Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

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Bertolt
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Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Fr 19.04.24 11:33

Hallo Forum, kennt sich jemand mit stempelkritischen Untersuchungen aus, was sollte man dabei beachten? Gruß Bertolt.
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Andechser
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Andechser » Fr 19.04.24 15:43

Hallo Bertolt,
was möchtest du denn dazu wissen? Die grundlegenden Informationen und wie man eine solche stempelkritische Studie angehen kann, sowie welche Erkenntnisziele damit möglich sind, hat Sebastian Steinbach in seiner Einführung sehr schön zusammengefasst: https://shop.kohlhammer.de/numismatik-42571.html#147=20
Möchtest du einen bestimmten Typ untersuchen oder suchst du Stempelverbindungen zwischen unterschiedlichen Typen um damit vielleicht Prägestätten zuweisen zu können?

Beste Grüße
Andechser

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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » So 21.04.24 21:21

Hallo Andechser, danke für deine Antwort. ja, ich möchte einen bestimmten Typ untersuchen, die Halberstädter Dünnpfennige mit der CRVX-Rückseite, nach dem Muster der stempelkritischen Untersuchung der Schwedin Brita Malmer. Das Ziel ist, die einzelnen Stempelschneider/Eisengraber zu identifizieren anhand der Umschriften auf diesen Münzen. Dein literarischer Hinweis ist sehr interessant, ich werde mich mal um dieses Buch bemühen. Entschuldige meine später Antwort, ich habe keine Benachrichtigungs-email bekommen und befinde mich z. Z. nicht in Deutschland. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Andechser » Di 23.04.24 17:25

Hallo Bertolt,
für dieses Projekt drücke ich dir die Daumen. Da wirst du wohl erstmal zusammenhängende Stempelgruppen identifizieren müssen. Dann brauchst du Merkmale um bei unterschiedlichen Stempeln zu entscheiden, ob es sich um zwei Stempel vom selben Künstler oder von unterschiedlichen Künstlern handelt und dann wirst du nicht umhinkommen auch zu untersuchen, ob Avers- und Reversstempel unterschiedlicher Stempelschneider auch komibiniert wurden oder sie unabhängige Gruppen bilden, was mich ehrlich gesagt überraschen würde. Das ist methodisch nicht ohne, aber der mögliche Erkenntnisgewinn ist natürlich auch sehr groß.

Beste Grüße
Andechser

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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Di 23.04.24 17:26

Hallo Forum, aus diesem Münzkomplex mal ein Exemplar, dass durch ein merkwürdiges Beizeichen die Aufmerksamkeit erregt. Im zweiten Kreuzwinkel der Rückseite dieses Dünnpfennigs befindet sich an der Stelle, an welcher sich eigentlich der Buchstabe „R“ von CRVX befinden sollte, dieses unbekannte Zeichen, das wohl nur dann Sinn macht, wenn man seine Bedeutung kennen würde. Weiß jemand einen Rat? Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Lackland » Di 23.04.24 20:07

Bertolt hat geschrieben:
Di 23.04.24 17:26
Hallo Forum, aus diesem Münzkomplex mal ein Exemplar, dass durch ein merkwürdiges Beizeichen die Aufmerksamkeit erregt. Im zweiten Kreuzwinkel der Rückseite dieses Dünnpfennigs befindet sich an der Stelle, an welcher sich eigentlich der Buchstabe „R“ von CRVX befinden sollte, dieses unbekannte Zeichen, das wohl nur dann Sinn macht, wenn man seine Bedeutung kennen würde. Weiß jemand einen Rat? Gruß Bertolt.
Hallo Bertolt,

um da irgendetwas auch nur ansatzweise beurteilen zu können, brauche ich auf jeden Fall noch die Rückseite der Münze und Gewicht/Durchmesser.

Vielen Dank!

Viele Grüße

Lackland
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Di 23.04.24 22:38

Hallo lieber Lackland, das Bild das du da siehst, ist die Rückseite dieser Münze, dann siehst du auch die vier Kreuzwinkel. Im zweiten Winkel findest du das von mir angesprochene Beizeichen, das ich nicht kenne. Um dieses Zeichen geht es .Alle anderen Informationen sind nicht relevant, ich habe auch keine Gewicht dieser Münze, da sie mir nicht gehört. Wenn du ohne Gewicht keine Aussage treffen kannst. dann akzeptiere ich das. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Lackland » Di 23.04.24 23:48

Lieber Bertolt,

natürlich möchte ich helfen. Aber Dir muss auch klar sein, dass Hilfe einfacher ist, je mehr Informationen zu einer Münze greifbar sind. So eben zum Beispiel auch die andere Seite der Münze. Sind dort auch Auffälligkeiten, die evtl. auf einen Beisschlag hindeuten? Und so weiter…
So kann man eben nur sagen, dass wir hier sicherlich einen Halberstädter Dünnpfennig von Rudolf I. von Schladen (1136-1149) haben…

Was ich sehe, deutet meines Erachtens nicht auf ein ‚unbekanntes Zeichen‘ hin. Möglicherweise hat sich der Stempelschneider hier auch einfach ‚verschnitten‘??? Vielleicht hatte er das R zuerst liegend geschnitten und es dann nochmal (schräg) stehend versucht???

Viele Grüße

Lackland
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mi 24.04.24 06:34

Hallo lieber Andechser, auf deinen Beitrag konnte ich gestern Abend nicht mehr antworten. Das sind ganz tolle und wichtige Hinweise, ich werde im laufe des Tages antworten. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mi 24.04.24 06:37

Hallo lieber Lackland, ich werde heute mal ein paar Bilder von typgleichen Stücken mit der Rückseite einstellen, um die Situation mit dem Buchstaben R deutlicher zu machen. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mi 24.04.24 17:52

Hallo lieber Lackland, hier stelle ich mal ein paar Bilder dieses Typs mit der Rückseite ein. Die Position im zweiten Kreuzwinkel ist dem Buchstaben „R“ vorbehalten und wie man sehen kann, hatten die Eisengraber keine Mühe, diesen Buchstaben ordnungsgemäß in den Stempel
einzuarbeiten. Aber dieses Zeichen hat meiner Meinung nach nichts mit einem „R“ zu tun. Ich denke eher an eine Meinungsäußerung der Autoren F.W.A. Schlickeysen / R. Pallmann „Erklärung der Abkürzungen auf Münzen „. Indem sie sagen, dass Stempelschneider aus dieser Zeit, zwar ungenehmigt, dennoch sogenannte Urheberzeichen auf den Münzen angebracht haben, um auf sich 1aufmerksam zu machen. Was hälst du davon? Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Mi 24.04.24 21:40

Hallo lieber Andechser,
nun zu deiner interessanten Antwort. Wenn ich das lese, denke ich, du kennst meine Arbeit. Ja, ich habe tatsächlich eine ganze Reihe zusammenhängender
Stempelgruppen analysiert, indem ich eine ganze Reihe von unterschiedlichen Stempelschneidern/Eisengraber festgestellt und identifiziert habe. Zu dieser Reihung habe ich in meiner Datenbank exakte 224 Münzen dieses Typs erfasst. Ja, von einigen wenigen Kabinetten fehlen mir noch die Bilder, aber ich bleibe dran. Von diesen 224 Münzen habe ich bisher 32 verschiedene Stempelschneider/Eisengraber festgestellt. Dieses Zahl wird sich zum Ende meiner Arbeit verringern, da sich eine ganze Zahl dieser festgestellten Signaturen so ähneln, dass man sie wohl einem bestimmten Eisengraber zuordnen kann, die im Einzelnen mehrere Schnittversionen benutzen. Ich werde das mal später näher erläutern. Es gibt ja zu diesem Münztyp die Aussage von Julius Menadier, dass vermutlich mehr unerlaubte Nachprägungen als Originale existieren. Leider ist er die Erklärung dafür schuldig geblieben, auf Grund welcher Tatsachen er zu solch einer Aussage gekommen ist. Ich habe auch in vielen Fällen arbeitsteiliges Arbeiten festgestellt, was ja auf eine Werkstattarbeit hindeutet. Und natürlich hast du auch dahingehend recht, ich habe Mühe, den ständig anwachsenden Datenbestand zu kontrollieren und zu erfassen. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Do 25.04.24 22:02

Hallo Andechser, weiterführend habe ich zunächst die konkreten Bezeichnungen der Stempelschneider geklärt. Wir gehen allgemein davon aus, dass die Münzstempel von den Stempelschneidern geschnitten wurden. In Auswertung einer Arbeit von Klara Jahn, Dipl. Designerin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, mit ihrem Promotionsprojekt „Das Berufsbild des Stempelschneiders“. Veröffentlicht in: Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft, Band 6 2008 S. 543-567, muss man aber zur Kenntnis nehmen, dass der Begriff des Stempelschneiders erst im 14. Bzw. 15. Jahrhundert erstmals aufgetreten ist. Nun könnte man sagen, dann waren es eben die Graveure. Aber das ist es ebenso nicht möglich, da die Graveure erst ab dem 17. Jahrhundert so genannt werden. Im Hochmittelalter waren es die Eisengraber, die die Münzstempel geschnitten haben. Im Spanischen ist es noch ein wenig konkreter, die Eisengraber hießen zu dieser Zeit Eisenschreiber (eschbano de hierro oder eschbano de hierrros) Leider ist es schwer hierzu weitere Ermittlungsergebnisse zu beschaffen. Vielleicht kann jemand diese Informationen aus dem Spanischen noch etwas verdichten. Gruß Bertolt.
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Andechser » Fr 26.04.24 17:59

Hallo Bertolt,
das ist der Vorteil einer wissenschaftlichen Methodik, dass sie sich gleich oder zumindest sehr ähnlich und mit ähnlichen Frage- bzw. Problemstellungen auf verschiedenste Probleme anwenden lässt und ich stehe bei der Stempelstudie, die Teil meiner Dissertation ist, auch vor ähnlichen Problemen. Nur die Zuordnung zu Stempelschneidern fällt weg, da sich diese nicht identifizieren lassen.
Ich bin ja ein großer Freund davon die zeitgenössischen Bezeichnungen für Tätigkeiten innerhalb einer Münzstätte zu verwenden, aber in dem Fall finde ich die zeitlich und regional sehr unterschiedliche und oft auch zeitgleiche und synoyme Verwenung von Stempelschneider und Eisengraber nicht wirklich zielführend, wenn man nicht gerade die Verwendung der Begriffe selbst untersucht. Insbesondere wenn man für den Zeitraum und die Region der Untersuchung keine Belege für die Verwendung der Begriffe hat, dann ist das für mich hinfällig und ich verwende meist, der besseren Verständlichkeit wegen, die Bezeichnung Stemeplschneider.

Beste Grüße
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Re: Stempelkritische Untersuchung mittelalterlicher Münzen 12. Jahrhundert

Beitrag von Bertolt » Sa 27.04.24 13:27

Hallo Andechser,
das ist dein Standpunkt und das ist völlig in Ordnung. Zumindest finde ich es gut, dass du auch ein Freund zeitgenössischer Bezeichnungen bist. Ich glaube es ist objektiver, wenn Sachverhalte auch mit zeitgemäßen, der jeweiligen Gegenwart entsprechenden Bezeichnungen versehen werden. Aber du sagst auch „Nur die Zuordnung zu Stempelschneidern fällt weg, da sich diese nicht identifizieren lassen.“ Es gibt doch aber eine Reihe von Stempelschneidern-Eisengraber, wie Luteger, Erth Velhar, Melchior Peuerlein oder auch Hans Tornau, die alle identifiziert wurden und auch ich habe in meiner Arbeit eine ganze Reihe aus dieser Zunft festgestellt. Herzliche Grüße Bertolt.
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