Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Deutschland vor 1871
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Lackland
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von Lackland » Mo 16.06.25 12:27

vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Ich bin gespannt ob mich die Lust auf "Vollständigkeit" irgendwann dazu bringt, Münzen zu kaufen, die mir Ästhetisch eigentlich nicht gefallen.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass ich tatsächlich heute auch Münzen sammle, die mir früher ästhetisch nicht gefallen haben. Zum einen, weil ich Münzreihen vervollständigen wollte, vor allem aber, da sich bei mir der Begriff der Ästhetik tatsächlich im Laufe der Zeit gewandelt hat.

Viele Grüße
Ulrich
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von ischbierra » Mo 16.06.25 13:11

Kennst Du von Douglas Nicol "German Coins 1501-present"? Krause publications 3.Aufl. 2011
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von Pfennighüter » Mo 16.06.25 13:14

Freising hat in der Kipperzeit wohl außer den 4-Hellerstücken noch einige Münzsorten mehr geprägt. Bei
https://www.ngccoin.com/price-guide/world/
sind unter German States/Freising außerdem noch Heller, 2 Heller, Kreuzer und 24 Kreuzerstücke gelistet. Meines Wissens soll es darüber hinaus auch einen extrem seltenen Kipperpfennig geben, möglicherweise ist der aber auch mit den bei KM gelisteten 2 Hellerstücken identisch. Die Aufstellung bei KM muß auch nicht vollständig sein. Es ist nicht gerade das zuverlässigste Werk, aber besser als gar nichts.
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von Lackland » Mo 16.06.25 13:48

ischbierra hat geschrieben:
Mo 16.06.25 13:11
Kennst Du von Douglas Nicol "German Coins 1501-present"? Krause publications 3.Aufl. 2011
Insgesamt ist das von ischbierra genannte Werk tatsächlich für jeden Sammler des Gebiets und Zeitraums quasi unverzichtbar.

Man muss sich aber gewahr sein, dass viele - vor allem - Kleinmünzen fehlen und zudem die angegebenen Preise oft überhaupt nicht passen. Mal viel zu hoch - mal viel zu tief.

Ich nutze das Buch vor allem als Bestimmungshilfe, da ja viele Wappen und Umschriften von den Talern, die sicherlich komplett katalogisiert sind, auf die Kleinmünzen übertragbar sind.
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von friedberg » Mo 16.06.25 16:50

Hallo Vinz,
vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Ein Beispiel ist die Grafschaft Wiesensteig, die erst ab 1642 zu Bayern gehört ...
In solchen Fällen musst Du dann in die jeweilige Geschichte des betreffenden "Territoriums" einsteigen
und für Dich festlegen welchem Reichskreis Du "es" jeweils einordnen willst.

Im Falle der besagten Grafschaft Wiesensteig gehörte "es" die längste Zeit zum Schwäbischen Reichskreis
und gelangte erst beim Aussterben der Helfensteiner im Erbgang teils an Kurbayern.
Die Helfensteiner selbst waren ein schwäbisches Geschlecht, von daher klarer Fall,
ich würde das Territorium dem Schwäbischen Reichskreis zuordnen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Grafschaft_Wiesensteig
https://de.wikipedia.org/wiki/Helfenste ... eschlecht)

Haben "die" Münzen geprägt ? Und haben "die" Münzen während Deines Zeitfensters geprägt ?
Beides mal: Ja. Und die Stücke werden alle Mitte vierstellig gehandelt, wenn sie überhaupt
einmal im Handel auftauchen:
https://www.acsearch.info/search.html?id=11055066
https://www.acsearch.info/search.html?id=891783
vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Es ist nicht leicht herauszufinden, welches Territorium Münzen geprägt hat und welches nicht.
Nun Dein Projekt wird jahrelang dauern. Es ist von Deiner Seite eine grosse Menge Recherche
erforderlich. Andernfalls wäre es halt nur Nummern einer bereits vorgegebenen List abhaken.
vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Beispielsweise für den bayerischen Reichskreis kann ich hier Freising nennen, die ... meiner aktuellen Kenntnis ...
Womit ich zur Fachliteratur übergehen möchte. Internet Recherche gut und schön aber es wird
ganz viele Stellen geben an denen Du Dir schlicht die zugehörige Fachliteratur "besorgen" musst.
Im Fall der Münzen von Freising ist das: Sellier, Robert, Die Münzen und Medaillen des Hochstifts Freising, 1966.
https://www.ma-shops.de/koelnermuenzkab ... hp?id=1846

Aber Du musst die ganze Fachliteratur nicht kaufen, stellenweise gibt es die auch gar nicht im Handel.
Du kannst sie Dir via Fernleihe bei Deiner örtlichen Bibliothek bestellen. Mache ich auch ständig.
vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Wenn jemand ... eine Idee hat ... wie ich ... ausschließen kann, dass Territorien im Zeitraum des 30jährigen Krieges Münzen geprägt haben, würde mich ein Tipp sehr freuen!
Siehe oben: Fachliteratur ! Andernfalls keine Chance. Es kann sein das ein Typ jahrelang im Handel
nicht vorgekommen ist und von Internet Datenbanken daher nicht erfasst wird.
Da ist dann zwingend der Blick in die jeweilige Fachliteratur zu den Münzen erforderlich.

Aber ich habe einen anderen Tip. Damit Du bei der ganzen Recherche nicht die Lust an Deinem
Projekt bereits in der Anfangsphase verlierst würde ich schlicht jeweils bei den grossen Kreisständen
anfangen und die passenden Münzen erwerben. Im Fall des Bayerischen Reichskreises halt:
Herzogtum Bayern, Erzstift Salzburg, Reichsstadt Regensburg usw.
Währenddessen kannst Du Deine jeweiligen Listen vervollständigen.
vinzwm4 hat geschrieben:
Mo 16.06.25 12:03
Aktuell würde ich diese 60-100 Euro aber lieber in einen schönen Taler eines anderen Territoriums investieren.
Meiner bescheidenen Meinung nach musst Du zwingend bereits jetzt entscheiden wie wichtig Dir
Vollständigkeit sein wird. Oder wie nah Du der Vollständigkeit kommen willst.
Wenn Du grobe Stücke (Taler) in Erwägung ziehst, weil die halt prächtiger sind als Kleinmünzen,
dann bekommst Du absehbar finanziell (vorraussichtlich) Probleme bei der Umsetzung.
Je mehr Kleinmünzen Du akzeptierst desto vollständiger wirst Du Dein Projekt umsetzen können.

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von Numis-Student » Mo 16.06.25 22:15

Ich muss gestehen, dass ich (der ich ja bewusst keine Spezialisierung im Sammelgebiet habe), dieses Projekt als wahnsinnig spannend empfinde. Einerseits, weil noch so viel eigene Forschungsarbeit zu leisten ist, andererseits, weil es trotz dieser Spezialisierung mit der Kipperzeit und der Möglichkeit, von Kleinmünzen bis hin zu Talern, evtl. auch einigen Goldmünzen aufzunehmen, eine äusserst vielseitige Sammlung entstehen wird, die bei der Betrachtung immer viel Freude bereiten wird und durch die Abwechslung viel "lebhafter" sein wird, als eine durch das Abhaken vieler gleichartiger, maschinengeprägter Massenstücke (BRD-Pfennige bis 5 DM nach Jahrgang und Prägestätte; USA Bundesstaaten Quarters, 10-Euro-Gedenkmünzen...) entstandene Sammlung.

Ich sehe das Projekt übrigens nicht als jahrelang, sondern sogar als "lebenslänglich" ;-) Das ist wirklich eine Sammlung, wo man mit einigen häufigen Stücken leicht beginnen kann, aber durch teure (und/oder nur sehr selten auftauchende) Münzen auch immer noch Ziele hat, die für die Zukunft weitere Anschaffungen ermöglichen - insbesondere dann, wenn man noch den nächsten Schritt geht und wirklich von jedem Herrscher (zumindest) eine Münze aufnehmen will. Und selbst wenn man das jemals vollständig abgeschlossen haben sollte: Wer sagt denn, dass es von jedem Herrscher nur eine Münze "sein darf" ? ;-)

Und je nachdem, wie viel Forschungsarbeit Du hineinstecken willst: "Die Münzprägung des Hl. Römischen Reiches während des 30-jährigen Krieges" existiert noch nicht als gedrucktes Buch ;-)

Schöne Grüße
MR
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Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von friedberg » Mo 16.06.25 23:14

Hallo Vinz,

ich habe gerade gesehen das Bernhard Prokisch Dir für den Bayerischen Reichskreis
die Arbeit bereits abgenommen hat :D

https://numismatik.univie.ac.at/forschu ... -vin/vin4/

Das wäre dann ein Fachbuch welches Du Dir via Fernleihe über Deine Bibliothek ausleihen solltest.

Desweiteren für den Fränkischen Reichskreis:
https://numismatik.univie.ac.at/forschu ... -vin/vin9/

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von TorWil » Di 17.06.25 12:27

friedberg hat geschrieben:
Mo 16.06.25 23:14
Desweiteren für den Fränkischen Reichskreis:
https://numismatik.univie.ac.at/forschu ... -vin/vin9/
Finde ich ja sehr interessant wenn man den Beschreibungs-Text ließt, das ich nicht der einzige bin der seine Münzen nach den Reichskreisen gliedert, obwohl die Reichskreise ja erst mit Maximilian I. entstanden sind und teilweise ab 1600 nicht mehr gelebt wurden. Bei mir beginnt die Gliederung in Reichskreise schon im 10. Jhd. bis 1806, nicht erst im ausgehenden Mittelalter, damit zusammen bleibt was zusammen gehört.

<Die vielen Gebiete und Städte nur unter Altdeutschland zu führen war dann nicht mehr übersichtlich und da mein Gedächtnis nachlässt habe ich teilweise ewig nach einer Münze gesucht. Ich wusste nur das die aus Schlesien stammte und da musste ich dann das Ganze Alphabet durchgehen.>

Ergänzend gibt es bei mir zu den Reichskreisen auch noch Reichsitalien, 'die Länder der böhmischen Krone', die Eidgenossen, und 'Preussen und Altlivland'.

Grüße

TW
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Jede identifizierbare Münze ist Sammelwürdig. Eine Münze ist immer soviel Wert wie man bereit ist dafür auszugeben.

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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von friedberg » Di 17.06.25 16:38

Hallo TorWil,
TorWil hat geschrieben:
Di 17.06.25 12:27
obwohl die Reichskreise ja erst mit Maximilian I. entstanden sind und teilweise ab 1600 nicht mehr gelebt wurden.
eine allgemeine Aussage das die Reichskreise ab ~ 1600 nicht mehr handlungsfähig waren ist so nicht richtig.
Die drei miteinander korrspondierenden oberdeutschen Reichskreise Franken, Bayern und Schwaben
blieben sehr aktiv gerade was deren Aufsicht über das Münzwesen und die dazugehörigen Probationstage
angeht. Bei diesen würde ich das "Ende" erst grob um ~ 1750 sehen.

In dieser Hinsicht brach lediglich beim Oberrheinische Kreis die Aufsicht über das Münzwesen
vollständig zusammen. Dessen letzter Probationstag war 1620.
Der Oberrheinische Kreis hatte aber von Anfang an strukturelle Probleme. Kreisausschreibender Direktor
war der Bischof von Worms, einer der ärmsten und machtlosesten geistlichen Fürsten.
Ko.-Direktor war der Pfalzgraf von Simmern. Womit spätestens seit der Reformation aufgrund der
konfessionellen Unterschiede im Kreisdirektorium dann eher gegeneinander gearbeitet wurde.

Ungefähr die Hälfte der Kreisstände des Oberrheinischen Kreises haben sich nie oder nur selten
an Kreisversammlungen beteiligt. Die Herzöge von Lothringen und Savoyen, die Bischöfe von
Besançon, Genf, Metz, Toul und andere Reichsstände aus dem äußersten Westen des Reichs
beteiligten sich gar nicht oder fielen im Laufe der Zeit aus dem Reichsverband aus.

Aufgrund meines Themas "Reichsburg Friedberg" habe ich mich intensiv mit dem Oberrheinischen Kreis
und dessen Probationstagen beschäftigt.
Hinsichtlich des Projekts von "Vinz" ist die Arbeit / Recherche zum Bayerischen- und Fränkischen Kreis
sicherlich am einfachsten. Wenn es irgendwann an den Oberrheinischen Kreis geht ... viel Spaß :roll:

Mit freundlichen Grüßen
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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von Pfennighüter » Di 17.06.25 18:03

Die "Aufsicht" lag zwar rechtlich bei den Reichskreisen, aber inwieweit wurde sie faktisch ausgeübt? Was ist das für eine Aufsicht, wenn an allen Ecken und Enden des Reichs Kippermünzstätten wie Pilze aus dem Boden schießen und das Währungssystem komplett zusammenbricht? In dieser Hinsicht bildeten die drei genannten süddeutschen Reichskreise doch keine Ausnahme. Muß man unter diesem Gesichtspunkt nicht von einem Kollektivversagen dieser und der übrigen Reichskreise sprechen?
Andererseits: Welche Machtmittel standen den Reichskreisen denn zu Durchsetzung zur Verfügung? Mit der Exekution haperte es doch wie schon wie im Mittelalter. Die Reichskreise waren auf die Kooperation der Kreisstände ausgelegt, die aber in weiten Teilen des Reichs nur im 16. Jahrhundert einigermaßen reibungslos funktionierte. Selbst ein konfessionell nahezu einheitlicher Reichskreis wie der Niedersächsische Reichskreis war seit 1620ern scheintot, seitdem nämlich der frisch gewählte Niedersächsische Kreisoberst König Christian von Dänemark den Kreis in sein Kriegsabenteuer zog. Die Zusammenarbeit der Niedersächsischen Kreisstände lebte danach nie wieder in alter Form auf.
Hinsichtlich der Münzaufsicht gab es jedoch im Niedersächsischen Reichskreis schon lange vorher ein gravierendes Problem. Der finanziell angeschlagene Wolfenbüttler Herzog setzte zum Schaden der übrigen Kreisstände schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts Kippermünzen in Umlauf. Außer Beschwerdebriefen hatte er vom Kreis und den Kreisständen jedoch wenig zu befürchten.
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friedberg (Di 17.06.25 19:22) • vinzwm4 (Mo 23.06.25 18:06)

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Re: Projekt: Repräsentation aller münzprägenden Territorien des HRR zwischen 1618 und 1648

Beitrag von friedberg » Di 17.06.25 19:22

Hallo Pfennighüter,
Pfennighüter hat geschrieben:
Di 17.06.25 18:03
Was ist das für eine Aufsicht, wenn an allen Ecken und Enden des Reichs Kippermünzstätten wie Pilze aus dem Boden schießen und das Währungssystem komplett zusammenbricht? In dieser Hinsicht bildeten die drei genannten süddeutschen Reichskreise doch keine Ausnahme. Muß man unter diesem Gesichtspunkt nicht von einem Kollektivversagen dieser und der übrigen Reichskreise sprechen?
hinsichtlich der Kippermünzstätten kollidierte die "Aufsicht" mit den Eigeninteressen der jeweiligen Prägeherren.
Die "Aufsicht" der Reichskreise mittels Probationstagen und Valvationstabellen war weiterhin vorhanden,
nur die Durchsetzung stand aufgrund nicht vorhandener Machtmittel nicht zur Verfügung.
Wenn nun zusätzlich kriegsbedingt keine Probationstage stattfinden konnten entfiel selbst auch diese bescheidene
"Aufsicht".

Da die groben Sorten nicht von den inflationären Auswirkungen der Kipperzeit betroffen waren brach das
Währungssystem nicht komplett zusammen.
Zitat, Konrad Schneider, Frankfurt u. d. Kipper- u. Wipperinflation 1619 - 1623, S.73
"Belege für massives Spekulieren aller sozialer Schichten sind in ausreichendem Maße
vorhanden, doch scheint immer genug grobe Münze ... vorrätig gewesen zu sein um
einen ordnungsgemäßen Zahlungsverkehr aufrecht zu erhalten."

Letzte Probationstage:
Niederrheinisch Westfälischer Reichskreis: 1690
Niedersächsischer Reichskreis: 1625
Obersächsischer Reichskreis: 1629 / 1680
Churrheinischer Reichskreis: 1617
Oberrheinischer Reichskreis: 1620
Die drei korrespondierenden: 1725

Zusammenfassung: Die Reichskreise bemühten sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
Mangels Machtmittel konnten sie ihre "Aufsicht" nicht wirklich durchsetzen.
Wenn Du das als Kollektivversagen bezeichnen willst so war das bereits bei der Konstituierung
der Reichskreise im Kern vorgegeben.

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züglete (Di 17.06.25 20:12) • Pfennighüter (Mi 18.06.25 10:36) • vinzwm4 (Mo 23.06.25 18:06)

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