvertrag stammt übrigens aus Speyer.
Unklar bleibt mir - vielleicht sitze ich auch auf der Leitung -, dass man "vier und zwoelf schill. hell." bzw. "zwene und vier schill.hell." nicht zu 16 schill.hell. bzw. zu 6 schill.hell. zusammengefasst hat und der 2. Betrag in Hellern höher sein soll, als der 1.

Einer Sache muß ich noch nachgehen: Hat der Fragende vielleicht das Pfundzeichen im Lohnvertrag als das Zeichen für "und" interpretiert? Dann könnte doch ein Schuh daraus werden -- 4 Pfund, 12 Schilling-Heller (Zählschilling).

Ein schönes Wochenende!

LPF

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Comthur » Sa 24.05.14 12:18

Nach meiner Meinung und Erfahrung mit derlei Dokumenten aus dem Deutschordensbereich (Deutscher Ritterorden in Preussen) ist die Lesart von soundsoviel Pfund (oder Mark - je nach Zeichen), soundsoviel Schillinge als Verrechnungswährung und die Bezeichnung "hell." als das gezahlte Nominal zu verstehen. Es wurden also z.B. 2 (Mark / Pfund?) , 4 Schillinge Heller gezahlt. Die Zahlung also in einer "geringen" Münze.
Anderenfalls, also bei Zahlung in "grober Münze", hätte man es bei der Bezeichnung 2 (Mark/ Pfund?) , 4 Sch(illinge) belassen.

Viele Grüße !

Daniel
P.S.: Philosophieren könnte man freilich über die Zahlung Stück für Stück oder per Gewicht (...) ;-)
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » Sa 24.05.14 13:00

@Lilienpfennigfuchser: Als ich vor langer Zeit mal alle erhaltenen Stadtrechnungen von Aachen des 14. Jahrhundetrs ausgewertet hatte, habe ich einfach die Kontrollrechnung gemacht. Also alle Ausgaben/Einnahmen so wie ich sie verstanden hab summiert und mit den Zahlen des Jahresabschluß der Stadtrechnung verglichen. Stimmt die eigene Summe mit der aus den Akten überein, hat man alles richtig interpretiert. Gibt es bei deinen Urkunden auch einzelbeträge und eine Summe, dann kannst du an dieser Stelle deine Rechnung kontrollieren.

@Comthur: Ich habe die Erfahrung gemacht, das private Verträge meist die zu zahlende Münzen angegeben, manchmal diese sogar vorgeschrieben werden (z. B. 'in guten tornusen'). Aber bei Stadt- oder Domverwaltungen in der Regel in dem lokalen Rechenpfennig gerechnet wird, ggf. der damalige schwankende Umlaufkurs angegeben wurd (z. B. '4 aures to 13 m 4 s'). Deshalb würde ich aus so kleinen aus dem Zusammenhang gerissenen Stücken nicht auf die real genutzte Münze schließen. Zumal der Rechenpfennig nicht identisch mit dem ausgeprägten Pfennig sein muss, wie es z. B. in Aachen des 14. Jahrhundert war. Das geschieht wenn z. B. bei einer Währungsreform der durch Inflation im Silbergehalt gesunkene lokale Pfennig durch einen gehaltvollen ersetzt wird. Alte Vertäge laufen aber weiter, also rechnet man weiter mit dem alten Pfennig in den Rechnungen, obwohl der reale neue z. B. das doppelte wert ist. So entsteht eine Pergamentswährung / Rechenwährung. In Aachen z. B. war im 14. Jahrhuntert der in den Stadtrechnungen verwendete Rechenpfennig eine reine 'Papierwährung' welche nicht mehr geprägt exestierte. Gerade bei Pfundbeträgen bezweifele ich das sie im monetarisch weitentwickeltem Westen noch 1350 als hunderte Pfennige ausgezahlt wurden.

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Comthur » So 25.05.14 00:43

@Marc
Wenigstens ein in der Sache abgeschlossener Auszug aus den o.g. Zahlungen wäre sicher Interessant. Dennoch bin ich mir schon anhand der definitiv benannten Größen sicher, daß wir es in den o.g. Fällen mit Zahlungen in Hellern zu tun haben. Gemeint können dann auch nur die damals gesetzlich gängigsten Nominale sein. Da spielt es keine Rolle ob da vor x Jahren einmal eine Prägestätte gewesen ist - es muß zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung eine gängige Münze eines Münzherren gegeben haben und diese ist dann auch Gegenstand der Vereinbarung - auch im DO-Bereich ggf. unter Benennung auswärtiger Nominale. Wenn im Dorf XY von Pfennigen gesprochen wurde, dann war die gängige Landesmünze gemeint ... und keine theoretische Rechnungsmünze weil eben keine Münzstätte am Ort war. Aber in diesem Punkt haben wir sicher ein kleines Mißverständnis.
Wenn es nun zu einer Reform kam, wurden die Verträge in dem Nominal erfüllt, wie vereinbart. Oder eben einem Äquivalent in der neuen Art. Es existieren Ordensdokumente, welche diese Praxis vorschreiben. Ab 1416/17 wurde im Ordensland in "guter" resp. "geringer" Mark gerechnet und auch die älteren Münzen blieben im Umlauf.
Als (theoretische) Rechnungseinheit wurden im Ordensland z.B. Mark- und Scoteinheiten verwendet. An diese Einheiten schlossen sich dann die entsprechenden Beträge in Schillingen und den Pfennigen ("Denaren") an. Wenn ein Gegenstand beispielsweise 2 m(ark) 10 sc(ot) 3 d(enare) kostete, bin ich Deiner Meinung, daß man da nicht unbedingt auf das gezahlte Nominal schließen kann. Wenn jedoch im anderen Beispiel aus den 1370er Jahren ein Zins für Brotbänke in Thorn von 70 Mark Pfennigen ausbedungen wird ... dann werden auch 70 x 720 Pfennige gezahlt, obwohl es zu dieser Zeit schon Schillinge, Vierchen und Halbschoter gegeben hat.
Daß auch um 1400 größere Geldbeträge in Pfennigen gezahlt wurden belegen Eintragungen im Tresslerbuch : "...erhielt 10 m(ark) Pfennige" etc. .

Das einzigste, was ich im Moment nicht recht verstehe, ist Dein Bezug vom "Rechenpfennig" zur Umrechnung von 4 Goldmünzen zu (gesamt !) 13 Mark und 4 schillingen. (?) M.E. nur ein Äquivalent von tatsächlich vorliegenden Gold- zu Silbernominalen. Zumindest wenn man 60 Schillinge je Mark annimmt, lässt sich der Gegenwert eines Goldstückes mit 196 Schillingen veranschlagen. In diesem Falle wird man wohl nichts anderes anzunehmen haben als die Zahlung in Schillingen ;-)

Eine theoretische, tatsächlich nicht ausgeprägte, Recheneinheit macht also nur Sinn, wenn große Einheiten verrechnet werden - aber nicht auf Basis der kleinsten Einheit ... eines nicht existierenden Hellers (?).
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » So 25.05.14 16:09

Wenn ich Lilienpfennigfuchser richtig verstanden hab, wird er sich die Quelle selbst anschauen ob das und wirklich ein 'und' bzw. eine et-Ligatur ist oder ein Pfundzeichen. Dann kann er hier ja berichten.

Wie gesagt, ich habe die Erfahrung gemacht das Verwaltungen im 14. Jahrhundert gern alles in Rechnungswährung umrechnen, aber natürlich ihre Wähnung real nützen.
Bleib ich der einfach beim erwähnten Beispiel '4 aures to 13 m 4 s', es stammt aus den frühen siebzigern, deshalb ist der Gulden genau 20 Schilling real geprägter Pfennige. Aachen hatte lange zu Ludwig den Bayern gehalten, so trennte der Luxemburger Karl nach Ludwigs Tod Forst aus dem Aachener Reich und gab es seinem Bankier Reinhard von Schönau. Dieser nannte sich nun Schönforst und errichtete vor den Toren Aachen eine mächtige Trutzburg von wo aus er als Meier von Aachen die Interessen der Luxemburger vertrat. Als Meier der Reichstadt unterstanden ihm auch Teile der alten königlichen Verwaltung, wie die Verwaltung der Münze. Karls Sohn Johann versucht die Hausmacht der Luxemburger auszubauen, sowohl in Böhmen als auch in Niederlothringen. Dabei kommt er mit den Machtinteressen der lokalen Großen in Konflickt, so mit dem Aachener Vogt, dem Herzog von Jülich. Es folgt die Niederlage der Luxemburger in den Schlachten. Numismatisch wichtig ist nur die Folge des Konflikts der Stadt Aachen zusammen mit Vogt gegen Meier und Kaiser. Der Meier kann die Münze im Stadtgebiet mit seinem Rechten stillegen, aber Zwinger gehören nicht mehr zum Stadtgebiet sondern zum Aachener Reich. Also prägt Aachen im Juncheitszwinger welcher zwar noch durch die Stadtmauer geschützt ist aber rechtlich nicht zum ummauerten Gebiet gehört. Um im vom Gewohnheitsrecht gepägten Mittelalter anzuzeigen, das die Stadt auch gegen den Willen des Meiers prägen kann, setzt man trotzig die Jahreszahl auf die Juncheitsgroschen. Der Meier prägt daraufhin auch vergleichbare Groschen im aus dem Aachener Reich ausgegliederten Fort mit einem gekauften Münzrecht welches er nach Forst verlagert hatte, gegen den Willen der Sieger was er mit der Jahreszashl dokumentiert. Diese eigentlich aus rechtlicher Not angebrachten Jahreszahlen werden im Rheinland hoch bis nach Basel plötzlich Mode, so das noch heute unsere Münzen Jahreszahlen statt jähliche Emissionszeichen tragen. Um das besser zu verstehen hab ich alle Aachener Dokumente ob privat oder offendlich des gesammten 14. Jahrhunderts nachgerechnet um die Entwicklung der Aachener Pergamentsmark zu verstehen. Und deshalb bin ich mir sicher das einige Quellen alle Transaktionen in Pfennig/Heller angeben egal in was real gezahlt wird, um die Verwaltung zu vereinfachen. Also nochmal zurück zum Beispiel aus dem Jahr 1373, die Juncheitsgroschen / Schönfostergroschen waren Doppelschillinge und die zugehörigen Teilstücke (insbesondere die Pfennige) sind sehr selten und wenig ausgeprägt. Es ist unzweifelhaft aus den Stadtrechnungen zu erkennen, das in Aachener Währung ausgezahlt wurde wenn nur ein Betrag genannt ist, wurde eine fremde Münze verwendet wurde diese in Aachner Währung bewerten wie '4 aures to 13 m 4 s'. Rechnet man nach bemerkt man das mit dem Beginn der Juncheitsprägung sich an der aktuellen rheinischen Währung orientiert wurde, das bemerkt man auch am Inflationssprung 1372. Ein rhrinischer Gulden war 1373 nämlich genau 3 m 4 s Pergamentswährung Wert, das sind 480 Pfennige. In allen Abrechnungen der frühen Siebziger. In ausgeprägter Währung war das Pfund aber nur 240 Pfennige Wert. Im Umlauf waren hauptsächlich Groschen und alte Sterlinge welche zu 8 Pfennigen Pergamentsrechnung gerechnet wurden, aber kaum Pfennige welche zu 2 Pfennigen Pergamentsrechnung gerechnet wurden [Edit: Die Bezeichnung Pfennig ist modern, im 14. Jhr. war es natürlich ein Heller]. In den Stadtrechnungen sind so gut wie alle Zahlungen/Löhne etc. durch acht teilbar, fast nie taucht eine nur durch 2 oder 4 teilbare Summe auf wenn es um getätigte Zahlungen in Aachner Währung geht. Ich ziehe daraus folgenden Schluß: Wird ein Betrag nur in Pergamentswährung ausgegeben wurde er in lokaler (eigener) Währung ausgezahlt, ansonsten wird die Währung mit Tauschkurs angegeben. Da sogut wie alle Beträge durch acht teilbar sind wurden dazu die Groschen und Sterlinge verwendet, zumal die Pfennige auch heute noch äußerst selten gefunden werden. Also sagt die Angabe in Pergamentswährung nur aus das in lokaler Währung gezahlt wurde aber nicht mit welchem Nominal.

Anders sieht es bei privaten Verträgen aus, aber Lohnverträge sind uns meist nur von öffentlichen Institutionen erhalten, wie Stadt oder Kirche.
Zuletzt geändert von Marc am So 25.05.14 16:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » So 25.05.14 16:28

Comthur hat geschrieben:@Marc
Das einzigste, was ich im Moment nicht recht verstehe, ist Dein Bezug vom "Rechenpfennig" zur Umrechnung von 4 Goldmünzen zu (gesamt !) 13 Mark und 4 schillingen. (?) M.E. nur ein Äquivalent von tatsächlich vorliegenden Gold- zu Silbernominalen. Zumindest wenn man 60 Schillinge je Mark annimmt, lässt sich der Gegenwert eines Goldstückes mit 196 Schillingen veranschlagen. In diesem Falle wird man wohl nichts anderes anzunehmen haben als die Zahlung in Schillingen ;-)

Eine theoretische, tatsächlich nicht ausgeprägte, Recheneinheit macht also nur Sinn, wenn große Einheiten verrechnet werden - aber nicht auf Basis der kleinsten Einheit ... eines nicht existierenden Hellers (?).
Ja sie exestiert nur noch in den Rechnungsbüchern, deshalb wird die Währung in der die Verwaltung rechnet auch in der Sekundärliteratur Pergamentswährung oder Rechenwährung genannt. Das geschah als Aachen vom leichten Niederlothringischen auf den schweren Kölner Pfennig wechselte. Die alten Verträge liefen ja weiter, also rechnete man in alter Währung weiter obwohl sie nicht mehr geprägt wurde. Das war eigentlich ein 1 zu 4 Sprung, welcher aber durch Einführung eines Halbpfennis (Heller) zu 1 zu 2 abgefedert wurde. So sind auch Tournuse und Groschen Doppelschillinge statt Schillinge wie ursprünglich und der Gulden 480 statt 240 Pfennige.

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Mi 28.05.14 20:18

Hallo,
nochmals besten Dank für Kärungsversuche.

ein Freund schläg folgende Leseart vor: 4 + 12 x 12 Heller= 148 Heller. Auch so könnte man die Angaben verstehen. Warum schreib man dann nicht "1 Gros und 4 Heller"? Genaueres kann man evtl. erst sagen, wenn der Vertrag genau gelesen ist (Zeichen für Pfund oder und) und wenn man ermessen kann, welche Summe wahrscheinlicher ist.

Hier noch die Information, die mir derzeit zur Verfügung steht:

Lohnvertrag zwischen den Zunftmeistern und den Webergesellen in
Speyer, 31.Oktober 1351, dort wird der Lohn, den die Gesellen für zwei
verschiedene Tuchsorten bekommen, in folgender Form angegeben: 'von
eime hymperger vier und zwoelf schill. hell., von eime grawen duoche
zwene und vier schill. hell. solicher werunge, als [...] in der stat zuo
Spire an der munsse genge und gebe ist'.

Grüße
LPF

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Marc » Mi 28.05.14 21:45

Lilienpfennigfuchser hat geschrieben:ein Freund schläg folgende Leseart vor: 4 + 12 x 12 Heller= 148 Heller. Auch so könnte man die Angaben verstehen. Warum schreib man dann nicht "1 Gros und 4 Heller"?
Wenn dann 4 Heller und 12 Groschen. Aber wenn das wirklich 4 Heller und 12 Schillig Heller gelesen werden sollte bin ich sogar bei Comthur, wenn erst die einzelnen genannt werden und dann X Schilling Heller ist es nicht unwahrscheinlich das gar keine Groschen benutzt wurden sondern die ganze Summe in Hellern ausgezahlt wurde.

Aber ich bin skeptisch wegen den "zwene und vier schill.hell.": 20 Heller und 4 Schilling Heller? Warum nicht 8 Heller und 5 Schilling Heller?

Ich würde an deiner Stelle wie schon gesagt eine Summe / Teilsumme suchen, so kann man selbst nachrechnen.

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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Comthur » Fr 30.05.14 09:15

@Lilienpfennigfuchser » Mi 28.05.14 20:18
@Marc

In der Tat ist die Schreibweise - zumindest für meinen nördlichen Spezialbereich - etwas ungewöhnlich. Dennoch muß das interessante Rätsel zu lösen sein.

Die Bezeichnung "zwene" würde ich allerdings als 2 lesen.

"von eime hymperger vier und zwoelf schill. hell., von eime grawen duoche zwene und vier schill. hell. ..." :
Daß die erste genannte Zahl (VIER resp. ZWENE) dieselbe Einheit (Schilling [in] Heller) bedeuten soll wie die der Nachfolgenden (ZWOELF resp. VIER), glaube ich nicht so recht, da man leicht auch beide zusammenziehen hätte können. Also zu 16 resp. 6 Schilling Heller.
Hätten wir nur den Lohn für das bessere Tuch, könnte man einwenden, daß man die heilige Zahl (12) nicht auf 16 überschreiten wollte. Da wir aber den Lohn für das geringere/ gröbere oder auch gewöhnliche (graue Tuch) mit einem theoretischen Wert von 6 Schilling Heller haben, wiederlegt dies die zumindest theoretische Gleichheit der Einheiten.
Daß zuerst 4 Heller und danach 12 Schillinge Heller genannt werden ... macht somit ebenfalls keinen Sinn (mehr). ODER, man hat tatsächlich die Teilmenge in Hellern der vollen Zahl an "Schilling Heller" vorangestellt. Dies ist aber sicher eine Gewohnheit, die auch auf anderweitigen Rechnungen etc. festgestellt worden sein müsste. (??)

Meines Erachtens kann die erste Zahl auch eine wesentlich größere Einheit bedeuten - auch anderweitige Tuchrechnungen sollten hier überprüft werden , da die Tuche standardisierte Maße (Laken etc.) hatten. In diesen Maßen wurde verkauft - und somit auch die Herstellung / Löhne berechnet.
Wenn es also eine Markrechnung gab, dann wurde das grobe Tuch sicher zu 2 Mark und 4 Schilling [in] Heller abgerechnet. Zugegebener Maßen recht hoch mit Blick auf die damaligen Löhne.
Wäre zumindest überdenkenswert, wie auch anderweitige Handelsrechnungen mit vergleichbaren Bezeichnungen.
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Lilienpfennigfuchser » Mo 02.06.14 21:06

Hallo,

inzwischen habe ich andere Urkunden aus dieser Zeit und aus der Speyerer Umgebung gesucht, bin fündig geworden und mir (fast) sicher, dass der 1. Betrag als: 4 Pfund (x 240) = 960 + 12x12 Heller, zus. 1104 Heller zu deuten ist. Der 2. Betrag wäre dann: 2 Pfund (x 240) = 480 + 4x12 Heller, zus. 528 Heller. Zahlungen in Pfund und Schilling Heller kommen in den Urkunden oft vor. Das Wort Schilling wurde nie alleinstehend verwendet, sondern immer im Zusammenhang mit Heller. Die Bezeichnung Heller wird dagegen öfter alleine benutzt. Die Mark als größere Einheit ist mir für diese Zeit und für diese Gegend nicht begegnet.

Besten Dank nochmal für euere Beitrage und für die Anregung, mal in vergleichbare Urkunden zu schauen. Sollte sich bei Durchsicht des speziellen Vertrages Neues ergeben, so werde ich berichten.

Grüße
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Re: "vier und zwoelf schill. hell."

Beitrag von Comthur » Di 03.06.14 11:51

Da lagen wir doch schon einmal richtig.
Die Mark als Verrechnungseinheit war nur ein Beispiel aus unseren "Spezialgebieten", prinzipiell genau so herzunehmen wie im o.g. Währungsgebiet das Pfund.

Um das Jahr 1351 könnte ich mir vorstellen, daß es im o.g. Gebiet keine ausgeprägten Schillinge gab, also auch diese nur eine Verrechnungseinheit darstellten. Sozusagen als Untereinheit zum Pfund. Diese Frage wäre dann noch zu klären und man kann zukünftig auch erklären, warum die Schillingeinheit immer in Heller ausgedrückt wurde.
Sollte es so sein wie vermutet - keine ausgeprägten Schillinge - dann haben wir es mit der Zahlung in Hellern zu tun, wie schon in den obigen Antworten mehr oder minder umständlich umschrieben.

Mathelehrer würde sagen : w.z.b.w. (was zu beweisen war) !
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