Noch bestimmbar? Vielleicht VIRTVS ROMANORUM unter Gratian

[Archivar]

Liebe Münzfreunde und -experten!

Von mir kommt heute eine Frage zu einem Follis, der in einem ziemlich erbärmlichen Zustand ist.
Ich vermute, dass es sich vor allem um dicke Auflagen handelt, die man mit etwas Übung, viel Geduld und dem richtigen Werkzeug fachmännisch entfernen könnte, um mehr von der Münze zum Vorschein zu bringen. Ich habe schon einiges in den wunderbaren Threads zur mechanischen Münzreinigung gelesen, möchte mich aber erst daran wagen, wenn ich etwas mehr über diese Münzen weiß, wenn ich die entsprechenden Werkzeuge und vor allem auch Zeit und Muße dafür habe.

Erstmal bleibt dieses Stück also wie es ist.
Meine Fragen an Euch sind: Ist da noch etwas zu bestimmen und liege ich mit meinen Vermutungen/Spekulationen richtig.

16 mm - 2,39 g
Avers: Büste nach rechts, geteilte Legende
vielleicht [...]TIA - NVS[...], könnte aber auch [...]TIN - [...] sein
Revers: Eine Gestalt frontal, nach links sehend (?), ihren rechten Arm unten haltend und erhobenem linken Arm, unten breitbeining sitzend (?)

Das könnte nach meinen Vergleichen mit dem, was Guido Bruck abbildet Concordia AVGGG oder Virtus Romanorum sein. Aber vielleicht liege ich da auch etwas oder völlig daneben.

Jede Hilfe und jeder Tipp ist willkommen.


Mit herzlichen Grüßen,
Jens

[Chippi]

Hallo Jens,

auch die Reinigungsexperten werden dir bestätigen, dass auf deinem Stück nichts mehr an Auflagen drauf ist. Was du als Auflagen interpretierst, ist der Rest der Patina, also der originalen Oberfläche, an den anderen Stellen fehlt diese komplett. Da ist also nichts mehr zu machen, tot ist tot.

Gruß Chippi

[Chippi]

Nun zur Münze selber, im Abschnitt sieht man mittig noch "..CO..", also Offizin plus CON für Constantina/Arelate (Arles). Der Kaiser rückseitig stimmt, allerdings ist er nicht allein, ich vermute stark diesen Typ hier:
https://www.acsearch.info/search.html?id=15458397.

Gruß Chippi

[Archivar]

Danke, Chippi!

Ich hätte das "CO" Revers nicht erkannt. Toll, was Du mit Deiner Erfahrung auch auf Amateurfotos von solchen kaum erhaltenen Stücken erkennst.
Da Du als Experte diese Münze sicherlich mit Recht als tot erklärt hast und ich diese Münze bis heute von meinen beiden Lots zu den sechs "Unbestimmbaren" gezählt hatte (noch dazu als "Zugabe" dazubekommen), habe ich jetzt ein ziemlich verwegen-verbotenes Experiment durchgeführt.

Puristen bitte weghören und bitte, bitte niemals mit irgendwie erhaltenswerten antiken Münzen nachmachen!
Ich habe diese Münze ca. 2 Minuten in eine übersättigte Essigessenz-Natriumchlorid-Lösung gelegt und sie danach gründlichst abgespült und dann noch einmal fotografiert. Das Ergebnis aus meiner Sicht:

Avers: Das Kaiserprofil (Augenpartie!) und der größte Teil der unteren Hälfte sind in einem schlechteren Zustand als vorher, die Legende für mich noch schlechter erkennbar.
Revers: Ich kann das "CO" im Abschnitt deutlich erkennen und die Gestalt hat etwas mehr Konturen bekommen. Rechts scheint irgendeine Struktur von unten nach oben zu ragen. Links oben ist die Zerstörung aber eher weiter vorangeschritten (oder sichtbarer).

Jetzt ist die Münze natürlich töter als tot ...
aber wer weiß, wie sie vorher schon behandelt wurde

Kommentare, Fragen und Kritik sind willkommen.

Mit herzlichen Grüßen,
Jens

[Peter43]

Wenn man die Münze nicht erhalten will (und was ist hier schon zu erhalten?), kann man so vorgehen, um eine mögliche Bestimmung zu "erzwingen".

Jochen

[Archivar]

Wenn man die Münze nicht erhalten will (und was ist hier schon zu erhalten?), kann man so vorgehen, um eine mögliche Bestimmung zu "erzwingen".

Jochen

Lieber Jochen! Danke für Deinen verständnisvollen Kommentar angesichts meiner Anfänger-Eskapaden

Das war genau mein Gedanke, mal abgesehen davon, ob es
a) sinnvoll ist eine Bestimmung zu erzwingen, wenn man eine Münze nicht erhalten will
b) tatsächlich etwas gebracht hat. Das "CO" im Abschnitt erkenne/erahne ich nun auch im ersten Foto oben und meine leise Hoffnung, dass auf der linken Seite revers eine knieende Gestalt (von REPARATIO REIPVB) andeutungsweise erkennbar wird, hat sich nicht erfüllt.

Mit herzlichen Grüßen,
Jens

[Lackland]

Das ist ja das Gute an derart schlecht erhaltenen Münzen: Man kann ohne große Bauchschmerzen haben zu müssen, experimentieren und üben.

Liebe Grüße
Ulrich