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Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Do 25.08.22 20:34
von DoktorBonhoff
This study
https://www.researchgate.net/publicatio ... Bracteates
published in
Polish Numismatic News analyzes how the bracteate technology could save costs in the minting procedure compared to traditional coinage technology.
The bending characteristic of the bracteates together with the flat hammering of old bracteates imply that the size of the flan remained almost unchanged after recurrent overstrikes. Thus, the bracteate technology saved one of the costliest steps in the minting procedure: the time-consuming production of the flan. In contrast, overstriking of two-faced coins using the traditional coin technology could only be performed a few times, since it caused a stepwise thinner and larger flan. The latter phenomenon explains the existence of two-faced half-bracteates.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 16.04.23 01:56
von cepasaccus
Hm. Ich weiss nicht. Das wird hier alles so faktisch praesentiert, aber es sind eigentlich nur so Ueberlegungen.
"However, there are also examples on overstruck bracteates where traces are distinct for the eye (see Figures 5–7)."
Das haette ich gerne besser ausgearbeitet. War es wirklich ein Ueberpraegen einer Vorgaengermuenze? Ich sehe in der ersten Muenze nur einen zerknitterten Brakteaten, in der zweiten Muenze ein verrutschtes Muenzbild und auf der dritten Muenze nur gerade, scharfkantige, parallele Linien, die auf Brakteaten eher selten zu finden sind. Wenn der Author den Geist einer aelteren Muenze erkennen kann, dann sollte er ihn benennen und nachzeichnen.
Die Ueberlegung, dass man Brakteaten leichter ueberpraegen kann klingt gut, aber funktioniert das auch praktisch? Oder bricht das duenne Material z.B. im Wulstring oder am Rand?
Und was sehe ich da... "W. Haupt and R. Besser, H. Brämer, V. Bürger argue that these coins must have been struck with traditional coin technology in two rounds.24 If both dies had been used in one round (as is normal for two-faced coins), many of these thin coins would have developed flan holes or cracked. On many German half-bracteates, the motive of one side clearly dominates the other side. This result can only occur if they are struck with two blows (the design of the second blow will dominate the first). However, it does not exclude that some half-bracteates were struck in one blow, since there exist also half-bracteates where both sides superimpose each other." Das ist ja gruselig.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 16.04.23 09:16
von Andechser
Da kann ich eigentlich cepasaccus nur zustimmen. Der Artikel ist argumentativ etwas dünn und stellt gewagte Thesen in den Raum, die einer besseren wissenschaftlichen Begründung bedürfen. Allerdings muss ich sagen, dass ich bei Figure 5 durchaus den Gedanken an eine Überprägung verstehen kann, da ich meine über den Schultern rechts wie links eine Lilie zu erkennen, die wohl nicht zum eigentlichen Münzbild gehört. Aber da wäre es doch sehr sinnvoll gewesen auch ein mögliches Untergepräge zu benennen und es nicht in dieser offenen Form im Raum stehen zu lassen.
Beste Grüße
Andechser
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 16.04.23 12:25
von QVINTVS
Grundsätzlich ist es wohl möglich Brakteaten leichter und kostengünstiger zu Überprägen als Denare. Ohne vorherige thermische Behandlung ist das nicht zielführend. Die harten Schrötlinge müssen erst wieder "weich" gemacht werden, sonst dürfte eine Überprägung nicht gelingen. Zudem macht es nur Sinn, wenn der Schrötling dem eigenen Währungsgebiet entspricht und das Gewicht in der Norm liegt. In Konstanz würde also nie ein Meissner Brakteat dafür hergenommen werden, schon eher ein eigener.
Was die Bilder anbelangt habe ich so meine Probleme. Hier ist eine bessere Erklärung notwendig, um den Gedankengang nachvollziehen zu können. Ein nachgezeichnetes Bild der erhaltenen "Erstprägung" wäre hilfreich.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 16.04.23 18:18
von cepasaccus
Noch zwei Gedanken dazu:
Bekommt man den Brakteaten wenn er so wie in Abb. 6 aussieht ueberhaupt noch gebuegelt? Oder tut das knittern? Wenn der Schroetling nicht von aussen auf Grund von Reibung rein gezogen werden kann, dann muss an den tiefen Ringen das Material duenner werden. Diese duenneren Bereiche werden beim Flachklopfen nicht wieder dicker. Haette er wirklich ausprobieren sollen. Da waeren solche Probleme aufgefallen oder eben nicht.
Ist es noch eine Arbeitsersparnis, wenn man den ganzen Prozessablauf anschaut? Ein gleichmaessig duennes und grosses Blech zu produzieren macht mehr Arbeit als ein dickeres und kleineres Blech.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Fr 12.09.25 22:45
von edsc
Guten Abend zusammen,
ich möchte diesen Thread aufleben lassen, da ich die Tage einen Brakteaten bekommen habe, der sehr gut zu dem Thema passt. Es ist ein offensichtlich überprägter Konstanzer Brakteat des Bischofs Eberhard II. von Waldburg-Thann (CC# 45). Im Original sieht er so aus:
Und hier das Bild meines Exemplars:
Mir scheint es als wäre das Brustbild des Bischofs mit dem selben jedoch um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedrehtem Motiv überprägt.
Ursprüngliche Prägung:
und die Überprägung:
Auch wenn ich auf dem Ursprungsbild die Lilie und auf der Überprägung den Bischofsstab nicht sehen kann, scheint mit das Prägebild das selbe zu sein. Was ja der Darstellung von Roger widersprechen würde, wonach es nur bei einer Münzverrufung zur Überprägung kam, dann aber mit einem anderen Bildtyp.
Es kann sich natürlich auch nur um eine Fehlprägung handeln. Interessant ist auch dass der Perlenrand von der zweiten Prägung nicht betroffen zu sein scheint.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Sa 13.09.25 06:27
von Dude_199
Hallo edsc,
ich gehe bei deinem Stück nicht von einer Überprägung aus. Hier liegt meiner Ansicht nach ein Doppelschlag vor. Der Schrötling wurde mit 2 Schlägen geprägt wobei dieser sich vor dem 2. Schlag um ca. 90 Grad verschoben hat. Kommt im Bodensee Gebiet vor allem bei den Konstanzer und Ravensburger Stücken gerne einmal vor.
Viele Grüße Dude
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Sa 13.09.25 09:45
von Zwerg
Der Perlrand ist aber wohl nicht betroffen
Gibt es dafür eine Erklärung?
Grüße
Klaus
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Sa 13.09.25 12:11
von Dude_199
Hallo Klaus,
der Perlrand ist auch betroffen. Man sieht es leider nur sehr schwach auf den Bildern. Da der Perlrand bei den Stücken relativ gleichmäßig ist sieht man es meist kaum. In der Hand ist es meist besser zu erkennen.
Viele Grüße
Dude
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 14.09.25 11:14
von edsc
Dude hat recht, bei genauer Betrachtung sieht man dass einige Perlen am Rand etwas verschoben sind.
Hat jemand eine Erklärung für solche Doppelschläge? Ist es also ein Fehler des Münzers (im Eifer des Gefechts vergessen einen neuen Schrötling aufzulegen). Oder wurde das bewusst gemacht, wenn z.B. der Präger mit dem Ergebnis des ersten Versuchs nicht zufrieden war? Bei meinem Exemplar war das jedoch definitiv keine Verbesserung.
Bei diesen sensiblen Plättchen ist es schon erstaunlich, dass sie beim zweiten Schlag nicht brechen.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 14.09.25 11:22
von edsc
Was ich bei meinem Exemplar auch noch merkwürdig finde, ist dass ich auf dem Erstschlag keine Spur der Lilie und auf dem zweiten Schlag keine Spur des Bischofsstab sehe. Ist es denn möglich, dass es doch zwei verschiedene Stempel waren (einer mit der Lilie und einer mit dem Bischofsstab), die hintereinander geschlagen wurden, um beide Attribute auf die Münze zu bringen? Und dazwischen hat sich der Schrötling eben gedreht.
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 14.09.25 12:07
von Chippi
Diese Auslöschung kommen bei versetzten Doppelschlägen öfters vor. Sollte schon der selbe Stempel sein.
Gruß Chippi
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: So 14.09.25 12:09
von QVINTVS
Das könnte durch die Prägetechnik bedingt sein. "Unterlage" - Schrötling/Münze - Prägestempel - Hammerschlag, wenn nur eine der vier Komponenten nicht parallel zu den anderen war, ist nicht überall der gleiche Druck. Meiner Meinung nach kommt es besonders auf die "Unterlage" an. Hier werden ganz unterschiedliche Materialien diskutiert: Holzstück, Rinde, verdrehte Hanf-/Leinenschnüre, Blei usw. Das sind alles Materialien, die schon nach dem ersten Schlag in irgend einer Form sich veränderten, besonders dann, wenn der Hammerschlag nicht parallel, sondern leicht "gekippt" ausgeführt wurde.
Hoffentlich konnte ich halbwegs vereständlich beschreiben was ich ausdrücken wollte.

Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Mi 17.09.25 14:57
von Dude_199
Hallo Zusammen,
zu diesem Thema kann ich den Aufsatz von Daniel Schmutz - Der Münzschatzfund von Eschikofen empfehlen. Dort ist es das Kapitel 2.5. Die gesamte Fundbeschreibung ist hier zu finden
https://www.e-periodica.ch/digbib/view? ... 4%3A%3A134.
Wen lediglich der Teil mit der Herstellung von Bodenseebrakteaten interessiert findet dies hier
https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=s ... 98:48::231.
Viele Grüße
Dude
Re: Ûberprägung Halbbrakteaten vs. Brakteaten
Verfasst: Mi 17.09.25 20:53
von edsc
QVINTVS hat geschrieben: ↑So 14.09.25 12:09
Das könnte durch die Prägetechnik bedingt sein. "Unterlage" - Schrötling/Münze - Prägestempel - Hammerschlag, wenn nur eine der vier Komponenten nicht parallel zu den anderen war, ist nicht überall der gleiche Druck. Meiner Meinung nach kommt es besonders auf die "Unterlage" an. Hier werden ganz unterschiedliche Materialien diskutiert: Holzstück, Rinde, verdrehte Hanf-/Leinenschnüre, Blei usw. Das sind alles Materialien, die schon nach dem ersten Schlag in irgend einer Form sich veränderten, besonders dann, wenn der Hammerschlag nicht parallel, sondern leicht "gekippt" ausgeführt wurde.
Hoffentlich konnte ich halbwegs vereständlich beschreiben was ich ausdrücken wollte.
Danke Dir Quintvs. Natürlich ist alles verständlich!!
