Die Tetrarchie auf Münzen

Kaiser, Dynastien und Münzstätten

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mike h
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von mike h » Di 16.03.21 13:24

So kann man es natürlich auch sehen.
Aber ich denke, das in einer Münzstätte mehrere Stempelschneider gleichzeitig beschäftigt waren.
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Lucius Aelius
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » Mi 24.03.21 08:49

Von einem Händler aus Prag gab's für 20,- EUR diesen Spätrömer. Zwar ist die Erhaltung nur mittelmäßig, aber die säugende Wölfin ist eine nette Bereicherung der Dioskurendarstellung.

Follis des Maxentius
Mitte - Ende 309 n.Chr.
Prägestätte: Ostia, 1. Emission, erste officina monetae
RIC 16
Gewicht: 5,15 g


Avers: Büste des Maxentius mit Lorbeerkranz n.r.
IMP C MAXENTIVS P F AVG

20210323_185513.jpg

Revers: Die nackten Dioskuren (sie tragen einen chlamys um die Schultern und einen pilos mit Stern auf dem Kopf) stehen einander gegenüber und halten in der einen Hand das Zaumzeug ihrer Pferde Xanthe und Cyllare, in der anderen einen Speer; dazwischen die miniaturiseirte lupa Romana, welche die Zwillinge Romulus und Remus säugt.
AETERNITAS AVG N
MONETA OSTIA A (im Abschnitt)

20210323_185450.jpg

Infolge der langen Abwesenheit der amtierenden Kaiser – Maximianus residierte in Mediolanum und Diocletianus in Nikomedia – hatte sich in Rom Unzufriedenheit angesammelt. Der stadtrömischen Bevölkerung offenbarte sich, dass die Bevorzugung jener Provinzstädte keine Marotte des Altkaisers Diocletianus, sondern Bestandteil des System seiner eingeführtenTetrarchie war: „Zu Recht wurde in der Forschung festgestellt, dass das Prinzip der Gleichheit der vier Herrscher es nicht ertragen hätte, wenn einer aus dem Kolleg in Rom residiert hätte. Die auctoritas der Stadt hätte den hier residierenden Herrscher soweit von den anderen Mitregenten abgehoben, sodass er nolens volens das System der aequitas und concordia gesprengt hätte. ... Rom als ideelles Zentrum des Weltreiches konnte und sollte nicht durch die Residenzen ersetzt werden. Rom konnte insofern von den Tetrarchen zwar aufgesucht werden, doch als Residenz schied für sie die Hauptstadt des Imperium Romanum mithin prinzipiell aus“ (Kritzinger, Kaiserresidenzen in tetrarchischer Zeit, S. 1).
Als dann noch Gerüchte die Hauptstadt erreichten, Galerius plane, die römische Bevölkerung, so wie jede andere Stadt im Reich, der Kopf- und Vermögenssteuer zu unterwerfen* und zudem die Prätorianergarde aufgelöst werden sollte, kam es in Rom zu Unruhen. Eine Gruppe von Garnisonsoffizieren wandte sich daraufhin an Maxentius, den Sohn des abgedankten Kaisers Maximianus, und trug ihm das Amt des Augustus vor. Den Präzedenzfall hatte drei Monate zuvor Constantinus, Sohn des verstorbenen Kaisers Constantius Chlorus, mit seiner eigenmächtigen Erhebung zum Augustus geÜber die Gründe und den Zeitpunkt der 309 n.Chr. eröffneten neuen Münzstätte Ostia gibt es unterschiedliche Meinungen, nicht zuletzt wegen der Nähe zur Münzstätte Rom:
Carson / Kent behaupten, Ostia wäre mit dem Personal der Mitte / Ende 307 n.Chr. geschlossenen Prägstätte Karthago besetzt worden war. Allerdings ähneln die in Ostia hergestellten Münzen den stadtrömischen weitaus mehr als denen aus Africa.
Jelocnik ist der Meinung, dass die Münzstätte Ostia geschaffen wurde, um mit dem Geld eine bevorstehende Invasion in Africa** zu finanzieren. Afrika war von evidenter Bedeutung für Maxentius, denn Ägypten befand sich in der Hand von Maxentius’ Kontrahenten Galerius und wir dürfen Kornlieferungen von dort als äußerst unwahrscheinlich ansehen.
Hendy glaubt, dass die Münzstätte Rom für das italische Festland produziert hat, während die Münzen von Ostia ihre Verbreitung in Sizilien, Sardinien und Africa fanden. Diesen Vorschlag konnte anhand der Analysen von Hortfunden widerlegt werden.
Albertson kommt zu folgenden Schlussfolgerungen: Zwischen der Schliessung der Münzstätten Karthago 307 n.Chr. einerseits und Ticinum und Aquileia 310 n.Chr. andererseits liegt die Gründungszeit des Prägeorts Ostia, der wahrscheinlichste Zeitpunkt wäre Anfang bis Mitte 309 n.Chr. Ostia war Teil des Konzepts von Maxentius, die Münzproduktion in der Nähe von Rom zu zentralisieren und gleichzeitig die Produktion der Edelmetallmünzen in einem stabileren Umfeld als dem der turbulenten Hauptstadt fortzusetzen. Die ersten Münzen aus Ostia waren aus Gold und Silber*** und tragen das Münzzeichen POST, danach folgten Argentei mit MOSTA, MOSTB, MOSTAΓ und MOSTΔ. Die ersten Follesprägungen kennzeichnete man ebenfalls MOSTA bis MOSTΔ. Sie wurden jedoch schon bald von Bronzeprägungen mit lateinischen statt griechischen officina-Zeichen abgelöst – MOSTAP, MOSTS, MOSTT sowie MOSTQ. Albertson kam bei seiner Beschreibung von Hortfunden maxentianischer Münzen zu dem Ergebnis, dass die Münzen aus Ostia nicht nur auf nur eine bestimmte Region verteilt wurden, sondern in allen Gegenden, wie ihre Gegenstücke aus Rom, umliefen. Ostia hatte die Funktion, die Produktion von Folles in Rom zu unterstützen.

306 M.jpg


Nachdem Constantinus am 28. Okt. 312 n.Chr. Maxentiusin der Schlacht an der Milvischen Brücke besiegt hatte, blieb diese Münzstätte noch bis Mai oder Juni 313 n.Chr. in Betrieb (Maurice) und prägte für die beiden Augusti Constantinus und Licinius. Nach Albertsen begannen um den 31. März 313 n.Chr. die Vorbereitungen der von Constantinus beschlossenen Verlegung der Prägestätte nach Arles. Die gesamte Belegschaft von Ostia wurde dorthin versetzt, mit Ausnahme des Chefgraveurs; Albertsen und Andreas Alföldi schlugen deshalb, dieser sei zwischenzeitlich gestorben.
Picozzi (Un ripostiglio di folles di Massenzio, 1964) berichtete über einen Hortfund, der aus 695 Folles bestand – 510 Stücke stammten aus Aquileia, 85 aus Rom, 57 aus Ticinum und 43 aus Ostia****, aber kein einziges Stück aus Karthago.Wie sich die exklusive Nähe zwischen Herrscher und Gottheit in der Verwandtschaftsbeziehung des jeweiligen Tetrarchen und seinem Schutzgott Iovi bzw. Hercules versinnbildlichte können wir bereits bei den vorangegangenen Münzen der Tetrarchie sehen. Die Hinwendung des Maxentius zu der spezifischen Gottheit Roma „zeigt dabei aber zugleich die politische Abwendung vom System der Tetrarchie. … [Schon] die Münzen des 3. Jh. [unterschieden] zumeist klar zwischen einer städtisch-römischen aeternitas und der aeterniats Augusti … Erst in der zweiten Hälfte des 3. Jh. verschmolzen gelegentlich städtische und kaiserliche Ewigkeitsidee wie auf den Münzen des Probus oder des Carausius. Unter der Tetrarchie brachen solche Bezüge zur Roma aeterna dann wieder ab und wurden durch die Deklaration einer jetzt von Jupiter und Herkules hergeleiteten aeternitas Augusti ersetzt. Roma selbst ging in dieser tetrarchischen Ewigkeit auf … Allerdings war Maxentius, mehr noch als Konstantin, durch seine Anwesenheit in Rom dauerhaft an den Tempel der Roma aeterna gebunden. … Diese lokal gebundene aeternitas reaktivierte zugleich die Mythen- und Bilderwelt der Roma aeterna … und betonte damit den Unterschied zum tetrarchischen System der Iovii und Herculii. [Folglich] erschienen unter Maxentius erneut Bilder und Schlagworte aus dem Umkreis der stadtrömischen aeternitas-Symbolik, während Sol und die personifizierte aeternitas fehlen“ (Ziemssen, Das Rom des Maxentius, Dissertation 2011, S. 129 f.).

* „Als die Provinzen Gelegenheit gaben, ein Staatseinkommen aufzutreiben, das den [römischen] Bürgern nichts kostete,… da sank die Bürgersteuer mit der Nothwendigkeit, sie zu erheben auch an Bedeutung und … seit der Schlacht bei Pydna (168 v.Chr.), welche Macedonien zur Provinz machte, wurde kein tributum mehr erhoben“ (Vocke, Die directen Steuern der Römer, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 1859, Bd. 15, H. 4, S. 670). Laktanz (De mortibus persecutorum, 26, 2) berichtet, Galerius sei eben zu der Zeit, als Maxentius zum Augustus erhoben wurde, im Begriff gewesen, die Schatzungsbeamten zu ernennen, um Anfang 307 n.Chr. den Census im Rahmen der diocletianischen Steuerordnung zu beginnen.

** Als Maxentius den Sohn von Valerius Alexander, dem vicarius (Statthalter) Africae als Geisel forderte, um die Treue der afrikanischen Truppen sicherzustellen, verweigerte dieser die Auslieferung und ließ sich stattdessen 308 oder 309 n.Chr. zum Augustus proklamieren (wohl in Anlehnung an den früheren Kaiser Aurelianus nannte er sich fortan Domitius Alexander). Weil Rom von den afrikanischen Getreidelieferungen abhängig war und die Usurpation offenbar zu Unruhen in der stadtrömischen Bevölkerung führte, musste Maxentius schnell reagieren. 309/10 schickte Maxentius seine Prätorianerpräfekten Rufius Volusianus und Zenas mit einer kleinen Streitmacht nach Africa, wo sie einen raschen Sieg gegen Alexander erfochten. Der Usurpator wurde gefangen und wenig später hingerichtet.

*** Nachdem in Ostia die Produktion von Aurei und Argentei angelaufen war, wurde die von Rom gestoppt und die stadtrömische Prägestätte stellte ab Ende 309 n.Chr. bis zum Ende der Regentschaft des Maxentius nur noch Bronzefolles her. Die letzte datierbare Edelmetallausgabe in Rom erinnerte an das erste Konsulat des Maxentius vom 20. April 308 n.Chr. Die Gestaltung der Münzen zeigen,dass man den Hauptgraveur von Rom nach Ostia schickte, nachdem die dortige Gold- und Silberprägung eingestellt worden war.

****
AET AVG N.jpg
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » Di 30.03.21 07:48

Die schönsten und interessantesten Münzen des bereits in der Agonie liegenden politischen Systems der Tetrarchie brachte wie ich finde Maximinus II. heraus:
Follis des Kaisers Maximinus II.
312 n.Chr.
Prägestätte: Antiochia
RIC 164b
Gewicht: 4,8 g


a Daia.jpg
b Daia.jpg

Avers: Büste des Galerius mit Lorbeerkranz n.r.
IMPERATOR CAESAR GALERIVS VALERIVS MAXIMIANVS PIVS FELIX AVGVSTVS

Revers: nackter Genius mit chlamys um die Schultern und einem kalathos auf dem Kopf steht n.l., in der Linken cornucopiua, in der Rechten eine ihn anblickende Sol-Büste
GENIO AVGVSTI
Stern / AI (im Feld)
Emissionszeichen / griechische Zahlenbuchstaben „1+10“ für die elfte officina monetae
ANTIOCHIA (im Abschnitt)

Antiochia prägte diesen Münztyp für Licinius (RIC 164a), Maximinus II. (RIC 164b) und Constantinus (RIC 164c). „ANT ist bei den Billonmünzen von 284 bis 320 verwendet worden“ (van Heesch, The last civic coinages and the religious policy of Maximinus Daza, in: Numismatic Chronicle 153, S. 69). 311 n.Chr. besaß die Prägestätte 10 officinae, 312 n.Chr. erhöhte sich deren Anzahl auf 15 (van Heesch, ebd., S. 70, Anm. 22). „Die officina-(Werkstätten-)Nummern, die im Feld unserer Serie erscheinen … [treten] bei Antiochia nur in zwei Abschnitten auf: von 299 bis 312 und von 325 bis 330“ (van Heesch, ebd., S. 69).

Maximinus war der Neffe von Galerius. Er hatte zwei Kinder, die nach des Vaters Tod 313 n.Chr. von Licinius getötet wurden: den achtjährigen Sohn Maximus und eine siebenjährige Tochter, die mit Candidianus († 313 n.Chr.), dem illegitimen Sohn des verstorbenen Kaisers Galerius, verlobt worden war (Laktanz, ebd., 50, 6).
Am 1. Mai 305 n.Chr. zum Caesar des Ostens erhoben. Über die Ernennung von Licinius zum Augustus im Nov. 308 n.Chr. war er sehr erbost und Galerius bat den Neffen wiederholt, sich seiner Anordnung zu fügen. Schließlich gab der Altkaiser nach und ernannte Maximinus und Constantinus zu filii Augustorum(1), um ihr unabänderliches Recht zu betonen, dass sie „ihrem“ Augustus in der Kaiserwürde nachfolgen würden. Doch 310 n.Chr. teilte Maximinus dem Galerius mit, dass er bei der letzten Generalversammlung seiner Armee von den Soldaten als Augustus begrüsst worden sei (2). Betrübt und verärgert verfügte der vermutlich bereits erkrankte Altkaiser resignierend, dass nunmehr alle vier Tetrarchen den Kaisertitel tragen sollen (Laktanz, ebd., 32, 1-5); dieser Moment markierte lt. Simon Corcoran das formale Ende des tetrarchischen Systems.

Nach dem Tod des Galerius am 5. Mai 311 n.Chr. sah Maximinus seine dringlichste Aufgabe darin, sich Kleinasien zu sichern. Maximinus eilte mit einem Reiterheer bis zum Marmararmeer, wo er auf Licinius stiess 3. „Mit Heeresmacht hielten sie die gegenüberliegenden Ufer besetzt; doch einigte man sich unter bestimmten Bedingungen zu Friede und Freundschaft. Mitten auf der Meerenge wird das Bündnis geschlossen und durch Handschlag bekräftigt“ (Laktanz, ebd., 36, 6). Die Diozösen Asia und Pontica gingen damit offiziell auf Maximinus über. Das Treffen zwischen den beiden Augusti wird um den 4. Juni stattgefunden haben. Danach reiste Licinius umgehend nach Serdica, wo er am 10. Juni 311 n.Chr. ein Dekret erließ, das mit der Tafel von Brigetio (AE 1937, 232) verbürgt ist. Das angespannte Verhältnis zwischen Maximinus und Licinius lässt sich u.a. vom Hortfund von Ankara ableiten. „Von den nicht geringen Mengen, die Licinius nach 311 in seinem Reichsteil hat prägen lassen, [findet sich] kein Stück in unserem Schatz ... [und bestätigt] auf das beste die schon von Kienast herangezogene Nachricht der Kirchengeschichte des Eusebius, wonach während der 10jährigen Christenverfolgung (also ab 303, richtiger wohl ab 305/06) solches Mißtrauen zwischen den einzelnen Herrschern bestanden hat, ,daß das Meer nicht mehr befahren wurde‘ und wer von anderswo herkam, gleich als Spion verdächtigt, gefoltert und getötet wurde. Darüber hinaus sei gerüstet worden, weil man Furcht vor feindlichen Angriffen gehabt habe“ (Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte, Bd. XXVI, S. 101). Obwohl Maximinus später die Annäherung zum Usurpator Maxentius gesucht haben soll, war er stets um ein gutes Verhältnis zu Constantinus, dem Augustus des Westens, bemüht. Möglicherweise aus Angst vor Constantinus und Licinius änderte Maximinus im Dez. 312 n.Chr. ganz unerwartet seine feindliche Haltung gegenüber den Christen, was im Mai 313 n.Chr. in einem Edikt gipfelte und den Christen die Rückgabe von Privilegien und Besitz versprach.

Hortfunde aus der Zeit der Tetrarchie geben uns einen interessanten Einblich in den Geldumlauf jener Zeit. Der wohl anlässlich des Einmarsches Maximinus II. in die Provinz Galatia Ende Mai 311 n.Chr. von einem Privatmann vergrabene Hortfund von Ankara (883 Æ-Münzen aus der Zeit 270-310 n.Chr.[Tabelle 1 und 2]) wirft aufgrund seiner Zusammensetzung (⅔ Aureliani, ⅓ Folles), „erneut die Frage auf, in welchem Verhältnis der Follis zum alten Antoninianus [= Aurelian] stand, und ob der Antoninian etwa als Teilstück des Follis weiter Kurs hatte [4].
Den Follesfunden des Westens sind nämlich so gut wie gar keine Antoniniane beigemischt. In den Funden von Market Stainton (England) [vergraben 297 n.Chr.], Marmagen (Eifel) [vergraben bald nach 310 n.Chr.], Heddert bei Zerf (Bez. Trier) [vergraben 307 n.Chr.], Emmersweiler (Saar) [vergraben 297 n.Chr.], Little Malvern (England) [vergraben 305 n.Chr.], Ghlin (Hainaut/Frankreich) und Kellmünz (Oberbayern) [vergraben 307 n.Chr.] sowie einem Fund aus Gallien fehlen sie ganz. Im Schatz von Seltz (Elsaß) [vergraben 306/07 n.Chr.] stehen 1 Antoninian 3.990 Folles gegenüber. Der Fund von Bliesmengen-Bolchen (Saar) [vergraben 318 n.Chr.] enthält 8 Antoniniane ... gegenüber 887 Folles. Der Schatz von Wettolsheim (Elsaß) [vergraben 314 n.Chr.] brachte 1.082 Folles und 3 Antoniniane. Im Fyfield-Hort (England) fanden sich 2.015 Folles und 1 Antoninian. Im Schatz von Little Orme’s Head (North Wales) [vergraben 318/19 n.Chr.] waren unter 5.027 Münzen 6 Antoniniane, alle übrigen Münzen waren Folles oder Teilstücke von Folles. Der große Sammelfund von Dalheim (Luxemburg) [vergraben 314 ? n.Chr.] schließlich enthielt 14.299 Münzen, unter denen nur 8 Antoniniane waren, der Rest bestand ausschließlich aus Folles. … Allerdings gibt es einige wenige nach 293 schließende Funde, in denen der Anteil der Antoniniane wesentlich höher ist als in den oben angeführten Schätzen. So enthält der Fund von Evenley (Northamtonshire) [vergraben 307/ 310 n.Chr.] 705 Antoniniane und 2.448 Folles, der Hort von Montbouy (Mittelfrankreich) [vergraben 310 n.Chr.] 1.106 Antoniniane, 2 Denare und 2.202 Folles, und der Schatz von Ettelbrück (Luxemburg) [vergraben 297 n.Chr.] 1.874 Antoniniane und 123 Folles”.
Im Gegensatz zum Münzschatz von Ankara spiegeln die Hortfunde von Evenley, Montbouy und Ettelbrück „ein für viele Antoninianfunde des Westens typische Bild” wider, nämlich den Höhepunkt der Antoninian-Inflation der späten 260er Jahre bis zur Münzreform des Kaisers Aurelianus 274 n.Chr. [Tabelle 3]. Man kann „daraus nur schließen, daß die Antoniniane dieser Funde lediglich um ihres Metallwertes willen gehortet wurden. Man wird also daran festhalten dürfen, daß im Westen nach 293 die Antoniniane [einschließlich der Aureliane von 274 bis 293 n.Chr.] ganz außer Kurs gesetzt waren und der neue Follis die allein gültige Bronzemünze darstellte ... [während] der Antoninian im Osten auch nach 293 einen gewißen Kurswert behalten haben muß. ... Tatsächlich brachte die Münzstätte Alexandria noch während der dritten Tetrarchie [306-308 n.Chr.] neben den Folles gelegentlich Antoniniane [= Aureliane] aus. ... Erst nach der [Gewichts-]Reduktion des Follis [von 1/32 auf 1/42 röm.Pf. im Jahre 308 n.Chr.5] wurde die Weiterprägung der Antoniniane in Alexandria eingestellt.
... Wie es zu dieser unterschiedlichen Behandlung des Antoninianus im Osten kam läßt sich natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Man wird jedoch kaum fehlgehen mit der Vermutung, daß Diocletian aus technischen Gründen gezwungen wurde, den Antoninian im Osten nicht sofort zu verrufen. Während nämlich im Westen die Münzstätten Rom, Ticinum, Lugdunum und Trier und auf dem Balkan Siscia und Serdica ... einen verhältnismäßig großen Raum schnell mit dem neuen Geld versorgen konnten, reichten die beiden Münzstätten des Ostens Antiochia und Kyzikus offenbar nicht aus, um in kurzer Zeit das erforderliche neue Geld bereitzustellen und vor allem auch in Umlauf zu bringen. Die Kapazität von Herakleia und Tripolis war in der Antoninianzeit ohnedies minimal. Als nach der Gründung von Nikomedia, Thessaloniki und Alexandria [6] ein genügend großes Netz für die Geldversorgung des Ostens geschaffen war, hatte sich jedoch der Antoninian als Teilstück des Follis so eingebürgert, daß man ihn zunächst weiter in Verkehr beließ und erst aus dem Kurs zog, als der Follis selbst an Wert einbüßte [308 n.Chr.]. (Kienast, Der Münzfund von Ankara, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte, Bd. XII, S. 65 ff.)

1) Vgl. Papyrus (P.Stras. I 42, Zeilen 5-6) vom Feb. 310 n.Chr., der auf eine bereits herausgegebene Proklamation Bezug nimmt, in welcher Maximinius und Constantinus als Καίσαρες (Caesaren) und υίοϊ Σεβαστώυ (Söhne der Augusti) bezeichnet worden waren; wir wissen zwar nicht, wann die genannte Proklamation stattfand, es sollte aber höchstwahrscheinlich 309 n.Chr. gewesen sein. Ein anderer Papyrus (P. Oxy. XLVI 3270) vom Sep./Okt. 309 n.Chr. betitelt beide als Καίσαρες (Caesaren) und υίοϊ τώυ βασίλέώυ (Söhne der Könige).

2) Sutherland und Carlson schlugen vor, dass diese Akklamation am 1. Mai während der Feier seiner Quinquennalia stattgefunden habe.

3) Galerius war in Serdica gestorben, die Todesmachricht „wurde zu Nikomedien um Mitte Mai bekannt“ (Laktanz, ebd., 35). Da im Jahre 89 n.Chr. die Nachricht vom Aufstand des Saturninus gegen Kaiser Domitian trotz Winterzeit bereits nach zehn Tagen in Rom bekannt wurde (Entfernung Mainz - Rom betrug ca. 1.300 km), können wir annehmen, dass der sicherlich in seiner Residenzstadt Antiochia weilende Maximinus etwa nach 13 Tagen (Entfernung Serdica - Antiochia ca. 1.700 km) über das Ableben des Altkaisers informiert gewesen sein müsste. Da er unverzüglich mit seinen Reiterstaffeln nach Norden aufbrach, wird er im ca. 1.100 km entfernte Nicomedia in etwa 16 Tagen eingetroffen sein.

4) Seeck (1890) und Kubitschek (1894) nahmen an, dass die Aureliane nach der Einführung des Follis 293 n.Chr. völlig außer Kurs getzt wurden. Mommsen (1912) und Strauß (1954) glaubten hingegen, dass diese als Teilstück des Follis weiterhin in Umlauf blieben.

5) Böhnke, Ein unbekannter Abdikationsnummus des Diocletians aus Antiochia im Münzfuss 1/72, in: Schweizer Münzblätter 40, 199, S. 40-42.

6) Zuvor war diese Münzstätte mit der ägyptischen Landeswährung wohl ausgelastet. In den Jahren 294-296 n. Chr. liefen noch die alten Tetradrachmen und die neuen Folles nebeneinander her (Sutherland, JRS 45, S. 116 ff.).



1.jpg
2.png
(Tabellen aus: Kienast, Der Münzfund von Ankara, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte, Bd. XII)
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Pegasvs » Di 30.03.21 18:48

Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters :wink: Ich glaube die meisten Römerfreunde mit einer Abneigung gegen Münzen der späten Jahre haben dabei die stark "verunhübschten" Darstellungen des Maximinus aus Antiochia und Alexandria vor Augen. Mehr als ein "interessant" dürfte ihnen nicht zu entlocken sein.
Deiner hat eine besonders gut geprägte Rückseite. Ist der Silbersud wirklich so gut erhalten geblieben?
Ich habe noch einen Maximinus als Augustus mit Virtus aus Antiochia:

RIC VI 163 b (S)
Antiochia
Mai 311 - Mai 313
4,14g - 22mm

und im Vergleich dazu noch einen Follis aus der Zeit als Caesar vor Reduktion von 308:

RIC VI 20b oder 24a
Cyzicus
1. Mai 305 - Dezember 308
8,29g - 27-29mm
Dateianhänge
Maximinus Daia Cyzicus RIC24b.jpg
Maximinus Daia Antiochia RIC163b.jpg
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » Di 30.03.21 19:28

Hallo Pegasvs,

ja, der Silbersud schimmert bei meinem Stück noch recht deutlich auf der Oberfläche, in der Hand sogar noch mehr wie auf den Fotos.
Dein Virtus gefällt mir sehr, die Ähnlichkeit unserer beider Kaiserbüsten ist unverkennbar und im Hinblick auf den Prägeanlass (Armenienfeldzug des Maximinus) ist deine Münze natürlich ein besonders interessantes Stück.

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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von mike h » Mi 31.03.21 21:14

Jo, der Virtus ist schon toll!

Ich hab jetzt was lustiges entdeckt...
Schaut Euch mal die Rückseiten an.
Kamp0129.017.2AR01.jpg
Kamp0129.017.2AR02.jpg
Ich hab den Eindruck, das die Roma der ersten Offizin eine seltene Fehlbildung hat.

Martin
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 31.03.21 21:32

Einen seeehr langen rechten Arm?

Homer
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von mike h » Mi 31.03.21 21:54

Hallo Homer,
wenn ich die beiden "Übergabeszenen" vergleiche, finde ich nicht nur einen seeehr langen rechten Arm,
sondern zusätzlich einen sehr kurzen rechten Arm.
Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, die Dame hätte zwei rechte Arme.

Martin
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 31.03.21 22:06

Das kennt man so nur von Zaphod Beeblebrox. Interessant.

Homer ;-)
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Pegasvs » Mi 31.03.21 22:16

Ich mache mal den Spielverderber: Ich glaube das ist eine Kleidersaum.
Dateianhänge
Maxentius Aqui RIC113.JPG

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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von mike h » Mi 31.03.21 23:11

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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » Sa 03.04.21 11:31

Danke fürs Zeigen deines Follis, Pegasvs. Tolle Erhaltung & ein sehr schön geschnittener Stempel 👍
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Pegasvs » Sa 03.04.21 17:48

Hallo Lucius Aelius,
freut mich das er gefällt. Dann möchte ich noch die Vorderseite nachliefern. Es ist zwar nur die langweilige Kopf-nach-rechts Variante aber mir hat es die Erstabschlag mäßige Qualität angetan.
Grüße
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Maxentius Aqui RIC113.JPG
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Numis-Student (Sa 03.04.21 22:12)

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Lucius Aelius
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von Lucius Aelius » So 04.04.21 01:23

Danke. Ein Prachtsrück, Glückwunsch!
Gruss & schöne Ostern
Gruss
Lucius Aelius

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richard55-47
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Re: Die Tetrarchie auf Münzen

Beitrag von richard55-47 » Do 15.04.21 11:33

Dieses Prachtstück aus Karthago zeigt im Abschnitt ein N. Ich krieg das auf den Fotos nicht so hin, aber es ist so. Gehe ich recht in der Annahme, dass dieses N ein verunglücktes A ist? Die Bilder bei acsearch zeigen diverse Formen eines A, nur aus dem Begleittext als A zu erschließen. Offensichtlich war der künstlerischen Gestaltungsfreiheit Tür und Tor geöffnet.
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57 Diocletianus2.jpg
57 DiocletianusR2.jpg
57 DiocletianusR3.jpg
57 DiocletianusR3.jpg (11.21 KiB) 1028 mal betrachtet
do ut des.

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