Mythologisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Eileithyia, die Geburtsgöttin
Münze:
Arkadien, Tegea, 50-25 v. Chr.
AE - Tetrachalkon, 3.15g, 19.20mm
geprägt unter makedonischer Herrschaft
Av.: Kopf der Eileithyia, 2 Getreideähren im Haar, n. l., über der li. Schulter brennende Fackel
Rv.: TEΓEATAN
Athena, behelmt und in gegürtetem Doppelchiton, n r.stehend, stützt sich mit der
erhobenen Linken auf Speer und läßt mit der re. Hand eine Locke der Medusa in das
Gefäß fallen, das die re. stehende Sterope hält
darüber Monogram TAY von Arkadien
darunter Monogramm IM
Ref.: BMC 22-24; BCD Peloponnesos 1750.2
Pedigree:
ex BCD coll., mit Etikett, erworben 25.11.95 Zu dieser Münze:
Auch auf Münzen aus Aigion (BMC 8-9) wird Eileithyia mit einer Fackel (in der Hand) dargestellt. Dies hat Pausanias auf den brennenden Schmerz der Wehen gedeutet oder als Symbol des ans Licht Bringens. Die Darstellung auf der Rückseite werde ich im Artikel über Sterope behandeln.
Etymologie:
Eileithyia hat eine Reihe verschiedener onomastischer Varianten wie Eleuthyía, Ilithyia, Eilethyia, Eleuthia, Eilytheia, Eleytho, Eilionia, Ilithyia oder Ileithya, im Plural Eileithyiai und wird im Griechischen zu eileisthai (hervorbringen) oder eleutho (ich befreie) gestellt und wird dann als “die (zur Geburtshilfe) kommende” verstanden. Sie stimmen mit der auf Kreta und der Peloponnes belegten Form Eleuthyia-Eleuthia über-ein, und können gut auf mykenisches e-re-u-ti-ja zurückgehen, das sich auf den Knossostafeln findet. Andere (van den Loeff und Malten) halten sie für vorgriechisch-kleinasiatisch und zogen die Ortsnamen Eleusis und Elysion heran.
Mythologie:
Eileithyia, die griechische Göttin der Geburt, war die Tochter des Zeus und der Hera. Ihre Geschwister waren Hebe und Ares. Es gibt sie auch in der Mehrzahl als Eileithyai. Als ihr Geburtsort gilt die Höhle von Amnisos (Amissos) auf Kreta, die bereits in der Odyssee erwähnt wird, und in der ein stalagmitischer Kult stattfand, was tellurische (von der Erde herrührende) Züge hat. Ursprünglich war sie wohl eine kretisch-mykenische Geburtsgöttin (Homer) mit dem Kultort Lato (= Leto). Wie andere kretische Gottheiten verbreitete sich ihr Kult von da aus auch auf die Inseln der Ägäis und das griechische Festland. In Hermione auf der Peloponnes z. B. standen Heiligtümer, deren Kultbild nur die Priesterinnen sehen durften. In Athen gab es einen Tempel zwischen Serapieion und Olympieion mit drei verhüllten Schnitzbildern. Das älteste sei von Erysichthon aus Delos gebracht worden.
Natürlich war sie anwesend bei der Geburt der Athena aus dem Haupt des Zeus. Aber Hera konnte sie nach Belieben senden oder zurückhalten. So versuchte sie die Geburt des Herakles zu verhindern, den Alkmene durch einen Seitensprung des Zeus empfangen hatte. Siehe dazu den Artikel über Lucina, deren Namen sie in der römischen Mythologie trägt.
Leto und die Geburt der Zwillinge:
Aber auch die Geburt von Apollo und Artemis wollte Hera verhindern. Leto, die Tochter der Titanen Koios und Phoibe, wurde die Geliebte des Zeus, der mit ihr die Zwillinge Artemis und Apollo zeugte. Als erstes sandte die eifersüchtige Hera den Drachen Python, der Leto verschlingen sollte. Als Zeus das verhinderte, nahm sie der Gaia den Eid ab, der Leto keinen Ort für die Geburt zu geben, der je von der Sonne beschienen wurde. Aber Poseidon ließ die schwimmende Insel Delos aus dem Meer auftauchen, wohin Hermes die schwangere Leto brachte.
Daraufhin setzte Hera ihre Tochter Eileithyia so unter Druck, daß sie auf dem Olymp blieb und es nicht wagte, der hochschwangeren Leto beizustehen. Die anderen Götter aber hielten zu Leto, kauften dem Uranos den Mond ab und übergaben ihn dem Hephaistos. Dieser schmiedete aus ihm das schönste Halsband, mit dem es der Iris gelang, Eileithyia zu bestechen und nach Delos zu führen, so daß Leto endlich ihre Zwillinge zur Welt bringen konnte.
Unter einer Palme gebar sie zuerst die Artemis und dann mit deren Hilfe den Apollo. Rings um sie herum lärmten die Kureten mit ihren Schwertern und Schilden, so daß Hera die Schreie Letos während der Wehen nicht hören konnte (Kallimachos).
Aus dieser Sage geht klar hervor, daß die Verschmelzung zwischen Eileithyia und Artemis erst später stattgefunden haben muß.
Kulturgeschichtlicher Hintergrund:
Interessant ist der Zusammenhang mit Delos, auf den bereits Pausanias hinweist. Dort habe Artemis im Kreis der Hyperboreerinnen den Titel Eileityia geführt. Pausanias erzählt, daß dort der Eileithyia Opfer für eine leichte Geburt gebracht wurden, dargeboten mythisch von den hyperboreischen Heroinen Hyperoche und Laodike. Dazu gab es einen Hymnos des Lykiers Olen, in dem Eileithyia als Mutter des Eros genannt wurde. Zu Letos Wehen auf Delos sei sie von den Hyperboreern gekommen. Von hier aus habe sich ihr Kult dann nach Attika verbreitet.
Kunstgeschichte:
Die Tegeaten verehrten Eileithyia unter dem Namen Αυγη εν γόνασι (Auge bei der Geburt). Am Markt, an der Stelle, an der Auge von Nauplios fortgeführt und gerettet worden war, stand ein Tempel mit einem Bild, das Auge auf den Knien liegend zeigte, wie sie den Telephos geboren haben soll (Pausanias). Die Statue muß man sich vorstellen wie die Statuette der Eileithyia, die man in Paestum/Unteritalien gefunden hat. Der gebärenden Eileithyia stehen zwei Eileithyiai bei. Statuette der Eileityia aus dem Heraion in Paestum, 500-450 v. Chr., Museo Archeologico Nazionale
Zahlreich erscheint Eileithyia auf Vasenbildern, die die Geburt der Athena aus dem Haupt des Zeus zeigen. Dies ist eine schwarzfigurige attische Amphora, ca. 545-535 v. Chr., archaisch, dem Maler der Gruppe E zugeschrieben, heute im Virginia Museum od Fine Arts in Richmond. Sie zeigt Zeus auf einem Thron dekoriert mit 2 Pferdeprotomen, dessen Haupt Athena in voller Rüstung entspringt; li. stehen Hermes und Eileithyia als Hebamme, re. Hera mit Krone und Ares.
Anmerkungen:
(1) Olen (Ὠλήν) war ein legendärer Dichter, Kultstifter und Priester der griechischen Frühzeit. Nach Pausanias war Olen Lykier und der Verfasser der ältesten Hymnen An anderer Stelle zitiert Pausanias die Überlieferung einer delphischen Hymnendichterin namens Boio, nach der Olen zusammen mit anderen aus Hyperborea nach Delphi gekommen sei, wo er das Orakel des Apollon begründete und der erste war, der Prophezeiungen in Form von Hexametern kleidete. Er wird auch als Kultstifter und Hymnendichter in Delos genannt, wo ihm Hymnen an Eileithyia, Hera und an die hyperboreischen Jungfrauen Opis und Arge zugeschrieben werden. Noch zur Zeit des Pausanias im 2. Jhd. wurden sie dort gesungen.
(2) Boio (Βοιώ) war eine delphische Hymnendichterin. Pausanias zitiert vier Verse aus einem von ihr verfassten Hymnos. Nach Boio soll der legendäre Dichter Olen zusammen mit anderen aus Hyperborea nach Delphi gekommen sein.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Herodot, Theogonie
(3) Kallimachos, Hymnen
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Dionysios von Halikarnassos
(6) Hesychios, Lexkikon
(7) Apollonios Rhodios, Argonautensage
(8) Pindar, Hymnen
(9) Strabon, Geographika
(10) Stephan von Byzanz, Ethnika
(11) Hyginus, Fabulae
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Ludwig Preller, Griechische Mythologie
(4) RE: Eileithyia
(5) Der Kleine Pauly
(6) Wilhelm Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Wikimedia
(3) theoi.com
Liebe Grüße
Jochen
Münze:
Arkadien, Tegea, 50-25 v. Chr.
AE - Tetrachalkon, 3.15g, 19.20mm
geprägt unter makedonischer Herrschaft
Av.: Kopf der Eileithyia, 2 Getreideähren im Haar, n. l., über der li. Schulter brennende Fackel
Rv.: TEΓEATAN
Athena, behelmt und in gegürtetem Doppelchiton, n r.stehend, stützt sich mit der
erhobenen Linken auf Speer und läßt mit der re. Hand eine Locke der Medusa in das
Gefäß fallen, das die re. stehende Sterope hält
darüber Monogram TAY von Arkadien
darunter Monogramm IM
Ref.: BMC 22-24; BCD Peloponnesos 1750.2
Pedigree:
ex BCD coll., mit Etikett, erworben 25.11.95 Zu dieser Münze:
Auch auf Münzen aus Aigion (BMC 8-9) wird Eileithyia mit einer Fackel (in der Hand) dargestellt. Dies hat Pausanias auf den brennenden Schmerz der Wehen gedeutet oder als Symbol des ans Licht Bringens. Die Darstellung auf der Rückseite werde ich im Artikel über Sterope behandeln.
Etymologie:
Eileithyia hat eine Reihe verschiedener onomastischer Varianten wie Eleuthyía, Ilithyia, Eilethyia, Eleuthia, Eilytheia, Eleytho, Eilionia, Ilithyia oder Ileithya, im Plural Eileithyiai und wird im Griechischen zu eileisthai (hervorbringen) oder eleutho (ich befreie) gestellt und wird dann als “die (zur Geburtshilfe) kommende” verstanden. Sie stimmen mit der auf Kreta und der Peloponnes belegten Form Eleuthyia-Eleuthia über-ein, und können gut auf mykenisches e-re-u-ti-ja zurückgehen, das sich auf den Knossostafeln findet. Andere (van den Loeff und Malten) halten sie für vorgriechisch-kleinasiatisch und zogen die Ortsnamen Eleusis und Elysion heran.
Mythologie:
Eileithyia, die griechische Göttin der Geburt, war die Tochter des Zeus und der Hera. Ihre Geschwister waren Hebe und Ares. Es gibt sie auch in der Mehrzahl als Eileithyai. Als ihr Geburtsort gilt die Höhle von Amnisos (Amissos) auf Kreta, die bereits in der Odyssee erwähnt wird, und in der ein stalagmitischer Kult stattfand, was tellurische (von der Erde herrührende) Züge hat. Ursprünglich war sie wohl eine kretisch-mykenische Geburtsgöttin (Homer) mit dem Kultort Lato (= Leto). Wie andere kretische Gottheiten verbreitete sich ihr Kult von da aus auch auf die Inseln der Ägäis und das griechische Festland. In Hermione auf der Peloponnes z. B. standen Heiligtümer, deren Kultbild nur die Priesterinnen sehen durften. In Athen gab es einen Tempel zwischen Serapieion und Olympieion mit drei verhüllten Schnitzbildern. Das älteste sei von Erysichthon aus Delos gebracht worden.
Natürlich war sie anwesend bei der Geburt der Athena aus dem Haupt des Zeus. Aber Hera konnte sie nach Belieben senden oder zurückhalten. So versuchte sie die Geburt des Herakles zu verhindern, den Alkmene durch einen Seitensprung des Zeus empfangen hatte. Siehe dazu den Artikel über Lucina, deren Namen sie in der römischen Mythologie trägt.
Leto und die Geburt der Zwillinge:
Aber auch die Geburt von Apollo und Artemis wollte Hera verhindern. Leto, die Tochter der Titanen Koios und Phoibe, wurde die Geliebte des Zeus, der mit ihr die Zwillinge Artemis und Apollo zeugte. Als erstes sandte die eifersüchtige Hera den Drachen Python, der Leto verschlingen sollte. Als Zeus das verhinderte, nahm sie der Gaia den Eid ab, der Leto keinen Ort für die Geburt zu geben, der je von der Sonne beschienen wurde. Aber Poseidon ließ die schwimmende Insel Delos aus dem Meer auftauchen, wohin Hermes die schwangere Leto brachte.
Daraufhin setzte Hera ihre Tochter Eileithyia so unter Druck, daß sie auf dem Olymp blieb und es nicht wagte, der hochschwangeren Leto beizustehen. Die anderen Götter aber hielten zu Leto, kauften dem Uranos den Mond ab und übergaben ihn dem Hephaistos. Dieser schmiedete aus ihm das schönste Halsband, mit dem es der Iris gelang, Eileithyia zu bestechen und nach Delos zu führen, so daß Leto endlich ihre Zwillinge zur Welt bringen konnte.
Unter einer Palme gebar sie zuerst die Artemis und dann mit deren Hilfe den Apollo. Rings um sie herum lärmten die Kureten mit ihren Schwertern und Schilden, so daß Hera die Schreie Letos während der Wehen nicht hören konnte (Kallimachos).
Aus dieser Sage geht klar hervor, daß die Verschmelzung zwischen Eileithyia und Artemis erst später stattgefunden haben muß.
Kulturgeschichtlicher Hintergrund:
Interessant ist der Zusammenhang mit Delos, auf den bereits Pausanias hinweist. Dort habe Artemis im Kreis der Hyperboreerinnen den Titel Eileityia geführt. Pausanias erzählt, daß dort der Eileithyia Opfer für eine leichte Geburt gebracht wurden, dargeboten mythisch von den hyperboreischen Heroinen Hyperoche und Laodike. Dazu gab es einen Hymnos des Lykiers Olen, in dem Eileithyia als Mutter des Eros genannt wurde. Zu Letos Wehen auf Delos sei sie von den Hyperboreern gekommen. Von hier aus habe sich ihr Kult dann nach Attika verbreitet.
Kunstgeschichte:
Die Tegeaten verehrten Eileithyia unter dem Namen Αυγη εν γόνασι (Auge bei der Geburt). Am Markt, an der Stelle, an der Auge von Nauplios fortgeführt und gerettet worden war, stand ein Tempel mit einem Bild, das Auge auf den Knien liegend zeigte, wie sie den Telephos geboren haben soll (Pausanias). Die Statue muß man sich vorstellen wie die Statuette der Eileithyia, die man in Paestum/Unteritalien gefunden hat. Der gebärenden Eileithyia stehen zwei Eileithyiai bei. Statuette der Eileityia aus dem Heraion in Paestum, 500-450 v. Chr., Museo Archeologico Nazionale
Zahlreich erscheint Eileithyia auf Vasenbildern, die die Geburt der Athena aus dem Haupt des Zeus zeigen. Dies ist eine schwarzfigurige attische Amphora, ca. 545-535 v. Chr., archaisch, dem Maler der Gruppe E zugeschrieben, heute im Virginia Museum od Fine Arts in Richmond. Sie zeigt Zeus auf einem Thron dekoriert mit 2 Pferdeprotomen, dessen Haupt Athena in voller Rüstung entspringt; li. stehen Hermes und Eileithyia als Hebamme, re. Hera mit Krone und Ares.
Anmerkungen:
(1) Olen (Ὠλήν) war ein legendärer Dichter, Kultstifter und Priester der griechischen Frühzeit. Nach Pausanias war Olen Lykier und der Verfasser der ältesten Hymnen An anderer Stelle zitiert Pausanias die Überlieferung einer delphischen Hymnendichterin namens Boio, nach der Olen zusammen mit anderen aus Hyperborea nach Delphi gekommen sei, wo er das Orakel des Apollon begründete und der erste war, der Prophezeiungen in Form von Hexametern kleidete. Er wird auch als Kultstifter und Hymnendichter in Delos genannt, wo ihm Hymnen an Eileithyia, Hera und an die hyperboreischen Jungfrauen Opis und Arge zugeschrieben werden. Noch zur Zeit des Pausanias im 2. Jhd. wurden sie dort gesungen.
(2) Boio (Βοιώ) war eine delphische Hymnendichterin. Pausanias zitiert vier Verse aus einem von ihr verfassten Hymnos. Nach Boio soll der legendäre Dichter Olen zusammen mit anderen aus Hyperborea nach Delphi gekommen sein.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Herodot, Theogonie
(3) Kallimachos, Hymnen
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Dionysios von Halikarnassos
(6) Hesychios, Lexkikon
(7) Apollonios Rhodios, Argonautensage
(8) Pindar, Hymnen
(9) Strabon, Geographika
(10) Stephan von Byzanz, Ethnika
(11) Hyginus, Fabulae
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Ludwig Preller, Griechische Mythologie
(4) RE: Eileithyia
(5) Der Kleine Pauly
(6) Wilhelm Gemoll, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Wikimedia
(3) theoi.com
Liebe Grüße
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Mo 01.12.25 22:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Lucina und die Geburt des Hercules
Münze:
Crispina, Gemahlin des Commodus, 178-182
AE - As, 11.85g, 24.5mm
Rom, geprägt unter Commodus, 178-182
Av.: CRISPINA - AVGVSTA
drapierte Büste n. r.
Rv.: IVNO L-VCINA
im Feld großes S - C
Iuno Lucina, in gegürtetem Doppelchiton, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit
der erhobenen li. Hand auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten re. Hand
Patera
Ref.: RIC III, (Commodus) 680; C. 24; nicht in BMCR
nicht häufig Zu dieser Münze:
Die Asses und Dupondii der Crispina können nur aufgrund des Gewichts und der Farbe unterschieden werden. Der Dupondius ist normalerweise schwerer und hat eine gelbliche Tönung, das As eine mehr rötliche.
Manche Beinamen der Iuno deuten auf Eheschließung, Gebären und das weibliche Geschlechtsleben. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei Iuno Lucina. Sie verdrängte in dieser Funktion die Parzen (Pauly).
Etymologie:
Nach einigen war Lucina ein Beiname der Iuno, den sie von lucus (lat. Hain) hatte, weil sie auf dem mons Cispius am Esquilin einen alten Hain besaß (Ovid, Fasti), in dem später ein Tempel geweiht wurde (Varro). Die Stiftung fand nach Plinius 375 v. Chr. statt. Nach anderen stammte ihr Name von lux (lat. Licht), weil durch ihre Beihilfe bei der Geburt die Kinder ans Tageslicht gebracht wurden. Die dritten meinten, er käme von luceo (lat. ich leuchte), weil sie mit dem Mond identisch sei, der in der Nacht leuchtet, und mit dem Monat im Leben einer Frau (Cicero).
Beten durfte man zu ihr nur, wenn man vorher die Knoten von Haar und Kleidung gelöst hatte; denn Knoten verhinderten die Geburt (Ovid). Nach der Geburt wurde ihr für eine Woche eine mensa (lat. Tisch) aufgestellt, auf der ihr aus Dankbarkeit Speiseopfer dargeboten wurden. Auch eine Abgabe an die Tempelkasse mußte entrichtet werden (Dionysios von Halikarnassos), der diese auf Servius Tullius zurückführt. Dionysios berichtet auch, daß nach jeder Geburt von dem Neugeborenen etwas im Tempel abgegeben werden mußte, so daß man daraus ersehen konnte, wie viele Kinder in diesem Jahr geboren worden waren.
Ihr Fest waren die Matronalia (Fest der Matronen) an den Kalenden des März. Die matronae (lat. die reifen Frauen) beteten zu Lucina um Erhaltung ihrer Ehe und glückliche Entbindungen. An diesem Tag wurden sie von ihren Ehemännern beschenkt und sie selbst beschenkten ihre Sklavinnen.
Die Geburt des Hercules:
Jupiter hatte sich in die schöne Alkmene verliebt, die Frau des Amphitryon, lag ihr bei in der Gestalt des Amphitryons und schwängerte sie. Amphitryon verzieh ihr und Alkmene gebar den Hercules. In seinen Metamorphosen erzählt Ovid, wie Alkmene der Iole, der Frau des Hyllus, die Vorgänge bei der Geburt des Hercules schildert, um ihr die Angst vor der bevorstehenden Geburt zu nehmen:
Als die Geburtswehen einsetzten, rief sie Lucina und ihre beiden Helfer (nixi pares, die Genien der Geburtshilfe) zum Beistand. Aber Lucina war bereits von der eifersüchtigen Iuno gewonnen worden und setzte sich mit gekreuzten Beinen und verschränkten Fingern an den Altar vor der Tür, um durch diesen Zauber die Geburt, die schon seit Tagen in Gange war, zu verhindern.
Alkmene aber hatte eine junge Magd, Galanthias, die ihr sehr zugetan war. Die sah die Göttin und merkte, daß etwas nicht stimmte. „Die Herrin hat soeben entbunden, es ist ein Sohn“, rief sie ihr zu. Bestürzt sprang Lucina auf, die Finger lösend, und Alkmene konnte endlich entbinden. Wütend verwandelte sie die treue Galanthias in ein Wiesel. Iuno aber, die Gemahlin des Jupiter, wurde aus Eifersucht zur lebenslangen Verfolgerin des Hercules. „Die Geburt des Hercules“, Kupferstich von Frederik Bouttats (1620-1676), Wellcome Collection. Im Vordergrund hat Alkmene mit 4 Helferinnen gerade entbunden, im Hintergrund schlägt Lucina auf Galanthias ein.
Nach einer anderen Mythologie geht diese Geschichte auf Ate zurück. Nach Homer war Ate (die Verblendung) eine Tochter des Zeus und wohnte anfänglich zusammen mit den anderen Göttern auf dem Olymp. Sie stiftete aber nur Unheil und Schaden. Als Alkmene kurz vor der Geburt des Herakles stand, verführte Ate den Zeus, vor Hera damit zu prahlen, daß Herakles einst der Herrscher von Mykene werden würde. Daraufhin verzögerte die eifersüchtige Hera aus Rachsucht die Geburt des Herakles bis Eurystheus, der Enkel des Perseus, geboren war, so daß Herakles sein Untertan wurde. Zeus bestrafte Ate, indem er sie des Olymps verwies. Seitdem stürzt sie die Menschen ins Verderben. Begleitet wird sie von den Litai (Bitten), ebenfalls Töchter des Zeus, die Reue und Abbitte verkörpern, der Ate aber nur langsam folgen.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Dionysios von Halikarnassos, Römische Frühgeschichte
(3) Varro, Antiquitates
(4) Plinius, Naturae historiae
(5) Cicero, de natura deorum
(6) Ovid, Metamorphoses; Fasti
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Hubert Petersmann, Lucina Nixusque Pares - Die Geburtsgottheiten in Ovids Met. IX 294
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
Münze:
Crispina, Gemahlin des Commodus, 178-182
AE - As, 11.85g, 24.5mm
Rom, geprägt unter Commodus, 178-182
Av.: CRISPINA - AVGVSTA
drapierte Büste n. r.
Rv.: IVNO L-VCINA
im Feld großes S - C
Iuno Lucina, in gegürtetem Doppelchiton, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit
der erhobenen li. Hand auf langes Szepter und hält in der vorgestreckten re. Hand
Patera
Ref.: RIC III, (Commodus) 680; C. 24; nicht in BMCR
nicht häufig Zu dieser Münze:
Die Asses und Dupondii der Crispina können nur aufgrund des Gewichts und der Farbe unterschieden werden. Der Dupondius ist normalerweise schwerer und hat eine gelbliche Tönung, das As eine mehr rötliche.
Manche Beinamen der Iuno deuten auf Eheschließung, Gebären und das weibliche Geschlechtsleben. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei Iuno Lucina. Sie verdrängte in dieser Funktion die Parzen (Pauly).
Etymologie:
Nach einigen war Lucina ein Beiname der Iuno, den sie von lucus (lat. Hain) hatte, weil sie auf dem mons Cispius am Esquilin einen alten Hain besaß (Ovid, Fasti), in dem später ein Tempel geweiht wurde (Varro). Die Stiftung fand nach Plinius 375 v. Chr. statt. Nach anderen stammte ihr Name von lux (lat. Licht), weil durch ihre Beihilfe bei der Geburt die Kinder ans Tageslicht gebracht wurden. Die dritten meinten, er käme von luceo (lat. ich leuchte), weil sie mit dem Mond identisch sei, der in der Nacht leuchtet, und mit dem Monat im Leben einer Frau (Cicero).
Beten durfte man zu ihr nur, wenn man vorher die Knoten von Haar und Kleidung gelöst hatte; denn Knoten verhinderten die Geburt (Ovid). Nach der Geburt wurde ihr für eine Woche eine mensa (lat. Tisch) aufgestellt, auf der ihr aus Dankbarkeit Speiseopfer dargeboten wurden. Auch eine Abgabe an die Tempelkasse mußte entrichtet werden (Dionysios von Halikarnassos), der diese auf Servius Tullius zurückführt. Dionysios berichtet auch, daß nach jeder Geburt von dem Neugeborenen etwas im Tempel abgegeben werden mußte, so daß man daraus ersehen konnte, wie viele Kinder in diesem Jahr geboren worden waren.
Ihr Fest waren die Matronalia (Fest der Matronen) an den Kalenden des März. Die matronae (lat. die reifen Frauen) beteten zu Lucina um Erhaltung ihrer Ehe und glückliche Entbindungen. An diesem Tag wurden sie von ihren Ehemännern beschenkt und sie selbst beschenkten ihre Sklavinnen.
Die Geburt des Hercules:
Jupiter hatte sich in die schöne Alkmene verliebt, die Frau des Amphitryon, lag ihr bei in der Gestalt des Amphitryons und schwängerte sie. Amphitryon verzieh ihr und Alkmene gebar den Hercules. In seinen Metamorphosen erzählt Ovid, wie Alkmene der Iole, der Frau des Hyllus, die Vorgänge bei der Geburt des Hercules schildert, um ihr die Angst vor der bevorstehenden Geburt zu nehmen:
Als die Geburtswehen einsetzten, rief sie Lucina und ihre beiden Helfer (nixi pares, die Genien der Geburtshilfe) zum Beistand. Aber Lucina war bereits von der eifersüchtigen Iuno gewonnen worden und setzte sich mit gekreuzten Beinen und verschränkten Fingern an den Altar vor der Tür, um durch diesen Zauber die Geburt, die schon seit Tagen in Gange war, zu verhindern.
Alkmene aber hatte eine junge Magd, Galanthias, die ihr sehr zugetan war. Die sah die Göttin und merkte, daß etwas nicht stimmte. „Die Herrin hat soeben entbunden, es ist ein Sohn“, rief sie ihr zu. Bestürzt sprang Lucina auf, die Finger lösend, und Alkmene konnte endlich entbinden. Wütend verwandelte sie die treue Galanthias in ein Wiesel. Iuno aber, die Gemahlin des Jupiter, wurde aus Eifersucht zur lebenslangen Verfolgerin des Hercules. „Die Geburt des Hercules“, Kupferstich von Frederik Bouttats (1620-1676), Wellcome Collection. Im Vordergrund hat Alkmene mit 4 Helferinnen gerade entbunden, im Hintergrund schlägt Lucina auf Galanthias ein.
Nach einer anderen Mythologie geht diese Geschichte auf Ate zurück. Nach Homer war Ate (die Verblendung) eine Tochter des Zeus und wohnte anfänglich zusammen mit den anderen Göttern auf dem Olymp. Sie stiftete aber nur Unheil und Schaden. Als Alkmene kurz vor der Geburt des Herakles stand, verführte Ate den Zeus, vor Hera damit zu prahlen, daß Herakles einst der Herrscher von Mykene werden würde. Daraufhin verzögerte die eifersüchtige Hera aus Rachsucht die Geburt des Herakles bis Eurystheus, der Enkel des Perseus, geboren war, so daß Herakles sein Untertan wurde. Zeus bestrafte Ate, indem er sie des Olymps verwies. Seitdem stürzt sie die Menschen ins Verderben. Begleitet wird sie von den Litai (Bitten), ebenfalls Töchter des Zeus, die Reue und Abbitte verkörpern, der Ate aber nur langsam folgen.
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Dionysios von Halikarnassos, Römische Frühgeschichte
(3) Varro, Antiquitates
(4) Plinius, Naturae historiae
(5) Cicero, de natura deorum
(6) Ovid, Metamorphoses; Fasti
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Hubert Petersmann, Lucina Nixusque Pares - Die Geburtsgottheiten in Ovids Met. IX 294
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
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- didius (So 07.12.25 13:33) • MartinH (So 07.12.25 18:39) • Amenoteph (Mo 08.12.25 06:11) • Archivar (Sa 13.12.25 17:51) • Numis-Student (Fr 19.12.25 12:15) • Thomas aus Lübeck (Fr 19.12.25 13:11)
Omnes vulnerant, ultima necat.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Galinthias
Galinthias (bei Ovid Galanthis), die Tochter des Proitos in Theben war die Freundin (Ovid: die Dienerin) der Alkmene. Als Alkmene im Begriff war, den Herkakles zu gebären, bemerkte sie die Eileithyia und die Moiren vor der Tür sitzen, die die Geburt durch Verschränlung der Arme und Beine die Geburt neun Tage lang aufhielten. Galinthias befreite Alkmene aus ihrer Not, indem sie den Göttinnen verkündete, Alkmene habe gerade einen Knaben geboren. Erschreckt sprangen die Göttinnen auf, wobei sie ihre Verschränkungen lösten, und Herakles konnte geboren werden. Aus Zorn verwandelte Eileithyia Galinthias in ein Wiesel (griech. γαλή). Daher soll sich ein solches noch gern in den Häusern bei den Menschen aufhalten (Ovid, Metam.) Zur Strafe mußte es von jetzt an mit dem Munde gebären, weil es mit lügnerischem Munde der Alkmene geholfen hatte (Tzetz. Lyk.).
Hekate aber erbarmte sich und machte sie zu einer ihrer heiligen Dienerinnen (oder das Wiesel zu ihrem heiligen Tier). Und Herakles baute ihr später zu Theben ein Heiligtum und opferte ihr. Daher brachten in der Folge die Thebaner vor dem Feste des Herakles (Ήράκλεια) der treuen Galinthias stets zuerst ein Opfer (Nikander ap. Ant. Liber.). Als Geburtsstadt des Herakles war Theben ein Zentrum des Herakleskults.
Daß die Wiesel ihre Jungen durch den Mund gebären, ist natürlich nur ein Märchen. Zurückzuführen ist es wohl darauf, daß Wiesel wie auch die Katzen ihre Jungen wohl zehnmal am Tag im Maul von einem Ort zum anderen schleppen. Im griechischen Volksglauben ist auch noch verbreitet, daß sie durch die Ohren empfangen. Insbesonders schrieb man ihnen eine apotropäische Bedeutung zu. Aelian schreibt, daß ein Wiesel im Vorbeilaufen Geburtshindernisse beseitige. Junge Mädchen suchten sich die Gunst eines Wiesels zu erhalten, da es den Brautschatz schütze.
Mauswiesel (Wikipedia)
Das Bild zeigt ein Mauswiesel (Mustela nivalis), den kleinsten Vertreter der Ordnung der Raubtiere aus der Familie der Marder. Seine Kopf-Rumpf-Länge beträgt zwischen 11 und 26cm.
Anmerkungen:
(1) Pausanias erzählt ebenfalls diese Sage, die zur Mythologie Thebens gehört. Bei ihm aber war es nicht Galinthias, die der Alkmene geholfen hatte, sondern Historis, die Tochter des Sehers Teiresias. Und Hera hatte nicht Eileithyia (Lucina) geschickt, um die Geburt zu verzögern, sondern die Pharmakiden. Das waren nach der thebanischen Lokalsage Zauberinnen, die in Mörsern aus Pflanzen Glück und Unglück herstellten und wahrscheinlich mit den Moiren identisch waren. Pausanias erzählt, er habe noch auf einem Relief ihre Porträts gesehen.
(3) Manchmal wird auch von einem Ichneumon gesprochen, in das Galinthias verwandelt wurde. Das Ichneumon ist eine afrikanische Manguste (Mungo, wohl den meisten bekannt durch Rikki-Tikki-Tavi aus dem Dschungelbuch), die als einzige Mangustenart auch in Europa (Spanien und Portugal) vorkommt. Mit Ichneumon oder Ichneutes wurde in der Antike aber auch eine ägyptische Wieselart bezeichnet, was wohl die wahrscheinlichere Erklärung ist.
(3) Bei Aelian ist es euhemeristisch ein wirkliches Wiesel, daß die Moiren erschreckt. Das geht wohl auf die Erfahrung zurück, daß ein Schreck die Geburt auslösen kann.
Quellen:
(1) Ovid, Metamorphosen
(2) Nikander apud Antoninus Liberalis
(3) Aelian, De natura animalium
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Johannes Tzetzes, Kommentar zu Lykophron
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(3) Der Kleine Pauly
(4) RE: Galanthias
(5) Rudyard Kipling, Das Dschungelbuch
(6) Gemoll, Deutsch-Griechisches Schul- und Handwörterbuch
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Liebe Grüße
Jochen
Galinthias (bei Ovid Galanthis), die Tochter des Proitos in Theben war die Freundin (Ovid: die Dienerin) der Alkmene. Als Alkmene im Begriff war, den Herkakles zu gebären, bemerkte sie die Eileithyia und die Moiren vor der Tür sitzen, die die Geburt durch Verschränlung der Arme und Beine die Geburt neun Tage lang aufhielten. Galinthias befreite Alkmene aus ihrer Not, indem sie den Göttinnen verkündete, Alkmene habe gerade einen Knaben geboren. Erschreckt sprangen die Göttinnen auf, wobei sie ihre Verschränkungen lösten, und Herakles konnte geboren werden. Aus Zorn verwandelte Eileithyia Galinthias in ein Wiesel (griech. γαλή). Daher soll sich ein solches noch gern in den Häusern bei den Menschen aufhalten (Ovid, Metam.) Zur Strafe mußte es von jetzt an mit dem Munde gebären, weil es mit lügnerischem Munde der Alkmene geholfen hatte (Tzetz. Lyk.).
Hekate aber erbarmte sich und machte sie zu einer ihrer heiligen Dienerinnen (oder das Wiesel zu ihrem heiligen Tier). Und Herakles baute ihr später zu Theben ein Heiligtum und opferte ihr. Daher brachten in der Folge die Thebaner vor dem Feste des Herakles (Ήράκλεια) der treuen Galinthias stets zuerst ein Opfer (Nikander ap. Ant. Liber.). Als Geburtsstadt des Herakles war Theben ein Zentrum des Herakleskults.
Daß die Wiesel ihre Jungen durch den Mund gebären, ist natürlich nur ein Märchen. Zurückzuführen ist es wohl darauf, daß Wiesel wie auch die Katzen ihre Jungen wohl zehnmal am Tag im Maul von einem Ort zum anderen schleppen. Im griechischen Volksglauben ist auch noch verbreitet, daß sie durch die Ohren empfangen. Insbesonders schrieb man ihnen eine apotropäische Bedeutung zu. Aelian schreibt, daß ein Wiesel im Vorbeilaufen Geburtshindernisse beseitige. Junge Mädchen suchten sich die Gunst eines Wiesels zu erhalten, da es den Brautschatz schütze.
Mauswiesel (Wikipedia)
Das Bild zeigt ein Mauswiesel (Mustela nivalis), den kleinsten Vertreter der Ordnung der Raubtiere aus der Familie der Marder. Seine Kopf-Rumpf-Länge beträgt zwischen 11 und 26cm.
Anmerkungen:
(1) Pausanias erzählt ebenfalls diese Sage, die zur Mythologie Thebens gehört. Bei ihm aber war es nicht Galinthias, die der Alkmene geholfen hatte, sondern Historis, die Tochter des Sehers Teiresias. Und Hera hatte nicht Eileithyia (Lucina) geschickt, um die Geburt zu verzögern, sondern die Pharmakiden. Das waren nach der thebanischen Lokalsage Zauberinnen, die in Mörsern aus Pflanzen Glück und Unglück herstellten und wahrscheinlich mit den Moiren identisch waren. Pausanias erzählt, er habe noch auf einem Relief ihre Porträts gesehen.
(3) Manchmal wird auch von einem Ichneumon gesprochen, in das Galinthias verwandelt wurde. Das Ichneumon ist eine afrikanische Manguste (Mungo, wohl den meisten bekannt durch Rikki-Tikki-Tavi aus dem Dschungelbuch), die als einzige Mangustenart auch in Europa (Spanien und Portugal) vorkommt. Mit Ichneumon oder Ichneutes wurde in der Antike aber auch eine ägyptische Wieselart bezeichnet, was wohl die wahrscheinlichere Erklärung ist.
(3) Bei Aelian ist es euhemeristisch ein wirkliches Wiesel, daß die Moiren erschreckt. Das geht wohl auf die Erfahrung zurück, daß ein Schreck die Geburt auslösen kann.
Quellen:
(1) Ovid, Metamorphosen
(2) Nikander apud Antoninus Liberalis
(3) Aelian, De natura animalium
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Johannes Tzetzes, Kommentar zu Lykophron
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(3) Der Kleine Pauly
(4) RE: Galanthias
(5) Rudyard Kipling, Das Dschungelbuch
(6) Gemoll, Deutsch-Griechisches Schul- und Handwörterbuch
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Sterope und Tegea
Diese Münze war bereits der Ausgangspunkt des Artikels über Eileithyia. Jetzt wollen wir uns der Rückseite zuwenden.
Münze:
Arkadien, Tegea, 50-25 v. Chr.
AE - Tetrachalkon, 3.15g, 19.20mm
geprägt unter makedonischer Herrschaft
Av.: Kopf der Eileithyia, 2 Getreideähren im Haar, n. l., über der Schulter brennende Fackel
Rv.: TEΓEATAN
Athena, behelmt und in gegürtetem Doppelchiton, n. r. stehend, stützt sich mit der erhobenen Linken auf Speer und läßt mit der re. Hand eine
Locke der Gorgo in das Gefäß fallen, das die re. stehende Sterope hält
darüber Monogram TAYR
darunter Monogramm IM
Ref.: BMC 22-24; BCD Peloponnesos 1750.2
Pedigree:
ex BCD coll., mit Etikett, erworben 25.11.95 Zu dieser Münze:
Von diesem Typ gibt es 2 verschiedene Versionen. Auf unserer Münze gibt Athena die Haare der Gorgo der Sterope. Auf der anderen Version hält zwar auch Sterope ein Gefäß empor, aber Athena übergibt die Haare dem Kepheus.
Mythologie:
Die Rückseite dieser Münze schildert ein wichtiges Ereignis in der Geschichte von Tegea. Sterope war die Tochter des Kepheus, des Königs von Tegea, der dort der Athena Poliatis einen Tempel gewidmet hat. Kepheus war der Sohn des Aleos und der Kleobule (nach Hyginus) oder seiner Cousine Neaira aus Pelasgien (nach Apollodor) und der Bruder des Lykurgos, des Amphidamas und der Auge. Nach Apollonios Rhodios war er Teilnehmer der Argonautenfahrt. Er soll die Stadt Kephyai gegründet und nach seinem Namen benannt haben. Dort siedelte er attische Flüchtlinge an. Seine Tochter Antinoe gründete Mantinea (Pausanias).
Bei Apollodor heißt es anstelle von Sterope Asterope. Bei Pausanias hatte Kepheus eine Tochter Aerope (die mit dem nebelweißen Gesicht). Vielleicht ist daraus durch Entstellung Asterope und dann Sterope gewor-den. Diese Aerope gebar dem Ares einen Sohn namens Aeropos, starb aber bei dessen Geburt. Ares sorgte da-für, daß der Neugeborene an der Brust der toten Mutter ausgiebig gestillt wurde, worauf er den Beinamen Aphneios, der Ergiebige, erhielt. Er soll bei Tegea noch ein Heiligtum zur Zeit des Pausanias gehabt haben. Roscher hält allerdings Asterope/Sterope, die Blitzende für ursprünglich und wesentlich und deshalb die geschilderten Ereignisse mit den Haaren der Gorgo für einen Blitzzauber.
In Sparta hatte zu dieser Zeit Hippokoon unrechtmäßig den Thron bestiegen. Als Herakles bei seinem Zug gegen Hippokoon durch Arkadien kam, bat er Kepheus, mit seinen zwanzig Söhnen mit ihm zu ziehen und an seiner Seite zu kämpfen. Dieser zögerte, weil er be-fürchtete, die feindlichen Argiver könnten während-dessen Tegea überfallen.
Herakles hatte aber von Athena in einer ehernen Hydria eine Locke der Gorgo erhalten. Diese übergab er der Sterope. Bei Pausanias war es Athena, die die Locke der Sterope übergab. Für den Fall, daß Angreifer sich der Stadt näherten, sollte sie von den Zinnen der Stadtmauer aus die Locke als Abwehrmittel dreimal emporhalten, dabei aber unbedingt vermeiden, die Locke anzusehen. Die Angreifer würden sich dann zur Flucht wenden (Apollodor). Daraufhin schloß sich Kepheus mit seinen Söhnen dem Herakles an.
Sterope gelang es tatsächlich, mit den Haaren der Gorgo den Angriff der Argiver abzuwenden. Dieses Ereignis muß so wichtig gewesen sein, daß Tegea mehrere Münzen zu diesem Thema prägte.
Herakles gelang es, Sparta zu erobern. Er tötete en Usurpator Hippokoon und gab die Regierung wieder an Tyndareos zurück. Kepheus aber kam bei diesem Zug mit allen seinen Söhnen ums Leben.
Quellen:
(1) Apollodor, Theogonie
(2) Pausanias, Periegesis
(3) Hyginus, Fabulae
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) RE: Sterope
Liebe Grüße
Jochen
Diese Münze war bereits der Ausgangspunkt des Artikels über Eileithyia. Jetzt wollen wir uns der Rückseite zuwenden.
Münze:
Arkadien, Tegea, 50-25 v. Chr.
AE - Tetrachalkon, 3.15g, 19.20mm
geprägt unter makedonischer Herrschaft
Av.: Kopf der Eileithyia, 2 Getreideähren im Haar, n. l., über der Schulter brennende Fackel
Rv.: TEΓEATAN
Athena, behelmt und in gegürtetem Doppelchiton, n. r. stehend, stützt sich mit der erhobenen Linken auf Speer und läßt mit der re. Hand eine
Locke der Gorgo in das Gefäß fallen, das die re. stehende Sterope hält
darüber Monogram TAYR
darunter Monogramm IM
Ref.: BMC 22-24; BCD Peloponnesos 1750.2
Pedigree:
ex BCD coll., mit Etikett, erworben 25.11.95 Zu dieser Münze:
Von diesem Typ gibt es 2 verschiedene Versionen. Auf unserer Münze gibt Athena die Haare der Gorgo der Sterope. Auf der anderen Version hält zwar auch Sterope ein Gefäß empor, aber Athena übergibt die Haare dem Kepheus.
Mythologie:
Die Rückseite dieser Münze schildert ein wichtiges Ereignis in der Geschichte von Tegea. Sterope war die Tochter des Kepheus, des Königs von Tegea, der dort der Athena Poliatis einen Tempel gewidmet hat. Kepheus war der Sohn des Aleos und der Kleobule (nach Hyginus) oder seiner Cousine Neaira aus Pelasgien (nach Apollodor) und der Bruder des Lykurgos, des Amphidamas und der Auge. Nach Apollonios Rhodios war er Teilnehmer der Argonautenfahrt. Er soll die Stadt Kephyai gegründet und nach seinem Namen benannt haben. Dort siedelte er attische Flüchtlinge an. Seine Tochter Antinoe gründete Mantinea (Pausanias).
Bei Apollodor heißt es anstelle von Sterope Asterope. Bei Pausanias hatte Kepheus eine Tochter Aerope (die mit dem nebelweißen Gesicht). Vielleicht ist daraus durch Entstellung Asterope und dann Sterope gewor-den. Diese Aerope gebar dem Ares einen Sohn namens Aeropos, starb aber bei dessen Geburt. Ares sorgte da-für, daß der Neugeborene an der Brust der toten Mutter ausgiebig gestillt wurde, worauf er den Beinamen Aphneios, der Ergiebige, erhielt. Er soll bei Tegea noch ein Heiligtum zur Zeit des Pausanias gehabt haben. Roscher hält allerdings Asterope/Sterope, die Blitzende für ursprünglich und wesentlich und deshalb die geschilderten Ereignisse mit den Haaren der Gorgo für einen Blitzzauber.
In Sparta hatte zu dieser Zeit Hippokoon unrechtmäßig den Thron bestiegen. Als Herakles bei seinem Zug gegen Hippokoon durch Arkadien kam, bat er Kepheus, mit seinen zwanzig Söhnen mit ihm zu ziehen und an seiner Seite zu kämpfen. Dieser zögerte, weil er be-fürchtete, die feindlichen Argiver könnten während-dessen Tegea überfallen.
Herakles hatte aber von Athena in einer ehernen Hydria eine Locke der Gorgo erhalten. Diese übergab er der Sterope. Bei Pausanias war es Athena, die die Locke der Sterope übergab. Für den Fall, daß Angreifer sich der Stadt näherten, sollte sie von den Zinnen der Stadtmauer aus die Locke als Abwehrmittel dreimal emporhalten, dabei aber unbedingt vermeiden, die Locke anzusehen. Die Angreifer würden sich dann zur Flucht wenden (Apollodor). Daraufhin schloß sich Kepheus mit seinen Söhnen dem Herakles an.
Sterope gelang es tatsächlich, mit den Haaren der Gorgo den Angriff der Argiver abzuwenden. Dieses Ereignis muß so wichtig gewesen sein, daß Tegea mehrere Münzen zu diesem Thema prägte.
Herakles gelang es, Sparta zu erobern. Er tötete en Usurpator Hippokoon und gab die Regierung wieder an Tyndareos zurück. Kepheus aber kam bei diesem Zug mit allen seinen Söhnen ums Leben.
Quellen:
(1) Apollodor, Theogonie
(2) Pausanias, Periegesis
(3) Hyginus, Fabulae
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) RE: Sterope
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Die Mens
Üblicherweise stammen alle Münzen, über die ich hier Artikel schreibe, aus meine eigenen Sammlung. Die nächsten beiden Münzen, die ich hier vorstellen möchte, sind aber so selten, daß man mir verzeihen möge, daß ich sie nicht besitze.
Münze #1 (Wildwinds):
Pertinax, 193
AR - Denar, 18mm, 2.81g
Rom, 193
Av.: IMP CAES P HELV PERTIN AVG
belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: MENTI LAVDANDAE,
Mens n. l. stehend, hält Kranz und Szepter
Ref.: RIC 7; BMCRE 4; RSC 30
Extrem selten
Pedigree:
ex Roma Numismatics, auction 24, Lot 470, Nov. 2023 Zu dieser Münze:
Der große Eckhel erklärt die Legende auf der Rückseite folgendermaßen (der Stil ist etwas altertümlich): „Sie werden in keinem antiken Monument eine Lobpreisung des Geistes finden, obwohl Sie leicht die Bedeutung erkennen können, die Pertinax verstand, der, während er alles nach den Gesetzen der Vernunft forderte, mit diesem eigenen Vorhaben zeigte, daß er anders empfand als Commodus, dessen ganzes Leben ein ständiger Beweis für Wahnsinn war.“
Mens ist in der römischen Mythologie die Personifikation des Denkens und des Bewußtseins. Augustinus führt sie neben anderen abstrakten Gottheiten als eine besondere Göttin der Römer an, die ihnen einen guten Sinn oder ein gutes Gemüt geben sollte.
Etymologie:
Lat. mens stammt von der proto-indoeuropäischen Wurzel *men-, die „denken“ bedeutet, und hat Ableitungen, die sich auf Eigenschaften und Zustände des Geistes oder des Denkens beziehen, wie Amnesie, Amnestie, Anamnese, Automat, Kommentar, demonstrieren, Manie, Monster, Mosaik, Musik, Muster u. v. a. m. (etymonline)
Unter dem Eindruck der vernichtenden Niederlage der Römer und dem Tod des Konsuls Gaius Flaminius 217 v. Chr. gegen Hannibal am trasimenischen See kam es zu einer Zeit der Verwirrung. Auf Geheiß der Sibyllinischen Bücher und im Auftrag des Senats gelobte der Praetor Titus Otacilius Crassus 217 der Mens einen Tempel. Er wurde auf dem Kapitol neben dem Tempel der Venus Erycina erbaut, den zur gleichen Zeit der Diktator Q. Fabius Maximus gelobt hatte, und wurde 215 von Titus Otacilius Crasus eingeweiht (Livius). Die Römer baten die Göttin, ihnen im Kampf gegen Hannibal Umsicht und Klarheit des Denkens zu verleihen. In den nicht weniger kritischen Zeiten der Schlachten gegen die Cimbern, in denen er 107 v. Chr. geschlagen wurde, erneuerte Aemilius Scaurus diesen Tempel (Cicero). Am 8. Juni, dem Stiftungstag des Tempels, wurde ihr zu Ehren ein Fest gefeiert (Ovid). Auf Beschluß des Senats wurde sie unter die Götter versetzt (Lactans).
Während ihr Kult in der republikanischen Zeit nicht sehr weit verbreitet war, sind aus der Kaiserzeit zahlreiche Weihungen überliefert. Als Mens Bona wurde sie besonders im privaten Kult verehrt. Daß die Anrufung der Mens Bona im täglichen Leben eine Rolle spielte, läßt sich auch aus Properz erkennen, wo in den „Persern“ Mens Bona, Fama und Fides angerufen wurden. Ihr Kult war besonders bei den Sklaven außerhalb von Rom verbreitet. Sie galt als „Personifikation einer loyalen Gesinnung, auch im politischen Sinne des Wortes“ (Preller). In verschiedenen italischen Städten bestanden Kultgenossenschaften der Mens Bona, wie es scheint stets von Sklaven oder Freigelassenen unter der Leitung von magistri. Bekannt ist das von Tibur, Cora, Cales und dann insbesondere von Paestum, das die Mens Bona auch auf seinen Münzen nennt und abbildet.
Münze #2 (acsearch.info):
Lucania, Paestum (Poseidonia), 90-45 v. Chr.
AE – Semis, 13mm, 3.09g
Av.: [L MARCI] N GAVI II VIR
P(AE) (AE ligiert, für Paestum)
darunter S (Wertzeichen)
Rv.: [BONA MEN]
Bona Mens in zweisäuligem Tempel n. r. sitzend
Ref.: HN Italy 1252; HGC 1, 1216
Extrem selten
Pedigree:
ex Roma Numismatics, E-Sale 119, Lot 115, 24.4.24
Der Tempel der Mens Bona in Paestum:
Der bedeutendste Kult der Mens Bona ist von Paestum bekannt. Dort wurde ihr in der Kaiserzeit ein großer Tempel errichtet, teilweise über dem republikanischen Comitium, einem Versammlungssaal. Er könnte zwar auch genauso gut ein Kapitolstempel gewesen sein, der den drei wichtigsten römischen Göttern geweiht war. wird heute aber meist als „Tempel der Mens Bona“ bezeichnet.
Das Comitium wurde um 270 v. Chr. errichtet und war ein Versammlungsgebäude, in dem sowohl gesetzgebende Volksversammlungen (comitia) als auch Gerichtsversammlungen stattfanden. Bei diesen durften wohl alle römischen Bürger der Stadt teilnehmen. Da die Bevölkerung in der Anfangsphase der römischen Zeit wohl größer als in der griechischen Epoche war, wurde ein neues, größeres Gebäude notwendig, in dem mehr Personen Platz fanden.
Irgendwann in der Zeit zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr. wurde an der Westseite des Comitiums ein Forumstempel errichtet, der dieses teilweise überdeckt. Er war entweder ein Friedenstempel und der Mens Bona geweiht, könnte aber auch ein Kapitolstempel gewesen sein, in dem die drei römischen Hauptgötter Zeus, Juno und Minerva verehrt wurden.
Vom Tempel sind heute nur noch Teile des Podiums, der Cella und die 3 frontalen Säulenstümpfe zu sehen. Ursprünglich besaß er vorne 6 Säulen und jeweils 8 an den beiden Seiten. Im Inneren bestand ein einziger Kultraum, die cella, in der die Götterstatue stand.
Nördlich des Comitiums lag ein Anbau, der in der Zeit der Republik als Campus diente, in dem die jungen Männer der Stadt körperliche und militärische Aus-bildung erhielten (roemer-tour) Tempel der Mens Bona in Paestum (roemer-tour)
Es gab auch einen Gegensatz zur Mens Bona. Das war die Mens Laeva oder Mens Mala (Vergil, Aeneis), die auch Seneca erwähnt. Preller setzt sie der griechischen Ate gleich.
Einer der bekanntesten Sätze, in der Mens erwähnt wird, ist der lateinische Spruch: „Mens sana in corpore sano“. Mit diesem Spruch, der als „in einem gesunden Körper ist auch ein gesunder Geist“ verstanden wurde, haben uns unsere Sportlehrer jahrelang geplagt, besonders, weil wir auf einem humanistischen Gymnasium waren und Lateinisch konnten. Erst viel später habe ich erfahren, daß der Sinn dieser Redewendung eine völlig andere ist. Sie ist ein verkürztes Zitat aus den Satiren des Juvenal. In der 10. Satire, 356 heißt es wörtlich:
[…]orandum est ut sit mens sana in corpore sano.„Beten sollte man darum, daß ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei.“
Juvenal kritisierte damit seine römischen Mitbürger, die sich mit törichten Gebeten und Fürbitten an die Götter wandten. Er meinte, daß man, wenn überhaupt, darum beten solle, daß in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist sei, was leider oft nicht der Fall ist. Es ist also nur ein frommer Wunsch. Die Meinung, daß nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sei, ist eine totale Mißinterpretation dieser Redewendung. Aber von ihr leben unsere Mucki-Buden, in denen ja nicht der Verstand, geschweige die Vernunft trainiert wird!
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Ovid, Fastes
(3) Lactanz, Institutiones divinae
(4) Cicero, de natura deorum
(5) Plinius, Epistulae
(6) Plutarch, de fortuna Romanorum
(7) Juvenal, Satiren
(8) Vergil, Aeneis
(9) Seneca, de beneficiis
(10) Augustinus, de Civitate Dei
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Eckhel, Doctrina Numorum Veterum
(3) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(4) Ludwig Preller, Römische Mythologie
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) etymonline
(3) roemer-tour.de
Liebe Grüße
Jochen
Üblicherweise stammen alle Münzen, über die ich hier Artikel schreibe, aus meine eigenen Sammlung. Die nächsten beiden Münzen, die ich hier vorstellen möchte, sind aber so selten, daß man mir verzeihen möge, daß ich sie nicht besitze.
Münze #1 (Wildwinds):
Pertinax, 193
AR - Denar, 18mm, 2.81g
Rom, 193
Av.: IMP CAES P HELV PERTIN AVG
belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: MENTI LAVDANDAE,
Mens n. l. stehend, hält Kranz und Szepter
Ref.: RIC 7; BMCRE 4; RSC 30
Extrem selten
Pedigree:
ex Roma Numismatics, auction 24, Lot 470, Nov. 2023 Zu dieser Münze:
Der große Eckhel erklärt die Legende auf der Rückseite folgendermaßen (der Stil ist etwas altertümlich): „Sie werden in keinem antiken Monument eine Lobpreisung des Geistes finden, obwohl Sie leicht die Bedeutung erkennen können, die Pertinax verstand, der, während er alles nach den Gesetzen der Vernunft forderte, mit diesem eigenen Vorhaben zeigte, daß er anders empfand als Commodus, dessen ganzes Leben ein ständiger Beweis für Wahnsinn war.“
Mens ist in der römischen Mythologie die Personifikation des Denkens und des Bewußtseins. Augustinus führt sie neben anderen abstrakten Gottheiten als eine besondere Göttin der Römer an, die ihnen einen guten Sinn oder ein gutes Gemüt geben sollte.
Etymologie:
Lat. mens stammt von der proto-indoeuropäischen Wurzel *men-, die „denken“ bedeutet, und hat Ableitungen, die sich auf Eigenschaften und Zustände des Geistes oder des Denkens beziehen, wie Amnesie, Amnestie, Anamnese, Automat, Kommentar, demonstrieren, Manie, Monster, Mosaik, Musik, Muster u. v. a. m. (etymonline)
Unter dem Eindruck der vernichtenden Niederlage der Römer und dem Tod des Konsuls Gaius Flaminius 217 v. Chr. gegen Hannibal am trasimenischen See kam es zu einer Zeit der Verwirrung. Auf Geheiß der Sibyllinischen Bücher und im Auftrag des Senats gelobte der Praetor Titus Otacilius Crassus 217 der Mens einen Tempel. Er wurde auf dem Kapitol neben dem Tempel der Venus Erycina erbaut, den zur gleichen Zeit der Diktator Q. Fabius Maximus gelobt hatte, und wurde 215 von Titus Otacilius Crasus eingeweiht (Livius). Die Römer baten die Göttin, ihnen im Kampf gegen Hannibal Umsicht und Klarheit des Denkens zu verleihen. In den nicht weniger kritischen Zeiten der Schlachten gegen die Cimbern, in denen er 107 v. Chr. geschlagen wurde, erneuerte Aemilius Scaurus diesen Tempel (Cicero). Am 8. Juni, dem Stiftungstag des Tempels, wurde ihr zu Ehren ein Fest gefeiert (Ovid). Auf Beschluß des Senats wurde sie unter die Götter versetzt (Lactans).
Während ihr Kult in der republikanischen Zeit nicht sehr weit verbreitet war, sind aus der Kaiserzeit zahlreiche Weihungen überliefert. Als Mens Bona wurde sie besonders im privaten Kult verehrt. Daß die Anrufung der Mens Bona im täglichen Leben eine Rolle spielte, läßt sich auch aus Properz erkennen, wo in den „Persern“ Mens Bona, Fama und Fides angerufen wurden. Ihr Kult war besonders bei den Sklaven außerhalb von Rom verbreitet. Sie galt als „Personifikation einer loyalen Gesinnung, auch im politischen Sinne des Wortes“ (Preller). In verschiedenen italischen Städten bestanden Kultgenossenschaften der Mens Bona, wie es scheint stets von Sklaven oder Freigelassenen unter der Leitung von magistri. Bekannt ist das von Tibur, Cora, Cales und dann insbesondere von Paestum, das die Mens Bona auch auf seinen Münzen nennt und abbildet.
Münze #2 (acsearch.info):
Lucania, Paestum (Poseidonia), 90-45 v. Chr.
AE – Semis, 13mm, 3.09g
Av.: [L MARCI] N GAVI II VIR
P(AE) (AE ligiert, für Paestum)
darunter S (Wertzeichen)
Rv.: [BONA MEN]
Bona Mens in zweisäuligem Tempel n. r. sitzend
Ref.: HN Italy 1252; HGC 1, 1216
Extrem selten
Pedigree:
ex Roma Numismatics, E-Sale 119, Lot 115, 24.4.24
Der Tempel der Mens Bona in Paestum:
Der bedeutendste Kult der Mens Bona ist von Paestum bekannt. Dort wurde ihr in der Kaiserzeit ein großer Tempel errichtet, teilweise über dem republikanischen Comitium, einem Versammlungssaal. Er könnte zwar auch genauso gut ein Kapitolstempel gewesen sein, der den drei wichtigsten römischen Göttern geweiht war. wird heute aber meist als „Tempel der Mens Bona“ bezeichnet.
Das Comitium wurde um 270 v. Chr. errichtet und war ein Versammlungsgebäude, in dem sowohl gesetzgebende Volksversammlungen (comitia) als auch Gerichtsversammlungen stattfanden. Bei diesen durften wohl alle römischen Bürger der Stadt teilnehmen. Da die Bevölkerung in der Anfangsphase der römischen Zeit wohl größer als in der griechischen Epoche war, wurde ein neues, größeres Gebäude notwendig, in dem mehr Personen Platz fanden.
Irgendwann in der Zeit zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr. wurde an der Westseite des Comitiums ein Forumstempel errichtet, der dieses teilweise überdeckt. Er war entweder ein Friedenstempel und der Mens Bona geweiht, könnte aber auch ein Kapitolstempel gewesen sein, in dem die drei römischen Hauptgötter Zeus, Juno und Minerva verehrt wurden.
Vom Tempel sind heute nur noch Teile des Podiums, der Cella und die 3 frontalen Säulenstümpfe zu sehen. Ursprünglich besaß er vorne 6 Säulen und jeweils 8 an den beiden Seiten. Im Inneren bestand ein einziger Kultraum, die cella, in der die Götterstatue stand.
Nördlich des Comitiums lag ein Anbau, der in der Zeit der Republik als Campus diente, in dem die jungen Männer der Stadt körperliche und militärische Aus-bildung erhielten (roemer-tour) Tempel der Mens Bona in Paestum (roemer-tour)
Es gab auch einen Gegensatz zur Mens Bona. Das war die Mens Laeva oder Mens Mala (Vergil, Aeneis), die auch Seneca erwähnt. Preller setzt sie der griechischen Ate gleich.
Einer der bekanntesten Sätze, in der Mens erwähnt wird, ist der lateinische Spruch: „Mens sana in corpore sano“. Mit diesem Spruch, der als „in einem gesunden Körper ist auch ein gesunder Geist“ verstanden wurde, haben uns unsere Sportlehrer jahrelang geplagt, besonders, weil wir auf einem humanistischen Gymnasium waren und Lateinisch konnten. Erst viel später habe ich erfahren, daß der Sinn dieser Redewendung eine völlig andere ist. Sie ist ein verkürztes Zitat aus den Satiren des Juvenal. In der 10. Satire, 356 heißt es wörtlich:
[…]orandum est ut sit mens sana in corpore sano.„Beten sollte man darum, daß ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei.“
Juvenal kritisierte damit seine römischen Mitbürger, die sich mit törichten Gebeten und Fürbitten an die Götter wandten. Er meinte, daß man, wenn überhaupt, darum beten solle, daß in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist sei, was leider oft nicht der Fall ist. Es ist also nur ein frommer Wunsch. Die Meinung, daß nur in einem gesunden Körper ein gesunder Geist sei, ist eine totale Mißinterpretation dieser Redewendung. Aber von ihr leben unsere Mucki-Buden, in denen ja nicht der Verstand, geschweige die Vernunft trainiert wird!
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Ovid, Fastes
(3) Lactanz, Institutiones divinae
(4) Cicero, de natura deorum
(5) Plinius, Epistulae
(6) Plutarch, de fortuna Romanorum
(7) Juvenal, Satiren
(8) Vergil, Aeneis
(9) Seneca, de beneficiis
(10) Augustinus, de Civitate Dei
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Eckhel, Doctrina Numorum Veterum
(3) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(4) Ludwig Preller, Römische Mythologie
(5) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) etymonline
(3) roemer-tour.de
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Die antiken Tempel auf dem Capitol
Nachdem sich so viele Artikel mit römischen Gottheiten beschäftigt haben, deren Tempel auf dem Capitol standen, will ich hier einmal zeigen, welchen eindrucksvollen Anblick diese Zentrum der römischen Religion und des römischen Weltreiches geboten haben muß. Da der Platz auf dem Capitolshügel sehr begrenzt war, sieht man, wie sich die Tempel um den zentralen Tempel des Jupiter Capitolinus richtiggehend drängeln mußten. Gefunden habe ich diese Darstellung bei romanoimpero.com/2013/02/area-capitolina.html Die Area Capitolina
Erläuterungen:
1) Tempel der Indulgentia
2) Tempel der Fides
3) Tempel der Mens
4) Tempel der Venus Erycina
5) Tempel der Ops
6) Tempel des Jupiter Custos
7) Hütte des Romulus
8) Kapelle der Valetudo
9) Tensarum
10) Tempel des Jupiter Feretrius
11) Tempel des Mars Ultor
12) Tempel der Fortuna Primigenia
13) Tempel des Jupiter Tonans
14) Tempel des Jupiter Capitolinus
Der mons capitolinus (das Kapitol) war der zweitkleinste, aber wichtigste Hügel des antiken Roms. Er bestand aus zwei durch eine Senke getrennte Kuppen von 49m und 46m Höhe. Ursprünglich war Capitolium nur die südliche, höhere Kuppe, die nördliche war die Arx. In der archaischen Zeit wurde nach Varro der Kapitolshügel mons tarpeius genannt, nach dem Tarpejischen Felsen. In der Folgezeit hießen beide Kuppen zusammengefaßt arx et Capitolium, bis die Römer den Namen Capitolium auf den Gesamthügel übertrugen.
Etymologie:
Die Römer führten das Wort Capitolium (lat. caput = Haupt, Kopf) auf die Schädelstätte eines mythologischen Etruskerkönigs Olus oder Aulus zurück, der dort begraben worden sei und dessen Schädel man dort später gefunden haben will. Tatsächlich ist aber auch heute noch nicht geklärt, ob der Name etruskischer oder sabinischer Herkunft ist.
Geschichte:
Ursprünglich war der Kapitolshügel von den Römern nicht besiedelt. Er wurde erst genutzt, als das Sumpfgebiet des Forum Romanums trockengelegt war. Die nördliche Kuppe wurde als Fluchtburg genutzt (lat. arx = Burg, Bollwerk, Zuflucht). Seit 344 v. Chr. stand dort der Tempel der Iuno Moneta. Dort retteten 387 v. Chr. nach Livius ihre heiligen Gänse Rom vor der Erstürmung durch die Gallier. Heute steht dort die Kirche Santa Maria in Aracoeli
Auf der südlichen Kuppe, dem Capitolium, befand sich seit dem 6. Jh. v. Chr. der wichtigste Tempel des antiken Roms, der Tempel der Kapitolinischen Trias aus Jupiter Optimus Maximus, Juno Regina und Minerva. Dies war das sakrale Zentrum Roms und gewann damit auch politische Bedeutung. Hier wurde der Amtsantritt der Konsuln mit einem feierlichen Opfer begangen und die Triumphzüge führten am Ende immer auf das Kapitol. Dort opferte der siegreiche Feldherr am Altar des Jupiter Soter.
Nahe dem Kapitolstempel stand die aedes Tensarum. Dies war der Aufbewahrungsort der silbernen und elfenbeinernen Festwagen, in denen Götterstatuen zu den Spielen in den Circus Maximus gebracht wurden.
Der heilige Bezirk auf der südlichen Anhöhe des Kapitols, die area Capitolina, war von einer Mauer umgeben, wurde nachts geschlossen und wurde von Hunden bewacht unter Führung eines Tempeldieners.
Das Kapitol war mit teils kolossalen Statuen geschmückt. Spurius Carvilius Maximus hatte 293 v. Chr. aus der Beute des 3. Samnitenkrieges eine riesige Statue des Jupiter gestiftet, die vom Monte Cavo in den Albaner Bergen gesehen werden konnte. 209 v. Chr. wurde ein kolossaler, bronzener Herakles des Lysipp aus Tarent dort aufgestellt. Unzählige Porträtstatuen und Siegesdenkmäler, darunter ein Bogen der gens Calpurnia, fanden in der Area Aufstellung, so daß regelmäßig Weihungen weggeräumt, unter der Area deponiert oder an andere Orte versetzt werden mußten.
Liebe Grüße
Jochen
Nachdem sich so viele Artikel mit römischen Gottheiten beschäftigt haben, deren Tempel auf dem Capitol standen, will ich hier einmal zeigen, welchen eindrucksvollen Anblick diese Zentrum der römischen Religion und des römischen Weltreiches geboten haben muß. Da der Platz auf dem Capitolshügel sehr begrenzt war, sieht man, wie sich die Tempel um den zentralen Tempel des Jupiter Capitolinus richtiggehend drängeln mußten. Gefunden habe ich diese Darstellung bei romanoimpero.com/2013/02/area-capitolina.html Die Area Capitolina
Erläuterungen:
1) Tempel der Indulgentia
2) Tempel der Fides
3) Tempel der Mens
4) Tempel der Venus Erycina
5) Tempel der Ops
6) Tempel des Jupiter Custos
7) Hütte des Romulus
8) Kapelle der Valetudo
9) Tensarum
10) Tempel des Jupiter Feretrius
11) Tempel des Mars Ultor
12) Tempel der Fortuna Primigenia
13) Tempel des Jupiter Tonans
14) Tempel des Jupiter Capitolinus
Der mons capitolinus (das Kapitol) war der zweitkleinste, aber wichtigste Hügel des antiken Roms. Er bestand aus zwei durch eine Senke getrennte Kuppen von 49m und 46m Höhe. Ursprünglich war Capitolium nur die südliche, höhere Kuppe, die nördliche war die Arx. In der archaischen Zeit wurde nach Varro der Kapitolshügel mons tarpeius genannt, nach dem Tarpejischen Felsen. In der Folgezeit hießen beide Kuppen zusammengefaßt arx et Capitolium, bis die Römer den Namen Capitolium auf den Gesamthügel übertrugen.
Etymologie:
Die Römer führten das Wort Capitolium (lat. caput = Haupt, Kopf) auf die Schädelstätte eines mythologischen Etruskerkönigs Olus oder Aulus zurück, der dort begraben worden sei und dessen Schädel man dort später gefunden haben will. Tatsächlich ist aber auch heute noch nicht geklärt, ob der Name etruskischer oder sabinischer Herkunft ist.
Geschichte:
Ursprünglich war der Kapitolshügel von den Römern nicht besiedelt. Er wurde erst genutzt, als das Sumpfgebiet des Forum Romanums trockengelegt war. Die nördliche Kuppe wurde als Fluchtburg genutzt (lat. arx = Burg, Bollwerk, Zuflucht). Seit 344 v. Chr. stand dort der Tempel der Iuno Moneta. Dort retteten 387 v. Chr. nach Livius ihre heiligen Gänse Rom vor der Erstürmung durch die Gallier. Heute steht dort die Kirche Santa Maria in Aracoeli
Auf der südlichen Kuppe, dem Capitolium, befand sich seit dem 6. Jh. v. Chr. der wichtigste Tempel des antiken Roms, der Tempel der Kapitolinischen Trias aus Jupiter Optimus Maximus, Juno Regina und Minerva. Dies war das sakrale Zentrum Roms und gewann damit auch politische Bedeutung. Hier wurde der Amtsantritt der Konsuln mit einem feierlichen Opfer begangen und die Triumphzüge führten am Ende immer auf das Kapitol. Dort opferte der siegreiche Feldherr am Altar des Jupiter Soter.
Nahe dem Kapitolstempel stand die aedes Tensarum. Dies war der Aufbewahrungsort der silbernen und elfenbeinernen Festwagen, in denen Götterstatuen zu den Spielen in den Circus Maximus gebracht wurden.
Der heilige Bezirk auf der südlichen Anhöhe des Kapitols, die area Capitolina, war von einer Mauer umgeben, wurde nachts geschlossen und wurde von Hunden bewacht unter Führung eines Tempeldieners.
Das Kapitol war mit teils kolossalen Statuen geschmückt. Spurius Carvilius Maximus hatte 293 v. Chr. aus der Beute des 3. Samnitenkrieges eine riesige Statue des Jupiter gestiftet, die vom Monte Cavo in den Albaner Bergen gesehen werden konnte. 209 v. Chr. wurde ein kolossaler, bronzener Herakles des Lysipp aus Tarent dort aufgestellt. Unzählige Porträtstatuen und Siegesdenkmäler, darunter ein Bogen der gens Calpurnia, fanden in der Area Aufstellung, so daß regelmäßig Weihungen weggeräumt, unter der Area deponiert oder an andere Orte versetzt werden mußten.
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Dies soll mein Weihnachtsbeitrag sein:
Hyakinthos und das Fest der Hyakinthien
Bei der Arbeit am Artikel über Taras ist mir die folgende Münze aufgefallen:
Münze (Solidus Numismatik):
Kalabrien.Tarent, ca. 272-240 v. Chr.
AR - Nomos, 6.30g, 20mm
Av.: Krieger zu Pferde mit Schild und Speer n. r. reitend;
davor ΦΙ,
zwischen den Beinen in 2 Zeilen ⱵHPAK / ΛHTOΣ (Magistrat)
Rs.: Hyakinthos, nackt, mit Füllhorn auf Delphin n. l. reitend, in seiner
Rechten Blüte haltend; im Feld re.Monogramm neben Thymiaterion.
Ref.: HN Italy 1037; Slg. Vlasto 891
Solidus Numismatik, Auction 122, Los 1017 Zu dieser Münze:
Nach Roscher erblickt Maaß in diesem Jüngling den Apollo Delphinios und glaubt für ihn den apollinischen Beinamen Hyakinthos erschließen zu können. In Tarent wurde das Grab eines Apollo Hyakinthos verehrt (Polybios), den die Parthenier sicherlich aus Sparta mitgebracht haben.
Mythologie:
Nach Hygin war Hyakinthos der Sohn des Königs Oibalos von Sparta, nach Apollodor der Sohn der Muse Kleio uund des Pieros (ihrem Vater), nach anderen der Sohn des Königs Amyklas von Sparta mit der Diomede, stammte also letzten Endes von Zeus und Taygete ab. Eine seiner Schwestern war Polyboia.
Er war außerordentlich schön, so daß der Sänger Thamyris sich in ihn verliebte und so zum Erfinder der Knabenliebe wurde (Apollodor). Aber auch Apollon und Zephyros verliebten sich gleichzeitig in ihn. Hyakinthos war dem Apollo mehr zugeneigt, der ihm in einem Schwanenwagen alle seine heiligen Stätten zeigte und ihm das Schießen mit Pfeil und Bogen beibrachte. Bei einem Wurfspiel prallte der Diskos des Apollo einmal vom Boden ab und traf Hyakinthos am Kopf, daß er tot zu Boden fiel. Nach einer anderen Version war es Zephyros, der in seiner Eifersucht den Diskos gegen seinen Kopf blies. Nach Bion von Smyrna versuchte Apollo ihn mit allen möglichen Heilkräutern und sogar mit Ambrosia wiederzubeleben. Aber was die Schicksalsgöttinnen einmal verfügt haben, konnten selbst Götter nicht rückgängig machen.
Aus dem Blut des Hyakinthos ließ Apollon eine Blume wachsen, die nach ihm benannt ist. Als Zeichen der Trauer prägte er die Buchstaben AI AI auf ihren Blättern ein, was später auf Ajax gedeutet wurde. Da diese Buchstaben auf unseren Hyazinthen nicht zu sehen sind, scheint es eine andere Blume gewesen zu sein.
Die Eifersucht des Zephyros ist wohl ein hellenistisches Motiv und die Darstellung des Hyakinthos mit der Blume scheint aus alexandrinischer Quelle zu sein.
Kunstgeschichte:
Von den vielen Darstellungen, die den Tod des Hyakinthos behandeln, habe ich dieses Gemälde von Giambattista Tiepolo ausgesucht, ca. 1752-1753, heute im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid. Tiepolos Darstellung ist recht frei und geht auf die Ovid-Übersetzung von Giovanni Andrea dell’ Anguillara aus dem Jahr 1561 zurück. Hier ist es nicht ein Diskos, der Hykinthus tötet, sondern ein Tennisball des damals bei Adligen beliebten Spiels Pallacorda.
Das Fest der Hyakinthien:
Ursprünglich waren die Hyakinthien ein Fest des Hyakinthos und sein Kult stammte bereits aus mykenischer Zeit. Sein Kult wurde jedoch von Apollo überschattet, der sich auch die Hyakinthien aneignete, die eines der bedeutendsten Feste in Sparta wurden. Etymologisch wurde Hyakinthos überzeugend von *syo-gen-to-s = „selbstgezeugt“ abgeleitet. Dafür spricht auch die Bedeutung der Geburt des als „eniautos daimon“ angesehenen Gottes. Das Fest der Hyakinthien war besonders in den dorischen Gebieten verbreitet (siehe den Monatsnamen Hyakinthios im Frühjahr der dorischen Kalender). Die Trauerfeier am 1. Tag der Hyakinthien und das Grab an der Basis des Apollothrones lassen die Hyakinthien als Vegetationsfest erscheinen und Hyakinthos als Vegetationsgottheit in der Art des Adonis, der das Sterben und Aufleben der Natur versinnbildlicht.
Der Thron des Apollo Hyakinthos in Amyklai:
Das Grab des Hyakinthos bildete die Basis der auf einem kunstvollen Thron stehenden archaischen Erzstatue des bewaffneten Apollon. Das Grab war als Altar gestaltet und trug mehrere Reliefs von Bathykles aus Magnesia (5. Jh.), darunter neben dem Einzug des Herakles in den Olymp auch den des Hyakinthos und seiner unvermählten Schwester Polyboia, die von vielen Göttinnen, Demeter, Kore, Aphrodite, Athena, Artemis, den Musen und Horen in den Himmel geleitet werden (Pausanias). So scheint die Degardierung des früheren Gottes durch die Apotheose ausgeglichen (Pauy). Diese Anlage auf einem Hügel in der Nähe des Eurotas, dessen Statue des Apollo man im Sonnenlicht schon von weither sehen konnte, war eines der bedeutendsten Heiligtümer Spartas.
Quellen:
(1) Homer, Ilias; Odyssee
(2) Hygin, Fabulae
(3) Apollodor, Bibliotheke
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Lukian, Göttergespräche
(7) Plinius, Naturae Historia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologischesLexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Ernst Maaß, De Lenaeo et Delphinio commentatio,1891/92
(5) Martin P. Nilsson, Griechische Feste von religiöser Bedeutung, 1874
(6) Fabio Vergara Cerqueira, Der Hyakinthos- und Polyboia-Kult in Tarent gegen Ende des 4. Jh. und Anfang des 3. Jh. v. Chr. Identität, Musik und lakonisches Erbe, Boreas, Beiheft 12, Münsterische Beiträge zur Archäologie
Liebe Grüße
Jochen
Hyakinthos und das Fest der Hyakinthien
Bei der Arbeit am Artikel über Taras ist mir die folgende Münze aufgefallen:
Münze (Solidus Numismatik):
Kalabrien.Tarent, ca. 272-240 v. Chr.
AR - Nomos, 6.30g, 20mm
Av.: Krieger zu Pferde mit Schild und Speer n. r. reitend;
davor ΦΙ,
zwischen den Beinen in 2 Zeilen ⱵHPAK / ΛHTOΣ (Magistrat)
Rs.: Hyakinthos, nackt, mit Füllhorn auf Delphin n. l. reitend, in seiner
Rechten Blüte haltend; im Feld re.Monogramm neben Thymiaterion.
Ref.: HN Italy 1037; Slg. Vlasto 891
Solidus Numismatik, Auction 122, Los 1017 Zu dieser Münze:
Nach Roscher erblickt Maaß in diesem Jüngling den Apollo Delphinios und glaubt für ihn den apollinischen Beinamen Hyakinthos erschließen zu können. In Tarent wurde das Grab eines Apollo Hyakinthos verehrt (Polybios), den die Parthenier sicherlich aus Sparta mitgebracht haben.
Mythologie:
Nach Hygin war Hyakinthos der Sohn des Königs Oibalos von Sparta, nach Apollodor der Sohn der Muse Kleio uund des Pieros (ihrem Vater), nach anderen der Sohn des Königs Amyklas von Sparta mit der Diomede, stammte also letzten Endes von Zeus und Taygete ab. Eine seiner Schwestern war Polyboia.
Er war außerordentlich schön, so daß der Sänger Thamyris sich in ihn verliebte und so zum Erfinder der Knabenliebe wurde (Apollodor). Aber auch Apollon und Zephyros verliebten sich gleichzeitig in ihn. Hyakinthos war dem Apollo mehr zugeneigt, der ihm in einem Schwanenwagen alle seine heiligen Stätten zeigte und ihm das Schießen mit Pfeil und Bogen beibrachte. Bei einem Wurfspiel prallte der Diskos des Apollo einmal vom Boden ab und traf Hyakinthos am Kopf, daß er tot zu Boden fiel. Nach einer anderen Version war es Zephyros, der in seiner Eifersucht den Diskos gegen seinen Kopf blies. Nach Bion von Smyrna versuchte Apollo ihn mit allen möglichen Heilkräutern und sogar mit Ambrosia wiederzubeleben. Aber was die Schicksalsgöttinnen einmal verfügt haben, konnten selbst Götter nicht rückgängig machen.
Aus dem Blut des Hyakinthos ließ Apollon eine Blume wachsen, die nach ihm benannt ist. Als Zeichen der Trauer prägte er die Buchstaben AI AI auf ihren Blättern ein, was später auf Ajax gedeutet wurde. Da diese Buchstaben auf unseren Hyazinthen nicht zu sehen sind, scheint es eine andere Blume gewesen zu sein.
Die Eifersucht des Zephyros ist wohl ein hellenistisches Motiv und die Darstellung des Hyakinthos mit der Blume scheint aus alexandrinischer Quelle zu sein.
Kunstgeschichte:
Von den vielen Darstellungen, die den Tod des Hyakinthos behandeln, habe ich dieses Gemälde von Giambattista Tiepolo ausgesucht, ca. 1752-1753, heute im Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid. Tiepolos Darstellung ist recht frei und geht auf die Ovid-Übersetzung von Giovanni Andrea dell’ Anguillara aus dem Jahr 1561 zurück. Hier ist es nicht ein Diskos, der Hykinthus tötet, sondern ein Tennisball des damals bei Adligen beliebten Spiels Pallacorda.
Das Fest der Hyakinthien:
Ursprünglich waren die Hyakinthien ein Fest des Hyakinthos und sein Kult stammte bereits aus mykenischer Zeit. Sein Kult wurde jedoch von Apollo überschattet, der sich auch die Hyakinthien aneignete, die eines der bedeutendsten Feste in Sparta wurden. Etymologisch wurde Hyakinthos überzeugend von *syo-gen-to-s = „selbstgezeugt“ abgeleitet. Dafür spricht auch die Bedeutung der Geburt des als „eniautos daimon“ angesehenen Gottes. Das Fest der Hyakinthien war besonders in den dorischen Gebieten verbreitet (siehe den Monatsnamen Hyakinthios im Frühjahr der dorischen Kalender). Die Trauerfeier am 1. Tag der Hyakinthien und das Grab an der Basis des Apollothrones lassen die Hyakinthien als Vegetationsfest erscheinen und Hyakinthos als Vegetationsgottheit in der Art des Adonis, der das Sterben und Aufleben der Natur versinnbildlicht.
Der Thron des Apollo Hyakinthos in Amyklai:
Das Grab des Hyakinthos bildete die Basis der auf einem kunstvollen Thron stehenden archaischen Erzstatue des bewaffneten Apollon. Das Grab war als Altar gestaltet und trug mehrere Reliefs von Bathykles aus Magnesia (5. Jh.), darunter neben dem Einzug des Herakles in den Olymp auch den des Hyakinthos und seiner unvermählten Schwester Polyboia, die von vielen Göttinnen, Demeter, Kore, Aphrodite, Athena, Artemis, den Musen und Horen in den Himmel geleitet werden (Pausanias). So scheint die Degardierung des früheren Gottes durch die Apotheose ausgeglichen (Pauy). Diese Anlage auf einem Hügel in der Nähe des Eurotas, dessen Statue des Apollo man im Sonnenlicht schon von weither sehen konnte, war eines der bedeutendsten Heiligtümer Spartas.
Quellen:
(1) Homer, Ilias; Odyssee
(2) Hygin, Fabulae
(3) Apollodor, Bibliotheke
(4) Pausanias, Periegesis
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Lukian, Göttergespräche
(7) Plinius, Naturae Historia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologischesLexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Ernst Maaß, De Lenaeo et Delphinio commentatio,1891/92
(5) Martin P. Nilsson, Griechische Feste von religiöser Bedeutung, 1874
(6) Fabio Vergara Cerqueira, Der Hyakinthos- und Polyboia-Kult in Tarent gegen Ende des 4. Jh. und Anfang des 3. Jh. v. Chr. Identität, Musik und lakonisches Erbe, Boreas, Beiheft 12, Münsterische Beiträge zur Archäologie
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Die Hyazinthe
Über die Frage, welche Blume unter dem schon von Homer genannten Hyakinthos zu verstehen ist, sind die Ansichten geteilt.
Die Gartenhyazinthe kann es nicht sein, weil die erst in der 2. Hälfte des 16. Jh. durch Vermittlung der osmanischen Türken über Bagdad und Aleppo nach Europa gekommen ist. Catull beschreibt unter flos hyacinthus eine Gartenpflanze reicher Bürger mit violetter oder stahlblauer Farbe. Zitate bei Vergil verweisen auf Sippen mit rötlichen Blüten, während die Blütenstände als schopfig bezeichnet werden, wie schon bei Homer. Auf ältere Überlieferungen gehen Beschreibungen bei Ovid zurück. Dort wird ein lilienähnliches Gewächs beschrieben mit tiefpurpurner Farbe und einer eigentümlichen buchstabenähnlicher Zeichnung. Ovid bestätigt, daß diese Sippe mit derjenigen identisch sei, die aus dem Blut des Telamonier Ajax hervorwuchs. Diese Beschreibung würde eher auf den Garten-Rittersporn (Consolida ajacis) passen. Garten-Rittersporn
Allerdings würde Ovids Beschreibung auch auf eine bestimmte Ragwurz zutreffen, z .B. auf Kotschys Ragwurz (Ophrys kotschyi), einen Endemit Zyperns mit schwarzpurpurnem Labellum und einer H-förmigen Zeichnung auf dem Speculum. Kotschys Ragwurz
Interessant ist eine Stelle in der Odyssee, wo Odysseus bei den Phäaken ist und Athena ihn nach einem Bad verschönert, indem sie „ihm vom Haupte kraus die Haare fallen ließ, einer Hyzinthenblume ähnlich“, wie Homer schreibt. Im „Klassiek Vademecum“ des Johannes Wilhelm Fuchs findet sich die Abbildung eines Epheben aus dem 7.Jh. v..Chr., der die rasta-ähnlichen Knötchen zeigt, mt denen die Haare verknotet sind. Bild eines Epheben
Diese Haare erinnern auffallend an die Blütenstände der Traubenhyzinthe, so daß wir annehmen müssen, daß zumindestens zur Zeit Homers eine Art der Gattung Muscari gemeint gewesen sein muß. Traubenhyazinthe
Auf der Grundlage der antiken Angaben müssen wir wohl annehmen, daß zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche Sippen gemeint waren: zur Zeit Homers die Traubenhyzinthe, bei den hellenistischen Autoren und Ovid entweder der Garten-Rittersporn oder vielleicht eine Ophrys-Art, seit dem 1. Jh. v. Chr. aber eine unbekannte Zierpflanze (Genaust).
Quellen:
(1) Catull, Carmina
(2) Ovid, Metamorphosen
(3) Vergil
Literatur:
(1) Johann Wilhelm Fuchs, Klassiek Vademecum,
(2) Helmit Genaust, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen
Liebe Grüße
Jochen
Über die Frage, welche Blume unter dem schon von Homer genannten Hyakinthos zu verstehen ist, sind die Ansichten geteilt.
Die Gartenhyazinthe kann es nicht sein, weil die erst in der 2. Hälfte des 16. Jh. durch Vermittlung der osmanischen Türken über Bagdad und Aleppo nach Europa gekommen ist. Catull beschreibt unter flos hyacinthus eine Gartenpflanze reicher Bürger mit violetter oder stahlblauer Farbe. Zitate bei Vergil verweisen auf Sippen mit rötlichen Blüten, während die Blütenstände als schopfig bezeichnet werden, wie schon bei Homer. Auf ältere Überlieferungen gehen Beschreibungen bei Ovid zurück. Dort wird ein lilienähnliches Gewächs beschrieben mit tiefpurpurner Farbe und einer eigentümlichen buchstabenähnlicher Zeichnung. Ovid bestätigt, daß diese Sippe mit derjenigen identisch sei, die aus dem Blut des Telamonier Ajax hervorwuchs. Diese Beschreibung würde eher auf den Garten-Rittersporn (Consolida ajacis) passen. Garten-Rittersporn
Allerdings würde Ovids Beschreibung auch auf eine bestimmte Ragwurz zutreffen, z .B. auf Kotschys Ragwurz (Ophrys kotschyi), einen Endemit Zyperns mit schwarzpurpurnem Labellum und einer H-förmigen Zeichnung auf dem Speculum. Kotschys Ragwurz
Interessant ist eine Stelle in der Odyssee, wo Odysseus bei den Phäaken ist und Athena ihn nach einem Bad verschönert, indem sie „ihm vom Haupte kraus die Haare fallen ließ, einer Hyzinthenblume ähnlich“, wie Homer schreibt. Im „Klassiek Vademecum“ des Johannes Wilhelm Fuchs findet sich die Abbildung eines Epheben aus dem 7.Jh. v..Chr., der die rasta-ähnlichen Knötchen zeigt, mt denen die Haare verknotet sind. Bild eines Epheben
Diese Haare erinnern auffallend an die Blütenstände der Traubenhyzinthe, so daß wir annehmen müssen, daß zumindestens zur Zeit Homers eine Art der Gattung Muscari gemeint gewesen sein muß. Traubenhyazinthe
Auf der Grundlage der antiken Angaben müssen wir wohl annehmen, daß zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedliche Sippen gemeint waren: zur Zeit Homers die Traubenhyzinthe, bei den hellenistischen Autoren und Ovid entweder der Garten-Rittersporn oder vielleicht eine Ophrys-Art, seit dem 1. Jh. v. Chr. aber eine unbekannte Zierpflanze (Genaust).
Quellen:
(1) Catull, Carmina
(2) Ovid, Metamorphosen
(3) Vergil
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(2) Helmit Genaust, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Von Hyakinthos hab' ich im Zusammenhang mit diesen Münzen jetzt noch gar nie gehört
Heutzutage wird der Delfinreiter überwiegend einfach als Delfinreiter beschrieben, als mögliche Dargestellte werden Phalanthos oder Taras genannt. Endgültig entschieden scheint das aber nicht zu sein
Das steht zwar so im Roscher im Artikel zu Phalantos, aber schon die Formulierung "glaubt ... erschließen zu können" drückt ja aus, dass Roscher selbst eher nicht daran glaubt. Wenn ich dann in den Originaltext von Maass schaue und den recht verstanden habe (das heißt bei mir aber, die Übersetzung davon
In Marinella Corsano, "Sparte et Tarente : le mythe de fondation d'une colonie", Revue de l'histoire des religions 196/2, 1979, S. 113-140, wird die Frage, wer auf den Münzen aus Tarent auf dem Delfin sitzt, ebenfalls erörtert: https://www.persee.fr/doc/rhr_0035-1423 ... 196_2_6913
Es geht dabei aber nur darum, ob es Taras oder Phalanthos ist, Hyakinthos taucht da als Kandidat gar nicht erst auf
Gruß
Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Ich wollte gerne einen Artikel über Hyakinthos schreiben und habe mich gefreut, diesen Hinweis auf Maaß als Aufhänger gefunden zu haben. An der Mythologie ändert sich deswegen nichts.
Ich hätte mich mehr gefreut, wenn Du mir eine Münze mit Hyakinthos gezeigt hättest!
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Hätte ich ja gerne, aber was es nicht gibt, kann man auch nicht zeigen
Gruß
Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Iris, die Götterbotin
Münze:
Karien, Kaunos, ca. 490-470 v. Chr.
AR – Obol, 0.63g, 7.5mm, 0°
Av.: Iris, geflügelt, in faltenreichem Chiton im Knielauf n. r. eilend und n. l. blickend,
hält in der vorgestreckten Linken Kranz [und in der Rechten Kerykeion(?)]
Rv.: Greif mit erhobener re. Pfote n. l. stehend, in Perlquadrat, alles in quadratischem Inkus
Ref.: SNG von Aulock 8042 var.
Sehr selten Zu dieser Münze:
Bereits der große Wilamowitz vermutete Karien als Ursprung der Iris (Pauly).
Mythologie:
Iris war, wie ihre Schwestern Arke und die Harpyien Aello und Okypetes, eine Tochter des Titanen Thaumas, Sohns des Pontos und der Gaia, dessen Name das Wunderbare betonte, und der Okeanide Elektra, die für Elemente von Licht und Wasser stand (Pauly), und die geflügelte Personifizierung des Regenbogens, konnte aber nach der physikalischen Vorstellung der damaligen Griechen auch Winde erzeugen. Ihr Attribut war das Kerykeion der Boten. Dabei unterschied die Ilias noch streng zwischen der Bezeichnung für den Regenbogen (Apellativum) und der Person der Götterbotin selbst. Hesiod setzte dagegen die physikalische und die göttliche Erscheinung in eins. Alkaios macht Eros zum Kind der Iris und des Zephyros. Ihre Attribute sind αελλοπος (aellopos, sturmfüßig), was auch der Name ihrer Schwester war, und χρυσορτερος (chrysopteros, gold-flügelig).
In der Odyssee hatet Hermes bereits Iris als Götterboten verdrängt. Die gesunkene Rolle der Iris verrät sich auch auch durch die etwas despektierliche Benennung des Bettlers Iros, den Odysseus im Faustkampf besiegt. In einem Homerischer Hymnos gelingt es Iris nicht, Demeter zur Teilnahme an der Götterversammlung zu bewegen, während Hermes damit erfolgreich ist. Dies zeigt bereits den Wechsel in der Bedeutung von Iris zu Hermes.
In der hellenistischen Dichtung ist Iris die persönliche Dienerin Heras. Sie saß unten an ihrem Thron und wartete auf ihre Befehle (Kallimachos). Sie machte der Göttin das Bett, in dem sie mit Zeus schlief, wobei sie vorher ihre Hände mit wohlriechenden Salben einrieb (Theokrit). Als Hera aus der Unterwelt zurückkam, wusch und reinigte Iris sie (Ovid).
Sie begab sich aber auch selbst in die Unterwelt. Brach unter den Göttern des Olymps ein Streit aus, schickte Zeus sie aus, um in ihrem goldenen Becher Wasser aus dem Styx zu holen. Bei ihm zu schwören, war der heiligste Eid der Götter. Leistete ein Gott einen Meineid auf dieses Wasser, fiel er ein Jahr lang in Bewußtlosigkeit. Danach erwarteten ihn noch weitere Strafen, und neun Jahre war er von den Versammlungen, auch von Nektar und Ambrosia, ausgeschlossen (Hesiod).
Während des Trojanischen Krieges überbrachte sie an Helden und Götter Botschaften und Befehle des Zeus, mit denen er in die Kämpfe eingriff. Das machte sie auch bei den Argonauten bei ihrer Fahrt nach Kolchis.
Sie forderte alle vor Hera, wenn diese es verlangte (Apollodor). Sie überbrachte ihr aber auch die Bitten der Menschen und wurde zu Streitigkeiten geschickt. Ihre vornehmste Aufgabe war, nach dem Tod der Frauen deren Seelen aus dem Körper zu befreien, indem sie ihnen die Haare abschnitt, So wurde sie zu Dido geschickt, um sie von ihrem Schmerz über den Abschied von Aeneas zu erlösen (Vergil). Eigentlich war dies eine Aufgabe der Proserpina. Sie handelte aber auch aus eigenen Stücken, als sie auf die Bitten des Achilleus hin zu den Windgöttern Zephyros und Boreas eilte, damit sie den Scheiterhaufen des Patroklos entfachten (Ilias).
Bei den römischen Dichtern schimmern bei Iris immer die Naturerscheinungen durch. Der Regenbogen ist der von ihr zurückgelegte Weg oder ihr buntleuchtendes Gewand. Sie trägt jetzt Attribute wie aeria (luftig) oder roscida (von Tau benetzt).
Im Gegensatz zu Hermes, dem anderen bedeutenden Götterboten der Griechen, spielte Iris in der antiken griechischen Religion keine große Rolle und wurde selten verehrt. Es sind keine Tempel, Schreine oder Heiligtümer für Iris bekannt, und es wurden auch keine Feste zu ihren Ehren abgehalten.
Etymologie:
Das altgriechische Nomen Ἶρις bedeutet sowohl Regenbogen als auch den Halo des Mondes. Eine Inschrift von Korinth belegt eine ursprüngliche Form Ϝῖρις mit einem Digamma am Anfang, das später fallengelassen wurde. Dieses Wort scheint vorgriechischen Ursprungs zu sein. Bereits der große Wilamowitz vermutete Karien als Ursprung der Iris. Auch eine proto-indoeuropäische Vorform wurde vorgeschlagen.
Kunstgeschichte:
In der Antike erscheint Iris öfter auf Vasenmalereien oder in Pompeji auf Wandmalereien. Seit der Renaissance kommt sie häufig als Motiv auf Gemälden vor. Ich habe folgende Beispiele ausgesucht:
(1) Iris vom Westgiebel des Parthenon, pentelischer Marmor, klassische Periode, ca. 538-432 v.Chr., Werkstatt des Pheidias. Jetzt im Britisches Museum, sog. "Elgin Marble", die der engl. Botschafter Lord Elgin 1801 von der Akropolis gestohlen hat. Skulpturen und Fragmente vom Parthenon finden sich aber auch noch in vielen anderen europäischen Museen.
(2) Iris auf einem Lekythos des Diosphos-Malers, um 500–490 v. Chr., heute im Louvre
(3) „Die Bestrafung Ixions“: im Vordergrund mit Heroldstab Merkur, rechts Juno, hinter ihr, mit Nimbus, Iris, ganz links Vulkan mit dem auf das Rad gebundenen Ixion. Zu Füßen von Merkur die sitzende Nephele. Römisches Fresko von der Ostwand des Tricliniums in der Casa dei Vettii in Pompeji. 4. Stil, ca. 40-50 n. Chr. (Zeit der Flavier).
(4) Guy Head (1750-1800) „Iris trägt das Wasser des Styx zum Olymp“, ca. 1793, Scottish National Gallery, Edinburgh
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Homer. Odyssee
(3 Hesiod, Theogonie
(4) Apollodor, Bibliotheke
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Vergil, Aeneis
(7) Kallimachos, Hymnen
(8) Theokrit, Idyll
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Aghion/Barbillon/Lissarague, Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) Wikiwand
Liebe Grüße
Jochen
Münze:
Karien, Kaunos, ca. 490-470 v. Chr.
AR – Obol, 0.63g, 7.5mm, 0°
Av.: Iris, geflügelt, in faltenreichem Chiton im Knielauf n. r. eilend und n. l. blickend,
hält in der vorgestreckten Linken Kranz [und in der Rechten Kerykeion(?)]
Rv.: Greif mit erhobener re. Pfote n. l. stehend, in Perlquadrat, alles in quadratischem Inkus
Ref.: SNG von Aulock 8042 var.
Sehr selten Zu dieser Münze:
Bereits der große Wilamowitz vermutete Karien als Ursprung der Iris (Pauly).
Mythologie:
Iris war, wie ihre Schwestern Arke und die Harpyien Aello und Okypetes, eine Tochter des Titanen Thaumas, Sohns des Pontos und der Gaia, dessen Name das Wunderbare betonte, und der Okeanide Elektra, die für Elemente von Licht und Wasser stand (Pauly), und die geflügelte Personifizierung des Regenbogens, konnte aber nach der physikalischen Vorstellung der damaligen Griechen auch Winde erzeugen. Ihr Attribut war das Kerykeion der Boten. Dabei unterschied die Ilias noch streng zwischen der Bezeichnung für den Regenbogen (Apellativum) und der Person der Götterbotin selbst. Hesiod setzte dagegen die physikalische und die göttliche Erscheinung in eins. Alkaios macht Eros zum Kind der Iris und des Zephyros. Ihre Attribute sind αελλοπος (aellopos, sturmfüßig), was auch der Name ihrer Schwester war, und χρυσορτερος (chrysopteros, gold-flügelig).
In der Odyssee hatet Hermes bereits Iris als Götterboten verdrängt. Die gesunkene Rolle der Iris verrät sich auch auch durch die etwas despektierliche Benennung des Bettlers Iros, den Odysseus im Faustkampf besiegt. In einem Homerischer Hymnos gelingt es Iris nicht, Demeter zur Teilnahme an der Götterversammlung zu bewegen, während Hermes damit erfolgreich ist. Dies zeigt bereits den Wechsel in der Bedeutung von Iris zu Hermes.
In der hellenistischen Dichtung ist Iris die persönliche Dienerin Heras. Sie saß unten an ihrem Thron und wartete auf ihre Befehle (Kallimachos). Sie machte der Göttin das Bett, in dem sie mit Zeus schlief, wobei sie vorher ihre Hände mit wohlriechenden Salben einrieb (Theokrit). Als Hera aus der Unterwelt zurückkam, wusch und reinigte Iris sie (Ovid).
Sie begab sich aber auch selbst in die Unterwelt. Brach unter den Göttern des Olymps ein Streit aus, schickte Zeus sie aus, um in ihrem goldenen Becher Wasser aus dem Styx zu holen. Bei ihm zu schwören, war der heiligste Eid der Götter. Leistete ein Gott einen Meineid auf dieses Wasser, fiel er ein Jahr lang in Bewußtlosigkeit. Danach erwarteten ihn noch weitere Strafen, und neun Jahre war er von den Versammlungen, auch von Nektar und Ambrosia, ausgeschlossen (Hesiod).
Während des Trojanischen Krieges überbrachte sie an Helden und Götter Botschaften und Befehle des Zeus, mit denen er in die Kämpfe eingriff. Das machte sie auch bei den Argonauten bei ihrer Fahrt nach Kolchis.
Sie forderte alle vor Hera, wenn diese es verlangte (Apollodor). Sie überbrachte ihr aber auch die Bitten der Menschen und wurde zu Streitigkeiten geschickt. Ihre vornehmste Aufgabe war, nach dem Tod der Frauen deren Seelen aus dem Körper zu befreien, indem sie ihnen die Haare abschnitt, So wurde sie zu Dido geschickt, um sie von ihrem Schmerz über den Abschied von Aeneas zu erlösen (Vergil). Eigentlich war dies eine Aufgabe der Proserpina. Sie handelte aber auch aus eigenen Stücken, als sie auf die Bitten des Achilleus hin zu den Windgöttern Zephyros und Boreas eilte, damit sie den Scheiterhaufen des Patroklos entfachten (Ilias).
Bei den römischen Dichtern schimmern bei Iris immer die Naturerscheinungen durch. Der Regenbogen ist der von ihr zurückgelegte Weg oder ihr buntleuchtendes Gewand. Sie trägt jetzt Attribute wie aeria (luftig) oder roscida (von Tau benetzt).
Im Gegensatz zu Hermes, dem anderen bedeutenden Götterboten der Griechen, spielte Iris in der antiken griechischen Religion keine große Rolle und wurde selten verehrt. Es sind keine Tempel, Schreine oder Heiligtümer für Iris bekannt, und es wurden auch keine Feste zu ihren Ehren abgehalten.
Etymologie:
Das altgriechische Nomen Ἶρις bedeutet sowohl Regenbogen als auch den Halo des Mondes. Eine Inschrift von Korinth belegt eine ursprüngliche Form Ϝῖρις mit einem Digamma am Anfang, das später fallengelassen wurde. Dieses Wort scheint vorgriechischen Ursprungs zu sein. Bereits der große Wilamowitz vermutete Karien als Ursprung der Iris. Auch eine proto-indoeuropäische Vorform wurde vorgeschlagen.
Kunstgeschichte:
In der Antike erscheint Iris öfter auf Vasenmalereien oder in Pompeji auf Wandmalereien. Seit der Renaissance kommt sie häufig als Motiv auf Gemälden vor. Ich habe folgende Beispiele ausgesucht:
(1) Iris vom Westgiebel des Parthenon, pentelischer Marmor, klassische Periode, ca. 538-432 v.Chr., Werkstatt des Pheidias. Jetzt im Britisches Museum, sog. "Elgin Marble", die der engl. Botschafter Lord Elgin 1801 von der Akropolis gestohlen hat. Skulpturen und Fragmente vom Parthenon finden sich aber auch noch in vielen anderen europäischen Museen.
(2) Iris auf einem Lekythos des Diosphos-Malers, um 500–490 v. Chr., heute im Louvre
(3) „Die Bestrafung Ixions“: im Vordergrund mit Heroldstab Merkur, rechts Juno, hinter ihr, mit Nimbus, Iris, ganz links Vulkan mit dem auf das Rad gebundenen Ixion. Zu Füßen von Merkur die sitzende Nephele. Römisches Fresko von der Ostwand des Tricliniums in der Casa dei Vettii in Pompeji. 4. Stil, ca. 40-50 n. Chr. (Zeit der Flavier).
(4) Guy Head (1750-1800) „Iris trägt das Wasser des Styx zum Olymp“, ca. 1793, Scottish National Gallery, Edinburgh
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Homer. Odyssee
(3 Hesiod, Theogonie
(4) Apollodor, Bibliotheke
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Vergil, Aeneis
(7) Kallimachos, Hymnen
(8) Theokrit, Idyll
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(3) Der Kleine Pauly
(4) Aghion/Barbillon/Lissarague, Reclams Lexikon der antiken Götter und Heroen in der Kunst
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Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Der Regenbogen
Ich habe das Glück, von unserem Balkon mit Blick nach Osten regelmäßig den Regenbogen in der Nachmittags- und Abendsonne photographieren zu können 29. April 2020, 19:12h
Die Entstehung des Regenbogens haben bereits Rene Descartes 1637 und Isaac Newton 1704 erklären können. Sind die Licht- und Luftverhältnise güstig, wie hier, erscheint noch ein zweiter Nebenregenbogen mit der umgekehrten Reihenfolge der Farben. Dabei fällt auf, daß sich zwischen Haupt- und Nebenregenbogen ein breites dunkles Band befindet, "Alexanders Dunkles Band", nach dem griechischen Gelehrten Alexander von Aphrodisias (um 200 n.Chr.), der dieses Band als Erster beschrieben hat.
Natürlich kommt der Regenbogen auch in der Lyrik vor. „El grito" (1921), eines meiner Lieblingsgedichte, stammt von Federico Garcia Lorca (1898-1936), dem spanischen Lyriker und Dramatiker, der von Falangisten am Straßenrand ermordet wurde. Hier ist es im metaphysischen Sinn ein schwarzer Regenbogen:
La elipse de un grito,
va de monte a monte.
Desde los olivos,
será un arco iris negro
sobre la noche azul.
¡Ay!
Como un arco de viola,
el grito ha hecho vibrar
largas cuerdas del viento.
¡Ay!
(Las gentes de las cuevas
asoman sus velones.)
¡Ay!
Die Ellipse eines Schreis
Geht von Berg zu Berg
Von den Oliven aus
wird er zum schwarzen Regenbogen
Über der azurnen Nacht.
Ay!
Wie der Bogen einer Geige
läßt der Schrei die langen Saiten
des Windes vibrieren
Ay!
(Die Leute aus den Höhlen
halten ihre Laternen heraus.)
Ay!
Literatur:
(1) Wilhelm Westphal, Physik
(2) Federico Garcia Lorca, Poemas/Gedichte
Liebe Grüße
Jochen
Ich habe das Glück, von unserem Balkon mit Blick nach Osten regelmäßig den Regenbogen in der Nachmittags- und Abendsonne photographieren zu können 29. April 2020, 19:12h
Die Entstehung des Regenbogens haben bereits Rene Descartes 1637 und Isaac Newton 1704 erklären können. Sind die Licht- und Luftverhältnise güstig, wie hier, erscheint noch ein zweiter Nebenregenbogen mit der umgekehrten Reihenfolge der Farben. Dabei fällt auf, daß sich zwischen Haupt- und Nebenregenbogen ein breites dunkles Band befindet, "Alexanders Dunkles Band", nach dem griechischen Gelehrten Alexander von Aphrodisias (um 200 n.Chr.), der dieses Band als Erster beschrieben hat.
Natürlich kommt der Regenbogen auch in der Lyrik vor. „El grito" (1921), eines meiner Lieblingsgedichte, stammt von Federico Garcia Lorca (1898-1936), dem spanischen Lyriker und Dramatiker, der von Falangisten am Straßenrand ermordet wurde. Hier ist es im metaphysischen Sinn ein schwarzer Regenbogen:
La elipse de un grito,
va de monte a monte.
Desde los olivos,
será un arco iris negro
sobre la noche azul.
¡Ay!
Como un arco de viola,
el grito ha hecho vibrar
largas cuerdas del viento.
¡Ay!
(Las gentes de las cuevas
asoman sus velones.)
¡Ay!
Die Ellipse eines Schreis
Geht von Berg zu Berg
Von den Oliven aus
wird er zum schwarzen Regenbogen
Über der azurnen Nacht.
Ay!
Wie der Bogen einer Geige
läßt der Schrei die langen Saiten
des Windes vibrieren
Ay!
(Die Leute aus den Höhlen
halten ihre Laternen heraus.)
Ay!
Literatur:
(1) Wilhelm Westphal, Physik
(2) Federico Garcia Lorca, Poemas/Gedichte
Liebe Grüße
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Die Schwertlilie
Die Schwertlilie, lat. Iris, wurde geschätzt wegen des wohlriechenden, zu Irisöl und -salbe verwendeten Rhizoms (Cato, Celsius. Plinius), griech. Ἴρις (Theophrast, Nicander, Dioskurides). Von ihnen wurden bereits verschiedene Arten und Kultursorten beschrieben und die Verwendung des Rhizoms erklärt. Iris-Rhizom (Getty Images)
Die Bezeichnung geht wegen des Farbenreichtums der Blüten zurück auf Iris (inschriftlich Viris), Regenbogen, ursprüngl. "Bogen", einer r-Derivation (wie angelsächsisch wir, engl. wire "Draht") zu idg. Wz. *uei- "biegen", der auch Namen von Pflanzen mit biegsamen Zweigen wie “Weide”, lateinisch Viburnum (Schneeball), vitex (Mönchspfeffer) oder vitis (Weinrebe) zugrunde liegen. Schwertlilie, Kultivar
Mit einer Lilie hat die Schwertlilie trotz ihres Namens nichts zu tun. Sie gehört zur Familie der Iridaceae. Der Beiname Schwert stammt von der Form ihrer Blätter.
Quellen:
(1) Cato, de agri cultura
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Thephrast, Historia plantarum
(4) Dioskurides, Materia medica
(5) Nikandros, Alexipharmaka
Literatur:
(1) Hemut Genaust, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 2012
Liebe Grüße
Jochen
Die Schwertlilie, lat. Iris, wurde geschätzt wegen des wohlriechenden, zu Irisöl und -salbe verwendeten Rhizoms (Cato, Celsius. Plinius), griech. Ἴρις (Theophrast, Nicander, Dioskurides). Von ihnen wurden bereits verschiedene Arten und Kultursorten beschrieben und die Verwendung des Rhizoms erklärt. Iris-Rhizom (Getty Images)
Die Bezeichnung geht wegen des Farbenreichtums der Blüten zurück auf Iris (inschriftlich Viris), Regenbogen, ursprüngl. "Bogen", einer r-Derivation (wie angelsächsisch wir, engl. wire "Draht") zu idg. Wz. *uei- "biegen", der auch Namen von Pflanzen mit biegsamen Zweigen wie “Weide”, lateinisch Viburnum (Schneeball), vitex (Mönchspfeffer) oder vitis (Weinrebe) zugrunde liegen. Schwertlilie, Kultivar
Mit einer Lilie hat die Schwertlilie trotz ihres Namens nichts zu tun. Sie gehört zur Familie der Iridaceae. Der Beiname Schwert stammt von der Form ihrer Blätter.
Quellen:
(1) Cato, de agri cultura
(2) Plinius, Naturae Historia
(3) Thephrast, Historia plantarum
(4) Dioskurides, Materia medica
(5) Nikandros, Alexipharmaka
Literatur:
(1) Hemut Genaust, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen, 2012
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