Wahrscheinlich kennt das jeder von euch, irgendwann entsteht eine Liebe oder ein großes Interesse an einem speziellen Gebiet innerhalb der Numismatik. Vor ca. 15 Jahren war es bei mir eine steigende „Lust“ auf die Alexandriner. Nun hat sich im Laufe der Zeit innerhalb der Alexandriner noch ein kleines Sammelgebiet aufgetan, die Jagd nach Münzen aus der Dattari-Sammlung. So ist es mir mit Hilfe des Katalogs von 2007 gelungen, ein paar Münzen aus der Sammlung Dattari, deren Provenienz verloren gegangen ist, im Handel (z.B. Ebay) wieder zu finden. Aber wer war dieser Giovanni Dattari?
Auch wenn sein Beitrag für die Numismatik bedeutend ist, viel wissen wir nicht aus dem Leben von Giovanni Dattari. Es gibt leider keine vollständige Biografie. Er wurde wohl am 19. April 1853 in Livorno in eine wohlhabende Familie des lokalen Bürgertums geboren, die sich in den 1850er – 1860er Jahren auf die Verwaltung von Hotels mit englischsprachiger Kundschaft spezialisiert hatte. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1875 zog er zusammen mit seiner Familie nach Ägypten. Laut dem „ANS Magazine“ (2018, Issue: 2) startete Dattari sein berufliches Leben als Reiseführer und Reiseleiter. So wurde er schon 1881 vom Reiseunternehmen Thomas Cook & Son mit der Leitung einer Expedition in Ägypten betraut. In den folgenden Jahren führte ihn diese Tätigkeit in die USA, nach England und zurück in seine italienische Heimat. Irgendwann in den 1890er Jahren zog Dattari nach Kairo wo er kurz darauf heirate und 2 Kinder bekam. Zusammen lebte die Familie in der Villa Maricca, eine Residenz im Kolonialstil, wo Dattari sein Atelier hatte und schnell eine beeindruckende Sammlung ägyptischer Kunstwerke, griechische und römische Münzen sowie Papyri zusammentrug. Die Villa wurde später zum Treffpunkt für Archäologen und Numismatiker aus aller Welt. Savio schreibt, dass Dattari wohl um 1891 begann Münzen zu sammeln, im Jahr 1894 umfasste seine Sammlung schon 395 Münzen aus Silber und 2207 Münzen aus Bronze. Dattari veröffentlichte seinen Katalog „NUMI AUGG. ALEXANDRINI“ 1901 mit der Abbildung von 6580 Alexandrinern (etwa doppelt so viele wie die Demetrio Sammlung). Bis zum Jahr 1903 wuchs die Sammlung auf erstaunliche 6835 Alexandriner, 91 altgriechische Münzen, 230 Münzen von Alexander dem Großen, 910 Münzen der Ptolemäer und 19320 (!) römische Münzen. Dattari schrieb 1913, dass seine Sammlung von Alexandrinern auf über 13000 Stück angewachsen war, dies wurde durch das Auffinden und spätere Veröffentlichen vieler Dattari Manuskripte durch Adriano Savio bestätigt.
Interessant ist, dass Dattari beim Aufbau vieler bedeutender Sammlungen alexandrinischen Münzen in der Welt beteiligt war. So sind die Sammlungen alexandrinischer Münzen des Ashmolean Museums (Milne und Dattari standen bis zu seinem Tod in engem Kontakt), des Royal Ontario Museums in Toronto und des Kelsey Museums in Ann Arbor mit der Hilfe Dattari´s entstanden. Giovanni Dattari starb 1923, seine Sammlung zerstreute sich im Laufe der Zeit über die Welt, aber sein Katalog in der aktuellen Version von 2007 bleibt bestehen und ist auch heute noch ein unverzichtbares Nachschlagewerk, dessen großer Wert in der schieren Menge der Sammlung liegt. Adriano Savio schreibt: „Es ist schwierig, eine alexandrinische Münze zu finden, die nicht im „Dattari“ erwähnt wird, und wenn dies der Fall ist, ist die Seltenheit der Münze garantiert“.
Sammlung Dattari
Dattari-Savio Plt.: 126 Nr.: 2536
ANTONINUS PIUS 138 - 161
Æ Drachme Alexandria 140/141 (Jahr 4)
Av.: AYT K T AIΛ AΔP ANTωNINOC (C ЄY CЄB?)
Brustbild des Antoninus Pius mit Lorbeerkranz nach rechts, Panzer und Paludamentum, von hinten gesehen
Rv.: Elpis schreitet in Chiton und Peplos nach links; hält auf der Rechten Blume, schürzt mit der Linken das Gewand
Links und rechts im Feld: L - Δ (= Jahr 4)
Maße: 23,52 g / Ø 35 mm
Dattari: 2536 (Dieses Exemplar); Geißen: 1344; K&G: 35.74; RPC Online VI.4: 234
Spannend an diesem Stück aus der Bertolami Auktion ist die Legende auf dem Avers, Kampmann gibt für „Dattari 2536“ die Möglichkeit ЄY CЄB an. RPC Online VI.4.234 zeigt unter der Nummer 3 ein Stück der ANS mit dem Hinweis: „possibly a variant obverse legend ending )Β ϹЄΒ“. Die Münze der ANS scheint mir vom Avers stempelgleich mit meinem Stück zu sein. Unter dem Mikroskop könnte man meinen, dass der Stempelschneider ein B und ein Y miteinander verschmolzen hat. Nun könnte man nach ANTωNINOC folgendes lesen: C ЄY CЄB oder vielleicht CЄB CЄB. Das letzte B befindet sich direkt unterhalb der Büste (auf dem Stück der ANS besser zu erkennen).
Zum Schluss noch ein paar Worte von Dattari selbst, so schreibt er in seinem Vorwort zum Katalog von 1901:
„Mein Hauptanliegen bei der Veröffentlichung dieses Bandes war mein großer Wunsch, sicherzustellen, dass diese Serie als eigenständiges Werk betrachtet und gebührend studiert wird, wie es auch bei anderen Illustrierten Serien führender Gelehrter und klassischer Meister der Numismatik der Fall war. Tatsächlich sind die zahlreichen, sozusagen rätselhaften Rückseiten der alexandrinischen Serie, die so wichtig sind und so viel Licht auf viele unklare Punkte in der Geschichte der gemischten Ägyptisch-Griechisch-Römisch Religionen werfen könnten, noch nicht so gründlich untersucht, wie es ihre grundlegende Bedeutung erfordern würde. Wenn ich mit diesem Buch mein Ziel erreicht habe oder zumindest andere dazu ermutigt habe, diesen Weg zu folgen, werde ich für meine Bemühung entlohnt. Ich würde mich auch freuen, wenn diejenigen, die diese Seiten durchblättern, mich auf die Fehler hinweisen würden, die ich gemacht habe. Wenn sie größer sind, als ich dachte, werden sie in den Versen des Dichters Verzeihung finden: Mögen sich langes Lernen und große Liebe lohnen“
Kairo, Ägypten, Juli 1901