Ich habe in Münster studiert, bin damals oft an den eisernen Wiedertäuferkörben, die am St. Lamberti-Kirchturm hängen, vorbeigegangen, in denen die Leichen der Anführer Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling zur Schau gestellt wurden. Da konnte ich nicht widerstehen – die altdeutsche Münze des Jahres 2025 ist eine Originalprägung eines Wiedertäufertaler (nach der Ernennung von Jan van Leiden als König Johannes I im September 1534):
Geisberg 17, 48 mm, 28,67 g
Bilder waren bei den Wiedertäufern verpönt, so ist das Erscheinungsbild der Münze sehr textlastig:
Die Vorderseite gibt in der Umschrift und den ersten beiden Zeilen der Mitte die biblische Begründung der Glaubenstaufe nach Joh. 3,5: WE NICHT GEBORE(n) IS VTH DE(m) WATE(r) VN(d) GEIST MACH / NICHT INGAEN und ist fortgesetzt in der Umschrift der Kehrseite INT RIKE GODES – EIN KONINCK VPRECHT OVE(r) AL(l). Diese letztere Devise, »Ein König aufgerichtet über alle«, begründete der Prädikant Dionis Vinne bei seinem Verhör im Oktober 1534 mit Bibelstellen der Propheten Jeremias (Kap. 23 [5-6]) und Hesekiel (Kap. 37 [22-24] und 30): »Dar steit klarlick, dat in de lesten tiden ein einich gerechter konninck aver alle up erden hersschen sal«. Am Ende der Rückseitenumschrift stehen die gekreuzten Schwerter aus dem Königssymbol, der von zwei Schwertern, dem geistlichen und dem weltlichen durchbohrten Weltkugel als Anspruch »dat he hersschen sal aver de gantzen Werelt« (D. Vinne). Im Zentrum der Rückseite steht das in den Text THO MVNS / TER umgesetzte dreiteilige Stadtwappen (Gold-Rot-Silber), umgeben von dem Schlachtruf EIN GODT EIN GELOVE EIN DOEPE, ein Zitat aus dem Epheserbrief 4,5, darüber die Jahreszahl 1534. Der zentrale Spruch auf der Vorderseite zitiert aus dem Johannesevangelium DAT WORT IS FLEISCH GEWORDEN VN WANET IN VNS (Joh. 1,14): in der Täufergemeinde realisiere sich das Wort, die göttliche Weissagung; die Gemeinde sei das Realität gewordene Gotteswort. Es ist eine legitimierende Antwort auf das Gottesgnadentum der Fürsten.
Die Wiedertäufertaler wurden zu folgenden Zwecken angefertigt, obwohl die Verwendung von Geld im Täuferreich unter Todesstrafe verboten war:
- In den ersten Monaten der Belagerung, um bischöfliche Landsknechte in die Stadt zu locken
- Zum Schmuck der Ketten der Herzoge und Ihrer Räte
- Zur Vornahme von Zeremonien, die die Apostel in den ungläubigen Städten vornehmen sollten.
Originalprägung heißt m.E., dass zumindest die Originalstempel aus der Zeit verwendet wurden. Da die Stempel aber den Belagerern in die Hände fielen, kann eine zeitgenössische Prägung nach der Belagerung nicht ausgeschlossen werden. Die Inumlaufbringung dieser „Wiedertäufertaler“ ließ im Nachhinein die geldfeindliche Haltung der Täufer als bigott erscheinen und diskreditierte ihre religiöse Not und Haltung.
Literatur
Geisberg, M.: Die münsterschen Wiedertäufer und Aldegrever. Eine ikonographische und numismatische Studie, Studien zur deutschen Kunstgeschichte 76 (Straßburg 1907, Reprint Baden-Baden 1977)
Wikipedia: Wiedertäufertaler,
https://de.wikipedia.org/wiki/Wiedert%C3%A4ufertaler