Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Perinawa
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Perinawa » Di 02.03.21 11:10

Zwerg hat geschrieben:
Di 02.03.21 10:49
Ich habe mir übrigens abgewöhnt, mich bei komplizierten juristischen Fragen auf google und Wikipedia zu verlassen.
Lobenswert!

Denn auch in dem von antoninus1 erwähnten Verbot gibt es Hintertürchen und Schlupflöcher. Und wayne interessiert's am Ende?
Unanfechtbare Wahrheiten gibt es überhaupt nicht, und wenn es welche gibt, so sind sie langweilig

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antoninus1
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von antoninus1 » Di 02.03.21 11:17

Ja, so ist das leider. Gesetze (und Steuerregelungen) werden von Fachleuten für Fachleute gemacht. Und dazwischen irrt dann der Bürger herum :)
Gruß,
antoninus1

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Xanthos
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Xanthos » Di 02.03.21 14:00

antoninus1 hat geschrieben:
Di 02.03.21 10:39
Aber sehe ich das richtig? Dieses Vorgehen ist in Deutschland eigentlich verboten, oder?
Ich kenne mich mit dem Deutschen Gesetz zu wenig aus, könnte mir aber vorstellen, dass es zumindest Richtung unlauteren Wettbewerb geht, wenn das Auktionshaus selbst Gebote abgibt oder über dritte angeben lässt, um den Zuschlag zu beeinflussen.

Auch wenn man bei einigen Auktionen ziemlich schnell das Gefühl bekommt, dass nicht alles sauber läuft, fehlt es aber fast immer an beweisen, da das Auktionshaus alle Karten in der Hand hat und man von aussen keinen Einblick hat.

Bei online Auktionen, bei denen der Gebotsverlauf öffentlich einsehbar ist, gibt es aber einen kleinen Trick, um festzustellen, ob es z.B. zu Shill-Bidding gekommen sein könnte (ob live oder timed spielt dabei kein Rolle): Ist das zeitlich letzte Gebot statistisch gesehen überproportional häufig nicht das gewinnende Gebot, werden die Zuschläge wohl künstlich erhöht. Je höher die Überproportionalität, desto höher die Wahrscheinlichkeit der Manipulation.

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von didius » Di 02.03.21 18:37

Ich hab mich vor Jahren mal über solches Vorgehen total aufgeregt. Hab dann aber in den AGBs nachlesen können, dass man sich das Recht sogar explizit eingeräumt hat.
Seit dem hab ich mir angewöhnt erst in die AGBs zu schauen bevor ich da biete. Das ein oder andere Auktionshaus ist dann halt raus.
Daniel

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von richard55-47 » Di 02.03.21 18:55

Shillbidding ist mit Sicherheit zivilrechtlich und strafrechtlich verboten.
Zivilrechtlich:
Die Konstruktion hierbei ist doch, dass A und B einen Vertrag abschließen, um einen oder mehrere Dritte C zu veranlassen, ein höheres Gebot abzugeben, wobei das eigene Gebot absprachegemäß nicht ernsthaft gemeint ist. B ist nicht wirklich daran interessiert, das von A auktionierte oder über eine Plattform angebotene Objekt zu ersteigern bzw. A will nicht, dass B das Objekt ersteigert.
Es liegt ein gemäß § 117 I BGB nichtiges Scheingebot des B vor. Da dies für C nicht erkennbar ist, stellt sich der Vorgang als sittenwidrig heraus, der den touch eines Vertrages zu Lasten Dritter hat.
Natürlich gilt dies auch, wenn A auf seine eigenen Auktionsangebote bietet.
Strafrechtlich:
Betrug - § 263 StGB -

Der Beitrag von didius und meiner haben sich überschnitten.
Die von didius erwähnten AGBs möchte ich gerne sehen. Nicht, dass ich seinen Worten nicht glaube, aber dass ein Auktionshaus so dumm ist, per AGB seine Bereitschaft, eine strafbare Handlung vorzunehmen, kundzutun, schlägt, wie man so schön sagt, dem Fass den Boden ins Gesicht. Ich halte diese Klausel auch nicht für ausreichend, die rechtliche Seite auszuhebeln.
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von LordLindsey » Fr 05.03.21 21:44

Xanthos hat geschrieben:
Di 02.03.21 09:30

Ein Deutsches Auktionshaus treibt dieses Vorgehen auf die Spitze, indem es Münzen, die es nicht verkaufen kann, in der Auktion absichtlich hoch zuschlägt, in der Hoffnung, diese in einer Folgeauktion dann effektiv zu einem hohen Preis verkaufen zu können (die Leute sehen dann den Zuschlag aus der vergangenen Auktion in den Archiven, und meinen, die Münze sei effektiv soviel wert).
Diesen Verdacht hatte ich auch schon einige Male. Mir ist der hohe Zuschlag aufgefallen, und schwups war das selbe Stück in der nächsten Auktion wieder da...

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Xanthos » Sa 06.03.21 12:09

Das Spiel geht noch weiter: Das Auktionshaus hat eine Zweigniederlassung in der Schweiz (unter einem anderen Namen). Da kann man dann beobachten, wie diese Münzen im Abstand von 1-2 Jahren hin und her wandern. Das ganze mag sich wie eine schlechte Verschwörungstheorie anhören, ist aber in den Archiven sehr einfach zu verfolgen.

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Xanthos » Sa 06.03.21 12:14

richard55-47 hat geschrieben:
Di 02.03.21 18:55
Die von didius erwähnten AGBs möchte ich gerne sehen. Nicht, dass ich seinen Worten nicht glaube, aber dass ein Auktionshaus so dumm ist, per AGB seine Bereitschaft, eine strafbare Handlung vorzunehmen, kundzutun, schlägt, wie man so schön sagt, dem Fass den Boden ins Gesicht. Ich halte diese Klausel auch nicht für ausreichend, die rechtliche Seite auszuhebeln.
@richard55-47, ich glaube Didius sprach von CNG, einem amerikanischen Auktionshaus. Dort steht oder stand das mal in den Auktionsbedingungen, wenn ich mich recht erinnere.

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von KarlAntonMartini » Sa 06.03.21 12:22

Xanthos hat geschrieben:
Sa 06.03.21 12:09
Das Spiel geht noch weiter: Das Auktionshaus hat eine Zweigniederlassung in der Schweiz (unter einem anderen Namen). Da kann man dann beobachten, wie diese Münzen im Abstand von 1-2 Jahren hin und her wandern. Das ganze mag sich wie eine schlechte Verschwörungstheorie anhören, ist aber in den Archiven sehr einfach zu verfolgen.
Das Motiv dahinter könnte Steuerersparnis durch Gewinnverschiebung sein. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von richard55-47 » So 07.03.21 10:08

Xanthos hat geschrieben:
Sa 06.03.21 12:14

@richard55-47, ich glaube Didius sprach von CNG, einem amerikanischen Auktionshaus. Dort steht oder stand das mal in den Auktionsbedingungen, wenn ich mich recht erinnere.
In jedem US-Staat kann man x Jahre für Kleinstdelikte ins Kittchen kommen und wird im Anschluss daran noch lebenslang als Krimineller geführt. Shillbidding dürfte wohl auch dort das Interesse des Staatsanwaltes wecken und zivilrechtlich zu Schadenersatzansprüchen führen. Das hat CNG wohl nicht bedacht, als die ABG entwickelt wurden.
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von Xanthos » So 07.03.21 10:36

Hier der entsprechende Absatz aus deren Auktionsbedingungen:

1. The property listed in this catalogue is offered for sale by CNG for itself and as agent for various owners and other consignors. We reserve the right to reject any bid, to determine the opening price, to set bidding increments, to vary the order of the auction, to reopen bidding in the case of a dispute, to withdraw any lot, to bid on behalf of CNG, to bid on behalf of the consignor, to permit the auctioneer to bid on his own behalf, and to permit the consignor to bid on his own lots. CNG may loan or advance money to consignors or prospective bidders, and may have an interest other than commission charges in any lot. CNG may bid on its own account as an “insider” with information not available to the public.

https://cngcoins.com/Terms+of+Use.aspx

Neben dem Bieten im eigenen Namen wird auch erwähnt, dass CNG im eigenen Namen Ware verkauft. Das Auktionshaus kann so also im Prinzip Münzen kaufen, diese dann in den Auktionen anbieten und wiederum selbst darauf bieten, um den Preis zu erhöhen (shill bidding), da es bei Vorgeboten das Maximum der Bieter kennt. CNG ist damit keine Ausnahme, nur ist es eines der einzigen Auktionshäuser, das dies ganz offen und ehrlich so in den Auktionsbedingungen schreibt.

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von antoninus1 » So 07.03.21 10:48

Mir ist das vor Jahren schon aufgefallen und andere Sammler und Händler hatten das bestätigt. In den USA ist das rechtlich in Ordnung.
Gruß,
antoninus1

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von andi89 » So 07.03.21 10:49

richard55-47 hat geschrieben:
Di 02.03.21 18:55
Die Konstruktion hierbei ist doch, dass A und B einen Vertrag abschließen, um einen oder mehrere Dritte C zu veranlassen, ein höheres Gebot abzugeben, wobei das eigene Gebot absprachegemäß nicht ernsthaft gemeint ist.
Vorweg: ich bin kein Jurist, ob das ganze also juristisch erlaubt ist oder nicht kann ich nicht einschätzen.
So wie du es hier darstellst verstehe ich das ganze nicht. C hat doch sein (Maximal)gebot schon abgegeben, wenn A und B in Aktion treten. Es kann also nicht davon die Rede sein, dass C zur Abgabe eines höheren Gebots veranlasst wird. Sein Gebot wird halt nur maximal ausgenutzt.
Beste Grüße
Andreas
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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von didius » So 07.03.21 11:30

andi89 hat geschrieben:
So 07.03.21 10:49
richard55-47 hat geschrieben:
Di 02.03.21 18:55
Die Konstruktion hierbei ist doch, dass A und B einen Vertrag abschließen, um einen oder mehrere Dritte C zu veranlassen, ein höheres Gebot abzugeben, wobei das eigene Gebot absprachegemäß nicht ernsthaft gemeint ist.
Vorweg: ich bin kein Jurist, ob das ganze also juristisch erlaubt ist oder nicht kann ich nicht einschätzen.
So wie du es hier darstellst verstehe ich das ganze nicht. C hat doch sein (Maximal)gebot schon abgegeben, wenn A und B in Aktion treten. Es kann also nicht davon die Rede sein, dass C zur Abgabe eines höheren Gebots veranlasst wird. Sein Gebot wird halt nur maximal ausgenutzt.
Beste Grüße
Andreas
Eben, aber nur weil das Auktionhaus Insider Wissen hat. Natürlich gebe ich manchmal Gebote bis zur Schmerzgrenze ab, in der Erwartung, dass das Niemand sonst macht. Nur wird dies dann ausgenutzt - zu meinem Schaden.

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Re: Auktionen mit lächerlich niedrigen Schätzpreisen

Beitrag von richard55-47 » So 07.03.21 11:38

Ich kenne die US-Gesetze nicht, kann also nicht klipp und klar sagen, ob shill bidding in Ordnung ist oder nicht.
@andi89: Der Zeitpunkt, in dem A und B die Vereinbarung treffen, ist doch an sich ohne Belang. C gibt ein persönliches Höchstgebot ab, sagen wir 1.000,00 €. Als er das Gebot abgibt, liegt der Startausruf bei 1,00 €. Bleibt C der einzige Bieter, kann er also den Gegenstand für 1,00 € erwerben. B (oder A) verhindert das mit einem höherem Gebot, das nur in der Absicht abgeben wurde, den Preis für C hochzutreiben, nicht aber, um selber zu ersteigern. Der Schaden des C liegt in der Differenz. Und falls B einen höheren Betrag als C bietet, muss C entweder ein weiteres - höheres - Gebot abgeben oder passen. Das Scheingebot zwingt ihn also ggfs. zu einer Mehrausgabe, verursacht ihm also einen Schaden.
Wenn A ehrlich kartet, bietet er seinen Gegenstand zu einem ihm genehmen Mindestpreis an. Jedes diesen Mindestpreis übersteigende Gebot ist ein willkommenes Zubrot. Wer aus irgendwelchen Gründen einen Gegenstand zu einem lachhaften Mindestpreis in die Auktion setzt und selber oder mittels eines Dritten durch Gebote den Preis hoch treibt, gibt eine Willenserklärung ab, die nicht ernsthaft gemeint ist, diesen Eindruck aber erweckt.
do ut des.

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