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Bernhard Woytek hat sich in seinem Buch
Arma et Nummi : Forschungen zur römischen Finanzgeschichte und Münzprägung der Jahre 49 bis 42 v. Chr. intensiv mit dieser Ausgabe beschäftigt. Dabei hat er auch insbesondere die verschiedenen (Hort)funde analysiert. Zusammenfassend ist er zu den folgenden Ergebnissen gekommen:
Den Prägezeitraum kann man mit etwa Mitte April bis August des Jahres 49 v.Chr. eingrenzen. Dabei kommen als mögliche Prägeorte die Narbonensis um Massilia sowie später auch Hispania citerior in Frage. Geprägt in hohen Mengen aus dem Silber des römischen Staatsschatzes, den Caesar kurz vorher konfeszierte.
Ein kleiner Abriss der Ereignisse des Jahres 49 v.Chr.
Nach einem kurzen italischen Feldzug liess Caesar im April den römischen Staatsschatz, den seine Gegner bei ihrer überstürzten Flucht aus Rom zurückgelassen hatten, per Beschluss durch den in der Hauptstadt zurückgebliebenen Rumpfsenats überantworten und übernahm ihn daraufhin aus dem Saturntempel. Damit verfügte er über die gesamte reguläre Edelmetallreserve des römischen Staates, die nach Plinius (n.h. 33,56) auch 30.000 Silberbarren umfasste. Dieses Silber könnte in den nachfolgen Monaten in Form der Elefantendenare ausgeprägt worden sein.
Der Weg Caesars und seiner Legionen führte sodann nach Westen; zunächst in die Narbonensis, wo mit der Belagerung des pompeianischen Massilia begonnen wurde. Dann ging er nach Spanien, das Caesar schliesslich am 2. August 49 v.Chr. durch Ausschaltung der feindlichen Heere unter Afranius und Petreius in der Schlacht bei Ilerda für seine Sache sicherte.
Die Bedeutung der Darstellung
Der eher unspektakuläre Revers zeigt Priestergeräte: simpulum, Weihweder ("aspergillum"), securis und apex. Zu Recht erklärt die numismatische Forschung dieses Münzbild als Hinweis auf Caesars Amt des Pontifex maximus.
Die bemerkenswerte Tierkampfszene des Avers ist als symbolische Darstellung des Bürgerkrieges ("bellum civile") als Kampf zwischen Gut und Böse zu interpretieren, wobei der - als einziges Tier angeblich über Milde ("clementia") verfügende - Elefant für Caesar, die Drachenschlange aber für Pompeius stehen. Dirk Backendorf erweist in seinen Studien zu Fundmünzen der Antike die dargestelte Szene als in die Situation des beginnenden Bürgerkrieges passend: Wir haben es mit einer freien bildlichen Umsetzung der etwa von Plinius (n.h. 8,32-34) berichteten Auseinandersetzung zwischen
elephas und
draco zu tun, die einander bekämpften und in der Antike als klassische Duellanten im Tierreich galten.
Nach meiner persönlichen Einschätzung kann man sogar noch etwas weiter gehen und die Tierdarstellungen nicht nur auf die einzelnen Personen, sondern auf die gesamte Streitmacht der Kontrahenten ausdehnen. So konnte sich jeder einzelne Legionär der Armeen Caesars sicherlich mit der Kraft und Siegesgewissheit des Elefanten identifizieren. Aus diesem Blickwinkel heraus war dieses Motiv mit grösstem Geschick und Voraussicht gewählt; weitaus einprägsamer und sinnbildlicher und damit sicher auch kräftefördender als etwa andere Münzprägungen des Diktators, die auf seine Herkunft aus dem dem gens der Julier anspielen.
Es gibt jedoch auch andere Deutungen, die ebenfalls legitim sind, und daher auch noch erwähnt werden müssen. Dabei ist die "Drachenschlange" wohl das Objekt, das den meisten Diskussionsstoff bietet.
David Woods bezeichnet sie in seinem Aufsatz "
Caesar the Elephant against Juba the Snake" als "Schlange mit Kamm". Dieser Kamm heisst im lateinischen
iuba - nach Woods Meinung eine Anspielung auf den numidischen König Juba I.. Dieser schloss sich zu Beginn des Bürgerkrieges Pompeius an, und war damit ein Gegner Caesars. Aber auch vorher hat es schon Streit zwischen Juba i. und Caesar gegeben: Plutarch berichtet, dass bei einem Rechtstreit in Rom, woran beide beteiligt waren, Caesar in Rage geriet und Juba am Bart packte. Ausserdem zeigte sich, dass Juba kurz nach seinem Herrschaftsantritt territoriale Ansprüche verfolgte und sein Reich mit neuen Gebieten zu erweitern suchte. Wie im Bellum Africum überliefert ist, war sein Ziel die Stadt Leptis Magna. Letztendlich gelang luba durch die Allianz mit der Stadt ein sehr mächtiges Bündnis, welches ihm Waffen, Soldaten und Geld bescherte. Dass eine solch' schlagkräftige Allianzbildung vom römischen Staat gebilligt wurde, lässt sich nur damit erklären, dass die Senatspartei sich von dieser Vereinigung ebenso Vorteile erhoffte. Somit war Juba I. eine Bedrohung für die Caesarianer, und das war auch dem Diktator klar. Er sollte Recht behalten. Im Sommer 49 v.Chr. trafen die Legionen Caesars unter der Führung von Gaius Scribonius Curio auf die gegnerischen Truppen der Senatspartei und Juba I., wobei letztere in der Schlacht am Bagradas Caesars Armee vernichtend schlagen konnten.
Pompeius oder Juba?
Vorausgesetzt, dass man der Schlange einen Namen geben kann, wirft man jetzt die Fakten in die Waagschale. Für Juba spricht, dass Caesar ihm offensichtlich grosse Antipathien entgegensetzte und ihn als Bedrohung für die territorialen Ansprüche Roms in Numidien ansehen musste. Ob nun die Vernichtung der Armeen Caesars in der Schlacht am Bagradas eine Rolle spielte, ist von der (ungesicherten) Datierung des Elefantendenares abhängig. Die Darstellung des Kammes der Schlange und ihre lateinische Übersetzung mit iuba ist ein weiteres Indiz, kann aber auch nur Zufall sein.
Pompeius hingegen überquerte mit seinem Heer die Adria, um die Hilfstruppen des griechischen Ostens gegen Caesar zu mobilisieren. Aber anstelle ihn zu verfolgen, entschied Caesar anders: Er wollte vermeiden, dass in der Zwischenzeit das alte Heer des Pompeius, das mit nicht weniger als sieben Legionen in Spanien lag, gestärkt sowie Hilfstruppen und Reiterei rekrutiert würde und von dort ein Angriff auf Gallien und Italien während seiner Abwesenheit im griechischen Osten erfolgte. Somit beschloss er, nach Spanien zu gehen (Caesar, Bürgerkrieg 1,29 - 30,1). Hauptschauplatz des Geschehens und auch der Münzprägung des Elefantendenars waren damit der Marsch der Truppen Caesars nach Spanien mit dem Ziel, die gefährliche Hauptstreitmacht des Pompeius zu vernichten.
Nur der Vollständigkeit halber muss noch erwähnt werden, dass die Schlange manchmal auch als gallische Kriegstrompete ("Carnyx") interpretiert wird. Tatsächlich ist es so, dass sie auf anderen Münzen Caesars abgebildet ist, wobei der Kopf zwar ebenfalls schlangenförmig dargestellt wird, der Rumpf jedoch immer gerade, hingegen sich bei der Darstellung auf den Elefantendenaren grundsätzlich ein gebogener Körper zeigt. Ferner findet sich beim Elefantendenaren die Struktur der Haut des Elefanten gleichermassen auf dem Körper der Schlange wieder. Ich halte die These der gallischen Kriegstrompete daher für nicht haltbar.
Zusammenfassend bietet diese Münze nicht nur einen hohen historischen Wert - sie ist die erste Ausgabe Caesars und gleichzeitig die einleitende Prägung des Bürgerkrieges - sondern fasziniert auch noch durch die einzigartige Darstellung ihrer Tierkampfszene. Dies macht sie trotz der hohen Prägezahlen zu einer der beliebtesten und leider auch teuersten Münze der Römer.
Grüsse
Rainer