Münze:
Annia Aurelia Galeria Lucilla 164 n.Chr.
Sesterz der römischen Kaiserzeit
Material: AE
Durchmesser: 30mm
Gewicht: 22,56g
Münzstätte: Rom
Erhaltung: VF
Rare: –
Provenienz: Roma Numismatic, London, 16.12.2021
Referenz: RIC III 1765
Avers:
Zu sehen ist der Kopf der Annia Aurelia Galeria Lucilla nach rechts. Die Inschrift lautet: LVCILLA AVGVSTA.
Das Münzbild für Frauen war natürlich von der Vorstellung des Principats als politischer Organisationsform abhängig. Da es nach der Definition des Augustus eine wiederhergestellte Republik und keine Monarchie war, gehörte die Frau nicht zu den offiziellen Repräsentanten des Systems. Ihre Rolle blieb undefiniert. Augustus selbst hat dann auch nicht seine Frau auf Münzen abbilden lassen, allenfalls spät in seiner Regierungszeit in einer Göttinnengestalt denkbar gemacht. Ein Grund für diese Zurückhaltung lag in der relativ offensiven Haltung des Antonius in diesem Punkt, der sowohl seine Gattin Octavia wie auch seine Gefährtin Kleopatra auf Reichsmünzen herausgestellt hatte. Gleichwohl war die Zahl der Prägungen im Osten für Livia überwältigend. Das stand zum einen in der Tradition des hellenistischen Herrscherinnenbildes, spiegelt aber auch die ansonsten häufige statuarische Repräsentation Livias im öffentlichen Raum und damit also die Wahrnehmung der Kaisergattin als Repräsentantin der Herrschaft.
Eine Sonderrolle nimmt die Prägestätte Alexandria ein, wo der Kaiser seine Gattin selbst auf Münzen darstellen ließ. Auffällig ist auch, dass gerade die Statthalter senatorischer Provinzen, die Frauen der Kaiser auf Münzen verewigen, etwa auf den kleinasiatischen Kistophoren. Sie hätten dies sicher nicht getan, wenn sie damit gegen ein Tabu der Regierungspraxis verstoßen hätten. In den Provinzen fällt die große Parallelität der Kaiserfrau auf Münzen zu ihrem Mann auf. Persönliche Bezüge kommen allenfalls in der julisch-claudischen Zeit vor, in der auch bereits ein wesentlicher Motivkanon entsteht, der später in stereotyper Weise übernommen wird. Neben den Themen Ehe und Familie, anfangs auch Kaiserkult, stehen lokale Götterbezüge im Mittelpunkt der Prägungen. Die aktivsten Prägeregionen sind Kleinasien und Griechenland; aber auch die coloniae in Africa und Spanien für die julisch-claudische Zeit sowie Thrakien tragen zum Prägeaufkommen bei. Klientelkönige an der Peripherie des Reiches prägen ausschließlich für die Frauen der julisch-claudischen Dynastie.
Seit Caligulas Principat tauchen Frauen relativ häufig auf römischen Münzen auf. Allerdings sind es die Flavier, die als erste ein eigenes frauenspezifisches Reversprogramm abbilden, das zwar in trajanischer Zeit – unter der Programmatik des Adoptivkaisertums – zunächst vorübergehend abreißt aber dann in ausgesprochen dynastisch orientierten Prägungen ab 112 n.Chr. die ganze Antoninenzeit über gängig bleibt und ergänzt wird. Zwei Aspekte treten bei den Prägungen für Frauen in den Vordergrund. Zum einen werden Frauen als Trägerinnen der Dynastie herausgestellt, zum anderen werden Tugenden oder Funktionen (zumeist der Gattin des Herrschers) propagiert, oder ihre besondere Nahbeziehung zu einzelnen Göttinnen thematisiert, was im Verlauf der Kaiserzeit einen immer stärker umfassenden Charakter annimmt, so dass die Frau des Kaisers neben dem Mann zur Garantin des Staatswohls stilisiert wird. Ihre tatsächliche, wie potentielle Reproduktionsfähigkeit konnte das ebenso garantieren wie ihre Tugendhaftigkeit.
In den Darstellungsformen fällt auf, dass frühe Abbildungen trotz eines relativ eindeutigen Porträts die Zuweisung vermeiden – etwa die Salus-Augusta Münze für Livia. Wenn Porträts eindeutig zugewiesen sind, wie bei Agrippina maior oder Antonia minor, sind die Abgebildeten bereits tot. Caligulas Schwestern, die als erste lebende Frauen mit Namen abgebildet werden, sind zugleich als Personifikationen von Gottheiten, gleichsam stereotyp statuarisch und entindividualisiert dargestellt und durch die mitgeführten Attribute ausgewiesen. Für Agrippina minor, die als erste lebende Frau durch ein Porträt mit Umschrift ihres Namens auf einer Münze geehrt wird, werden göttliche Bezüge dann jedoch wiederum gemieden. Noch frappierender ist, dass die erste vergöttlichte Kaiserfrau, Caligulas Schwester Drusilla, auf überhaupt keiner Münze erscheint, während Livia, die erst von Claudius in den Status einer Göttin erhoben wird, keine Porträtmünze erhält, sondern lediglich eine statuarische Abbildung, die was das Nominal angeht auch sehr bescheiden im Vergleich zu den Abbildungen von Claudius verstorbener, aber nicht vergöttlichter Mutter Antonia ausfällt. Antonia jedoch wird wiederum in einen auffällig sakralen Kontext gerückt, der offenbar ihre Priesterinnenrolle hervorheben soll und keine Divinisierung antizipiert. In den Provinzen werden solche Rücksichten überhaupt nicht genommen.
Mit den Flaviern beginnen erstmals spezifisch weibliche Bildprogramme einzusetzen. Unter Titus werden für seine Mutter Diva Domitilla zunächst Münzen mit staatstragenden Göttinnen bzw. Personifikationen geprägt (Pax und Fortuna), was äußert ungewöhnlich war, und allein für die verstorbene Antonia (Constantia Augusti) schon einmal praktiziert worden war. In beiden Fällen aber wohl situationsgebunden gemeint war. Sowohl Constantia wie Pax werden danach kaum noch geprägt. Für Titus Tochter Iulia wird dagegen verstärkt ein verallgemeindernder Bezug zu Ehe und Familie hergestellt, den Domitian für seine Gattin Domitia noch verstärken sollte. Die Flavier führen dabei auch den Pfau, Zeichen der Iuno, als Signet ein, ihr Anliegen zu verdeutlichen. Dabei wird concordia mit dem Pfau in Verbindung gebracht, also ehelich gedeutet – etwa bei Domitia Longina, Domitians Gattin. Mit dem Pfau schaffen sie allerdings ein wirkmächtiges Symbol, das unter den Antoninen seine Konnotation als Hinweis auf die consecratio einer Kaiserin erhält.
Unter Trajan wird für seine Gattin Plotina zunächst keine dynastisch motivierte Prägung ausgegeben, stattdessen wird sie im Münzprogramm – gerade in ostentativer Ablehnung der flavischen Darstellungen – auf das bereits von Augustus propagierte Frauenbild der tugendhaften Kaiserin reduziert, dass sie ganz auf die Werte castitas und pudicitia festlegte. Dagegen hat Trajan nach 112 n.Chr. seine Schwester Marciana wie auch deren Tochter Matidia auf Münzen prägen lassen. Während Marciana vor allem als Diva auf den Münzen ihres Bruders erschien, wurde Matidia zusammen mit pietas und Kindern als eigentliche Garantin der Dynastie herausgestellt. Unter Hadrian war es Matidias Tochter Sabina, die als Gattin des Kaisers in bisher nicht gekanntem Umfang auf Münzen abgebildet wurde. In Grundzügen folgten die Prägungen bereits unter den Flaviern bekannten Typen, wurden aber noch erweitert. Hier ist insbesondere Iuno zu nennen. War deren Attribut (Pfau) bereits vorher präsent gewesen, so wurde die Göttin nun mit dem Beinamen der Regina verbunden und klar aus dem Bereich einer Schutzherrin von Ehe und Familie herausgenommen und stattdessen als Herrin und damit staatstragende Göttin eingeordnet. Deutlicher konnte man die Rolle der Frau des Kaisers Hadrian, über die wir aus der historischen Literatur so wenig wissen, wohl kaum formulieren.
Dennoch sagt der Umfang der Prägung wenig über realpolitische Macht aus. Das läßt sich an den umfangreichen Prägungen für Faustina maior zeigen, die schon früh in der Regierung ihres Mannes Antoninus Pius starb. Dennoch weist er der toten Gattin retrospektiv – in ihrer aktuellen Rolle als Göttin – heilstragenden Charakter zu. Das verdeutlichen auch die neu eingeführten Salustypen oder die Fortunaprägungen, die ihrer Tochter vorenthalten bleiben. Insgesamt ist eine matronale Ausrichtung der Faustina maior Prägungen zu erkennen. Ceres wird in verschiedenen Typen für sie geprägt; pietas erstmals ohne Kinder. Die dynastisch tragende Rolle übernimmt die Tochter des Paares, Faustina minor, die dieser dann auch voll gerecht wird. Von Anfang an wurde ihr reproduktives Potential gefeiert, ihre Mutterrolle vorweggenommen. Das fällt im Übrigen auch für Faustinas Schwägerin, Commodus Gattin Crispina auf, die zeitlebens keine Kinder hatte, aber mit der für Faustina erstmals geprägten fecunditas abgebildet wurde. Als Fortuna minor nämlich tatsächlich Mutter wurde, wurden ihre zahlreichen Kinder von ihrem Gatten Marc Aurel entsprechend ins Bild gebracht. Erstmals wurde in diesem Fall eine immer latent vorhandene Erwartung eingelöst und Faustina minor schließlich als erste Kaiserin explizit auch in die politische Sphäre des Kaisertums eingebunden, als Münzen mit der Darstellung des ihr verliehenen Titels einer mater castrorum, der im Grunde den pater patriae Titel des Kaisers parallelisiert, herausgegeben wurden. Einen Höhepunkt erfuhr diese Entwicklung mit Iulia Domna, die 205 n.Chr. den Titel einer mater Augustorum, mater senatus, mater patriae führte, der ebenfalls numismatisch festgehalten wurde.
Lucilla, die Gattin des Lucius Verus, erscheint selbstverständlich in genau derselben Weise als alleinige Münzherrin auf allen Metallen, wie die vorhergehenden Kaiserinnen. Münzen mit CONSECRATIO oder DIVA fehlen bei ihr natürlich, da sie als Opfer ihres Bruders Commodus fiel und nicht konsekriert wurde. (Cohen III 214 ff.)
In augusteischer Zeit trugen die Frauen oft eine schlichte Frisur mit Haarschlaufe im Nacken. So wird z.B. Antonia minor, die Mutter des Kaisers Claudius abgebildet. Livia, die Frau des Augustus, ist genauso wie seine Schwester Octavia typischerweise erkennbar an einem über die Stirn gekämmten Haarbausch mit Knoten im Nacken. In flavischer Zeit mochte man es schon auffälliger: Iulia, die Tochter des Titus, und Domitia Longina trugen hoch auftoupierte Locken über der Stirn, die sicherlich nicht nur aus Eigenhaar bestanden. Plotina, die Gattin Traians, und Faustina d. Ä., Ehefrau des Antoninus Pius, sind mit aufwändigen Frisuren aus vielen kleinen Zöpfen abgebildet. Wellenfrisuren kennzeichnen die Mode zur Zeit der verschiedenen Iulias der Severer.
Das Porträt der jungen Kaiserin Lucilla existiert auf Münzen in verschiedenen Varianten. Die Art der Friseur ist dabei immer ähnlich, die Haare geflochten und dann am Hinterkopf zu einem Dutt zusammengebunden. Allerdings gibt es hier und da viele kleine Unterschiede – mit senkrechten oder waagerechten Zöpfen, manchmal mit einem dünnen Zopf über der Stirn und mit dekorativen Wellen am Hinterkopf. Auch ihre Porträtbüsten, zum Beispiel in Erlangen und Ostia, stellen sie mit einem Haarknoten dar. (Quellen: Universität Osnabrück, PD Dr. Christiane Kunst und Anja Schulz, Kaiserfrauen auf Münzen / Universität Heidelberg, Frauen auf römischen Münzen)
Die Inschrift LVCILLA AVGVSTA identifiziert Annia Aurelia Galeria Lucilla und weist auf den Ehrentitel Augusta hin, welchen Sie 164 n.Chr. nach Ihrer Hochzeit verliehen bekommen hatte.
Revers:
Zu sehen ist Venus stehend nach links, in den Händen einen Apfel und ein Zepter. Die Inschrift lautet: VENVS und mittig S C.
Venus ist die römische Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit. Die Annahme, Venus sei ursprünglich eine italische Göttin des Ackerlandes, der Gärten, des Frühlings und als solche eine Göttin von Bauern und Winzern gewesen, wird heute nicht mehr vertreten. Auch für einen frühen Kult sind keine Anzeichen zu finden. Sie hatte keinen eigenen flamen (Priester) und auch in den ältesten Kalendern wird kein Fest der Venus verzeichnet. Seit dem 4. Jahrhundert v.Chr. wurde sie des Öfteren als „Göttin der Liebe“ mit der griechischen Aphrodite gleichgesetzt, deren Kult sich als Venus Erycina von Sizilien, besonders vom Berg Eryx, nach Italien ausbreitete. Der erste archäologische Beweis war der Fund einer Darstellung zusammen mit Persephone auf einem Spiegel aus Praeneste. Sie gelangte zu besonderer Bedeutung als Göttin des latinischen Bundes und hatte als solche Heiligtümer in Lavinium und Ardea.
In Rom hatte sie in alter Zeit besondere Verehrung als Murcia, worin man später fälschlich die „Myrtenfreundin“ (Myrtea) sehen wollte, sowie als Cloacina. Als Venus Libentina oder Venus Lubentina war sie die Göttin der sinnlichen Lust. Die Leichengöttin Venus Libitina wurde mit dieser „gleichgesetzt […] wegen der Namensähnlichkeit“. In deren Tempel wurden die zur Bestattung notwendigen Utensilien aufbewahrt und die Totenlisten geführt. Parallel zur Entwicklung der Venus verlief in Kampanien die Gleichsetzung der oskischen Göttin Herentas zu Aphrodite. Der erste stadtrömische Venustempel wurde 295 v.Chr. von Quintus Fabius Maximus Gurges geweiht. Im Jahr 217 v.Chr. nach der Schlacht am Trasimenischen See, wurde auf Geheiß der Sibyllinischen Bücher der Venus vom Berg Eryx ein Tempel gelobt und auf dem Kapitol erbaut.
Die Sage, dass Aeneas der Sohn von ihr und Anchises sei, wurde dahingehend erweitert, dass er nach der Zerstörung der Stadt Troja in die mittelitalienische Region Latium ausgewandert sei. Nach dieser Version führte Venus zunächst ihren Sohn zusammen mit dem alten Vater Anchises sicher aus dem untergehenden Troja. Als Göttin der Liebe sorgte sie anschließend dafür, dass sich die karthagische Königin Dido in Aeneas verliebte und ihm Zuflucht gewährte. Auch in der entscheidenden Schlacht gegen Turnus griff sie auf Seiten ihres Sohnes ein und brachte diesem seinen Speer zurück. Ein Bildnis von ihr soll Aeneas mit nach Lavinium gebracht haben.
Neben den vielen Formen der Verehrung, die Venus genoss und die dem griechischen Aphroditekult entsprachen, hat sie eine besondere Bedeutung als Venus genetrix, das heißt als Stammmutter des römischen Volkes durch ihren Sohn Aeneas (Aeneadum genetrix). Speziell das Geschlecht der Julier, das seine Abstammung von ihrem Enkel Iulus, dem Sohn des Aeneas, herleitete, verehrte sie als Stammmutter. In diesem Sinn errichtete ihr Julius Caesar als Venus genetrix auf dem von ihm angelegten Forum 46 v.Chr. einen prächtigen Tempel, bei dem alljährlich elftägige Spiele gefeiert wurden (Veneralien). Auch Gaius Octavius (Augustus) bezog sich auf sie, was dadurch deutlich wird, dass am Fuß der Panzerstatue von Primaporta, die den Princeps zeigt, ein Delphin (das der Venus zugeordnete Tier) dargestellt ist. Als Stammmutter des ganzen römischen Volkes war ihr zusammen mit Roma von Hadrian der 135 n.Chr. vollendete Doppeltempel der Venus und der Roma in der Nähe des Kolosseums (später templum Urbis Romae genannt) geweiht, von dem heute nur noch Ruinen vorhanden sind.
Venus war der 1. April heilig, an dem sie von den römischen Matronen neben der Fortuna Virilis (Göttin des Glücks der Frauen bei den Männern) und der Concordia als Venus Verticordia (Wenderin der weiblichen Herzen zu Zucht und Sitte) verehrt wurde. Von geringerer Bedeutung waren die Kulte der Venus Obsequens (der Willfährigen), der Venus Salacia (Göttin der Buhlerinnen) und anderer. Auch in Kampanien stand, wohl infolge griechischer Einflüsse, der Kult der Venus in hohem Ansehen, hier war sie zum Beispiel als Venus Fisica Stadtgöttin von Pompeji.
Die Göttin der Liebe kommt seit der Republikzeit bis zum ausgehenden 3. Jh. v.Chr. oft auf römischen Münzen vor. Besonders häufig ist sie auf Münzen Cäsars dargestellt. Dieser beanspruchte Venus Genetrix als mythische Ahnfrau (Mutter der Abkömmlinge von Aeneas) seiner Gens (julische Dynastie). Für Sulla war sie die glückbringende (Felix), für Pompeius die siegreiche (Victrix) Göttin. In der Kaiserzeit ist Venus häufig auf den Rückseiten der Münzen der Kaiserinnen abgebildet, meist dürftig bekleidet, manchmal zusammen mit geflügelten Eroten (lat. Amores). Ihr häufigstes Attribut ist der Apfel, den ihre griechische Entsprechung Aphrodite nach der homerischen Sage als Schönheitspreis von Paris empfangen hat. Als Venus Victrix ist sie mit Helm und Speer dargestellt.
Venus Prägungen sind bei den Münzen Lucillas besonders häufig. Die Darstellung der Venus auf der Rückseite dieses Sesterz bezieht sich sehr wahrscheinlich auf die Hochzeit zwischen Lucius Verus und Lucilla im Jahr 164 n.Chr.
Die Inschrift VENVS identifiziert die Göttin Venus, die Legende SC bezieht sich auf den Senatsbeschluss (senatus consulto). Es ist noch immer nicht gänzlich geklärt, wofür dieses Kürzel stehen sollte. Einerseits wird vermutet, dass es für „auf Senatsbeschluss geprägt“ (senatus consulto) steht, was bedeuten würde, dass auch der Senat Rechte für die Prägung von Bronze Münzen innehatte. Andererseits besteht die Hypothese, dass das Kürzel dazu diente, an die Ehrungen und Auszeichnungen zu erinnern, welche der jeweilige Herrscher vom Senat erhalten hatte. Was aber „auf Beschluss des Senates“ genau bedeutet, ist immer noch umstritten.
Hintergrund:
Annia Aurelia Galeria Lucilla wurde am 7. März 148 oder 149 n.Chr. als Tochter des Kaisers Marc Aurel und seiner Frau Faustina geboren. Sie war die ältere Schwester des späteren Kaisers Commodus. Im Jahr 161 n.Chr. wurde die elfjährige Lucilla mit Kaiser Lucius Verus verlobt. Dies hinderte Verus aber nicht daran, eine Beziehung mit der schönen Pantheia aus Smyrna zu beginnen, die viele Jahre bestand. Die Hochzeit zwischen Mitkaiser und Kaisertochter fand aber dennoch etwa 164 n.Chr. statt. Dabei erhielt Lucilla wie ihre Mutter den Ehrentitel Augusta.
Im darauffolgenden Jahr schenkte Lucilla in Antiochia einer Tochter das Leben. Wenig später feierte Lucius Verus gemeinsam mit Marc Aurel und der ganzen antoninischen Familie einen glanzvollen Triumph über das Partherreich. Das Familienglück hielt aber nicht lange an. Bereits 166 n.Chr. brach die so genannte Antoninische Pest im Reich aus. Ihr sollte schließlich auch Lucillas Vater zum Opfer fallen. Zudem fielen germanische Stämme ins Reich ein. Die beiden Kaiser brachen 168 n.Chr. zur Nordgrenze auf, kehrten auf Rat des Hofarztes Galen aber dann nach Rom zurück. Noch unterwegs erlitt Lucius Verus einen schweren Schlaganfall. Er starb drei Tage später im Alter von 39 Jahren in Altinum. Lucilla war mit nur 19 Jahren bereits Witwe.
Nach dem Tod des Verus wucherten wilde Gerüchte. Auch Lucilla wurde verdächtigt, ihren Gatten ermordet zu haben. Dass sie tatsächlich für dessen frühen Tod verantwortlich war, ist aber sehr unwahrscheinlich, büßte sie doch damit ihre einflussreiche Stellung als Kaisergattin ein. Marc Aurel suchte noch vor Ablauf des Trauerjahres einen neuen Gatten für seine Tochter. Er fand ihn in Tiberius Claudius Pompeianus. Dieser stammte aus Syrien und war ein schon älterer, loyaler Anhänger des Kaisers, dessen Stärken vor allem auf militärischem Gebiet lagen. Er wurde zum treuesten Mitarbeiter des Kaisers während der Markomannenkriege. Lucilla fügte sich nur unter Widerständen in diese Heirat, da sie einen jüngeren, vornehmeren Ehemann wie Avidius Cassius, den sie in Syrien kennengelernt hatte, bevorzugt hätte. Auch ihre Mutter war gegen diese Verbindung. Aus der Beziehung stammte ein Sohn Claudius Pompeianus (170 n.Chr. oder später).
Lucilla und Pompeianus begleiteten den Kaiser 172 n.Chr. an die Donaufront in sein Feldlager in Carnuntum bei Wien. Pompeianus unterstützte Mark Aurel 173 n.Chr. als Konsul. Im Jahr 175 n.Chr. beruhigte sich die Lage im Reich wieder. Der Usurpator Avidius Cassius, einst Wunschpartner Lucillas, wurde ermordet und die Germanen an der Donau schlossen Frieden mit den Römern. Doch bereits 178 n.Chr. musste der kaiserliche Hof, darunter auch Lucilla und ihr Ehemann, wieder nach Norden aufbrechen. Marc Aurel starb nur gut ein Jahr später vermutlich in Vindobona. Commodus übernahm nun die Macht. Die Hoffnungen seiner Schwester Lucilla, dass ihr Mann Pompeianus an der Macht beteiligt werden würde, erfüllten sich nicht.
Über die Ereignisse der nächsten beiden Jahre gibt es unterschiedliche Berichte. Eine Version berichtet, dass Spannungen zwischen Lucilla und Bruttia Crispina, der Ehefrau des Commodus, die Atmosphäre am Hof schwer belasteten. Lucilla fühlte sich gegenüber ihrer Schwägerin zurückgesetzt. Aus diesen höfischen Auseinandersetzungen ist wohl der nicht unbegründete Vorwurf zu erklären, sie sei 181 n.Chr. an einer Verschwörung zum Sturz ihres Bruders beteiligt gewesen.
Nach Berichten des Herodian hatte Tiberius Claudius Pompeianus Quintianus – wohl ein Neffe des Pompeianus – zusammen mit Marcus Claudius Ummidius Quadratus einen fehlgeschlagenen Anschlag auf den Kaiser im Kolosseum organisiert. Lucilla wurde nun verdächtigt, Quintianus angestiftet zu haben. Zudem gab es den wohl ebenfalls nicht unbegründeten Vorwurf, sie habe mit ihrem Neffen ein Verhältnis gehabt.
Lucilla wurde daraufhin verurteilt und auf die Insel Capri verbannt. Ob sie tatsächlich für das Attentat auf ihren Bruder mitverantwortlich war oder einer darauffolgenden Säuberungswelle zum Opfer fiel, bleibt ungewiss. Sie wurde schließlich 181 oder 182 n.Chr. hingerichtet.
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Und hier die zweite und letzte Münze, welche ich heute von Roma erhalten katte, einen Sesterz der Annia Aurelia Galeria Lucilla, Ex-Gattin des Lucius Verus und Schwester des späteren Kaisers Commodus. Mir gefällt das Porträt, die prägnante Nasenspitze und irgendwie hat die Dame eine gewisse Ähnlichkeit mit einer ehemaligen Nachbarin aus meiner Jugendzeit, mit der ich "näheren" Kontakt hatte. Was blieb mir also anderes übrig als hier diesen Seserz zu mir nach Hause zu holen.
Lesenswerte Links, wie ich finde, zum Thema Frauen / Kaiserinnen auf Münzen finden sich hier:
https://www.altegeschichte.uni-osnabrue ... f-Muenzen/
https://pecunia.zaw.uni-heidelberg.de/N ... en-muenzen
Und bei Academica gibt es ein PDF zum Download: "Ulrich Kahrstedt - Frauen auf antiken Münzen". Das holt zwar etwas weiter aus, aber auch die Kaiserinnen bekommen hier ein großes Kapitel in der Publikation.
Wie immer, hier ghets zum Original-Blog:
https://roma-aeterna.de/roemische-kaise ... lla-m0061/