Mythologisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Liebe Freunde der antiken Mythologie!
Als nächstes habe ich vor, einige römische Personifikationen vorzustellen. Dazu will ich vorher erklären, was Personifikationen eigentlich sind.
Exkurs: Römische Personifikationen
Eine Personifikation ist die Auffassung und Darstellung nichtmenschlicher Gegenstände oder abstrakter Begriffe als Personen, d. h. als Menschen mit bestimmtem Charakter.
Etymologie:
Die Etymologie von Person selbst, eines Begriffes, den es in dieser Form im klassischen Griechischen nicht gibt, ist nicht ganz sicher. Das etruskische phersu bedeutet Maske und dann die Rolle eines Schauspielers, die er durch das Aufsetzen der Maske spielt. Wort und Sache wurden im 1. Jh. v. Chr. in Rom eingeführt durch die Atellane, eine aus Campanien, wahrscheinlich aus der oskischen Stadt Atella, stammende Form der Komödie, bei der die Schauspieler feststehende Typen spielten, die durch unverwechselbare Masken gekennzeichnet waren. Bereits Aulus Gellius führte persona auf das lateinische personare, hindurchtönen, zurück, was gut zur Vorstellung einer Maske in einem Rollenspiel passen würde.
Definition:
Man muß unterschieden zwischen der Personifikation als poetischer Kategorie, in der z. B. der Neid oder das gute Gewissen auf der barocken Bühne auftritt und von der wohl niemand glaubt, daß es richtige Personen sind, und der anderen Kategorie, in der die Personifikationen beseelt sind. Um die geht es hier. Roscher meint, daß die Personifizierung abstrakter Begiffe immer auch ihre Beseelung beinhaltet, weil der Begriff der Seele untrennbar mit der Persönlichkeit verbunden ist. Den Antrieb dazu erhält die menschliche Phantasie durch die ihr angeborene Vorstellung, daß jede Wirkung eine Ursache haben muß, und durch den Analogieschluß von der eigenen Kraft auf eine äußere Ursache.
Es sei übrigens bemerkenswert, daß bei der Bezeichnung abstrakter Begriffe die weiblichen Sprachformen die weitaus vorherrschenden sind.
Die Anzahl der römischen Personifizierungen ist gewaltig. In den Indigitamenta führt Roscher 157 Namen auf. Die Indigitamenta waren Listen der römischen Gottheiten, die vom Collegium der Pontifices aufbewahrt wurden und auf Numa Pompilius zurückgehen sollen. Mit ihnen sollte sichergestellt werden, daß bei öffentlichen Gebeten die korrekten Namen benutzt wurden und keine Gottheit vergessen wurde.
Die Einteilung dieser Gottheiten richtet sich nach ihrer Beseeltheit, ist schwierig und unter Wissenschaftlern umstritten. Aber nur solche als persönliche Götter anzusehem, die auch einen Kult haben, ist unberechtigt. Persönliche Götter sind solche, die sich die Menschen als Bewußtseinswesen vorgestellt haben.
Geschichte:
Bei den Pythagoräern und den Orphikern finden sich spekulative Verwendungen von Personifikationen. Die Tragiker, zumindestens Aischylos und Euripides, verwenden das Personen-Beteichsdenken auch für andere Fakten, z.B. für Phronesis (Klugheit, Vernunft), was zum Problem wird, weil der Vorgang als bloße Wirkung einer Gottheit oder als übernatürliche und unpersönliche Kraft aufgefaßt werden kann.
In der griechischen Komödie finden sich Personifikationen, die der lustigen Situation zuzuschreiben sind, z.B. „Logos und Logine“. Die Rhetorik entwickelt eine besondere Technik der Personifizierung, die Prosopoiia, die Einfluß auf die Dichtung gewinnt und dann auch überhandnimmt.
Varro befaßt sich theoretisch mit der Frage und unterscheidet zwischen di certi und di selecti, den großen Göttern. Cicero definiert „Dann aber wird die Sache selbst, in der irgendeine größere Macht ist, so genannt, daß jene Macht selbst Gott genannt wird (Nat. deor.).
Anmerkung:
Prosopoiia zu benutzen ist eine rhetorische Technik, bei der der Redner als andere Person, als Tier oder als unbelebtes Objekt spricht.
Quellen:
(1) Aulus Gellius, Attische Nächte
(2) Cicero, De Natura Deorum
(3) Varro, Antiquitates Rerum Divinarum
(3) Novum Testamentum Graece
(4) Novum Testamentum Latine
Literatur:
(1) Mattingly, Roman Imperial Coinage (RIC)
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(3) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechishen und römischen Mythologie
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wilhelm Gemoll, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, 1959
(6) Der kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, 1960
(7) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG 1998
(8) Albrecht von Blumenthal, Theatermaske, Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Liebe Grüße
Jochen
Als nächstes habe ich vor, einige römische Personifikationen vorzustellen. Dazu will ich vorher erklären, was Personifikationen eigentlich sind.
Exkurs: Römische Personifikationen
Eine Personifikation ist die Auffassung und Darstellung nichtmenschlicher Gegenstände oder abstrakter Begriffe als Personen, d. h. als Menschen mit bestimmtem Charakter.
Etymologie:
Die Etymologie von Person selbst, eines Begriffes, den es in dieser Form im klassischen Griechischen nicht gibt, ist nicht ganz sicher. Das etruskische phersu bedeutet Maske und dann die Rolle eines Schauspielers, die er durch das Aufsetzen der Maske spielt. Wort und Sache wurden im 1. Jh. v. Chr. in Rom eingeführt durch die Atellane, eine aus Campanien, wahrscheinlich aus der oskischen Stadt Atella, stammende Form der Komödie, bei der die Schauspieler feststehende Typen spielten, die durch unverwechselbare Masken gekennzeichnet waren. Bereits Aulus Gellius führte persona auf das lateinische personare, hindurchtönen, zurück, was gut zur Vorstellung einer Maske in einem Rollenspiel passen würde.
Definition:
Man muß unterschieden zwischen der Personifikation als poetischer Kategorie, in der z. B. der Neid oder das gute Gewissen auf der barocken Bühne auftritt und von der wohl niemand glaubt, daß es richtige Personen sind, und der anderen Kategorie, in der die Personifikationen beseelt sind. Um die geht es hier. Roscher meint, daß die Personifizierung abstrakter Begiffe immer auch ihre Beseelung beinhaltet, weil der Begriff der Seele untrennbar mit der Persönlichkeit verbunden ist. Den Antrieb dazu erhält die menschliche Phantasie durch die ihr angeborene Vorstellung, daß jede Wirkung eine Ursache haben muß, und durch den Analogieschluß von der eigenen Kraft auf eine äußere Ursache.
Es sei übrigens bemerkenswert, daß bei der Bezeichnung abstrakter Begriffe die weiblichen Sprachformen die weitaus vorherrschenden sind.
Die Anzahl der römischen Personifizierungen ist gewaltig. In den Indigitamenta führt Roscher 157 Namen auf. Die Indigitamenta waren Listen der römischen Gottheiten, die vom Collegium der Pontifices aufbewahrt wurden und auf Numa Pompilius zurückgehen sollen. Mit ihnen sollte sichergestellt werden, daß bei öffentlichen Gebeten die korrekten Namen benutzt wurden und keine Gottheit vergessen wurde.
Die Einteilung dieser Gottheiten richtet sich nach ihrer Beseeltheit, ist schwierig und unter Wissenschaftlern umstritten. Aber nur solche als persönliche Götter anzusehem, die auch einen Kult haben, ist unberechtigt. Persönliche Götter sind solche, die sich die Menschen als Bewußtseinswesen vorgestellt haben.
Geschichte:
Bei den Pythagoräern und den Orphikern finden sich spekulative Verwendungen von Personifikationen. Die Tragiker, zumindestens Aischylos und Euripides, verwenden das Personen-Beteichsdenken auch für andere Fakten, z.B. für Phronesis (Klugheit, Vernunft), was zum Problem wird, weil der Vorgang als bloße Wirkung einer Gottheit oder als übernatürliche und unpersönliche Kraft aufgefaßt werden kann.
In der griechischen Komödie finden sich Personifikationen, die der lustigen Situation zuzuschreiben sind, z.B. „Logos und Logine“. Die Rhetorik entwickelt eine besondere Technik der Personifizierung, die Prosopoiia, die Einfluß auf die Dichtung gewinnt und dann auch überhandnimmt.
Varro befaßt sich theoretisch mit der Frage und unterscheidet zwischen di certi und di selecti, den großen Göttern. Cicero definiert „Dann aber wird die Sache selbst, in der irgendeine größere Macht ist, so genannt, daß jene Macht selbst Gott genannt wird (Nat. deor.).
Anmerkung:
Prosopoiia zu benutzen ist eine rhetorische Technik, bei der der Redner als andere Person, als Tier oder als unbelebtes Objekt spricht.
Quellen:
(1) Aulus Gellius, Attische Nächte
(2) Cicero, De Natura Deorum
(3) Varro, Antiquitates Rerum Divinarum
(3) Novum Testamentum Graece
(4) Novum Testamentum Latine
Literatur:
(1) Mattingly, Roman Imperial Coinage (RIC)
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(3) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechishen und römischen Mythologie
(4) Der Kleine Pauly
(5) Wilhelm Gemoll, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, 1959
(6) Der kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch, 1960
(7) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG 1998
(8) Albrecht von Blumenthal, Theatermaske, Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Nobilitas
Münze:
Geta als Caesar, 198-209, Bruder des Caracalla
AR - Denar, 3.46g, 18mm, 180°
Rom, 199
Av.: P SEPT GETA - CAES PONT
Büste, drapiert, kindlicher, bloßer Kopf n. r.
Rv.: NOBI - LITAS
Nobilitas, in langem Gewand, diademiert, frontal stehend, n.r. blickend, stützt
sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter und hält in
der vorgestreckten Linken das Palladium
Ref.: RIC IV/1, 13(a); BMCR 23-7; C. 90 Etymologie:
Nobilitas ist das Substantiv zum lateinischen nobilis „wohlbekannt, berühmt, renommiert; ausgezeichnet, überlegen, prächtig; hochgeboren, von überlegener Geburt". Entstanden ist es aus *gnobilis, wörtlich "erkennbar," von gnoscere "kennenlernen", aus der proto-indoeuropäischen Wurzel *gno- "wissen". Die prominenten römischen Familien, die "wohlbekannt" waren, stellten die meisten öffentlichen Beamten der Republik.
Nach Roscher ist Nobilitas die Personifikation der vornehmen Abkunft, für die es aber keinen Kult gab. Auf Münzen erscheint sie, durch die Legende kenntlich gemacht, zuerst bei Commodus, dann bei Septimius Severus, Iulia Domna, Caracalla, Geta, Elagabal und Severus Alexander. Danach noch bei Philipp I., Tetricus I. und Tetricus II. Bei Commodus, Philipp I. und den beiden Tetrici zeigt der Zusatz AVG, daß es sich um die vornehme Herkunft des Kaisers handelt.
Bis Elagabal trägt die Nobilitas in der einen Hand eine kleine Figur. Eckhel nennt sie Victoriola, bei Cohen ist es Pallas und Cavedoni sieht bei ihr Helm, Lanze und Erdball und denkt an die Weltherrscherin Roma. Bei Philipp I. und den beiden Tetrici hält sie neben dem Szepter tatsächlich einen Erdball. Wieseler (1883) hält sie nicht für die Personifikation der vornehmen Abkunft, sondern des Ruhmes.
Geschichte:
Die Nobilitas war der römische Adelsstand, der die res publica bestimmte. Ihre Mitglieder waren die nobiles. Zunächst hatte sich in Rom ein erblicher Adelsstand gebildet, das Patriziat. Das wurde bald durch führende Plebejer herausgefordert und in den Ständekämpfen bis 287 v. Chr. erlangten diese nach und nach die politische Gleichberechtigung, durch politische Kämpfe, die über 150 Jahre dauerten.
Die Ständekämpfe
Die wichtigsten Meilensteine dabei waren 445 v. Chr. die Lex Canuleia: Plebejer durften Patrizier heiraten, 367 v. Chr. die Leges Liciniae Sextiae: Plebejer durften Consuln werden, um 300 v. Chr. die Lex Ogulnia: Plebejer erhielten den Zugang zu den höchsten Priesterämtern und schließlich 287 v. Chr. die Lex Hortensia: die Beschlüsse der Plebejer erhielten auch für Patrizier Gesetzeskraft.
Die nobiles waren jetzt eine patrizisch-plebejische Aristokratie und wurden durch Patrizier und diejenigen plebejischen Familien gebildet, die in die höchsten Staatsämter gelangt waren, d. h. sie mußten mindetens einen Consul oder Censor unter ihren Vorfahren haben.
Allerdings war nie verbindlich geregelt, wer zu den nobiles gehörte; denn die Abstammung allein hat in Rom nie ausgereicht, den sozialen Status zu begründen. Die individuellen Leistungen waren mindestens ebenso entscheidend. In ihrer Vorstellung adelte die politische Leistung den Mann und seine Nachkommen. So konnten die Nachfahren eines Consuls in die Bedeutungslosigkeit sinken, wenn es ihnen nicht gelang, sich für den Staat zu bewähren.
Die Solidarität der nobiles ruhte auf dem Ahnenstolz und dem Stolz auf die res publica. Innerhalb der nobiles, die in der Ämterlaufbahn politische, administrative und militärische Erfahrung erwarben, vererbte sich die politische Tradition und verhalf Rom zu seinem einzigartigen Aufstieg.
Für die Nobilität, die den Staat bestimmte, gab es keinen Erbadel. Soziale Gruppen waren niemals exakt abgegrenzt. Das galt zumindestens bis zum Ende der res publica libera. Es änderte sich erst durch Augustus, der einen erblichen Senatorenstand (ordo senatorius) schuf.
De iure hatten auch die anderen Bürger einen Einfluß auf die Politik. Aber de facto war es die Nobilität, die die römische Politik bestimmte. Das römische Volk folgte den Senatsbeschlüssen der Nobilität. Typisch für Rom war dabei, daß letzlich die römischen Bürger, der populus Romanus, die Stellung innerhalb der Nobilität bestimmten, indem sie die Personen in wichtige Ämter wählte.
Rivalität innerhalb der Nobilität
Nach dem Sieg über Hannibal und dem jugurthinischen Krieg zeigte sich, daß die nobiles anfällig gegen Bestechungen waren und sich unfähig gegenüber neuen Aufgaben zeigten, wodurch ihre Autorität zu schwinden begann (Pauly).
Ihr Kreis verengte sich, so daß 30-40 Familien sich mit Absprachen (amicitiae) das Vorrecht auf Staatsämter teilten, was zu einer starken, zunehmenden Rivalität der Familien untereinander führte. Dieser Konkurrenzkampf machte schließlich die Standessolidarität zunichte, bis besonders erfolgreiche nobiles wie Sulla, Marius, Pompeius und Caesar den Rahmen gänzlich sprengten, Bürgerkriege gegeneinander führten und letztlich das überlieferte System zerstörten.
Optimaten und Populare
Am Ende der Republik zerfiel die Nobilität grob in zwei Gruppen: Die Optimaten und die Popularen. Die Optimaten stützten sich auf den Senat bei der Verwirklichung ihrer politischen Ziele. Im Gegensatz zu ihnen wollten die Popularen ihre Ziele mit Hilfe des Volkes, der plebs, durchsetzen, weil sie im Senat keine Mehrheit fanden. Zu ihnen gehörten gerade die reichsten und mächtigsten nobiles.
Ein Aufstieg eines Nicht-Senators in die nobilitas, gelang in der späten Republik nur noch wenigen. Wie Gaius Marius oder Cicero wurden sie homines novi (= Emprkömmlinge) genannt. Zu dieser Zeit waren es etwa 30 Familien, die den Staat, die res publica, kontrollierten. Zu ihnen gehörten z. B. die Claudii, die Cornelii, die Licinii, die Aemilii, die Caecilii Metlli, die Calpurnii und die Iulii.
Die Bürgerkriege
In den Bürgerkriegen des 1. Jh. mußte die Nobilität einen besonders hohen Blutzoll entrichten. Die Senatsmehrheit unterlag schließlich ehrgeizigen Einzelnen wie Caesar und Octavian.
Das Ende der nobiles
Zwar stellte auch nach dem Ende der freien res publica und der Errichtung des Prinzipats die Nobilität die soziale Elite des Römischen Reiches. Die Kaiserzeit bildete aber keine neue Nobilität (Pauly). Wer nun als nobilis bezeichnet wurde, war Nachkomme der Konsuln der Republik und der augusteischen Zeit, da 14 n. Chr. die Beamtenwahlen auf den Senat übergingen. Unter Traian waren nur noch wenige nobiles nachweisbar. Die flavischen Kaiser und ihre Nachfolger vermieden es, militärische Kommandos an nobiles zu übertragen.
Die meisten alten republikanischen Familien waren allerdings bereits um 100 n. Chr. ausgestorben. Wenn sich später noch Familien wie die Anicii auf ältere Wurzeln beriefen, war dies wahrscheinlich nur noch eine Fiktion, die allenfalls durch Adoptionen gerechtfertigt gewesen war (Wikipedia).
Das folgende Bild zeigt den Togatus Barberini. Er stellt einen römischen Senator aus dem 1. Jh. dar, der Bilder seiner verstorbenen Ahnen hält. Heute in den Kapitolinischen Museen in Rom (Wikipedia) Die nobiles besaßen das Recht des ius imaginum, d.h. sie durften die imagines, wächserne Porträtmasken ihrer Vorfahren, unter denen Inschriften (tituli) deren Taten und Ämter verkündeten, bei Leichenbegängnissen vorantragen lassen; sonst waren die imagines in verschlossenen Schreinen im Atrium aufgestellt. An Festtagen wurden die Schreine geöffnet und die imagines bekränzt.
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Der Kleine Pauly
(3) Matthias Gelzer, Die Nobilität der römischen Re-publik, 1912
(4) Ronald Syme, Die römische Revolution, 1967.
(5) Christophe Badel, Der Adel des Römischen Reiches, Masken und Tugend, 2005
Online-Quellen:
(3) Wikipedia
(4) etymonline
Liebe Grüße
Jochen
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AR - Denar, 3.46g, 18mm, 180°
Rom, 199
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Büste, drapiert, kindlicher, bloßer Kopf n. r.
Rv.: NOBI - LITAS
Nobilitas, in langem Gewand, diademiert, frontal stehend, n.r. blickend, stützt
sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter und hält in
der vorgestreckten Linken das Palladium
Ref.: RIC IV/1, 13(a); BMCR 23-7; C. 90 Etymologie:
Nobilitas ist das Substantiv zum lateinischen nobilis „wohlbekannt, berühmt, renommiert; ausgezeichnet, überlegen, prächtig; hochgeboren, von überlegener Geburt". Entstanden ist es aus *gnobilis, wörtlich "erkennbar," von gnoscere "kennenlernen", aus der proto-indoeuropäischen Wurzel *gno- "wissen". Die prominenten römischen Familien, die "wohlbekannt" waren, stellten die meisten öffentlichen Beamten der Republik.
Nach Roscher ist Nobilitas die Personifikation der vornehmen Abkunft, für die es aber keinen Kult gab. Auf Münzen erscheint sie, durch die Legende kenntlich gemacht, zuerst bei Commodus, dann bei Septimius Severus, Iulia Domna, Caracalla, Geta, Elagabal und Severus Alexander. Danach noch bei Philipp I., Tetricus I. und Tetricus II. Bei Commodus, Philipp I. und den beiden Tetrici zeigt der Zusatz AVG, daß es sich um die vornehme Herkunft des Kaisers handelt.
Bis Elagabal trägt die Nobilitas in der einen Hand eine kleine Figur. Eckhel nennt sie Victoriola, bei Cohen ist es Pallas und Cavedoni sieht bei ihr Helm, Lanze und Erdball und denkt an die Weltherrscherin Roma. Bei Philipp I. und den beiden Tetrici hält sie neben dem Szepter tatsächlich einen Erdball. Wieseler (1883) hält sie nicht für die Personifikation der vornehmen Abkunft, sondern des Ruhmes.
Geschichte:
Die Nobilitas war der römische Adelsstand, der die res publica bestimmte. Ihre Mitglieder waren die nobiles. Zunächst hatte sich in Rom ein erblicher Adelsstand gebildet, das Patriziat. Das wurde bald durch führende Plebejer herausgefordert und in den Ständekämpfen bis 287 v. Chr. erlangten diese nach und nach die politische Gleichberechtigung, durch politische Kämpfe, die über 150 Jahre dauerten.
Die Ständekämpfe
Die wichtigsten Meilensteine dabei waren 445 v. Chr. die Lex Canuleia: Plebejer durften Patrizier heiraten, 367 v. Chr. die Leges Liciniae Sextiae: Plebejer durften Consuln werden, um 300 v. Chr. die Lex Ogulnia: Plebejer erhielten den Zugang zu den höchsten Priesterämtern und schließlich 287 v. Chr. die Lex Hortensia: die Beschlüsse der Plebejer erhielten auch für Patrizier Gesetzeskraft.
Die nobiles waren jetzt eine patrizisch-plebejische Aristokratie und wurden durch Patrizier und diejenigen plebejischen Familien gebildet, die in die höchsten Staatsämter gelangt waren, d. h. sie mußten mindetens einen Consul oder Censor unter ihren Vorfahren haben.
Allerdings war nie verbindlich geregelt, wer zu den nobiles gehörte; denn die Abstammung allein hat in Rom nie ausgereicht, den sozialen Status zu begründen. Die individuellen Leistungen waren mindestens ebenso entscheidend. In ihrer Vorstellung adelte die politische Leistung den Mann und seine Nachkommen. So konnten die Nachfahren eines Consuls in die Bedeutungslosigkeit sinken, wenn es ihnen nicht gelang, sich für den Staat zu bewähren.
Die Solidarität der nobiles ruhte auf dem Ahnenstolz und dem Stolz auf die res publica. Innerhalb der nobiles, die in der Ämterlaufbahn politische, administrative und militärische Erfahrung erwarben, vererbte sich die politische Tradition und verhalf Rom zu seinem einzigartigen Aufstieg.
Für die Nobilität, die den Staat bestimmte, gab es keinen Erbadel. Soziale Gruppen waren niemals exakt abgegrenzt. Das galt zumindestens bis zum Ende der res publica libera. Es änderte sich erst durch Augustus, der einen erblichen Senatorenstand (ordo senatorius) schuf.
De iure hatten auch die anderen Bürger einen Einfluß auf die Politik. Aber de facto war es die Nobilität, die die römische Politik bestimmte. Das römische Volk folgte den Senatsbeschlüssen der Nobilität. Typisch für Rom war dabei, daß letzlich die römischen Bürger, der populus Romanus, die Stellung innerhalb der Nobilität bestimmten, indem sie die Personen in wichtige Ämter wählte.
Rivalität innerhalb der Nobilität
Nach dem Sieg über Hannibal und dem jugurthinischen Krieg zeigte sich, daß die nobiles anfällig gegen Bestechungen waren und sich unfähig gegenüber neuen Aufgaben zeigten, wodurch ihre Autorität zu schwinden begann (Pauly).
Ihr Kreis verengte sich, so daß 30-40 Familien sich mit Absprachen (amicitiae) das Vorrecht auf Staatsämter teilten, was zu einer starken, zunehmenden Rivalität der Familien untereinander führte. Dieser Konkurrenzkampf machte schließlich die Standessolidarität zunichte, bis besonders erfolgreiche nobiles wie Sulla, Marius, Pompeius und Caesar den Rahmen gänzlich sprengten, Bürgerkriege gegeneinander führten und letztlich das überlieferte System zerstörten.
Optimaten und Populare
Am Ende der Republik zerfiel die Nobilität grob in zwei Gruppen: Die Optimaten und die Popularen. Die Optimaten stützten sich auf den Senat bei der Verwirklichung ihrer politischen Ziele. Im Gegensatz zu ihnen wollten die Popularen ihre Ziele mit Hilfe des Volkes, der plebs, durchsetzen, weil sie im Senat keine Mehrheit fanden. Zu ihnen gehörten gerade die reichsten und mächtigsten nobiles.
Ein Aufstieg eines Nicht-Senators in die nobilitas, gelang in der späten Republik nur noch wenigen. Wie Gaius Marius oder Cicero wurden sie homines novi (= Emprkömmlinge) genannt. Zu dieser Zeit waren es etwa 30 Familien, die den Staat, die res publica, kontrollierten. Zu ihnen gehörten z. B. die Claudii, die Cornelii, die Licinii, die Aemilii, die Caecilii Metlli, die Calpurnii und die Iulii.
Die Bürgerkriege
In den Bürgerkriegen des 1. Jh. mußte die Nobilität einen besonders hohen Blutzoll entrichten. Die Senatsmehrheit unterlag schließlich ehrgeizigen Einzelnen wie Caesar und Octavian.
Das Ende der nobiles
Zwar stellte auch nach dem Ende der freien res publica und der Errichtung des Prinzipats die Nobilität die soziale Elite des Römischen Reiches. Die Kaiserzeit bildete aber keine neue Nobilität (Pauly). Wer nun als nobilis bezeichnet wurde, war Nachkomme der Konsuln der Republik und der augusteischen Zeit, da 14 n. Chr. die Beamtenwahlen auf den Senat übergingen. Unter Traian waren nur noch wenige nobiles nachweisbar. Die flavischen Kaiser und ihre Nachfolger vermieden es, militärische Kommandos an nobiles zu übertragen.
Die meisten alten republikanischen Familien waren allerdings bereits um 100 n. Chr. ausgestorben. Wenn sich später noch Familien wie die Anicii auf ältere Wurzeln beriefen, war dies wahrscheinlich nur noch eine Fiktion, die allenfalls durch Adoptionen gerechtfertigt gewesen war (Wikipedia).
Das folgende Bild zeigt den Togatus Barberini. Er stellt einen römischen Senator aus dem 1. Jh. dar, der Bilder seiner verstorbenen Ahnen hält. Heute in den Kapitolinischen Museen in Rom (Wikipedia) Die nobiles besaßen das Recht des ius imaginum, d.h. sie durften die imagines, wächserne Porträtmasken ihrer Vorfahren, unter denen Inschriften (tituli) deren Taten und Ämter verkündeten, bei Leichenbegängnissen vorantragen lassen; sonst waren die imagines in verschlossenen Schreinen im Atrium aufgestellt. An Festtagen wurden die Schreine geöffnet und die imagines bekränzt.
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Der Kleine Pauly
(3) Matthias Gelzer, Die Nobilität der römischen Re-publik, 1912
(4) Ronald Syme, Die römische Revolution, 1967.
(5) Christophe Badel, Der Adel des Römischen Reiches, Masken und Tugend, 2005
Online-Quellen:
(3) Wikipedia
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Honos, die Ehre
Münze #1:
Marcus Aurelius als Caesar, 139-161
Rom, 147-148
AE – Dupondius, 9.21g, 26.47mm, 180°
Av.: AVRELIVS CAES – AR AVG PII F
Jugendlicher Kopf, barhäuptig, n. r.
Rv.: TR POT II - COS II
Honos, in Toga, frontal stehend und n. r. blickend, stützt sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter und hält im li. Arm Cornucopiae mit der Spitze nach außen
li. und re. HO - NOS
im li. und re. Feld großes S – C
Ref.: RIC III, 1271; BMCR IV, 1819 var. (hat CA - ESAR); C. 239
Honos ist die Personifizierung der Ehre, die man zum Lohn der kriegerischen Tüchtigkeit zuerkannt bekommt. Ja, damals mußte man sich Respekt noch verdienen und konnte ihn nicht lautstark einfordern, wie es heute der Fall ist! Wer die römische Geschichte kennt, versteht daß die Personifikationen von auf den Krieg bezogenen Begriffen die früheste und ausgedehnteste Verehrung fanden. Unter diesen nehmen nach Anzahl der Tempel und Umfang ihres Kultus Honos mit der ihm eng verbundenen Virtus, die Verkörperungen kriegerischen Ruhmes und kriegerischer Tüchtigkeit, eine der ersten Stellen ein (Roscher).
Honos hattte eine ganze Reihe von Tempeln in Rom. Der älteste stand vor der Porta Collina. Der berühmteste war der vor der Porta Capena in der I. Region. Diesen hatte ihm Q. Fabius Maximus Verrucosus im Krieg gegen die Ligurer 233 gelobt. In der Schlacht bei Clastidium 222 und wieder bei der Einnahme von Syrakus 212 gelobte M. Marcellus einen weiteren Tempel. Dieser sollte Honos gemeinsam mit Virtus geweiht sein. Die Priester aber ließen dies aus rituellen Gründen nicht zu, weil man dann nicht wissen konnte, wem ein geschehenes Wunder zu verdanken sei. Der Virtus wurde dann ein Anbau errichtet (Livius), aber so, daß man von ihm nicht direkt in den Tempel des Honos gelangen konnte. Man mußte vorher den Tempel der Virtus verlassen (Cicero, in Verres). Da die Ortsangaben übereinstimmen, wird es sich wohl um den Tempel des Fabius Maximus handeln, den M. Marcellus renoviert und ihm eine Cella für Virtus angefügt hat. Er wurde mit den Kunstschätzen aus Syrakus reich geschmückt. Bereits seit Fabius Maximus war er der Ausgangspunkt für die transvectio equitum an den Iden des Quintilis (Aurel. Vict.). Vespasian ließ ihn restaurieren und aus-malen.
Einen wegen seiner Schönheit berühmten Tempel erbaute Marius am Abhang der Arx für Honos und Virtus aus der cimbrischen Beute, ein Werk des Baumeisters C. Mucius. Ein weiteres Heiligtum des Honos und der Virtus befand sich unter den von Pompeius erbauten Tempeln auf der Höhe seines Theaters. Der Hauptfesttag für beide Gottheiten wurde von Augustus auf den 29. Mai festgelegt.
Über den genauen Kult des Honos wissen wir nichts Genaueres. Nur, daß er eine Besonderheit hatte: Während man beim Opfern der anderen Gottheiten den Kopf verhüllte, so mußte man ihn hier entblößen (Plutarch. Qu. Rom.). Das spricht für einen Kult Graeco ritu, nach griechischer Sitte. Und mit der Gründung des Tempels durch Marius wurden Spiele gestiftet.
Der Kult des Honos, oft verbunden mit dem der Virtus, breitete sich im ganzen römischen Reich aus, was durch zahlreiche Inschriften belegt wird, die man überall gefunden hat, häufig individualisiert als Honos legionis, Honos stationis u. a.
Honos wird verschiedentlich auf Münzen abgebildet. Bei Titus mit Speer und Füllhorn und mit dem li. Fuß auf einer Kugel. Auf einer Münze des Antoninus ist er im Gehen und trägt einen Ölzweig anstatt des Speeres. Öfters wird Honos zusammen mit Virtus abgebildet. Auf einer Münze des Galba erscheint Honos zusammen mit Virtus, aber als weibliche Gestalt:
Münze #2:
Galba, 68-59
AE – Sesterz, 25.98g
Rom
Av.: SER SVLPI GALBA IMP CAESAR AVG P M TR P
Büste, drapiert, belorbeert, n. r.
Rv.: HONOS ET VIRTVS
im Abschnitt SC
li. Honos, nackt bis zur Hüfte, n. r. stehend, stützt sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter, hält mit der Linken Cornucopiae, und blickt n. r. zu Virtus, die behelmt und in Militärkleidung n. l. steht, sich mit der erhobenen Linken auf Speer stützt und in der Rechten
Parazonium hält; ihr re. Fuß steht auf dem Kopf eines Ebers(?)
Ref.: RIC I, 474; BMCR I, 255; C. 90 Bild von Wildwinds
Auf verschiedenen Münzen kommen auch beider Köpfe vor.
Anmerkung:
Die transvectio equitum war eine jährlich an den Iden des Monats Quintilis (15. Juli) stattfindende Parade der römischen Equites (Ritter). Er begann am Tempel des Honos und der Virtus, führte zum Tempel des Castors auf dem Forum und endete an der Porta Collina auf dem Quirinal. Der Anlaß waren die Feiern zum Gedenken an die Schlacht am Regillussee, bei der die Dioskuren Castor und Pollux den Römern beigestanden haben sollen Diese Tradition wurde von Augustus belebt und mit der Musterung der jungen Ritter verbunden.
Quellen:
(1) TitusLivius, ab urbe condita
(2) Cicero, in Verres
(3) Plutarch, Quaestiones Romanae
(4) Ovid, Tristia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) BMCR
Online-Quellen:
(1) Wildwinds
(2) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
Münze #1:
Marcus Aurelius als Caesar, 139-161
Rom, 147-148
AE – Dupondius, 9.21g, 26.47mm, 180°
Av.: AVRELIVS CAES – AR AVG PII F
Jugendlicher Kopf, barhäuptig, n. r.
Rv.: TR POT II - COS II
Honos, in Toga, frontal stehend und n. r. blickend, stützt sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter und hält im li. Arm Cornucopiae mit der Spitze nach außen
li. und re. HO - NOS
im li. und re. Feld großes S – C
Ref.: RIC III, 1271; BMCR IV, 1819 var. (hat CA - ESAR); C. 239
Honos ist die Personifizierung der Ehre, die man zum Lohn der kriegerischen Tüchtigkeit zuerkannt bekommt. Ja, damals mußte man sich Respekt noch verdienen und konnte ihn nicht lautstark einfordern, wie es heute der Fall ist! Wer die römische Geschichte kennt, versteht daß die Personifikationen von auf den Krieg bezogenen Begriffen die früheste und ausgedehnteste Verehrung fanden. Unter diesen nehmen nach Anzahl der Tempel und Umfang ihres Kultus Honos mit der ihm eng verbundenen Virtus, die Verkörperungen kriegerischen Ruhmes und kriegerischer Tüchtigkeit, eine der ersten Stellen ein (Roscher).
Honos hattte eine ganze Reihe von Tempeln in Rom. Der älteste stand vor der Porta Collina. Der berühmteste war der vor der Porta Capena in der I. Region. Diesen hatte ihm Q. Fabius Maximus Verrucosus im Krieg gegen die Ligurer 233 gelobt. In der Schlacht bei Clastidium 222 und wieder bei der Einnahme von Syrakus 212 gelobte M. Marcellus einen weiteren Tempel. Dieser sollte Honos gemeinsam mit Virtus geweiht sein. Die Priester aber ließen dies aus rituellen Gründen nicht zu, weil man dann nicht wissen konnte, wem ein geschehenes Wunder zu verdanken sei. Der Virtus wurde dann ein Anbau errichtet (Livius), aber so, daß man von ihm nicht direkt in den Tempel des Honos gelangen konnte. Man mußte vorher den Tempel der Virtus verlassen (Cicero, in Verres). Da die Ortsangaben übereinstimmen, wird es sich wohl um den Tempel des Fabius Maximus handeln, den M. Marcellus renoviert und ihm eine Cella für Virtus angefügt hat. Er wurde mit den Kunstschätzen aus Syrakus reich geschmückt. Bereits seit Fabius Maximus war er der Ausgangspunkt für die transvectio equitum an den Iden des Quintilis (Aurel. Vict.). Vespasian ließ ihn restaurieren und aus-malen.
Einen wegen seiner Schönheit berühmten Tempel erbaute Marius am Abhang der Arx für Honos und Virtus aus der cimbrischen Beute, ein Werk des Baumeisters C. Mucius. Ein weiteres Heiligtum des Honos und der Virtus befand sich unter den von Pompeius erbauten Tempeln auf der Höhe seines Theaters. Der Hauptfesttag für beide Gottheiten wurde von Augustus auf den 29. Mai festgelegt.
Über den genauen Kult des Honos wissen wir nichts Genaueres. Nur, daß er eine Besonderheit hatte: Während man beim Opfern der anderen Gottheiten den Kopf verhüllte, so mußte man ihn hier entblößen (Plutarch. Qu. Rom.). Das spricht für einen Kult Graeco ritu, nach griechischer Sitte. Und mit der Gründung des Tempels durch Marius wurden Spiele gestiftet.
Der Kult des Honos, oft verbunden mit dem der Virtus, breitete sich im ganzen römischen Reich aus, was durch zahlreiche Inschriften belegt wird, die man überall gefunden hat, häufig individualisiert als Honos legionis, Honos stationis u. a.
Honos wird verschiedentlich auf Münzen abgebildet. Bei Titus mit Speer und Füllhorn und mit dem li. Fuß auf einer Kugel. Auf einer Münze des Antoninus ist er im Gehen und trägt einen Ölzweig anstatt des Speeres. Öfters wird Honos zusammen mit Virtus abgebildet. Auf einer Münze des Galba erscheint Honos zusammen mit Virtus, aber als weibliche Gestalt:
Münze #2:
Galba, 68-59
AE – Sesterz, 25.98g
Rom
Av.: SER SVLPI GALBA IMP CAESAR AVG P M TR P
Büste, drapiert, belorbeert, n. r.
Rv.: HONOS ET VIRTVS
im Abschnitt SC
li. Honos, nackt bis zur Hüfte, n. r. stehend, stützt sich mit der erhobenen Rechten auf langes Szepter, hält mit der Linken Cornucopiae, und blickt n. r. zu Virtus, die behelmt und in Militärkleidung n. l. steht, sich mit der erhobenen Linken auf Speer stützt und in der Rechten
Parazonium hält; ihr re. Fuß steht auf dem Kopf eines Ebers(?)
Ref.: RIC I, 474; BMCR I, 255; C. 90 Bild von Wildwinds
Auf verschiedenen Münzen kommen auch beider Köpfe vor.
Anmerkung:
Die transvectio equitum war eine jährlich an den Iden des Monats Quintilis (15. Juli) stattfindende Parade der römischen Equites (Ritter). Er begann am Tempel des Honos und der Virtus, führte zum Tempel des Castors auf dem Forum und endete an der Porta Collina auf dem Quirinal. Der Anlaß waren die Feiern zum Gedenken an die Schlacht am Regillussee, bei der die Dioskuren Castor und Pollux den Römern beigestanden haben sollen Diese Tradition wurde von Augustus belebt und mit der Musterung der jungen Ritter verbunden.
Quellen:
(1) TitusLivius, ab urbe condita
(2) Cicero, in Verres
(3) Plutarch, Quaestiones Romanae
(4) Ovid, Tristia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) BMCR
Online-Quellen:
(1) Wildwinds
(2) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Eine sehr schöne Idee, und ich werde gerne mitlesen. Gerade diese Personifikationen begegnen mir doch sehr häufig im Rahmen meiner Sammlung, und ich gebe zu, dass mir da einiges an Wissen fehlt, und gerade da möchte ich mein Verständnis erweitern.
Vielen Dank!
Grüsse
Rainer
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Herzlichen Dank, Perinawa! Dann soll jetzt Pudicitia folgen.
Pudicitia, die Schamhaftigkeit
Münze:
Julia Maesa, gest. 223, Großmutter des Elagabal
AR - Denar, 2.92g, 17mm, 225°
Rom, 218/220 (geprägt unter Elagabal)
Av.: IVLIA MAESA AVG
drapierte Büste, nicht diademierter Kopf ,n.r., Haar bis in den Nacken, vertikal fein gewellt, hinten großer Nackenknoten, Ohr bedeckt
Rv.: PVDICITIA
Pudicitia, verschleiert, drapiert, sitzt n.l. auf Thron mit hoher Rückenlehne, hält Zepter
schräg im li. Arm, hält mit der re. Hand Schleier vor ihr Kinn
Ref.: RIC IV/2, (Elagabal) 268; C. 36; BMC 76 Pudicitia („Scham“, „Bescheidenheit“) war ein zentraler Begriff der römischen Sexualethik. Das Wort stammt vom allgemeineren pudor ab, dem Schamgefühl, das das Verhalten einer Person als gesellschaftlich wohlgefällig einstufte. Dazu gehörte auch die bescheidene Selbstdarstellung. Aber bereits im Kleinen Stowasser steht in Klammern „nach außen hin“! Pudicitia war meist ein Merkmal von Frauen, aber Männer, die sich nicht an die männlichen Sexualnormen hielten, galten als feminisierende impudicitia, als sexuelle Schamlosigkeit. Verkörpert wurde diese Tugend durch die Göttin Pudicitia. Ihre griechische Entsprechung war Aidos, die aber nie die Bedeutung hatte wie Pudicitia für die Römer.
Geschichte:
Nach Livius gab es in Rom zwei Tempel der Pudicitia. Der ältere, geweiht der Pudicitia patricia, stand am Forum boarium am Rundtempel des Hercules. 296 v. Chr. kam es zu einem Streit unter den Matronen. Verginia, die Tochter des Aulus, aus patrizischem Geschlecht, wurde, weil sie mit dem plebejischen Consul Lucius Volumnius verheiratet war, von den Patrizierfrauen von der Teilnahme an den Opfern der Pudicitia patricia ausgeschlossen. Zu recht berief sie sich darauf, daß sie diesen Tempel als Patrizierin und als keusche Frau betreten habe, die nur einmal geheiratet hatte und zwar den Mann, dem sie als Jungfrau gegeben worden war. Schließlich stiftete sie im Vicus longus, in einem Raum, den sie von ihrem Wohnhaus abgetrennt hatte, eine Kapelle (sacellum) mit einem Altar der Pudicitia plebeia. Der Dienst an diesem Altar hatte fast die gleiche Form, wie der an dem älteren. Nur vornehme Frauen, deren Keuschheit man kannte und die nur einmal verheiratet waren, durften teilnehmen. Aber dann verfielen die alten strengen Sitten und der Dienst wurde Frauen aller Klassen zugänglich, auch Entweihten, und schließlich wurde dieser Kult vergessen.
L. Calpurnius Piso, wie Plinius erzählt, bringt diesen Verfall der Pudicitia mit einem Prodigium im Jahr 154 v. Chr. in Zusammenhang. In diesem Jahr war im Tempel des Juppiter Capitolinus an der Stelle einer Palme, die für den Sieg über König Perseus stand und die auf dem Altar gewachsen und zugrunde gegangen war, ein Feigenbaum gewachsen. Fica (Feige) war das bekannte Symbol der Unkeuschheit.
Um die Existenz des Tempels am Forum boarium ist heftig diskutiert worden. Gestützt auf Festus und Paulus wollte man den Tempel der Pudicitia patricia in der inzwischen entweihten Kirche S. Maria Egiziaca erkennen oder in der Kirche S. Maria in Cosmedin. Wissowa aber konnte nachweisen, daß auf dem Forum boarium nie ein Heiligtum der Pudicitia patricia gestanden hat:
Festus habe nie von einem Heiligtum gesprochen, sondern nur von einem Bild (imago) der Göttin, und Livius sprach gleichzeitig von sacellum und templum, was eine unklare Vorstellung verriet und dadurch zu erklären ist, daß er den Ursprung des alten Kultes der Pudicitia publica im Vicus longus erklären wollte.
Tatsächlich habe im Tempel der Fortuna Virgo ein uraltes verhülltes Bildnis gestanden, daß sogar für ein Bild des Königs Servius Tullius gehalten worden war, und Fortuna Virgo stand zur Pudicitia in enger Beziehung, wir wir in den Fastes des Ovid erfahren. Statue der Pudicitia, Museo Chiaramonti, Vatikanische Museen, Rom
Die Deutung dieses Bildes als Pudicitia lag nahe, weil auch sie als verhüllte weibliche Figur dargestellt wurde, und das Sakralgesetz, daß das Bild nur von Frauen anerkannter Unbescholtenheit berührt werden durfte, auch im Kult der Fortuna bestand. Inzwischen weiß man auch, daß der Tempel der Fortuna und der Rundtempel des Hercules tatsächlich benachbart waren.
Das sacellum im Vicus longus, das der Pudicitia plebeia geweiht war und das Livius erwähnte und für das er eine Ätiologie erfand, scheint alt gewesen zu sein, wie bereits Juvenal erwähnt.
Als leuchtendstes Beispiel für Pudicitia galt Lucretia, deren Schicksal u. a. Livius schildert. Sie war die schöne und tugendhafte Frau des Lucius Tarquinius Collatinus. Auf ihre Schönheit wurde Sextus Tarquinius aufmerksam, der Sohn des Lucius Tarquinius Superbus, des tyrannischen Königs von Rom, und vergewaltigte sie. Daraufhin verlangte sie von ihrem Vater und ihrem Ehemann einen Racheschwur gegen die Tarquinier und erstach sich dann selbst. Daraufhin führte Lucius Iunius Brutus die Römer in einem Aufstand gegen die Tarquinier und vertrieb sie aus Rom. Dieses Ereignis, datiert auf 509 v. Chr., gilt als Beginn der römischen Republik. Guido Reni (1575-1642), „Der Freitod der Lucretia„ (1625/26), Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Neues Palais, Potsdam
Inzwischen hatte aber ein Sittenverfall eingesetzt. Zur Zeit Caesars waren z. B. Scheidungen ganz üblich geworden. Sie waren nicht mehr ein soziales Stigma, sondern nur noch Anlaß für Klatsch und Tratsch.
Juvenal erzählt in seinen Satiren, eine Mythologie des Hesiod aufnehmend, daß die Menscheit am Ende der Eisenzeit so grausam und gierig geworden war, daß Pudicitia zusammen mit ihrer Schwester Astraea, der Göttin der Gerechtigkeit, die Erde verlassen habe und in den Himmel zurückgekehrt sei, so daß die Menschen von jetzt an sich selbst überlassen waren und hilflos mit ihrer Bosheit und Schlechtigkeit umgehen mußten.
In der Kaiserzeit erließ Augustus ein Programm moralischer Gesetzgebung, das die Pudicitia der römischen Bürger fördern sollte. Aber dafür waren er selbst und seine Familie das falsche Vorbild. 18 v. Chr. wurden zwei neue julische Gesetze in Kraft gesetzt, die auf die Treue der Frauen abzielten. Die Lex Julia de adulterii coercendis machte den Ehebruch der Frauen zu einer Straftat und die Lex Julia de maritandis ordinibus war ein Versuch, die Geburtenrate zu erhöhen, indem sie unverheiratete und kinderlose Männer bestrafte..
Jetzt erscheint Pudicitia auch als Gottheit des Kaiserhauses. Valerius Maximus hatte als erster Pudicitia mit der Kaiserinmutter Livia in Verbindung gebracht. Dann erscheint ihr Name auf Münzen der Plotina, der Gemahlin Traians, mit der Legende ARA PVDIC (RIC 733), die zeigten, daß Plotina durch die Errichtung eines Altars der Pudicitia geeehrt werden sollte. Von da an erscheint der Name und das Bild der Göttin häufig auf den Münzen der Kaiserinnen, zuerst einfach als PVDICITIA, wie auf unserer Münze, später als PVDICITIA AVGVSTAE oder PVDICITIA AVG, als einer Eigenschaft der Kaiserin. Die Attitüde, bei der sie mit der erhobenen Rechten den Schleier vor das Antlitz zieht, ist ikonographisch ein Ausdruck der Mäßigung und der Bescheidenheit.
Quellen:
(1) Livus, ab urbe condita
(2) Juvenal, Satiren
(3) Cicero, in Verrem
(4) Plinius, Naturae historia
(5) Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Der Kleine Stowasser
Liebe Grüße
Jochen
Pudicitia, die Schamhaftigkeit
Münze:
Julia Maesa, gest. 223, Großmutter des Elagabal
AR - Denar, 2.92g, 17mm, 225°
Rom, 218/220 (geprägt unter Elagabal)
Av.: IVLIA MAESA AVG
drapierte Büste, nicht diademierter Kopf ,n.r., Haar bis in den Nacken, vertikal fein gewellt, hinten großer Nackenknoten, Ohr bedeckt
Rv.: PVDICITIA
Pudicitia, verschleiert, drapiert, sitzt n.l. auf Thron mit hoher Rückenlehne, hält Zepter
schräg im li. Arm, hält mit der re. Hand Schleier vor ihr Kinn
Ref.: RIC IV/2, (Elagabal) 268; C. 36; BMC 76 Pudicitia („Scham“, „Bescheidenheit“) war ein zentraler Begriff der römischen Sexualethik. Das Wort stammt vom allgemeineren pudor ab, dem Schamgefühl, das das Verhalten einer Person als gesellschaftlich wohlgefällig einstufte. Dazu gehörte auch die bescheidene Selbstdarstellung. Aber bereits im Kleinen Stowasser steht in Klammern „nach außen hin“! Pudicitia war meist ein Merkmal von Frauen, aber Männer, die sich nicht an die männlichen Sexualnormen hielten, galten als feminisierende impudicitia, als sexuelle Schamlosigkeit. Verkörpert wurde diese Tugend durch die Göttin Pudicitia. Ihre griechische Entsprechung war Aidos, die aber nie die Bedeutung hatte wie Pudicitia für die Römer.
Geschichte:
Nach Livius gab es in Rom zwei Tempel der Pudicitia. Der ältere, geweiht der Pudicitia patricia, stand am Forum boarium am Rundtempel des Hercules. 296 v. Chr. kam es zu einem Streit unter den Matronen. Verginia, die Tochter des Aulus, aus patrizischem Geschlecht, wurde, weil sie mit dem plebejischen Consul Lucius Volumnius verheiratet war, von den Patrizierfrauen von der Teilnahme an den Opfern der Pudicitia patricia ausgeschlossen. Zu recht berief sie sich darauf, daß sie diesen Tempel als Patrizierin und als keusche Frau betreten habe, die nur einmal geheiratet hatte und zwar den Mann, dem sie als Jungfrau gegeben worden war. Schließlich stiftete sie im Vicus longus, in einem Raum, den sie von ihrem Wohnhaus abgetrennt hatte, eine Kapelle (sacellum) mit einem Altar der Pudicitia plebeia. Der Dienst an diesem Altar hatte fast die gleiche Form, wie der an dem älteren. Nur vornehme Frauen, deren Keuschheit man kannte und die nur einmal verheiratet waren, durften teilnehmen. Aber dann verfielen die alten strengen Sitten und der Dienst wurde Frauen aller Klassen zugänglich, auch Entweihten, und schließlich wurde dieser Kult vergessen.
L. Calpurnius Piso, wie Plinius erzählt, bringt diesen Verfall der Pudicitia mit einem Prodigium im Jahr 154 v. Chr. in Zusammenhang. In diesem Jahr war im Tempel des Juppiter Capitolinus an der Stelle einer Palme, die für den Sieg über König Perseus stand und die auf dem Altar gewachsen und zugrunde gegangen war, ein Feigenbaum gewachsen. Fica (Feige) war das bekannte Symbol der Unkeuschheit.
Um die Existenz des Tempels am Forum boarium ist heftig diskutiert worden. Gestützt auf Festus und Paulus wollte man den Tempel der Pudicitia patricia in der inzwischen entweihten Kirche S. Maria Egiziaca erkennen oder in der Kirche S. Maria in Cosmedin. Wissowa aber konnte nachweisen, daß auf dem Forum boarium nie ein Heiligtum der Pudicitia patricia gestanden hat:
Festus habe nie von einem Heiligtum gesprochen, sondern nur von einem Bild (imago) der Göttin, und Livius sprach gleichzeitig von sacellum und templum, was eine unklare Vorstellung verriet und dadurch zu erklären ist, daß er den Ursprung des alten Kultes der Pudicitia publica im Vicus longus erklären wollte.
Tatsächlich habe im Tempel der Fortuna Virgo ein uraltes verhülltes Bildnis gestanden, daß sogar für ein Bild des Königs Servius Tullius gehalten worden war, und Fortuna Virgo stand zur Pudicitia in enger Beziehung, wir wir in den Fastes des Ovid erfahren. Statue der Pudicitia, Museo Chiaramonti, Vatikanische Museen, Rom
Die Deutung dieses Bildes als Pudicitia lag nahe, weil auch sie als verhüllte weibliche Figur dargestellt wurde, und das Sakralgesetz, daß das Bild nur von Frauen anerkannter Unbescholtenheit berührt werden durfte, auch im Kult der Fortuna bestand. Inzwischen weiß man auch, daß der Tempel der Fortuna und der Rundtempel des Hercules tatsächlich benachbart waren.
Das sacellum im Vicus longus, das der Pudicitia plebeia geweiht war und das Livius erwähnte und für das er eine Ätiologie erfand, scheint alt gewesen zu sein, wie bereits Juvenal erwähnt.
Als leuchtendstes Beispiel für Pudicitia galt Lucretia, deren Schicksal u. a. Livius schildert. Sie war die schöne und tugendhafte Frau des Lucius Tarquinius Collatinus. Auf ihre Schönheit wurde Sextus Tarquinius aufmerksam, der Sohn des Lucius Tarquinius Superbus, des tyrannischen Königs von Rom, und vergewaltigte sie. Daraufhin verlangte sie von ihrem Vater und ihrem Ehemann einen Racheschwur gegen die Tarquinier und erstach sich dann selbst. Daraufhin führte Lucius Iunius Brutus die Römer in einem Aufstand gegen die Tarquinier und vertrieb sie aus Rom. Dieses Ereignis, datiert auf 509 v. Chr., gilt als Beginn der römischen Republik. Guido Reni (1575-1642), „Der Freitod der Lucretia„ (1625/26), Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Neues Palais, Potsdam
Inzwischen hatte aber ein Sittenverfall eingesetzt. Zur Zeit Caesars waren z. B. Scheidungen ganz üblich geworden. Sie waren nicht mehr ein soziales Stigma, sondern nur noch Anlaß für Klatsch und Tratsch.
Juvenal erzählt in seinen Satiren, eine Mythologie des Hesiod aufnehmend, daß die Menscheit am Ende der Eisenzeit so grausam und gierig geworden war, daß Pudicitia zusammen mit ihrer Schwester Astraea, der Göttin der Gerechtigkeit, die Erde verlassen habe und in den Himmel zurückgekehrt sei, so daß die Menschen von jetzt an sich selbst überlassen waren und hilflos mit ihrer Bosheit und Schlechtigkeit umgehen mußten.
In der Kaiserzeit erließ Augustus ein Programm moralischer Gesetzgebung, das die Pudicitia der römischen Bürger fördern sollte. Aber dafür waren er selbst und seine Familie das falsche Vorbild. 18 v. Chr. wurden zwei neue julische Gesetze in Kraft gesetzt, die auf die Treue der Frauen abzielten. Die Lex Julia de adulterii coercendis machte den Ehebruch der Frauen zu einer Straftat und die Lex Julia de maritandis ordinibus war ein Versuch, die Geburtenrate zu erhöhen, indem sie unverheiratete und kinderlose Männer bestrafte..
Jetzt erscheint Pudicitia auch als Gottheit des Kaiserhauses. Valerius Maximus hatte als erster Pudicitia mit der Kaiserinmutter Livia in Verbindung gebracht. Dann erscheint ihr Name auf Münzen der Plotina, der Gemahlin Traians, mit der Legende ARA PVDIC (RIC 733), die zeigten, daß Plotina durch die Errichtung eines Altars der Pudicitia geeehrt werden sollte. Von da an erscheint der Name und das Bild der Göttin häufig auf den Münzen der Kaiserinnen, zuerst einfach als PVDICITIA, wie auf unserer Münze, später als PVDICITIA AVGVSTAE oder PVDICITIA AVG, als einer Eigenschaft der Kaiserin. Die Attitüde, bei der sie mit der erhobenen Rechten den Schleier vor das Antlitz zieht, ist ikonographisch ein Ausdruck der Mäßigung und der Bescheidenheit.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Es hätte mich - ehrlich gesagt - auch schwer gewundert, dass auf dem stadtrömischen Markt, wo mit Vieh gehandelt wurde, und die Geldwechsler ihren Stammtisch feierten, ein Heiligtum der Keuschheit gestanden hätte.
Das Forum Boarium ist und bleibt eines meiner liebsten Orte in der Urbs. Wenn ich in Rom bin, führt mein erster Spaziergang dort hin. Zum Argentarierbogen, wie sich das für einen Severus-Fan gehört, aber ich liebe auch San Giorgio in Velabro... Meistens hab ich dort meine Ruhe vor den Touristenströmen.
Das Forum Boarium ist und bleibt eines meiner liebsten Orte in der Urbs. Wenn ich in Rom bin, führt mein erster Spaziergang dort hin. Zum Argentarierbogen, wie sich das für einen Severus-Fan gehört, aber ich liebe auch San Giorgio in Velabro... Meistens hab ich dort meine Ruhe vor den Touristenströmen.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Wir haben 1962 unsere Klassenfahrt nach Rom gemacht. Das war 1 Jahr nach dem Film "La dolce vita". Aber die berühmte Via Veneto war ziemlich langweilig. Na, ja, in die Nachtbars durften wir ja nicht. Untergekommen sind wir im Kloster Santa Maria dei Sette dolori in der Via Garibaldi in Trastevere. Damals war Rom noch nicht von Touristen überlaufen. Gesehen haben wir damals alles wichtige. Wir waren auch in Frascati, am Albanersee, in Ostia und in Tivoli, der Villa Adriana und der Villa d'Este. 10 Jahre später habe ich mit meiner Frau die Hochzeitsreise nach Rom gemacht und bin wieder in diesem Kloster untergekommen. Damals konnte man noch mit dem Auto Straßen am Forum befahren, die heute gesperrt sind. Von der Zeit an waren wir alle 2-3 Jahre in Rom, bis der Tourismus anfing, alles kaputt zu machen. Im Januar 1985 hat es so sehr geschneit, daß Rom stillstand. Nur die Mafia war da: An den Straßenrändern standen die Kinder und winkten mit Moon Boots und Schneeketten, die die Römer aber nicht anlegen konnten. Es hat 2 Tage gedauert, bis die Schneeräumfahrzeuge aus Bologna kamen. Die Priester haben auf dem Petersplatz Schneeballschlachten gemacht! Eine schöne Unterkunft war auch die Casa Kolbe in der Via di San Teodoro direkt am Palatin. Das war ein Kloster mit wunderschönem Innenhof direkt im antiken Zentrum, jetzt ein Hotel.
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Tja Jochen, 1962 schwamm ich noch in Abrahams Wurstkessel
Es ist alles richtig, was du sagst. Aber in ein paar Jahren wird die kommende Generation genau von dem schwärmen, was wir hier gerade "verteufeln".
Bei meiner ersten Romreise war ich mit Freunden sonntags auf dem Palatin, und wir haben dort neben zahlreichen anderen Menschn Spaghetti gekocht, uns auf dem Rasen gefläzt und viel lecker Wein getrunken.
Ich geniesse Rom immer so, wie die Stadt gerade ist.
Müsste ich Rom in einem Satz beschreiben, würde ich das nehmen, was mal ein schlauer Mensch über Havanna gesagt hat; und diese Stadt ist mir die zweitliebste:
"Eine Stadt, die ständig ihre Leiden pflegt, ihre Wunden leckt und ihre Exzesse auskostet."
Grüsse
Rainer

Es ist alles richtig, was du sagst. Aber in ein paar Jahren wird die kommende Generation genau von dem schwärmen, was wir hier gerade "verteufeln".
Bei meiner ersten Romreise war ich mit Freunden sonntags auf dem Palatin, und wir haben dort neben zahlreichen anderen Menschn Spaghetti gekocht, uns auf dem Rasen gefläzt und viel lecker Wein getrunken.
Ich geniesse Rom immer so, wie die Stadt gerade ist.
Müsste ich Rom in einem Satz beschreiben, würde ich das nehmen, was mal ein schlauer Mensch über Havanna gesagt hat; und diese Stadt ist mir die zweitliebste:
"Eine Stadt, die ständig ihre Leiden pflegt, ihre Wunden leckt und ihre Exzesse auskostet."

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Re: Mythologisch interessante Münzen
"Mein Rom" wird aber wohl immer das alte Rom sein, das vom ersten Besuch.
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Clementia, die Milde
Clementia ist lateinisch die Milde, Sanftmut und Schonung. Hier behandeln wir ihre römische Personifizierung, für die es in der griechischen Mythologie keine Entsprechung gibt.
Etymologie:
Clementia ist das Substantiv zum lateinischen Adjektiv clemens, was „sanftmütig, gnädig“ bedeutet. Es hängt mit dem Verb clamare zusammen, was „rufen“ oder „schreien“ bedeutet.
Münze #1:
Antoninus Pius, 138-146
Rom, 141-143
AR – Denar, 3.35g, 17mm,
Av.: ANTONINVS AVG PIVS P P TR P COS III.
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv,: CLEMENTIA AVG
Clementia frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der erhobenen Linken auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten Rechten Patera
Ref.: RIC III, 64; BMCR IV, 191; C. 124 Ihren Ursprung hatte die Personifizierung der Milde in der Strategie und Propaganda Gaius Iulius Caesars. Dieser nutzte die sprichwörtliche Clementia Caesaris als militärische und politische Taktik im Römischen Bürgerkrieg. Indem er auch Gegnern gegenüber Milde walten ließ, wenn sie aufrichtig bereuten, machte er es seinen Feinden einfacher, zu seiner Seite überzulaufen. Dadurch hob er sich ausdrücklich von Sulla ab, der mit seinen Proskriptionen seine Gegner mitsamt ihren Familien vernichtete.
In den öffentliche Kultus wurde Clementia nach der Ermordung Caesars aufgenommen. Milde war eine der hervorragenden Eigenschaften Caesars und wurde sogar für eine Ursache seines Todes angesehen (Cicero, Marcus Aurelius). Seine Milde wurde von den Verschwörern ausgenutzt, um ihn zu ermorden. Allerdings machte dieser Umstand das Volk sehr verbittert, besonders als es erfuhr, daß Caesar einige zu Erben gemacht hatte. Der Senat ließ dem Divus Iulius und der vergöttlichten Clementia Caesaris einen gemeinsamen Tempel auf dem Forum errichten, in dem beide dargestellt sind, wie sie sich gegenseitig die Hände reichen.
In gleicher Weise wie die Clementia Caesaris wurde auch die Clementia der Kaiser personifiziert und göttlich verehrt. Bei Augustus kommt sie nicht vor, aber dem Tiberius weihte der Senat einen Tempel der Clementia und setzte sie auch auf Münzen. Unter Caligula wurde der Clementia jährlich öffentlich geopfert. Eine Schrift des Seneca an Nero hieß de Clementia. Marc Aurel liebte es, seine Milde mit der des großen Caesars zu vergleichen.
Unter Vitellius wurde sie wie Iustitia dargstellt, sitzend mit Zweig und Szepter. Claudian nennt die Clementia sogar direkt die Schwester der Iustitia.
Ab Gallienus tritt auf Münzlegenden die Clementia temporum auf. Haufig zeigt das Bild Jupiter, der dem Kaiser eine Kugel - oft mit der Victoria - überreicht. Jetzt ist sie nur noch eine bloße Kaisertitulatur.
Münze #2:
Probus, 276-282
AE - Antonian, 3.91g, 24mm, 135°
Tripolis
Av.: IMP C M AVR PROBVS P F AVG
Büste, drapiert, mit Strahlenkrone, n. r.
Rv.: CLEMENTIA T - EMP
Kaiser in militärischer Tracht n. r. stehend hält in der li. Hand Adlerszepter und nimmt von Jupiter, der mit Chlamys über der li. Schulter n. l.
steht und sich auf sein Szepter stützt, Globus entgegen.
im unteren Feld *
im Abschnitt XXI
Ref.: RIC V/2, Tripolis 927; C. 91
Quellen:
(1) Plutarch, Kaiserbiographien
(2) Dio Cassius, Römische Geschichte
(3) Cicero, ad Atticum
(4) Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
Liebe Grüße
Jochen
Clementia ist lateinisch die Milde, Sanftmut und Schonung. Hier behandeln wir ihre römische Personifizierung, für die es in der griechischen Mythologie keine Entsprechung gibt.
Etymologie:
Clementia ist das Substantiv zum lateinischen Adjektiv clemens, was „sanftmütig, gnädig“ bedeutet. Es hängt mit dem Verb clamare zusammen, was „rufen“ oder „schreien“ bedeutet.
Münze #1:
Antoninus Pius, 138-146
Rom, 141-143
AR – Denar, 3.35g, 17mm,
Av.: ANTONINVS AVG PIVS P P TR P COS III.
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv,: CLEMENTIA AVG
Clementia frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der erhobenen Linken auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten Rechten Patera
Ref.: RIC III, 64; BMCR IV, 191; C. 124 Ihren Ursprung hatte die Personifizierung der Milde in der Strategie und Propaganda Gaius Iulius Caesars. Dieser nutzte die sprichwörtliche Clementia Caesaris als militärische und politische Taktik im Römischen Bürgerkrieg. Indem er auch Gegnern gegenüber Milde walten ließ, wenn sie aufrichtig bereuten, machte er es seinen Feinden einfacher, zu seiner Seite überzulaufen. Dadurch hob er sich ausdrücklich von Sulla ab, der mit seinen Proskriptionen seine Gegner mitsamt ihren Familien vernichtete.
In den öffentliche Kultus wurde Clementia nach der Ermordung Caesars aufgenommen. Milde war eine der hervorragenden Eigenschaften Caesars und wurde sogar für eine Ursache seines Todes angesehen (Cicero, Marcus Aurelius). Seine Milde wurde von den Verschwörern ausgenutzt, um ihn zu ermorden. Allerdings machte dieser Umstand das Volk sehr verbittert, besonders als es erfuhr, daß Caesar einige zu Erben gemacht hatte. Der Senat ließ dem Divus Iulius und der vergöttlichten Clementia Caesaris einen gemeinsamen Tempel auf dem Forum errichten, in dem beide dargestellt sind, wie sie sich gegenseitig die Hände reichen.
In gleicher Weise wie die Clementia Caesaris wurde auch die Clementia der Kaiser personifiziert und göttlich verehrt. Bei Augustus kommt sie nicht vor, aber dem Tiberius weihte der Senat einen Tempel der Clementia und setzte sie auch auf Münzen. Unter Caligula wurde der Clementia jährlich öffentlich geopfert. Eine Schrift des Seneca an Nero hieß de Clementia. Marc Aurel liebte es, seine Milde mit der des großen Caesars zu vergleichen.
Unter Vitellius wurde sie wie Iustitia dargstellt, sitzend mit Zweig und Szepter. Claudian nennt die Clementia sogar direkt die Schwester der Iustitia.
Ab Gallienus tritt auf Münzlegenden die Clementia temporum auf. Haufig zeigt das Bild Jupiter, der dem Kaiser eine Kugel - oft mit der Victoria - überreicht. Jetzt ist sie nur noch eine bloße Kaisertitulatur.
Münze #2:
Probus, 276-282
AE - Antonian, 3.91g, 24mm, 135°
Tripolis
Av.: IMP C M AVR PROBVS P F AVG
Büste, drapiert, mit Strahlenkrone, n. r.
Rv.: CLEMENTIA T - EMP
Kaiser in militärischer Tracht n. r. stehend hält in der li. Hand Adlerszepter und nimmt von Jupiter, der mit Chlamys über der li. Schulter n. l.
steht und sich auf sein Szepter stützt, Globus entgegen.
im unteren Feld *
im Abschnitt XXI
Ref.: RIC V/2, Tripolis 927; C. 91
Quellen:
(1) Plutarch, Kaiserbiographien
(2) Dio Cassius, Römische Geschichte
(3) Cicero, ad Atticum
(4) Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Indulgentia, die Güte
Münze:
Hadrian, 117-136
AR - Denar, 3.16g, 18mm
Rom, 132-134
Av.: HADRIANVS - AVGVSTUS
Büste, drapiert, barhäuptig, n. r.
Rv.: INDVLGENTIA AVG P P
in ex. COS III
Indulgentia mit ausgestreckter re. Hand und Szepter im li. Arm n. l. thronend
Ref.: RIC II, 213(c); BMCR III, 548 var.; C. 854 Indulgentia ist die Personifizierung von Nachsicht, Güte und Gnade und damit der Clementia eng verwandt. Sie ist eine Gottheit, die es im Griechischen nicht gibt. Die paläo-indoeuropäische Wurzel ist *dlegh = sich engagieren. Das Wort selbst ist belegt seit Cicero und bedeutete zunächst „Nachsicht, Güte und Zärtlichkeit“. Als Ausdruck einer gnädigen Zuwendung ist die indulgentia wohl in der Zeit des Hadrian und in Rücksicht auf diesen entstanden und gehört seitdem zum Idealbild des Princeps. Die indulgentia principis (Fürstengnade) äußert sich in vielfältigen gnädigen Maßnahmen, später häufig als Nachlaß von (überhöhten) Steuerrückständen. In diesem Sinne steht sie auch im Codex Theodosianus. Um die Wende vom 2. zum 3. Jh. kommen häufig strafrechtliche Begnadigungen vor, wie sie dann in den Codex Iustinianus übernommen wurden. Indulgentia entwickelte sich zur technischen Bedeutung für kaiserlichen Begnadigungen (Pauly). Als indulgentia werden sowohl Einzel- wie auch Massenbegnadigungen verschiedener Art bezeichnet, und zwar solche vor der Anklageerhebung (Amnestie), während des Verfahrens oder nach dem Urteil. Seit Constantin beseitigt die indulgentia nach dem Urteil alle Urteilsfolgen.
Im Mittelalter änderte sich die Bedeutung unter dem Einfluß der Kirche zu „Ablaß“. Nach der Ablaßlehre wurden durch den Ablaß die zeitlichen Sündenstrafen erlassen, allerdings nicht die Sünden selbst. Die Kritik an der Ablaßlehre war ein wichtiger Punkt der Reformation. Der Vorwurf war, daß sich hier die Kirche in Gestalt des Papstes sich Gnadenhandlungen Gottes anmaßte.
Auf Münzen erscheint sie als Indulgentia Aug, selten absolut als Indulgentia bezeichnet, sitzend mit ausgestreckter Rechten und mit Szepter. Schale oder Zweig. Auf Münzen des Severus Alexander, des Gallienus, Probus und Florian erscheint sie in der Gestalt der Spes, einmal auch als Providentia.
In Cirta in Numidien errichtete der Quinquennalis Caecilius Natalis ihr eine Kapelle mit einer ehernen Statue (Roscher).
Auf Münzen des Septimius Severus und des Caracalla ist neben der Inschrift Indulgentia. Augg. in Italiam oder in Carth. nicht etwa die Indulgentia, sondern vielmehr die personifizierte Italia oder die Stadtgöttin von Carthago (Iuno Caelestis) oder neben Indulg. fecunda, der reichen Gnade, eine verschleierte, auf einem kurulischen Stuhl sitzende, mit Mauerkrone und Scepter versehene Frau (Iulia?) dargestellt. Severus, RIC IV/1, 266; C. 222; BMCR, 335
Und schließlich findet sich auf Münzen des Postumus die Indulg. pia Postumi Aug. so abgebildet, daß der Kaiser selbst einer vor ihm knieenden Frau die Hand reicht. Diese Frau trägt auf einer ähnlichen Münze des Victorinus ein Füllhorn, so daß sie Vertreterin eines Landes zu sein scheint (Roscher).
Anmerkung:
Caecilius Natalis war in der ersten Häfte des 3. Jh. ein hoher Beamter der numidischen Stadt Cirta. Er bekleidete das Triumvirat und die Quinquennalität, und entfaltete dabei ungewöhnlichen Pomp. Seine Amtsführung war ein Rückschlag zu Gunsten des Heidentums (Dessau)
Quellen:
(1) Cicero, in Verres
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Hermann Dessau, Minucius Felix und Caecilius Natalis, 1905
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Münze:
Hadrian, 117-136
AR - Denar, 3.16g, 18mm
Rom, 132-134
Av.: HADRIANVS - AVGVSTUS
Büste, drapiert, barhäuptig, n. r.
Rv.: INDVLGENTIA AVG P P
in ex. COS III
Indulgentia mit ausgestreckter re. Hand und Szepter im li. Arm n. l. thronend
Ref.: RIC II, 213(c); BMCR III, 548 var.; C. 854 Indulgentia ist die Personifizierung von Nachsicht, Güte und Gnade und damit der Clementia eng verwandt. Sie ist eine Gottheit, die es im Griechischen nicht gibt. Die paläo-indoeuropäische Wurzel ist *dlegh = sich engagieren. Das Wort selbst ist belegt seit Cicero und bedeutete zunächst „Nachsicht, Güte und Zärtlichkeit“. Als Ausdruck einer gnädigen Zuwendung ist die indulgentia wohl in der Zeit des Hadrian und in Rücksicht auf diesen entstanden und gehört seitdem zum Idealbild des Princeps. Die indulgentia principis (Fürstengnade) äußert sich in vielfältigen gnädigen Maßnahmen, später häufig als Nachlaß von (überhöhten) Steuerrückständen. In diesem Sinne steht sie auch im Codex Theodosianus. Um die Wende vom 2. zum 3. Jh. kommen häufig strafrechtliche Begnadigungen vor, wie sie dann in den Codex Iustinianus übernommen wurden. Indulgentia entwickelte sich zur technischen Bedeutung für kaiserlichen Begnadigungen (Pauly). Als indulgentia werden sowohl Einzel- wie auch Massenbegnadigungen verschiedener Art bezeichnet, und zwar solche vor der Anklageerhebung (Amnestie), während des Verfahrens oder nach dem Urteil. Seit Constantin beseitigt die indulgentia nach dem Urteil alle Urteilsfolgen.
Im Mittelalter änderte sich die Bedeutung unter dem Einfluß der Kirche zu „Ablaß“. Nach der Ablaßlehre wurden durch den Ablaß die zeitlichen Sündenstrafen erlassen, allerdings nicht die Sünden selbst. Die Kritik an der Ablaßlehre war ein wichtiger Punkt der Reformation. Der Vorwurf war, daß sich hier die Kirche in Gestalt des Papstes sich Gnadenhandlungen Gottes anmaßte.
Auf Münzen erscheint sie als Indulgentia Aug, selten absolut als Indulgentia bezeichnet, sitzend mit ausgestreckter Rechten und mit Szepter. Schale oder Zweig. Auf Münzen des Severus Alexander, des Gallienus, Probus und Florian erscheint sie in der Gestalt der Spes, einmal auch als Providentia.
In Cirta in Numidien errichtete der Quinquennalis Caecilius Natalis ihr eine Kapelle mit einer ehernen Statue (Roscher).
Auf Münzen des Septimius Severus und des Caracalla ist neben der Inschrift Indulgentia. Augg. in Italiam oder in Carth. nicht etwa die Indulgentia, sondern vielmehr die personifizierte Italia oder die Stadtgöttin von Carthago (Iuno Caelestis) oder neben Indulg. fecunda, der reichen Gnade, eine verschleierte, auf einem kurulischen Stuhl sitzende, mit Mauerkrone und Scepter versehene Frau (Iulia?) dargestellt. Severus, RIC IV/1, 266; C. 222; BMCR, 335
Und schließlich findet sich auf Münzen des Postumus die Indulg. pia Postumi Aug. so abgebildet, daß der Kaiser selbst einer vor ihm knieenden Frau die Hand reicht. Diese Frau trägt auf einer ähnlichen Münze des Victorinus ein Füllhorn, so daß sie Vertreterin eines Landes zu sein scheint (Roscher).
Anmerkung:
Caecilius Natalis war in der ersten Häfte des 3. Jh. ein hoher Beamter der numidischen Stadt Cirta. Er bekleidete das Triumvirat und die Quinquennalität, und entfaltete dabei ungewöhnlichen Pomp. Seine Amtsführung war ein Rückschlag zu Gunsten des Heidentums (Dessau)
Quellen:
(1) Cicero, in Verres
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Hermann Dessau, Minucius Felix und Caecilius Natalis, 1905
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Spes, die Göttin der Hoffnung
Münze #1:
Diadumenianus 217-218
AR - Denar, 2.96g, 19.77mm, 27.5°
Rom, 218
Av.: M OPEL ANT DIADVMENIAN CAES
Büste, drapiert, barhäuptig, n. r.
Rv.: SPES - PVBLICA
Spes n. l., gehend, hält Blume in der re. Hand und hebt mit der li. Hand Gewand an
Ref.: RIC IV/2, 116; C. 21; BMCR 94 Spes ist die göttliche Personifikation der Hoffnung auf glücklichen Erfolg, die den Menschen in allen Lebenslagen und Nöten aufrechterhält. Oft wurde sie ausdrücklich als bona Spes bezeichnet, auch als sancta. Sie wird häufig mit anderen Personifikationen abstrakter Begriffe verbunden, z. B. als Spes Opis Virtus Venus, namentlich auch mit Salus. U. a. von Cicero gibt es dazu eine Aufzählung.
In engsterr Beziehung steht sie zur Fortuna und im Vicus longus auf dem Quirinal gab es einen Altar der Tyche euelpis (Fortuna Bonae Spei). Auch gemeinsam wurden sie verehrt. Fortuna und Spes nebeneinander erscheinen auf einer Nebenseite des Altars im Museo Chiaramonti und auf Münzen des Hadrian und L. Aelius. Interessant ist, daß Spes und Fortuna auch gemeinsam auf Grabinschriften zu finden sind (Roscher).
Wie Fortuna erstreckt sich auch die Herrschaft der Spes auf alle Bereiche des menschlichen Lebens. Der Landmann (Tibull) und der Jäger (Tibull), der Kranke (Ovid) und der Liebende (Tibull), der Schiffer in Seenot (Ovid) und der Gefangene (Ovid) rufen sie an, vor allem auch der Krieger in Gefahr (daher die Verbindung mit Victoria).
Während sie in Griechenland nur eine blasse dichterische Personifizierung war, wurde sie in Rom bereits verhältnismäßig früh kultisch verehrt. Das ist auch kein Wunder. In einem Militärstaat wie Rom wurde der öffentliche Kult der Spes durch die Bedeutung hervorgerufen, die die Hoffnung in den Wechselfällen des Krieges besitzt (Roscher).
Aulus Atilius Catalinus gelobte im ersten punischen Krieg nach seinen Erfolgen in Sizilien der Spes einen Tempel und erbaute ihn am Forum holitorium. Dieser Tempel wurde durch Blitzschlag und Feuer mehrmals zerstört, so z.B. 213 v.Chr. und 31 v.Chr. (Livius), aber jedesmals wieder aufgebaut, zuletzt 17 n.Chr. durch Germanicus (Tacitus). Der Stiftungstag war der 1. August und muß eine gewisse allgemeinere Bedeutung gehabt haben, da er auch in den knapp bemessenen Bauernkalendern erwähnt wird (Roscher).
Aber es gab noch einen älteren Tempel, der von Livius und Dionysios von Halikarnassos in den Stadtchroniken für das Jahr 477 erwähnt wird. Er lag im Osten außerhalb der Stadtmauern und nach ihm wurde nachher die ganze Gegend der späteren Porta Praenestina ad Spem veterem (an der alten Spes) genannt.
Das Epitheton augusta, das Spes oft auf Münzen führt, setzt die Göttin in Beziehung zum Kaiserhaus und drückt insbesondere die Hoffnungen aus, die sich an die heranwachsenden jüngeren Mitglieder der kaiserlichen Familie knüpften; so verzeichnet der augusteische Festkalender zum Andenken an die Anlegung der Toga Virilis durch Augustus am 18. Oktober eine supplicatio Spei et luventuti (Iuventus ist die Göttin der neuen Togaträger), und die Arvalbrüder feierten die Entbindung der Kaiserin durch ein Opfer an Spes. Münzlegenden wie Spes publica oder Spes perpetua geben natürlich auch weitergehenden Hoffnungen Ausdruck. Auffallend ist das häufige Erscheinen der Spes auf Münzbildern.
Abgebildet wird sie ziemlich eintönig durchweg in der gleichen Darstellung, stehend, in archaischer Gewandung und Haartracht, in der Rechten eine Blüte haltend und mit der Linken eine Zipfel ihres Kleids fassend.
Pauly schreibt, daß diese Darstellung sich an den Aphrodite-Typ der archaischen griechischen Kunst anlehnt. Die Blume, die sie hält, kann aber auch gut eine Anspielung auf Persephone sein, womit wir auch eine Verbindung zur Hoffnung hätten.
Philosophie der Hoffnung
Seit der Scholastik gilt die Hoffnung als göttliche Tugend, weil der Grund der Hoffnung außerhalb des Menschen liegt, der in der Regel keinen Einfluß auf das Gelingen hat. Aus Berichten zur Situation in Konzentrationslagern, im Krieg und in Gefangenschaft, und in der Suizidforschung hat sich gezeigt, daß in ausweglosen Situationen die Hoffnung entscheidend sein kann für das Über- und Weiterleben. Furcht und Hoffnung entspringen beide der Ungewißheit und sind auf die Zukunft gerichtet. Aber Hoffnung sieht Möglichkeiten des Gelingens, während die Furcht auf die Möglichkeit des Mißlingens schaut (Wörterbuch der philosophischen Begriffe).
Der Tempel der Spes auf dem Forum Holitorum
Der Tempel der Spes wurde wie jener des Ianus während des Ersten Punischen Krieges von Aulus Atilius Calatinus auf dem Forum Holitorium erbaut. Zuletzt wurde er 17 n.Chr. von Germanicus restauriert. Das Forum Holitorium, der alte Gemüsemarkt, entspricht dem alten Macellum (Varro) und südlich davon befand sich der Tiberhafen. Zwischen 197 und 194 v.Chr. erbaute Gaius Cornelius Cethegus zwischen diesen beiden Tempeln einen Tempel für Iuno Sospita. Alle drei stehen direkt neben dem späteren Marcellustheater und wurden im Mittelalter als Gefängnis benutzt. Erhalten geblieben sind Reste des Spestempels, weil der Sospitatempel mit der Kirche San Nicola in Carcere überbaut wurde, die beide Nebentempel miteinbezog. Der Spestempel von Süden
Der Spestempel, der südliche der drei, ist deutlich kleiner als die beiden anderen. Er war ein dorischer Peripteraltempel mit 6 Säulen als Porticus. Erhalten blieben 7 der 11 Säulen an der nördlichen Längseite, die aus rauhem Travertin bestehen und stuckiert waren. Sie wurden 1937 freigelegt.
Quellen:
(1) Ovid, ex Ponto
(2) Tibull, Elegien
(3) Cicero, de natura deorum
(4) Tacitus, Annalen
(5) Livius, ab urbe condita
(6) Dio Cassius, Römische Geschichte
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG
Liebe Grüße
Jochen
Münze #1:
Diadumenianus 217-218
AR - Denar, 2.96g, 19.77mm, 27.5°
Rom, 218
Av.: M OPEL ANT DIADVMENIAN CAES
Büste, drapiert, barhäuptig, n. r.
Rv.: SPES - PVBLICA
Spes n. l., gehend, hält Blume in der re. Hand und hebt mit der li. Hand Gewand an
Ref.: RIC IV/2, 116; C. 21; BMCR 94 Spes ist die göttliche Personifikation der Hoffnung auf glücklichen Erfolg, die den Menschen in allen Lebenslagen und Nöten aufrechterhält. Oft wurde sie ausdrücklich als bona Spes bezeichnet, auch als sancta. Sie wird häufig mit anderen Personifikationen abstrakter Begriffe verbunden, z. B. als Spes Opis Virtus Venus, namentlich auch mit Salus. U. a. von Cicero gibt es dazu eine Aufzählung.
In engsterr Beziehung steht sie zur Fortuna und im Vicus longus auf dem Quirinal gab es einen Altar der Tyche euelpis (Fortuna Bonae Spei). Auch gemeinsam wurden sie verehrt. Fortuna und Spes nebeneinander erscheinen auf einer Nebenseite des Altars im Museo Chiaramonti und auf Münzen des Hadrian und L. Aelius. Interessant ist, daß Spes und Fortuna auch gemeinsam auf Grabinschriften zu finden sind (Roscher).
Wie Fortuna erstreckt sich auch die Herrschaft der Spes auf alle Bereiche des menschlichen Lebens. Der Landmann (Tibull) und der Jäger (Tibull), der Kranke (Ovid) und der Liebende (Tibull), der Schiffer in Seenot (Ovid) und der Gefangene (Ovid) rufen sie an, vor allem auch der Krieger in Gefahr (daher die Verbindung mit Victoria).
Während sie in Griechenland nur eine blasse dichterische Personifizierung war, wurde sie in Rom bereits verhältnismäßig früh kultisch verehrt. Das ist auch kein Wunder. In einem Militärstaat wie Rom wurde der öffentliche Kult der Spes durch die Bedeutung hervorgerufen, die die Hoffnung in den Wechselfällen des Krieges besitzt (Roscher).
Aulus Atilius Catalinus gelobte im ersten punischen Krieg nach seinen Erfolgen in Sizilien der Spes einen Tempel und erbaute ihn am Forum holitorium. Dieser Tempel wurde durch Blitzschlag und Feuer mehrmals zerstört, so z.B. 213 v.Chr. und 31 v.Chr. (Livius), aber jedesmals wieder aufgebaut, zuletzt 17 n.Chr. durch Germanicus (Tacitus). Der Stiftungstag war der 1. August und muß eine gewisse allgemeinere Bedeutung gehabt haben, da er auch in den knapp bemessenen Bauernkalendern erwähnt wird (Roscher).
Aber es gab noch einen älteren Tempel, der von Livius und Dionysios von Halikarnassos in den Stadtchroniken für das Jahr 477 erwähnt wird. Er lag im Osten außerhalb der Stadtmauern und nach ihm wurde nachher die ganze Gegend der späteren Porta Praenestina ad Spem veterem (an der alten Spes) genannt.
Das Epitheton augusta, das Spes oft auf Münzen führt, setzt die Göttin in Beziehung zum Kaiserhaus und drückt insbesondere die Hoffnungen aus, die sich an die heranwachsenden jüngeren Mitglieder der kaiserlichen Familie knüpften; so verzeichnet der augusteische Festkalender zum Andenken an die Anlegung der Toga Virilis durch Augustus am 18. Oktober eine supplicatio Spei et luventuti (Iuventus ist die Göttin der neuen Togaträger), und die Arvalbrüder feierten die Entbindung der Kaiserin durch ein Opfer an Spes. Münzlegenden wie Spes publica oder Spes perpetua geben natürlich auch weitergehenden Hoffnungen Ausdruck. Auffallend ist das häufige Erscheinen der Spes auf Münzbildern.
Abgebildet wird sie ziemlich eintönig durchweg in der gleichen Darstellung, stehend, in archaischer Gewandung und Haartracht, in der Rechten eine Blüte haltend und mit der Linken eine Zipfel ihres Kleids fassend.
Pauly schreibt, daß diese Darstellung sich an den Aphrodite-Typ der archaischen griechischen Kunst anlehnt. Die Blume, die sie hält, kann aber auch gut eine Anspielung auf Persephone sein, womit wir auch eine Verbindung zur Hoffnung hätten.
Philosophie der Hoffnung
Seit der Scholastik gilt die Hoffnung als göttliche Tugend, weil der Grund der Hoffnung außerhalb des Menschen liegt, der in der Regel keinen Einfluß auf das Gelingen hat. Aus Berichten zur Situation in Konzentrationslagern, im Krieg und in Gefangenschaft, und in der Suizidforschung hat sich gezeigt, daß in ausweglosen Situationen die Hoffnung entscheidend sein kann für das Über- und Weiterleben. Furcht und Hoffnung entspringen beide der Ungewißheit und sind auf die Zukunft gerichtet. Aber Hoffnung sieht Möglichkeiten des Gelingens, während die Furcht auf die Möglichkeit des Mißlingens schaut (Wörterbuch der philosophischen Begriffe).
Der Tempel der Spes auf dem Forum Holitorum
Der Tempel der Spes wurde wie jener des Ianus während des Ersten Punischen Krieges von Aulus Atilius Calatinus auf dem Forum Holitorium erbaut. Zuletzt wurde er 17 n.Chr. von Germanicus restauriert. Das Forum Holitorium, der alte Gemüsemarkt, entspricht dem alten Macellum (Varro) und südlich davon befand sich der Tiberhafen. Zwischen 197 und 194 v.Chr. erbaute Gaius Cornelius Cethegus zwischen diesen beiden Tempeln einen Tempel für Iuno Sospita. Alle drei stehen direkt neben dem späteren Marcellustheater und wurden im Mittelalter als Gefängnis benutzt. Erhalten geblieben sind Reste des Spestempels, weil der Sospitatempel mit der Kirche San Nicola in Carcere überbaut wurde, die beide Nebentempel miteinbezog. Der Spestempel von Süden
Der Spestempel, der südliche der drei, ist deutlich kleiner als die beiden anderen. Er war ein dorischer Peripteraltempel mit 6 Säulen als Porticus. Erhalten blieben 7 der 11 Säulen an der nördlichen Längseite, die aus rauhem Travertin bestehen und stuckiert waren. Sie wurden 1937 freigelegt.
Quellen:
(1) Ovid, ex Ponto
(2) Tibull, Elegien
(3) Cicero, de natura deorum
(4) Tacitus, Annalen
(5) Livius, ab urbe condita
(6) Dio Cassius, Römische Geschichte
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
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(3) Der Kleine Pauly
(4) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Elpis, die Hoffnung
Elpis ist die griechische Göttin der Hoffnung und der (trügerischen) Erwartung. Mit dieser ambivalenten Haltung verkörpert Elpis eine völlig andere Göttin als die römische Spes. In der griechischen Mythologie ist sie die Tochter der Nyx (Nacht) und die Mutter der Pheme (der Göttin des Ansehens, des Ruhms und des Gerüchts). In der Spätantike liebte man auch die Pluralform Elpides. Im Christentum wurde die Hoffnung zu einer der Haupttugenden.
Im Gegensatz zur Spes erscheint Elpis nicht auf Münzen. Bei den Münzen aus Alexandria handelt es sich tatsächlich immer um die römische Spes.
Zuerst wird Elpis von Hesiod erwähnt, von dem es aber verschiedene Versionen gibt.. Nachdem Prometheus dem Zeus das Feuer gestohlen und den Menschen gegeben hatte, beschloß Zeus sich an den Menschen zu rächen. Er ließ Hephaistos eine liebliche Mädchengestalt schaffen, die erste lebende Frau (wie Eva in der Bibel) und Hermes brachte sie Epimetheus (dem Hinterherdenkenden), dem Bruder des Prometheus (des Vorherdenkenden), als Geschenk, als schönes Übel (kalon kakon), wie es bei Hesiod heißt. Und ohne auf das Gebot des Prometheus zu achten, niemals ein Geschenk des Zeus anzunehmen, nahm er es entgegen.
Dann taucht in den Erzählungen plötzlich das Faß (pithos) auf, in dem alle Übel enthalten waren. Pandora, wie sie später genannt wurde, nahm den Deckel des Fasses ab und sein Inhalt zerstreute sich über die ganze Welt. Und damit brachte sie den Menschen, die vorher frei von Übeln lebten, frei von Arbeit und Krankheiten, alle Plagen, Kummer und Unheil der Welt.
Nur Elpis, die Hoffnung, blieb durch den Willen des Zeus unter dem Rand des großen Fasses sitzen.
Für diese Geschichte gibt es verschiedene Interpretationen. Falls im Faß nur alle Übel (kaka) enthalten waren, dan müßte Elpis auch ein Übel sein. Wird Elpis aber nicht als Übel aufgefaßt, dann spricht das dafür, daß im Faß nicht nur Übel, sondern alle Gaben enthalten waren, die die Götter den Menschen geschenkt hatten. So erzählt es auch Babrios, Dafür spricht auch der spätere Name Pandora für die erste Frau, was wörtlich „die mit allen Geschenken“ heißt. Da diese Geschichte auf viel ältere Vorstellungen zurückgeht, hält Roscher Pandora für die attische Erdgöttin Anesidora. Sie sei später von einem misogynen Dichter, einem „Weiberfeind“, umgeschrieben worden. Der Ausdruck „Büchse (pixis) der Pandora“ stammt von Erasmus und ist wahrscheinlich ein Übersetzungsfehler. Überhaupt gewann diese Mythologie erst in der Renaissance wieder an Bedeutung. In der Antike beschäftigte man sich kaum mit ihr.
Da alle Götter die Erde verlassen hatten und sie allein noch unter den Menshen weilte, soll ihr nach Theognis zuerst und zuletzt geopfert werden.
Joseph Abel (1764-1818), „Prometheus, Merkur und Pandora“, 1814 (ganz re. die Tonfigur des Menschen)
Anmerkung:
Babrios war ein griechischer Fabeldichter der im späten 1. Jahrhundert oder im 2. Jahrhundert n. Chr. wohl in Syrien, lebte. Er schrieb Fabeln im Stile des Aisop, die er in den „Mythiamben“ veröffentlichte. Von seinen etwa 200 Fabeln sind 144 überliefert (Wikipedia).
Quellen:
(1) Hesiod, Werke und Tage
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Sophokles, König Oedipus
(4) Aischylos, Der gefesselte Prometheus
(5) Theognis von Megara, Fragmente
(6) NT, 1. Brief an die Korinther
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2)Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG
(5) Almut-Barbara Renger/Immanuel Musäus (Hg.): Mythos Pandora, 2002
Liebe Grüße
Jochen, in der Hoffnung, daß möglichst viele meine Artikel lesen
Elpis ist die griechische Göttin der Hoffnung und der (trügerischen) Erwartung. Mit dieser ambivalenten Haltung verkörpert Elpis eine völlig andere Göttin als die römische Spes. In der griechischen Mythologie ist sie die Tochter der Nyx (Nacht) und die Mutter der Pheme (der Göttin des Ansehens, des Ruhms und des Gerüchts). In der Spätantike liebte man auch die Pluralform Elpides. Im Christentum wurde die Hoffnung zu einer der Haupttugenden.
Im Gegensatz zur Spes erscheint Elpis nicht auf Münzen. Bei den Münzen aus Alexandria handelt es sich tatsächlich immer um die römische Spes.
Zuerst wird Elpis von Hesiod erwähnt, von dem es aber verschiedene Versionen gibt.. Nachdem Prometheus dem Zeus das Feuer gestohlen und den Menschen gegeben hatte, beschloß Zeus sich an den Menschen zu rächen. Er ließ Hephaistos eine liebliche Mädchengestalt schaffen, die erste lebende Frau (wie Eva in der Bibel) und Hermes brachte sie Epimetheus (dem Hinterherdenkenden), dem Bruder des Prometheus (des Vorherdenkenden), als Geschenk, als schönes Übel (kalon kakon), wie es bei Hesiod heißt. Und ohne auf das Gebot des Prometheus zu achten, niemals ein Geschenk des Zeus anzunehmen, nahm er es entgegen.
Dann taucht in den Erzählungen plötzlich das Faß (pithos) auf, in dem alle Übel enthalten waren. Pandora, wie sie später genannt wurde, nahm den Deckel des Fasses ab und sein Inhalt zerstreute sich über die ganze Welt. Und damit brachte sie den Menschen, die vorher frei von Übeln lebten, frei von Arbeit und Krankheiten, alle Plagen, Kummer und Unheil der Welt.
Nur Elpis, die Hoffnung, blieb durch den Willen des Zeus unter dem Rand des großen Fasses sitzen.
Für diese Geschichte gibt es verschiedene Interpretationen. Falls im Faß nur alle Übel (kaka) enthalten waren, dan müßte Elpis auch ein Übel sein. Wird Elpis aber nicht als Übel aufgefaßt, dann spricht das dafür, daß im Faß nicht nur Übel, sondern alle Gaben enthalten waren, die die Götter den Menschen geschenkt hatten. So erzählt es auch Babrios, Dafür spricht auch der spätere Name Pandora für die erste Frau, was wörtlich „die mit allen Geschenken“ heißt. Da diese Geschichte auf viel ältere Vorstellungen zurückgeht, hält Roscher Pandora für die attische Erdgöttin Anesidora. Sie sei später von einem misogynen Dichter, einem „Weiberfeind“, umgeschrieben worden. Der Ausdruck „Büchse (pixis) der Pandora“ stammt von Erasmus und ist wahrscheinlich ein Übersetzungsfehler. Überhaupt gewann diese Mythologie erst in der Renaissance wieder an Bedeutung. In der Antike beschäftigte man sich kaum mit ihr.
Da alle Götter die Erde verlassen hatten und sie allein noch unter den Menshen weilte, soll ihr nach Theognis zuerst und zuletzt geopfert werden.
Joseph Abel (1764-1818), „Prometheus, Merkur und Pandora“, 1814 (ganz re. die Tonfigur des Menschen)
Anmerkung:
Babrios war ein griechischer Fabeldichter der im späten 1. Jahrhundert oder im 2. Jahrhundert n. Chr. wohl in Syrien, lebte. Er schrieb Fabeln im Stile des Aisop, die er in den „Mythiamben“ veröffentlichte. Von seinen etwa 200 Fabeln sind 144 überliefert (Wikipedia).
Quellen:
(1) Hesiod, Werke und Tage
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Sophokles, König Oedipus
(4) Aischylos, Der gefesselte Prometheus
(5) Theognis von Megara, Fragmente
(6) NT, 1. Brief an die Korinther
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2)Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Wörterbuch der philosophischen Begriffe, WBG
(5) Almut-Barbara Renger/Immanuel Musäus (Hg.): Mythos Pandora, 2002
Liebe Grüße
Jochen, in der Hoffnung, daß möglichst viele meine Artikel lesen
Omnes vulnerant, ultima necat.
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