El-Ei

Griechische Münzen des Altertums

Moderator: Numis-Student

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antisto
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El-Ei

Beitrag von antisto » Mi 18.01.23 16:01

Ich möchte hier diesen El-Knubbel (9 mm, 2,27 g) zur Diskussion stellen, der bei mir verschiedene Fragen aufwirft.
Zunächst: Was ist das nun? Ein „Ingot“, d.h. hier vormünzliches Zahlungsmittel auf der Schwelle der Zeit der ersten Münzprägungen in Ionien und Lydien mit dem Gewicht einer Hekte nach dem damaligen Münzfuß? Oder der Rohling für die Prägung einer archaischen Hekte aus den Anfängen der Münzprägung?
Dieses gerundete Etwas wird Ionien zugeschrieben. Warum? Die Anfänge der Münzprägung (Lydien oder Ionien) liegen im Dunkeln, und der Münzfuß war, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, der gleiche. Bezieht sich die Zuordnung vielleicht auf eine Metallanalyse (die El-Münzen aus Lydien hatten meines Wissens einen durchweg höheren und genormten Goldgehalt), oder hängt die Zuordnung vielleicht mit Ausgrabungsfunden zusammen? So finden sich beispielsweise auf den Tafeln des Artemision-Fundes solche ungeprägten Knubbel, die hiermit vergleichbar sind, besonders die Nr. 2; allerdings wurden hier auch Münzen aus Lydien gefunden (z.B. Nr. 32-40).
Für mich ist das jedenfalls sie erste numismatische Anschaffung des neuen Jahres. Keine Münze im üblichen Sinne, aber ein spannendes Artefakt aus den Anfängen der Numismatik allemal.
AS
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El-Hekte Ingot Ionia.jpg
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Stater
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Re: El-Ei

Beitrag von Stater » Mi 18.01.23 18:37

Ich denke, Du hast schon auf die Fragen größtenteils selbst geantwortet. Meiner Meinung nach ist das noch keine Münze, denn hier fehlt die Prägung oder Stempel/Punze. Es ist halt eine Definitionsfrage. Sammelwürdig ist es allemal. 👍

Gruß

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Re: El-Ei

Beitrag von Altamura2 » Do 19.01.23 12:01

antisto hat geschrieben:
Mi 18.01.23 16:01
... Ich möchte hier diesen El-Knubbel (9 mm, 2,27 g) zur Diskussion stellen, der bei mir verschiedene Fragen aufwirft. ...
Ein bisschen was zu diesen Elektronkügelchen findet man in Michael Kerschner und Koray Konuk, "Electrum Coins and Their Archaeological Context: The Case of the Artemision of Ephesus", in Peter van Alfen und Ute Wartenberg (Hrsg.), "White Gold : Studies in Early Electrum Coinage", New York 2020:
https://www.academia.edu/41653289/Elect ... of_Ephesus

Zu der Nummer 2 aus dem Grabungsbericht von Head steht explizit "This piece is not, strictu sensu, a coin ...".
In Abschnitt 4.2 werden dann weitere im Artemision gefundene Elektronklümpchen (sie nennen das "dumps") beschrieben, mit dem Kommentar "If these tiny lumps were used as currency as we presume, albeit difficult to handle, they would have been fit for small-value transactions. It is unclear whether some of these, whose weights would fit the Lydo-Milesian weight standard, might have been in fact coin blanks for striking 1/192 and 1/96 staters."

Das ist vermutlich das Aktuellste, was man dazu finden kann.

Gruß

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Re: El-Ei

Beitrag von antisto » Do 19.01.23 12:45

Interessant. Und danke!
Im Klartext heißt das in Bezug auf meine erste Frage: Nichts Genaues weiß man nicht. Diese Dinger könnten als vormünzliches Zahglungsmittel verstanden werden, aber auch als Rohlinge für die Prägung.
Begründet wird in dem verlinkten Artikel die Ablehnung des Begriffs "coin", also "Münze" damit, dass die gewichtigeren ungeprägten Hortfunde in kein Gewichtsschema passen. Das ist bei meinem Stück anders: Vom Gewicht her handelt es sich hier um eine Hekte nach Lydisch-Milesischem Münzfuß (mit den üblichen leichten Verlusten); und auch, was die Form angeht, sind Verbindungen zu den damaligen ersten El-Hekten naheliegend.
Übrigens gibt es diese Dinger auch mit geglätteten Seiten. Hier fände ich die Rohling-Theorie allemal plausibel.
Etwas irritiert hat mich die Namensgebung. So werden die Dinger in dem Artikel oben mehrfach "dumps" genannt und dann unten durchweg "lumps". :-)
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Re: El-Ei

Beitrag von rati » Fr 20.01.23 03:25

Diese Stücke fallen in die Kategorie „Vormünzliche Zahlungsmittel“ auch primitive Geld genant.
Dumps und Lumps ist im Prinzipe das gleiche

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Re: El-Ei

Beitrag von Altamura2 » Fr 20.01.23 10:22

rati hat geschrieben:
Fr 20.01.23 03:25
... Diese Stücke fallen in die Kategorie „Vormünzliche Zahlungsmittel“ auch primitive Geld genant. ...
Wenn es nicht doch Rohlinge für irgendwelche spätere Verarbeitung waren, man hat keinerlei Hinweise auf ihre Verwendung :? .
Die Geschichte der frühen Elektronstücke (um das Wort "Münzen" mal zu vermeiden) ist eben noch ziemlich im Unklaren :D .

Gruß

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Re: El-Ei

Beitrag von antisto » Fr 20.01.23 22:04

Auf jeden Fall waren diese „Dinger“ in Gebrauch, sonst hätte man sie nicht im Artemision-Hort gefunden; wenngleich die größeren in eher „kreativer“ Formgebung.
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