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Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 30.09.21 18:04
von Laurentius
Das waren wirklich wilde Zeiten. Noch schwieriger könnte sich diese Situation gestallten,
sollte eine Offizin samt Personal die Lokalität gewechselt haben. So das sich allein in
der Stilistik keine Unterschiede mehr ausmachen ließen.

vg Laurentius

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 30.09.21 19:54
von justus
Folgt man der hoch interessanten Arbeit von Jerome Mairat (The Coinage Of The Gallic Empire, Thesis submitted for the degree of Doctor of Philosophy in the University of Oxford, Trinity 2014), so ergibt sich ein durchaus ganz neues Bild:

POSTUMUS
Trier - Mitte 260 bis Mitte 269 mit 10 Emissionen (somit Hauptmünzstätte!)
Köln - Mitte 268 bis Anfang 269 mit 2 Emissionen
Mailand - Anfang 268 bis Mitte 268 mit 4 Emissionen

LAELIANUS
Köln - Frühjahr 269 mit 1 Emission

MARIUS
Trier - Mitte 269 mit 2 Emissionen

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Di 12.10.21 11:13
von Redditor Lucis
justus hat geschrieben:
Do 30.09.21 19:54
Folgt man der hoch interessanten Arbeit von Jerome Mairat (The Coinage Of The Gallic Empire, Thesis submitted for the degree of Doctor of Philosophy in the University of Oxford, Trinity 2014), so ergibt sich ein durchaus ganz neues Bild:

POSTUMUS
Trier - Mitte 260 bis Mitte 269 mit 10 Emissionen (somit Hauptmünzstätte!)
Köln - Mitte 268 bis Anfang 269 mit 2 Emissionen
Mailand - Anfang 268 bis Mitte 268 mit 4 Emissionen

LAELIANUS
Köln - Frühjahr 269 mit 1 Emission

MARIUS
Trier - Mitte 269 mit 2 Emissionen

Wie lässt sich bei der Zuordnung Laelianus = Köln und Marius = Trier dann aber in diesem Zusammenhang der Marius-Typ "Victoria schreitet n. r." erklären, bei dem ja alte Laelianus-Stempel benutzt worden sind?


Viele Grüße

Stefan

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 21.10.21 22:35
von kc
Eine besonders imposante Neuheit ist dieser Brocken:

Postumus Doppelsesterz
Av.: IMP C M CASS LAT POSTVMVS P F AVG, Büste mit Strahlenkrone, Panzer und Paludamentum nach rechts.
Rev.: VICTORIAE AVG (S C fehlt!), Zwei Victorien hängen Schild an Palmbaum, darunter zwei Gefangene.
Münzstätte: Lugdunum, 260-269 n.Chr.

34mm 42,79g

RIC 166 (var.); Elmer 263 (var.)


Es scheint eine besondere Prägung zu sein, da zum einen das außergewöhnlich hohe Gewicht und zum anderen das fehlende S C auffallen.

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 21.10.21 22:45
von kiko217
42 Gramm!

Das isst ein ganz besonderes Stück, danke fürs Zeigen!

Kiko

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 21.10.21 22:51
von Homer J. Simpson
Daß auf den Großbronzen des Postumus das SC fehlt, ist eher die Regel als die Ausnahme; aber 42 Gramm ist natürlich eine Hausnummer!! Da muß man ja fast mutmaßen, daß die ein olles Medaillon überprägt haben?!?

Glückwunsch von

Homer

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 21.10.21 23:24
von kc
Bei diesem Rs.-Typen ist bei anderen Exemplaren immer ein S C im Abschnitt vorhanden. Auch sonst meine ich immer ein S C auf Sesterzen des Postumus gesehen zu haben. Vielleicht weißt du aber mehr und hättest evtl. ein paar Beispiele?

VG
kc

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Fr 22.10.21 06:53
von Lucius Aelius
Solche Schwergewichte kommen gelegentlich vor, hier mal ein anderes Beispiel (im Gegensatz zu deinem Stück mit SC):
https://www.ma-shops.de/moruzzi/item.php?id=2174

Ich denke mal, dass es keinen speziellen Grund gab, warum man solch schwere Schrötlinge bei den Emissionen verwendete. Vielmehr könnte hier einfach bloss ein Doppelsesterz des Decius überprägt worden sein.

@Homer
Mein erster Gedanke war auch erst, dass man ein Medaillon überprägt haben könnte, aber die zirkulierten wohl kaum im Geldverkehr und können somit schlecht eingezogen und an die Officine zur Weiterverarbeitung gegeben worden sein.

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Fr 22.10.21 07:09
von justus
kc hat geschrieben:
Do 21.10.21 23:24
Bei diesem Rs.-Typen ist bei anderen Exemplaren immer ein S C im Abschnitt vorhanden. Auch sonst meine ich immer ein S C auf Sesterzen des Postumus gesehen zu haben. Vielleicht weißt du aber mehr und hättest evtl. ein paar Beispiele?

VG
kc
in Jerome Mairats Werk finden sich einige Sesterzen/Doppelsesterzen ohne SC im Abschnitt. Mit der Obverslegende IMP C M CASS LAT POSTVMVS dot P dot F dot AVG / VICTORIAE AVG ohne SC im Abschnitt findet sich ein Doppelsesterz unter Nr. 76 (Bastien 43) für die 3. Emission der Serie für das 2. Konsulat aus dem Frühjahr 261 (?). Bei Bastien issue 2. serie 2: second semester 260. Münzstätte hier Trier und nicht Lugdumum!

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Fr 22.10.21 22:32
von kc
Lucius Aelius hat geschrieben:
Fr 22.10.21 06:53
Solche Schwergewichte kommen gelegentlich vor, hier mal ein anderes Beispiel (im Gegensatz zu deinem Stück mit SC):
https://www.ma-shops.de/moruzzi/item.php?id=2174

Ich denke mal, dass es keinen speziellen Grund gab, warum man solch schwere Schrötlinge bei den Emissionen verwendete. Vielmehr könnte hier einfach bloss ein Doppelsesterz des Decius überprägt worden sein.

@Homer
Mein erster Gedanke war auch erst, dass man ein Medaillon überprägt haben könnte, aber die zirkulierten wohl kaum im Geldverkehr und können somit schlecht eingezogen und an die Officine zur Weiterverarbeitung gegeben worden sein.
Der Postumus von Moruzzi gehörte mal mir, bereue es heute noch, dass ich ihn verkauft habe. Ich glaube auch nicht, dass der von mir oben vorgestellte Postumus auf einem Medaillonschrötling geprägt wurde. Auffällig ist aber, dass alle Schwergewichte (ich hatte woanders noch den Septimius Severus Sesterz mit 38g gezeigt, sowie einen Caracalla Sesterz von 32-33g) besonders zentriert geprägt wurden und kein Standardrevers aufweisen. Daher vermute ich, dass diese Stücke als eine Art Auszeichnung beispielsweise Offizieren übergeben wurden.

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Fr 22.10.21 22:35
von kc
justus hat geschrieben:
Fr 22.10.21 07:09
in Jerome Mairats Werk finden sich einige Sesterzen/Doppelsesterzen ohne SC im Abschnitt. Mit der Obverslegende IMP C M CASS LAT POSTVMVS dot P dot F dot AVG / VICTORIAE AVG ohne SC im Abschnitt findet sich ein Doppelsesterz unter Nr. 76 (Bastien 43) für die 3. Emission der Serie für das 2. Konsulat aus dem Frühjahr 261 (?). Bei Bastien issue 2. serie 2: second semester 260. Münzstätte hier Trier und nicht Lugdumum!
Super, vielen Dank für die Angaben :)

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 04.11.21 18:40
von QVINTVS
Moin aus dem Süden,

hier mal was zum Augenzwinkern und Schmunzeln für all jene, die Claire Franklin Werz noch nicht kennen. Natürlich passend zum Gallischen Sonderreich:

https://muenzenwoche.de/unser-cartoon-f ... -welt-506/

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Mo 28.02.22 14:47
von Lucius Aelius
Die Æ-Ausgaben des Victorinus sind recht typenarm und langweilig (Ausnahme sind sicherlich seine Divus-Münzen), allerdings war es für mich immer spannend gewesen, in der Flut der massenhaft angebotenen Antoniniani nach den selteneren frühen Averslegenden Ausschau zu halten.

Antoninian, Ende 268 - Anfang 269 n.Chr. (lt. Elmer)
Prägestätte: Trier, 1. Emission
RIC 41 (R1), C 8, Elmer 701, Cunetio 2561 (77 Exempl.)
Avers: Gepanzerte und drapierte Büste des Victorinus mit Strahlenkrone n.r., das Portrait im Stil des Vorgängers Marius.
IMP C PIS VICTORINVS AVG
Revers: Aequitas mit Waage und Füllhorn steht n.l.
AEQVITAS AVG
1.jpg
2.jpg



Antoninian, Anfang - Mitte/Ende 269 n.Chr.
Prägestätte: Köln, 2. Emission
RIC 109, C 36, Elmer 654
Avers: gepanzerte und drapierte Büste des Victorinus mit Strahlenkrone n.r.
IMP C PIAV VICTORINVS P F AVG
Revers: Fides steht mit zwei Feldzeichen n.l.
FIDES MILITVM
3.jpg
3b.jpg
Elmer (Die Münzprägung der gallischen Kaiser in Köln, Trier und Mailand, 1941, 2. Teil) nahm an, dass Victorinus in Köln zum Kaiser ausgerufen wurde, denn die Stadt prägte bereits in der ersten Emission Gold für ihn, zudem zeigen die Kölner An-toniniani ein gutes Portrait von Victorinus – beides würde für seine Anwesenheit in der Stadt sprechen. Hingegen erinnern die Münzportraits auf den Trierer Antoniniani der ersten und teilweise noch der zweiten Emission relativ stark an die Gesichtszüge seines Vorgängers Marius – hier war das wahre Aussehen des neuen Kaisers offenkundig noch unbekannt.Auch in der Averslegende unterscheiden sich die frühen Antoniniani lt. Elmer:

Köln, 1.Emission Gold und Æ (Ende 268 - Anfang 269 n.Chr.):
IMP C M PIAVVONIVS VICTORINVS P F AVG
Köln, 2.Emission nur Æ (Anfang 269 - Mitte / Ende 269 n.Chr.):
IMP C PIAV VICTORINVS P F AVG
Köln, 3., 4. und 5.Emission nur Gold (Mitte - Ende 269 n.Chr.)
Köln, 6.Emission nur Æ (Ende 269 n.Chr.):
IMP CAES VICTORINVS P F AVG

Trier, 1.iund 2. Emission nur Æ (Ende 268 - Mitte 269 n.Chr.) – nur AEQVITAS-Typ:
IMP C PI VICTORINVS AVG
Trier, 3. Emission nur Æ (Ende 268 - Mitte 269 n.Chr.) – nur SALVS-Typ:
IMP C PI VICTORINVS AVG
Trier, 4. Emission nur Gold (Mitte – Ende 269 n.Chr.):
Trier, 5. Emission nur Æ (Mitte - Ende 269 n.Chr., zeitgleich mit 4. Emission) – nur SALVS-Typ:
IMP C VICTORINVS AVG, z.T. IMP VICTORINVS AVG, VICTORINVS•P•F•AVG oder IMP C VICTORINVS AVG

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 18.08.22 10:44
von richard55-47
Eine Frage von einem ganz Blöden:
Wo genau ist der Unterschied zwischen Postumus/Moneta
RIC 75
http://www.wildwinds.com/coins/ric/post ... C_0075.jpg

RIC 315
http://www.wildwinds.com/coins/ric/post ... C_0315.jpg

Rauch GmbH, wo sich ausgewiesene Fachleute herumtreiben, weist im Text bei wildwinds darauf hin, dass sich RIC 75 von RIC 315 dahingehend unterscheidet, dass die Haare bei RIC 315 mehr gerade verlaufend dargestellt sind.

Sebastian Sundermann, der mit Sicherheit auch ein ausgewiesener Kenner der Materie ist, hat im Text zu Bild RIC 315 unschlüssig "RIC 75/315" angegeben.

Mir persönlich fällt auch (auf den ersten Blick: nur) die unterschiedliche Darstellung des Gesichts auf. Bei RIC 315 ist es eindeutig länglicher dargestellt, was ich für aussagekräftiger halte als den Hinweis, wie das Haar liegt.
Bei acsearch finden sich meist Antoniniane mit der Angabe "RIC 75", kaum mit eindeutig "RIC 315", wohl aber offen lassend "RIC 75/315".
Mir scheint, die Experten vermeiden dünnes Eis.

Re: Gallisches Sonderreich - Münzen und anderes

Verfasst: Do 18.08.22 14:01
von chevalier
Den einzigen Unterschied, den ich erkennen kann, ist die Silbertrennung bei RIC 75 in MONE - T - AAVG, im Gegensatz zu RIC 315 ohne Silbentrennung. Die Haare als Unterscheidungsmerkmal taugen allenfalls für Stempelstudien.