Mit diesem schönen As, dessen Bohrung auf eine spätere Verwendung als Schmuckstück (Halsketten-Anhänger?) schliessen lässt, verbindet sich eine interessante Begebenheit aus der Geschichte:
As des Kaisers Marcus Antonius
10. Dez. 176 - 1. Quartal 177 n. Chr.
Prägestätte: Rom
RIC 1192, BMC 1628, C 188
Gewicht: 14,7 g; Durchmesser: 25-27 mm
Avers: Kopf des Marcus Aurelius mit Lorbeerkranz n.r.
MARCVS ANTONINVS AVGVSTVS GERMANICVS SARMATICVS TRIBVNICIA POTESTATE XXXI
Marcus Antoninus, der Erhabene, der Germanenbezwinger, der Sarmatenbezwinger, Amtsgewalt des Volkstribunen zum 31. Mal
Revers: Ruderschiff n.l., an Deck sind vier Ruderer zu sehen; am Bug steht der nackte Meeresgott Neptun mit Dreizack in der Linken und Delphin (auf besser erhaltenen Münzen ist das Meerestier gut erkennbar; es handelt sich also nicht um ein aplustre) in der Linken; unter dem Heckverdeck, über dem sich das acrostolium erhebt, eine sitzende Figur mit erhobener Hand (hier kann es sich wohl nur um den Kaiser selbst handeln, denn der Steuermann eines Heckruders musste stehen, um es zu bedienen).
IMPERATOR VIII CONSVL III
FELICITATI AVGVSTI PATRIS PATRIAE
Imperator zum 8. Mal, Konsul zum 3. Mal
Dem Glück des Erhabenen, Vater des Vaterlandes
SENATVS CONSVLTO (unterhalb der Wellen)
Ende Okt./Anfang Nov. 176 n.Chr.* segelten die beiden Augusti von Athen nach Süditalien. Auf der Seereise nach Brundisium gerieten sie in einen
schweren Sturm und beinahe hätte Marcus Schiffbruch erlitten. „In der Historia Augusta ist überliefert, dass er in einen schweren Sturm geriet, sodass wir diese Prägung konkret mit einem Ereignis verbinden können. Er wurde begleitet von seinem Sohn Commodus, dessen Porträt ebenfalls bei diesen Serien mit einer entsprechenden Rückseitenlegende (FELICITATI CAES) erscheint“ (Schmidts, Schiffsdarstellungen auf Münzen der römischen Kaiserzeit, in: Schiffe und ihr Kontext, S. 110).
Neptun am Bug zeigt offensichtlich an, dass das kaiserliche Schiff während der Überfahrt unter seinem göttlichen Schutz stand und nicht in besagtem Sturm unterging.
* Die Abreise aus Athen ergibt sich aus der Chronologie der Reise von Ägypten nach Rom:
Die kaiserliche Familie verweilte den ganzen Winter 175/176 n.Chr. über in Alexandria, was durch die Widmung eines Tribunen der Legio II Traiana für Marcus Aurelius gestützt wird (CIL III 6578 = ILS 373). Im Frühjahr 176 n.Chr. brachen sie dann von Ägypten in Richtung Kleinasien auf und besuchten Antiochia (HA, Marc. 25, 12). Auf der Weiterreise verstarb dann plötzlich die Kaisergattin Faustina im Dorf Halala am Fusse des Taurus-Gebirges (Dio, LXXII 29, 1). Der Kaiser zog dann mit seinem Sohn Commodus weiter nach Smyrna (Ankunft im Spätsommer 176 n.Chr.); dort nutzte der Kaiser seinen mehrtägigen Aufenthalt, um den Redner Aristides zu hören (Philostr. Vit. Soph. II 9, 2, S. 87). In Athen kamen Marcus und Commodus zur Zeit der grossen Eleusinien an (Sep. - Okt.) und ließen sich hier in die eleusinischen Mysterien einweihen (Dio LXXII 31, 3; HA, Marc. 27, 1).
Auf dem Revers sind in den Feldern diagonale, leicht erhabene Linien erkennbar. Ich gehe davon aus, dass sie dadurch auf dem Münzschrötling entstanden, weil die Oberfläche des Oberstempels vor dem Prägebeginn grob geglättet wurde. Wäre im Gegensatz dazu der ungeprägte Münzschrötling geglättet worden, so sollten stattdessen konzentrische Ringe zu sehen sein.