Mythologisch interessante Münzen
Moderator: Homer J. Simpson
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Der letzte Artikel in diesem Jahr:
Numa Pompilius
Numa Pompilius war nach Romulus der zweite mythische König von Rom. Deshalb gehört dieser Artikel in den mythologischen Thread, auch wegen der Nymphe Egeria.
Die Münze:
Römische Republik, L Pomponius Molo, gens Pomponia
AR – Denar, 3.97g, 19.41mm, 210°
Rom, 97 v.Chr.
Av.: L.POMPON.MOLO
Kopf des Apollo, belorbeert, n. r.
Rv.: Numa Pompilius mit Lituus n. r. stehend, vor ihm brennender Altar, an den der Victimarius, eine Ziege heranführt
im Abschnitt NVMA.POMPIL (MA und MP ligiert)
Ref.: Crawford 334/1; BMCRR (Italy) 733; Sydenham 607
nicht häufig, part. Prägeschwäche Anmerkung
Victimarius ist der Opferdiener
Die gens Pomponia
Die Pomponia (von etruskisch pumpu) ist eine plebejische gens, die wie mehrere ihren Ursprung auf einen der Söhne des Numa Pompilius zurückführt. Diese Abstammung ist erst später konstruiert worden und drückt sich durch Münzen aus, die von den Nachfahren geprägt wurden (Pauly). Unter ihne befinden sich bemerkenswert viele Dichter und Schriftsteller. Titus Pomponius Atticus war ein Freund des Cicero, mit dem er einen jahrelangen Briefwechsel pflegte. Eine Pomponia war die Mutter des Scipio Africanus.
Numa Pompilius
Numa Pompilius (angeblich 750 v. Chr. - 672 v. Chr.) war nach Romulus der sagenhafte 2. König von Rom. Aber zeitgenössische Quellen liegen nicht vor. Die ersten literarischen Aufzeichnungen stammen aus der 2. Hälfte des 3. Jh. und weisen legendenhaften Züge auf. So ist nicht einmal gewiß, ob es sich überhaupt um eine historische Gestalt handelt. Numa war ein Sabiner, der abgeschieden mit seiner Frau in Cures lebte. Als die Römer ihn nach dem Tod des Romulus zu ihrem König wählten, trat er dieses Amt nur unwillig an. Aber er wurde zum weisesten Gesetzgeber auf dem römischen Thron.
Er organisierte die Bevölkerung Roms neu, indem er sie in Bezirke (pagi) einteilte und zur Überwindung des Stammeszwistes Handwerkergilden einführte. Er erweiterte den Gottesdienst der Vesta und führte das Gelübde der Keuschheit ein. Die Vestalinnen hatten die Aufgabe, das "ewige Feuer" zu unterhalten, um das Bestehen der Republik zu gewährleisten. Er gründete u. a. die Priesterklasse der Fetialen, die für die römischen Außenbeziehungen zuständig waren und als Einzige das Recht besaßen, einem anderen Volk den Krieg zu erklären. Er erbaute dem Janus einen Tempel und ordnete an, daß die Türen während eines Krieges offen, im Frieden aber geschlossen waren. Er ordnete die Aufstellung des Palladiums an, das Aeneas aus Troja mitgebracht hatte. Er veranlaßte die Aufstellung der vom Himmel gefallen Ancilia, die die ewige Dauer des römischen Reiches symbolisieren sollten. An den Grenzen des Reiches ließ er Grenzsteine aufstellen und weihte einen Tempel dem Terminus, dem Gott der Grenzen. Er verbot bei Gottesdiensten die Blutopfer auf dem Altar. Er war, worin alle übereinstimmen, ein sehr frommer König.
Er verbesserte den Kalender, indem er die Monate Januarius und Februarius einführte und damit ihre Anzahl von 10 auf 12 erhöhte. Die Tage teilte er ein in Feier- und Nichtfeiertage. Um seinen Gesetzen mehr Gewicht zu verleihen, ließ er verlauten, daß er sich im Geheimen an einer Quelle mit der Göttin oder Nymphe Egeria beraten habe.
"Numa zieht die Nymphe Egeria zu Rate", ca. 1791, zugeschrieben Jean Claude Naigeon (1753-1832), Bowes Museum, Barnard Castle, Nord-England
Seine Anerkennung war so groß, daß ihn auch Nachbarvölker als Schiedsrichter bei Streitigkeiten anriefen. Nach seinem Tod ließ er sich, weil er nicht verbrannt werden wollte, in einem Steinsarg auf dem Janiculum beisetzen.
Numa und Pythagoras
In der späten Republik und der frühen Kaiserzeit, so z.B. bei Ovid, gab es deshalb die Legende, daß Numa an ein Leben nach dem Tode geglaubt habe und er ein Schüler des Pythagoras gewesen sei. Bereits Cicero und Livius wiesen daraufhin, daß dies chronologisch nicht möglich gewesen sein konnte.
Egeria
Egeria war eine Nymphe, von der Numa Pompilius behauptete, er würde sich nachts mit ihr treffen, wo sie ihm sagte, welche Gesetze er den Römern geben sollte (Livius). Einige meinten, sie habe sich in ihn verliebt und sie sei sogar seine Gemahlin gewesen (Ovid). Da die Römer ihm aber nicht alles glaubten, lud er einmal die Vornehmsten von ihnen zu Mittag zu sich ein, wo sie sein Haus in ärmlichstem Zustand fanden (Plutarch). Er bat sie, abends wiederzukommen, wo sie sein Haus völlig verändert fanden. Die Zimmer waren aufs prächtigste geschmückt, die Tische waren mit kostbarstem Geschirr und erlesenstem Essen gedeckt, wie es kein Mensch in so kurzer Zeit habe anschaffen können. Danach glaubten sie alles, was er über Egeria erzählte (Dion. Hal.). Andere meinten, sie sei nur eine Wassernymphe gewesen, und Augustinus behauptet, ihr Verhältnis zu Numa Pompilius sei ein Ausdruck seines Wissens in der Hydromantie, der Kunst, aus dem Wasser wahrzusagen, gewesen. Als Numa starb, zog Egeria sich in den Hain von Aricia zurück und beweinte ihn so lange, bis Diana sie zu einer Quelle machte (Ovid). Claude Lorrain (1604-1682), "Egeria beweint Numa" (1669), Ausschnitt, National Museum von Capodimonte
Das eigentliche Wesen der Egeria ist auch heute noch nicht geklärt. Sie war eine Gottheit des durch den Hain der Diana von Aricia fließenden Zuflusses des Nemisees (Strabo). Es wird angenommen, daß sie zusammen mit der Diana von Aricia nach Rom gekommen ist. Dort wurde sie als Geliebte oder Gemahlin die Ratgeberin des Numa Pompilius insbesondere in kultischen Fragen. Diese Verbindung ist sehr alt, aber rätselhaft (Pauly). In Rom wurde sie mit anderen Quellgottheiten verehrt im Hain der Camenae vor der Porta Capena, wo die Ancilia, die heiligen Schilde, vom Himmel gefallen waren. Diesen Hain soll Numa auf Rat der Egeria geweiht haben.
Die Deutung als Geburtsgöttin hat ihren Ursprung wohl in ihrer Nähe zu Diana. Auch sonst gelten Quellnymphen ja als hilfreich bei der Geburt.
In der Antike galt Numa als Gegenbild zu Romulus. Während dieser Rom mit Gewalt und Krieg gegründet hatte (der Mord an Remus galt als Urübel Roms), habe Numa den Römern die Liebe zu Ruhe und Frieden eingepflanzt. In seinen 38 Jahren Regierungszeit habe höchste Eintracht geherrscht (Cicero). Damit sei er der zweite Gründer Roms geworden. Plutarch hält ihn für das Beispiel eines philosophisch aufgeklärten Herrschers im Sinne Platos. Unter den Kaisern wird insbesondere Antoninus Pius mit ihm verglichen.
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Plutarch, Numa Pompilius
(3) Plinius, Naturae historia
(4) Vergil, Aeneis
(5) Cicero, de re publica
(6) Dionsysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae
(7) Ovid, Metamorphosen
(8) Augustinus, De civitate Dei
Literatur:
(1) Der kleine Pauly
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Literatur
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Freundliche Grüße
Jochen
Numa Pompilius
Numa Pompilius war nach Romulus der zweite mythische König von Rom. Deshalb gehört dieser Artikel in den mythologischen Thread, auch wegen der Nymphe Egeria.
Die Münze:
Römische Republik, L Pomponius Molo, gens Pomponia
AR – Denar, 3.97g, 19.41mm, 210°
Rom, 97 v.Chr.
Av.: L.POMPON.MOLO
Kopf des Apollo, belorbeert, n. r.
Rv.: Numa Pompilius mit Lituus n. r. stehend, vor ihm brennender Altar, an den der Victimarius, eine Ziege heranführt
im Abschnitt NVMA.POMPIL (MA und MP ligiert)
Ref.: Crawford 334/1; BMCRR (Italy) 733; Sydenham 607
nicht häufig, part. Prägeschwäche Anmerkung
Victimarius ist der Opferdiener
Die gens Pomponia
Die Pomponia (von etruskisch pumpu) ist eine plebejische gens, die wie mehrere ihren Ursprung auf einen der Söhne des Numa Pompilius zurückführt. Diese Abstammung ist erst später konstruiert worden und drückt sich durch Münzen aus, die von den Nachfahren geprägt wurden (Pauly). Unter ihne befinden sich bemerkenswert viele Dichter und Schriftsteller. Titus Pomponius Atticus war ein Freund des Cicero, mit dem er einen jahrelangen Briefwechsel pflegte. Eine Pomponia war die Mutter des Scipio Africanus.
Numa Pompilius
Numa Pompilius (angeblich 750 v. Chr. - 672 v. Chr.) war nach Romulus der sagenhafte 2. König von Rom. Aber zeitgenössische Quellen liegen nicht vor. Die ersten literarischen Aufzeichnungen stammen aus der 2. Hälfte des 3. Jh. und weisen legendenhaften Züge auf. So ist nicht einmal gewiß, ob es sich überhaupt um eine historische Gestalt handelt. Numa war ein Sabiner, der abgeschieden mit seiner Frau in Cures lebte. Als die Römer ihn nach dem Tod des Romulus zu ihrem König wählten, trat er dieses Amt nur unwillig an. Aber er wurde zum weisesten Gesetzgeber auf dem römischen Thron.
Er organisierte die Bevölkerung Roms neu, indem er sie in Bezirke (pagi) einteilte und zur Überwindung des Stammeszwistes Handwerkergilden einführte. Er erweiterte den Gottesdienst der Vesta und führte das Gelübde der Keuschheit ein. Die Vestalinnen hatten die Aufgabe, das "ewige Feuer" zu unterhalten, um das Bestehen der Republik zu gewährleisten. Er gründete u. a. die Priesterklasse der Fetialen, die für die römischen Außenbeziehungen zuständig waren und als Einzige das Recht besaßen, einem anderen Volk den Krieg zu erklären. Er erbaute dem Janus einen Tempel und ordnete an, daß die Türen während eines Krieges offen, im Frieden aber geschlossen waren. Er ordnete die Aufstellung des Palladiums an, das Aeneas aus Troja mitgebracht hatte. Er veranlaßte die Aufstellung der vom Himmel gefallen Ancilia, die die ewige Dauer des römischen Reiches symbolisieren sollten. An den Grenzen des Reiches ließ er Grenzsteine aufstellen und weihte einen Tempel dem Terminus, dem Gott der Grenzen. Er verbot bei Gottesdiensten die Blutopfer auf dem Altar. Er war, worin alle übereinstimmen, ein sehr frommer König.
Er verbesserte den Kalender, indem er die Monate Januarius und Februarius einführte und damit ihre Anzahl von 10 auf 12 erhöhte. Die Tage teilte er ein in Feier- und Nichtfeiertage. Um seinen Gesetzen mehr Gewicht zu verleihen, ließ er verlauten, daß er sich im Geheimen an einer Quelle mit der Göttin oder Nymphe Egeria beraten habe.
"Numa zieht die Nymphe Egeria zu Rate", ca. 1791, zugeschrieben Jean Claude Naigeon (1753-1832), Bowes Museum, Barnard Castle, Nord-England
Seine Anerkennung war so groß, daß ihn auch Nachbarvölker als Schiedsrichter bei Streitigkeiten anriefen. Nach seinem Tod ließ er sich, weil er nicht verbrannt werden wollte, in einem Steinsarg auf dem Janiculum beisetzen.
Numa und Pythagoras
In der späten Republik und der frühen Kaiserzeit, so z.B. bei Ovid, gab es deshalb die Legende, daß Numa an ein Leben nach dem Tode geglaubt habe und er ein Schüler des Pythagoras gewesen sei. Bereits Cicero und Livius wiesen daraufhin, daß dies chronologisch nicht möglich gewesen sein konnte.
Egeria
Egeria war eine Nymphe, von der Numa Pompilius behauptete, er würde sich nachts mit ihr treffen, wo sie ihm sagte, welche Gesetze er den Römern geben sollte (Livius). Einige meinten, sie habe sich in ihn verliebt und sie sei sogar seine Gemahlin gewesen (Ovid). Da die Römer ihm aber nicht alles glaubten, lud er einmal die Vornehmsten von ihnen zu Mittag zu sich ein, wo sie sein Haus in ärmlichstem Zustand fanden (Plutarch). Er bat sie, abends wiederzukommen, wo sie sein Haus völlig verändert fanden. Die Zimmer waren aufs prächtigste geschmückt, die Tische waren mit kostbarstem Geschirr und erlesenstem Essen gedeckt, wie es kein Mensch in so kurzer Zeit habe anschaffen können. Danach glaubten sie alles, was er über Egeria erzählte (Dion. Hal.). Andere meinten, sie sei nur eine Wassernymphe gewesen, und Augustinus behauptet, ihr Verhältnis zu Numa Pompilius sei ein Ausdruck seines Wissens in der Hydromantie, der Kunst, aus dem Wasser wahrzusagen, gewesen. Als Numa starb, zog Egeria sich in den Hain von Aricia zurück und beweinte ihn so lange, bis Diana sie zu einer Quelle machte (Ovid). Claude Lorrain (1604-1682), "Egeria beweint Numa" (1669), Ausschnitt, National Museum von Capodimonte
Das eigentliche Wesen der Egeria ist auch heute noch nicht geklärt. Sie war eine Gottheit des durch den Hain der Diana von Aricia fließenden Zuflusses des Nemisees (Strabo). Es wird angenommen, daß sie zusammen mit der Diana von Aricia nach Rom gekommen ist. Dort wurde sie als Geliebte oder Gemahlin die Ratgeberin des Numa Pompilius insbesondere in kultischen Fragen. Diese Verbindung ist sehr alt, aber rätselhaft (Pauly). In Rom wurde sie mit anderen Quellgottheiten verehrt im Hain der Camenae vor der Porta Capena, wo die Ancilia, die heiligen Schilde, vom Himmel gefallen waren. Diesen Hain soll Numa auf Rat der Egeria geweiht haben.
Die Deutung als Geburtsgöttin hat ihren Ursprung wohl in ihrer Nähe zu Diana. Auch sonst gelten Quellnymphen ja als hilfreich bei der Geburt.
In der Antike galt Numa als Gegenbild zu Romulus. Während dieser Rom mit Gewalt und Krieg gegründet hatte (der Mord an Remus galt als Urübel Roms), habe Numa den Römern die Liebe zu Ruhe und Frieden eingepflanzt. In seinen 38 Jahren Regierungszeit habe höchste Eintracht geherrscht (Cicero). Damit sei er der zweite Gründer Roms geworden. Plutarch hält ihn für das Beispiel eines philosophisch aufgeklärten Herrschers im Sinne Platos. Unter den Kaisern wird insbesondere Antoninus Pius mit ihm verglichen.
Quellen:
(1) Livius, ab urbe condita
(2) Plutarch, Numa Pompilius
(3) Plinius, Naturae historia
(4) Vergil, Aeneis
(5) Cicero, de re publica
(6) Dionsysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae
(7) Ovid, Metamorphosen
(8) Augustinus, De civitate Dei
Literatur:
(1) Der kleine Pauly
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Literatur
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
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Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Mit dem Namen Egeria hab' ich ja bislang immer etwas anderes verbunden . Als ich vor vielen Jahren in Tübingen gelebt habe, war dort einer der größeren industriellen Arbeitgeber die Württembergische Frottierweberei Lustnau, die unter dem Markennamen Egeria hauptsächlich Frotteewaren für den gehobenen Bedarf herstellte: https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrt ... ei_Lustnau
Dass der Name auf eine antike Nymphe zurückgeht, ist mir da erst jetzt aufgegangen , aber für Badezimmertextilien passt das ja. Da hab' ich wieder mal was dazugelernt .
Egeria ist dann aber in den 90er Jahren pleite gegangen, vom nicht ganz kleinen Werksgelände ist im wesentlichen nur noch ein einziges größeres Gebäude geblieben : https://www.tuepedia.de/wiki/Egeria
Dieses Bild aus dem Museo Nazionale di Capodimonte in Neapel wurde übrigens 1669 von der Familie Colonna in Auftrag gegeben, auf deren Ländereien der Nemi-See lag. Die hatten also sozusagen einen persönlichen Bezug zum Dargestellten .
Das Bild ist aber ein Landschaftsgemälde (das ist ja sozusagen die Hauptdisziplin von Lorrain gewesen) und sieht komplett so aus: https://capodimonte.cultura.gov.it/paes ... e-lorrain/
Du hast da wohl einen der zwei im Netz kursierenden Ausschnitte erwischt, die gerne als das gesamte Bild ausgegeben werden .
Gruß
Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Quirinus, der Gott der Sabiner
Mit Quirinus tauchen wir tief ein in die früheste Geschichte Roms.
Die Münze:
Römische Republik, C.Memmius c.f., gens Memmia
AR - Denar, 3.97g, 16.95x19.64mm, 210°
Rom, 56 v. Chr.
Av.: C MEMMI C.F.
Bärtiger Kopf des Quirinus mit Lorbeerkranz, n. r.
dahinter QVIRINVS
Rv.: MEMMIVS AED CERIALIA PREIMVS FECIT
Ceres n. r. thronend, hält Fackel in der re. Hand und 3 Getreideähren in der li.;
davor eine Schlange sich n. r. aufrichtend
Ref.: Crawford 427/2; Sydenham 921; Kestner3463; BMCRR Rome 3941; CNR Memmia19; Memmia 9
SS, feine Tönung, ovaler Schrötling, Rs. dezentriert Anmerkung:
Die Rev.-Legende heißt "(Die Festspiele der) Cerialia hat als erster der Aedil Memmius ausgerichtet"
Zu dieser Münze:
Auf der Rückseite ist Ceres abgebildet, eine Anspielung auf Gaius Memmius C.f. Quirinus, einen plebeischen Aedil vor 210 v. Chr., der die Ludi Ceriales eingeführt hatte (Crawford).
Die gens Memmia war eine plebejische Familie, die von den Jugurthinishen Kriegen bis in die Zeit des Augustus zahlreiche Tribunen stellte. Die Herkunft ihres Namens ist nicht bekannt. Vergil verband die gens mit dem trojanischen Heros Mnestheus. Der Gebrauch von Quirinus auf Denaren des Gaius Memmius spielt vielleicht auf einen sabinischen Ursprung des Namens an.
Quirinus:
Quirinus war der Stammesgott der frühesten Bewohner des römischen Hügels, der nach ihm collis Quirinalis genannt wurde, was nach alter Überlieferung die sabinischen Quiriten waren. Sein Gottesdienst war in Rom stets auf den Quirinal beschränkt. Ihm fehlten charakteristische Spezialzüge und Einzelfunktionen, weil er der göttliche Exponent sämtlicher Wünsche und Interessen seiner Gemeinde war (Roscher). Am ehesten trat er noch als Kriegsgott hervor, was verständlich ist in einer Zeit, in der in diesen auf engem Raum zusammengedrängten altitalischen Gemeinden kriegerische Tüchtigkeit und militärische Erfolge eine wichtige Rolle spielten. So wurde er schon früh als eine Parallelgottheit zum Mars der Bergrömer aufgefaßt. Den Namen Quiriten brachte man mit der sabinischen Stadr Cures zusammen und mit curis (sabinisch = Lanze), so Varro, Ovid und Macrobius. Neuere ziehen eine Ableitung von covirites (= Gesamtmännerschaft, Bürgerschaft) vor.
In historischer Zeit sind die Quirites immer identisch mit Romani. Der offizielle Ausdruck populus Romanus Quiritium faßt beide zusammen. Quirites wurde als Name der Römer benutzt, wenn man sie ehren wollte (Varro). Das ius Quiritium ist das altertümlich-feierliche Synonym von ius Romanum. Ursprünglich aber waren die Quirites - sprachlich von ihrem Gott Quirinus nicht zu trennen - offenbar die Bewohner des collis Quirinalis, die Sabiner, die sich nach dem vielbehandelten Konflikt mit den Bewohnern des Palatiums (Frauenraub), den Römern, zu einer Gemeinde, der Stadt Rom, zusammenschlossen.
Etwa in der Zeit des Cicero tauchten zwei Erzählungen auf, die Quirinus mit der Urgeschichte Roms verknüpften. Beide sind unvereinbar, haben aber nebeneinander bestanden.
(1) Unter dem Einfluß von M. Terentius Varro, der selbst aus Reate, einem der Hauptorte der Sabiner, stammte, hatte die sabinische Herkunft der Quirinalgemeinde allgemeine Geltung erlangt. Nun mußte natürlich auch noch ihr Gott zum Sabiner werden und aus Cures stammen, oder zumindest von curis = quiris abgeleitet ein sabinisches Wort sein. .
Auch die Gründungssage wurde durch Dionysios von Halikarnassos der römischen angeglichen: So wie Mars mit der albanischen Königstochter Rhea Silvia den Romulus zeugte, so zeugte Quirinus mit einer Jungfrau aus Reate den Modius Fabidius, der dann zusammen mit anderen Männern Cures gründete. Die Einführung eines Quirinuskultes fand dann durch den Sabiner Titus Tatius statt. Deshalb findet sich in der Liste der Heiligtümer, die Varro aufgestellt hat, ein Altar (ara) des Quirinus auf dem Quirinal, der von Tatius gestiftet worden war.
(2) Einflußreicher aber wurde eine zweite Erzählung, die die alte Sage von der Entrückung des Romulus mit Quirinus verknüpfte: Romulus habe nach seiner Vergöttlichung den Namen Quirinus angenommen! Bei einem Unwetter sei Romulus plötzlich in einer Wolke verschwunden. Es gab sogar den Verdacht, er sei beseitigt worden (Livius) und es gab eine große Unruhe unter dem Volk. Diese Unruhe wurde erst beigelegt, als der hochvertrauenswürdige Bürger Iulius Proculus dem Senat unter Eid erkärte, ihm sei Romulus in Kriegskleidung erschienen, habe sich als Gott Quirinus zu erkennen gegeben und die Errichtung eines Heiligtums auf dem Quirinal gefordert.
Der älteste Zeuge dafür, daß sich dieser Text des Varro darauf beziehe, war Cicero in de re publica, wo er schreibt, daß er auf dem Quirinal verehrt worden sei. Dies wiederholte er 10 Jahre später noch einmal, woraus man schließen kann, daß diese Anschauung damals noch nicht gefestigt war (Roscher). Aber in der Folgezeit errang diese Vorstellung den vollkommenen Sieg, begünstigt durch die damaligen Machthaber, und seit augusteischer Zeit ist die Identität von Quirinus mit Romulus Allgemeingut in Dichtung und Geschichtsschreibung (bes. Vergil, Ovid).
Tempel und Gottesdienste
263 v. Chr. weihte der Konsul L. Papirius Cursor auf dem Quirinal den Tempel des Quirinus, den sein Vater gelobt hatte, und schmückte ihn mit der Kriegsbeute, die er den Samniten abgenommen hatte (Livius, Plinius). Dieser Tempel wurde 206 von einem Blitz getroffen und brannte 49 ab (Cass. Dio). Er wurde provisorisch wiederhergestellt und 46 stellte der Senat in ihm eine Statue Caesars auf mit der Inschrift θεω ανικητω (dem unbesiegbaren Gott). Die Wahl dieses Platzes hatte die Gleichsetzung des Gottes mit dem Stadtgründer zur Voraussetzung (Roscher). 16 v. Chr. errichtete dann Augustus den prächtigen Neubau, der bis zum Ende der Antike bestanden hat.
Vor dem Tempelbau des Papirius bestand seit ältester Zeit das von Festus erwähnte sacellum Quirini in der Nähe der porta Quirinalis, das vielleicht identisch war mit der bei Varro erwähnten von Titus Tatius dem Quirinus gestifteten ara.
Das gleiche gilt dafür, daß Octavian vor der Annahme des Titels Augustus gelegentlich als Quirinus bezeichnet wurde, d. h. als alter, ehrwürdiger Romulus, und kam auch zum Ausdruck im Bilderschmuck seines Quirinustempels in dessen Giebelfeld die Stadtgründer Remus und Romulus dargestellt waren. Naturgemäß galt jetzt als Gründer des Quirinuskults nicht mehr Titus Tatius, sondern Numa Pompilius. Und seit Vergil erscheint Quirinus immer als Name des Stadtgründers Roms, als Bruder des Remus oder als Sohn des Mars, und trägt die Attribute des Romulus lituus und trabea. Und die Dichter sprechen von Quirinus nicht erst nach der Vergöttlichung des Romulus, sondern bereits von ihm als Mensch, Kind oder im Mutterleib (Ovid fast.). Seit Cicero gilt er als römisches Beispiel für jemand, der wegen seiner Verdienste in den Himmel erhoben wurde, wie erwa bei den Griechen Herakles, Asklepios oder andere. Im Gegensatz zu seiner Rolle in der Dichtung spielt er als Gott im Kultus der Kaiserzeit eine eher bescheidene Rolle.
Das hohe Alter des Quirinus-Kultes aber bezeugt der Umstand, daß er einen öffentlichen Sonderpriester hatte, den flamen Quirinalis, wie sonst nur Juppiter den flamen Dialis und Mars den flamen Martialis. Offenbar war dies damals die höchste Götterdreiheit Roms, deren flamines in der Priester-Rangordnung als erste hinter dem rex sacrorum erschienen und die dann von der kapitolinischen Dreiheit Iuppiter-Iuno-Minerva abgelöst wurde. Das Fest des Quirinus, die Quirinalia, fielen auf den 17. Februar (Pvid fasr.).
Mit dem Beinamen Quirinus hatte Mars einen Tempel in der I. Region. Unter diesem Namen verehrte man ihn, wenn er ruhig (quies) und still war, so daß er seinen Tempel innerhalb der Stadt hatte. Als Mars Gradivus, Gott des Krieges und der Unruhe, hatte er seinen Tempel außerhalb. Bei der Ableitung von quies handelte es sich aber nur um eine Volksetymologie.
"Quirinal", Luigi Rossini (1790-1857), "I Sette colli di Roma", Radierung, 1827. Der Quirinal war seit altersher der Wohnsitz reicher Römer.
Quellen:
(1) Plutarch, Romulus
(2) Dionysios von Halikarnassos, Römische Altertümer
(3) Titus Livius, ab urbe condita
(4) Ovid, Fastes
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Marcus Terentius Varro
(7) Cassius Dio, Römische Geschichte
(8) Macrobius, Saturnalia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Leipzig
(3) Der Kleine Pauly, dtv
(4) Michael Crawford, The Roman Republic Coinage
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
Mit Quirinus tauchen wir tief ein in die früheste Geschichte Roms.
Die Münze:
Römische Republik, C.Memmius c.f., gens Memmia
AR - Denar, 3.97g, 16.95x19.64mm, 210°
Rom, 56 v. Chr.
Av.: C MEMMI C.F.
Bärtiger Kopf des Quirinus mit Lorbeerkranz, n. r.
dahinter QVIRINVS
Rv.: MEMMIVS AED CERIALIA PREIMVS FECIT
Ceres n. r. thronend, hält Fackel in der re. Hand und 3 Getreideähren in der li.;
davor eine Schlange sich n. r. aufrichtend
Ref.: Crawford 427/2; Sydenham 921; Kestner3463; BMCRR Rome 3941; CNR Memmia19; Memmia 9
SS, feine Tönung, ovaler Schrötling, Rs. dezentriert Anmerkung:
Die Rev.-Legende heißt "(Die Festspiele der) Cerialia hat als erster der Aedil Memmius ausgerichtet"
Zu dieser Münze:
Auf der Rückseite ist Ceres abgebildet, eine Anspielung auf Gaius Memmius C.f. Quirinus, einen plebeischen Aedil vor 210 v. Chr., der die Ludi Ceriales eingeführt hatte (Crawford).
Die gens Memmia war eine plebejische Familie, die von den Jugurthinishen Kriegen bis in die Zeit des Augustus zahlreiche Tribunen stellte. Die Herkunft ihres Namens ist nicht bekannt. Vergil verband die gens mit dem trojanischen Heros Mnestheus. Der Gebrauch von Quirinus auf Denaren des Gaius Memmius spielt vielleicht auf einen sabinischen Ursprung des Namens an.
Quirinus:
Quirinus war der Stammesgott der frühesten Bewohner des römischen Hügels, der nach ihm collis Quirinalis genannt wurde, was nach alter Überlieferung die sabinischen Quiriten waren. Sein Gottesdienst war in Rom stets auf den Quirinal beschränkt. Ihm fehlten charakteristische Spezialzüge und Einzelfunktionen, weil er der göttliche Exponent sämtlicher Wünsche und Interessen seiner Gemeinde war (Roscher). Am ehesten trat er noch als Kriegsgott hervor, was verständlich ist in einer Zeit, in der in diesen auf engem Raum zusammengedrängten altitalischen Gemeinden kriegerische Tüchtigkeit und militärische Erfolge eine wichtige Rolle spielten. So wurde er schon früh als eine Parallelgottheit zum Mars der Bergrömer aufgefaßt. Den Namen Quiriten brachte man mit der sabinischen Stadr Cures zusammen und mit curis (sabinisch = Lanze), so Varro, Ovid und Macrobius. Neuere ziehen eine Ableitung von covirites (= Gesamtmännerschaft, Bürgerschaft) vor.
In historischer Zeit sind die Quirites immer identisch mit Romani. Der offizielle Ausdruck populus Romanus Quiritium faßt beide zusammen. Quirites wurde als Name der Römer benutzt, wenn man sie ehren wollte (Varro). Das ius Quiritium ist das altertümlich-feierliche Synonym von ius Romanum. Ursprünglich aber waren die Quirites - sprachlich von ihrem Gott Quirinus nicht zu trennen - offenbar die Bewohner des collis Quirinalis, die Sabiner, die sich nach dem vielbehandelten Konflikt mit den Bewohnern des Palatiums (Frauenraub), den Römern, zu einer Gemeinde, der Stadt Rom, zusammenschlossen.
Etwa in der Zeit des Cicero tauchten zwei Erzählungen auf, die Quirinus mit der Urgeschichte Roms verknüpften. Beide sind unvereinbar, haben aber nebeneinander bestanden.
(1) Unter dem Einfluß von M. Terentius Varro, der selbst aus Reate, einem der Hauptorte der Sabiner, stammte, hatte die sabinische Herkunft der Quirinalgemeinde allgemeine Geltung erlangt. Nun mußte natürlich auch noch ihr Gott zum Sabiner werden und aus Cures stammen, oder zumindest von curis = quiris abgeleitet ein sabinisches Wort sein. .
Auch die Gründungssage wurde durch Dionysios von Halikarnassos der römischen angeglichen: So wie Mars mit der albanischen Königstochter Rhea Silvia den Romulus zeugte, so zeugte Quirinus mit einer Jungfrau aus Reate den Modius Fabidius, der dann zusammen mit anderen Männern Cures gründete. Die Einführung eines Quirinuskultes fand dann durch den Sabiner Titus Tatius statt. Deshalb findet sich in der Liste der Heiligtümer, die Varro aufgestellt hat, ein Altar (ara) des Quirinus auf dem Quirinal, der von Tatius gestiftet worden war.
(2) Einflußreicher aber wurde eine zweite Erzählung, die die alte Sage von der Entrückung des Romulus mit Quirinus verknüpfte: Romulus habe nach seiner Vergöttlichung den Namen Quirinus angenommen! Bei einem Unwetter sei Romulus plötzlich in einer Wolke verschwunden. Es gab sogar den Verdacht, er sei beseitigt worden (Livius) und es gab eine große Unruhe unter dem Volk. Diese Unruhe wurde erst beigelegt, als der hochvertrauenswürdige Bürger Iulius Proculus dem Senat unter Eid erkärte, ihm sei Romulus in Kriegskleidung erschienen, habe sich als Gott Quirinus zu erkennen gegeben und die Errichtung eines Heiligtums auf dem Quirinal gefordert.
Der älteste Zeuge dafür, daß sich dieser Text des Varro darauf beziehe, war Cicero in de re publica, wo er schreibt, daß er auf dem Quirinal verehrt worden sei. Dies wiederholte er 10 Jahre später noch einmal, woraus man schließen kann, daß diese Anschauung damals noch nicht gefestigt war (Roscher). Aber in der Folgezeit errang diese Vorstellung den vollkommenen Sieg, begünstigt durch die damaligen Machthaber, und seit augusteischer Zeit ist die Identität von Quirinus mit Romulus Allgemeingut in Dichtung und Geschichtsschreibung (bes. Vergil, Ovid).
Tempel und Gottesdienste
263 v. Chr. weihte der Konsul L. Papirius Cursor auf dem Quirinal den Tempel des Quirinus, den sein Vater gelobt hatte, und schmückte ihn mit der Kriegsbeute, die er den Samniten abgenommen hatte (Livius, Plinius). Dieser Tempel wurde 206 von einem Blitz getroffen und brannte 49 ab (Cass. Dio). Er wurde provisorisch wiederhergestellt und 46 stellte der Senat in ihm eine Statue Caesars auf mit der Inschrift θεω ανικητω (dem unbesiegbaren Gott). Die Wahl dieses Platzes hatte die Gleichsetzung des Gottes mit dem Stadtgründer zur Voraussetzung (Roscher). 16 v. Chr. errichtete dann Augustus den prächtigen Neubau, der bis zum Ende der Antike bestanden hat.
Vor dem Tempelbau des Papirius bestand seit ältester Zeit das von Festus erwähnte sacellum Quirini in der Nähe der porta Quirinalis, das vielleicht identisch war mit der bei Varro erwähnten von Titus Tatius dem Quirinus gestifteten ara.
Das gleiche gilt dafür, daß Octavian vor der Annahme des Titels Augustus gelegentlich als Quirinus bezeichnet wurde, d. h. als alter, ehrwürdiger Romulus, und kam auch zum Ausdruck im Bilderschmuck seines Quirinustempels in dessen Giebelfeld die Stadtgründer Remus und Romulus dargestellt waren. Naturgemäß galt jetzt als Gründer des Quirinuskults nicht mehr Titus Tatius, sondern Numa Pompilius. Und seit Vergil erscheint Quirinus immer als Name des Stadtgründers Roms, als Bruder des Remus oder als Sohn des Mars, und trägt die Attribute des Romulus lituus und trabea. Und die Dichter sprechen von Quirinus nicht erst nach der Vergöttlichung des Romulus, sondern bereits von ihm als Mensch, Kind oder im Mutterleib (Ovid fast.). Seit Cicero gilt er als römisches Beispiel für jemand, der wegen seiner Verdienste in den Himmel erhoben wurde, wie erwa bei den Griechen Herakles, Asklepios oder andere. Im Gegensatz zu seiner Rolle in der Dichtung spielt er als Gott im Kultus der Kaiserzeit eine eher bescheidene Rolle.
Das hohe Alter des Quirinus-Kultes aber bezeugt der Umstand, daß er einen öffentlichen Sonderpriester hatte, den flamen Quirinalis, wie sonst nur Juppiter den flamen Dialis und Mars den flamen Martialis. Offenbar war dies damals die höchste Götterdreiheit Roms, deren flamines in der Priester-Rangordnung als erste hinter dem rex sacrorum erschienen und die dann von der kapitolinischen Dreiheit Iuppiter-Iuno-Minerva abgelöst wurde. Das Fest des Quirinus, die Quirinalia, fielen auf den 17. Februar (Pvid fasr.).
Mit dem Beinamen Quirinus hatte Mars einen Tempel in der I. Region. Unter diesem Namen verehrte man ihn, wenn er ruhig (quies) und still war, so daß er seinen Tempel innerhalb der Stadt hatte. Als Mars Gradivus, Gott des Krieges und der Unruhe, hatte er seinen Tempel außerhalb. Bei der Ableitung von quies handelte es sich aber nur um eine Volksetymologie.
"Quirinal", Luigi Rossini (1790-1857), "I Sette colli di Roma", Radierung, 1827. Der Quirinal war seit altersher der Wohnsitz reicher Römer.
Quellen:
(1) Plutarch, Romulus
(2) Dionysios von Halikarnassos, Römische Altertümer
(3) Titus Livius, ab urbe condita
(4) Ovid, Fastes
(5) Ovid, Metamorphosen
(6) Marcus Terentius Varro
(7) Cassius Dio, Römische Geschichte
(8) Macrobius, Saturnalia
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon, 1770
(2) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, Leipzig
(3) Der Kleine Pauly, dtv
(4) Michael Crawford, The Roman Republic Coinage
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Mit freundlichen Grüßen
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Titus Tatius
Münze:
Römische Republik, L. Titurius L.f. Sabinus, gens Tituria
AR - Denar, 3.96g, 29.92mm, 225°
Rom, 89 v. Chr.
Av.: Bärtiger Kopf des Königs Tatius, barhäuptig, n. r.
dahinter SABIN, davor als Monogramm TA (für Tatius)
Rv.: 2 römische Soldaten, die sich anblicken, tragen jeder eine Sabinerin im Arm fort
im Abschnitt .TITVRI
Ref.: Crawford 344/1a; Sydenham 698; Tituria 1
SS, leicht getönt, Rs. etwas exzentrisch
Pedigree:
ex Lakeview coll. Anmerkung:
Die Rückseite zeigt den Raub der Sabinerinnen. Der Münzmeister L. Titurius hatte einen Sohn Q. T. Sabinus, der Legat Caesars in Gallien war. Er zeichnete sich in den Kämpfen gegen die Belger, Veneter und die Veneller und dessen Führer Viridovix aus. 54/3 wurde er durch persönliches Versagen mit 15 Kohorten von Ambiorix vernichtet (Pauly).
Mythologie:
Titus Tatius war der mythologische Mitkönig des Romulus. Wie bei allen Gestalten der römischen Frühgeschichte kann nicht festgestellt werden, ob er tatsächlich eine historische Person gewesen ist. Die Mythologien entstanden hauptsächlich erst im 3.-.2.Jh. v. Chr. Sie verdanken ihre Entstehung dem tief in der römischen Denkweise eingewurzelten Glauben, Rom sei aus einer Verschmelzung verschiedener Völker entstanden, was tatsächlich so nicht gewesen ist (Mommsen). Daß die Etrusker einen großen Einfluß auf die Römer hatten, steht zweifellos fest. Aber daß es einen großen Einfluß der Sabiner auf die Römer gegeben hat, ist sehr zweifelhaft. Wenn man von dem von Lokalpatriotismus erfüllten Varro absieht, dann spricht nichts dafür (Roscher).
Danach war Titus Tatius der König der Sabiner. Nach dem Mädchenraub der Römer führte er einen Rachefeldzug gegen die Römer. Als er das Kapitol, auf dem sich die Burg der Römer befand, belagerte, traf Tarpeia, die Tochter des Burgkommandanten Spurius Tarpeius, die gerade Wasser holte, auf Titus Tatius. Sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn und versprach ihm aus Liebe, die Tore der Burg zu öffnen. Andere sagten, sie habe sich aus Goldgier bestechen lassen. Jedenfalls konnten die Sabiner mit ihrer Hilfe das Kapitol erobern. Tarpeia aber wurde von den Sabinern selbst wegen ihres Verrats zum Tode verurteilt.
Am nächsten Tag stellten sich die Heere der Sabiner und der Römer in der Ebene zwischen Palatin und Kapitol zur Schlacht, die hin und her wogte. Als die Römer in größte Bedrängnis kamen, versprach Romulus dem Jupiter Stator einen Tempel und das Schlachtenglück wandte sich gegen die Sabiner. Da stürzten sich die sabinischen Frauen unter Führung der Hersilia zwischen die Kämpfenden und erreichten eine Versöhnung (Plutarch; Dionysios von Halikarnassos). Sie soll die Frau des Romulus geworden sein und hatte mit ihm 2 Kinder, eine Tochter Prima und einen Sohn Aollius (oder Avillius). Nach seinem Tod und seiner Vergöttlichung wurde sie unter dem Namen Hora ebenfalls zur Göttin. Nach anderen wurde sie die Frau des Römers Hostius Hostilius, des Großvaters von Tullius Hostilius, dem sagenhaften dritten König von Rom.
Danach schloßen Römer und Sabiner ein Bündnis (foedus) und Romulus und Titus Tatius herrschten gemeinsam über Rom und beschlossen gemeinsame Gesetze. Die Römer nannten sich seitdem populus Romanus Quiritium oder einfach Quiriten, was als ehrwürdiger Name galt. In Mars und Quirinus hatten sie 2 Kriegsgötter nebeneinander. Und nach dem Tod der ersten beiden Könige wechselten sich sabinische und römische Könige ab, wobei schließlich auch noch etruskische Könige hinzukamen, was für deren Einfluß auf Rom spricht.
Tatius wohnte in arce, auf der Burg. Er führte sabinische Kulte in Rom ein, z.B. für Ianus und Volcanus. Nach ihm heißt der eine der 3 Tribus, in die die Römer nach der Gründung Roms eingeteilt wurden, Titiensis, und, angeblich um sabinische Kulte zu erhalten, habe er die Priesterschaft der Titii sodales eingerichtet, die später von Augustus erneuert wurde, der selbst Titii sodalis war. Nach dem Tod des Tatius wurde dieser Kult auf ihn selbst ausgedehnt. Er hatte eine einzige Tochter, Tatia, die die Frau des Numa Pompilius wurde.
Ermordung des Tatius:
Eines Tages wurden Abgesandte aus Laurentium von Verwandten des Tatius mißhandelt. Als sie von den Laurentinern nach dem Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen wurden, stellte Tatius die Liebe zu seiner Familie über das Recht. Die böse Folge war, daß, als er zur Opferfeier nach Lavinium kam, von den Laurentinern erschlagen wurde. Romulus begann deshalb aber keinen Krieg. Man sagte, er habe diese Tat gar nicht so böse aufgenommen, wie sie es verdient hätte (Livius). Das Bündnis zwischen Rom und Lavinium aber mußte feierlich erneuert werden. Tatius wurde auf dem Aventin beerdigt.
Kunstgeschichte: Ausgesucht habe ich das Gemälde von Jaques-Louis David (1748-1825) "L'intervention des Sabines", 1799, heute im Louvre, Paris. In der Mitte steht Hersilia, die die Kämpfenden auseinanderhält, links Titus Tatius mit Schwert, rechts Romulus mit Speer. David ist berühmt für seine historischen Gemälde im Stil des Klassizismus. Er war ein großer Verehrer von Napoleon Bonaparte.
Anmerkungen:
Arx (lat. = Burg) war der nördliche, höhere Hügel des kapitolinischen Doppelhügels, auf dem sich heute die Kirche Ara coeli befindet. Nach der Vereinigung der Siebenhügelstadt mit der sabinischen Ansiedlung auf dem Quirinal befand sich hier die stark befestigte Zitadelle Roms (Pauly).
Quellen:
(1) Terentius Varro, De lingua Latina
(2) Plutarch, Romulus
(3) Titus Livius, ab urbe condita
(4) Dionysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae
(5) Ovid, Metamorphosen
Sekundärliteratur:
(1) Theodor Mommsen, Römische Geschichte, dtv
(2) Der Kleine Pauly
(3) Der kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch
Online-Quellen:
(1) zeno-org
(2) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Römische Republik, L. Titurius L.f. Sabinus, gens Tituria
AR - Denar, 3.96g, 29.92mm, 225°
Rom, 89 v. Chr.
Av.: Bärtiger Kopf des Königs Tatius, barhäuptig, n. r.
dahinter SABIN, davor als Monogramm TA (für Tatius)
Rv.: 2 römische Soldaten, die sich anblicken, tragen jeder eine Sabinerin im Arm fort
im Abschnitt .TITVRI
Ref.: Crawford 344/1a; Sydenham 698; Tituria 1
SS, leicht getönt, Rs. etwas exzentrisch
Pedigree:
ex Lakeview coll. Anmerkung:
Die Rückseite zeigt den Raub der Sabinerinnen. Der Münzmeister L. Titurius hatte einen Sohn Q. T. Sabinus, der Legat Caesars in Gallien war. Er zeichnete sich in den Kämpfen gegen die Belger, Veneter und die Veneller und dessen Führer Viridovix aus. 54/3 wurde er durch persönliches Versagen mit 15 Kohorten von Ambiorix vernichtet (Pauly).
Mythologie:
Titus Tatius war der mythologische Mitkönig des Romulus. Wie bei allen Gestalten der römischen Frühgeschichte kann nicht festgestellt werden, ob er tatsächlich eine historische Person gewesen ist. Die Mythologien entstanden hauptsächlich erst im 3.-.2.Jh. v. Chr. Sie verdanken ihre Entstehung dem tief in der römischen Denkweise eingewurzelten Glauben, Rom sei aus einer Verschmelzung verschiedener Völker entstanden, was tatsächlich so nicht gewesen ist (Mommsen). Daß die Etrusker einen großen Einfluß auf die Römer hatten, steht zweifellos fest. Aber daß es einen großen Einfluß der Sabiner auf die Römer gegeben hat, ist sehr zweifelhaft. Wenn man von dem von Lokalpatriotismus erfüllten Varro absieht, dann spricht nichts dafür (Roscher).
Danach war Titus Tatius der König der Sabiner. Nach dem Mädchenraub der Römer führte er einen Rachefeldzug gegen die Römer. Als er das Kapitol, auf dem sich die Burg der Römer befand, belagerte, traf Tarpeia, die Tochter des Burgkommandanten Spurius Tarpeius, die gerade Wasser holte, auf Titus Tatius. Sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn und versprach ihm aus Liebe, die Tore der Burg zu öffnen. Andere sagten, sie habe sich aus Goldgier bestechen lassen. Jedenfalls konnten die Sabiner mit ihrer Hilfe das Kapitol erobern. Tarpeia aber wurde von den Sabinern selbst wegen ihres Verrats zum Tode verurteilt.
Am nächsten Tag stellten sich die Heere der Sabiner und der Römer in der Ebene zwischen Palatin und Kapitol zur Schlacht, die hin und her wogte. Als die Römer in größte Bedrängnis kamen, versprach Romulus dem Jupiter Stator einen Tempel und das Schlachtenglück wandte sich gegen die Sabiner. Da stürzten sich die sabinischen Frauen unter Führung der Hersilia zwischen die Kämpfenden und erreichten eine Versöhnung (Plutarch; Dionysios von Halikarnassos). Sie soll die Frau des Romulus geworden sein und hatte mit ihm 2 Kinder, eine Tochter Prima und einen Sohn Aollius (oder Avillius). Nach seinem Tod und seiner Vergöttlichung wurde sie unter dem Namen Hora ebenfalls zur Göttin. Nach anderen wurde sie die Frau des Römers Hostius Hostilius, des Großvaters von Tullius Hostilius, dem sagenhaften dritten König von Rom.
Danach schloßen Römer und Sabiner ein Bündnis (foedus) und Romulus und Titus Tatius herrschten gemeinsam über Rom und beschlossen gemeinsame Gesetze. Die Römer nannten sich seitdem populus Romanus Quiritium oder einfach Quiriten, was als ehrwürdiger Name galt. In Mars und Quirinus hatten sie 2 Kriegsgötter nebeneinander. Und nach dem Tod der ersten beiden Könige wechselten sich sabinische und römische Könige ab, wobei schließlich auch noch etruskische Könige hinzukamen, was für deren Einfluß auf Rom spricht.
Tatius wohnte in arce, auf der Burg. Er führte sabinische Kulte in Rom ein, z.B. für Ianus und Volcanus. Nach ihm heißt der eine der 3 Tribus, in die die Römer nach der Gründung Roms eingeteilt wurden, Titiensis, und, angeblich um sabinische Kulte zu erhalten, habe er die Priesterschaft der Titii sodales eingerichtet, die später von Augustus erneuert wurde, der selbst Titii sodalis war. Nach dem Tod des Tatius wurde dieser Kult auf ihn selbst ausgedehnt. Er hatte eine einzige Tochter, Tatia, die die Frau des Numa Pompilius wurde.
Ermordung des Tatius:
Eines Tages wurden Abgesandte aus Laurentium von Verwandten des Tatius mißhandelt. Als sie von den Laurentinern nach dem Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen wurden, stellte Tatius die Liebe zu seiner Familie über das Recht. Die böse Folge war, daß, als er zur Opferfeier nach Lavinium kam, von den Laurentinern erschlagen wurde. Romulus begann deshalb aber keinen Krieg. Man sagte, er habe diese Tat gar nicht so böse aufgenommen, wie sie es verdient hätte (Livius). Das Bündnis zwischen Rom und Lavinium aber mußte feierlich erneuert werden. Tatius wurde auf dem Aventin beerdigt.
Kunstgeschichte: Ausgesucht habe ich das Gemälde von Jaques-Louis David (1748-1825) "L'intervention des Sabines", 1799, heute im Louvre, Paris. In der Mitte steht Hersilia, die die Kämpfenden auseinanderhält, links Titus Tatius mit Schwert, rechts Romulus mit Speer. David ist berühmt für seine historischen Gemälde im Stil des Klassizismus. Er war ein großer Verehrer von Napoleon Bonaparte.
Anmerkungen:
Arx (lat. = Burg) war der nördliche, höhere Hügel des kapitolinischen Doppelhügels, auf dem sich heute die Kirche Ara coeli befindet. Nach der Vereinigung der Siebenhügelstadt mit der sabinischen Ansiedlung auf dem Quirinal befand sich hier die stark befestigte Zitadelle Roms (Pauly).
Quellen:
(1) Terentius Varro, De lingua Latina
(2) Plutarch, Romulus
(3) Titus Livius, ab urbe condita
(4) Dionysios von Halikarnassos, Antiquitates Romanae
(5) Ovid, Metamorphosen
Sekundärliteratur:
(1) Theodor Mommsen, Römische Geschichte, dtv
(2) Der Kleine Pauly
(3) Der kleine Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch
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(1) zeno-org
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Exkurs: Die Anfänge Roms
Am Tiberknie, an dem das heutige Rom liegt, erheben sich an beiden Ufern mäßig hohe Hügel, auf dem rechten höhere, auf dem linken niedrigere. Die letzteren wurden in den ältesten Zeiten von den Ramnes bewohnt. Aber diese waren nicht die einzigen. Zu ihnen gesellten sich die Titier und die Lucerer, aus denen ein gemeinsames Gemeinwesen (Synoikismus) hervorging. Diese Dreiteilung ist uralt, wie man aus den Begriffen für Teil (tribus) und teilen (tribuere) erkennen kann.
Die Ramner waren ein latinischer Stamm und gaben dem neuentstandenen Gemeinwesen den Namen (Romani) und die römische Sprache. Die Titier scheinen eine sabellische Gemeinde gewesen zu sein und haben den Ramnern wohl den Synoikismus aufgedrängt. Sie gelten in den ältesten Überlieferungen als die ehrwürdigeren und besaßen Sonderrituale. Diese Stämme bewohnten die umliegenden Hügel und bestellten von dort aus ihre Äcker. Aus diesen Ansiedlungen ging später Rom hervor. Eine eigentliche Stadtgründung, wie in der Sage von Remus und Romulus, hat es nie gegeben. Und schon gar nicht ein asylum auf dem Kapitol als Sammelstelle aller möglichen Migranten und entlaufenen Sklaven.
Interessanter ist, warum sich Rom gerade in der Niederung entwickelt hat. Diese war weniger fruchtbar, hatte weniger Quellen und wurde häufig vom Tiber überschwemmt, so daß das ganze Gelände versumpfte, wodurch es natürlich auch sehr ungesund war. Diese Seltsamkeit wurde bereits in der Antike empfunden.
Aber landeinwärts trifft man auf enge Grenzen von mächtigen Gemeinden. Nur an beiden Ufern des Tibers konnte sich die römische Siedlung ungehindert erstrecken. Auch das rechte Ufer mit dem Ianiculum gehörte zum Siedlungsgebiet, und Ostia an der Tibermündung war eine Bürgerkolonie, eine Art Vorstadt. Damit hatte Rom den Vorteil eines festen Handelsplatzes am Tiber, der natürlichen Handelsstraße Latiums, das zum Schutz vor Seeräubern weit genug von der Küste entfernt war (Mommsen).
Literatur:
(1) Theodor Mommsen, Römische Geschichte, dtv
(2) Der Kleine Pauly, dtv
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Am Tiberknie, an dem das heutige Rom liegt, erheben sich an beiden Ufern mäßig hohe Hügel, auf dem rechten höhere, auf dem linken niedrigere. Die letzteren wurden in den ältesten Zeiten von den Ramnes bewohnt. Aber diese waren nicht die einzigen. Zu ihnen gesellten sich die Titier und die Lucerer, aus denen ein gemeinsames Gemeinwesen (Synoikismus) hervorging. Diese Dreiteilung ist uralt, wie man aus den Begriffen für Teil (tribus) und teilen (tribuere) erkennen kann.
Die Ramner waren ein latinischer Stamm und gaben dem neuentstandenen Gemeinwesen den Namen (Romani) und die römische Sprache. Die Titier scheinen eine sabellische Gemeinde gewesen zu sein und haben den Ramnern wohl den Synoikismus aufgedrängt. Sie gelten in den ältesten Überlieferungen als die ehrwürdigeren und besaßen Sonderrituale. Diese Stämme bewohnten die umliegenden Hügel und bestellten von dort aus ihre Äcker. Aus diesen Ansiedlungen ging später Rom hervor. Eine eigentliche Stadtgründung, wie in der Sage von Remus und Romulus, hat es nie gegeben. Und schon gar nicht ein asylum auf dem Kapitol als Sammelstelle aller möglichen Migranten und entlaufenen Sklaven.
Interessanter ist, warum sich Rom gerade in der Niederung entwickelt hat. Diese war weniger fruchtbar, hatte weniger Quellen und wurde häufig vom Tiber überschwemmt, so daß das ganze Gelände versumpfte, wodurch es natürlich auch sehr ungesund war. Diese Seltsamkeit wurde bereits in der Antike empfunden.
Aber landeinwärts trifft man auf enge Grenzen von mächtigen Gemeinden. Nur an beiden Ufern des Tibers konnte sich die römische Siedlung ungehindert erstrecken. Auch das rechte Ufer mit dem Ianiculum gehörte zum Siedlungsgebiet, und Ostia an der Tibermündung war eine Bürgerkolonie, eine Art Vorstadt. Damit hatte Rom den Vorteil eines festen Handelsplatzes am Tiber, der natürlichen Handelsstraße Latiums, das zum Schutz vor Seeräubern weit genug von der Küste entfernt war (Mommsen).
Literatur:
(1) Theodor Mommsen, Römische Geschichte, dtv
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Felicitas
Beginnen will ich mit einer ziemlich seltenen Provinzialmünze des Elagabal aus Nikopolis ad Istrum..
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Elagabal, 218-222
AE 27, 12.64g, 26.78mm, 0°
geprägt unter dem Statthalter Noviu Rufus
Av.: AVT K M AVPH - ANTΩNEINOC
Büste, drapiert und cürassiert von hinten gesehen belorbeert, n. .
Rv.: VΠ NOBIOV POVΦOV NIKOΠOΛITΩN ΠP / OC IC
Felicitas in langem Gewand und Mantel, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der
erhobenen Linken auf langes Kerykeion und hält in der vorgestreckten Rechten Patera
Ref.: a) nicht in AMNG:
cf. AMNG I/1, 1970 (hat belorbeerten Kopf)
Rv. Taf. XIX, 3 (1 Ex., London, stempelgleich)
b) nicht in Varbanov:
cf. 3897 (= AMNG 1970), als Eutychea!
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2013) No. 8.26.3.4 var.
(anderer Av.-Stempel: z.B. No. 8.26.38.
SS, hübsche glänzend dunkelgrüne Patina Felicitas ist die römische Göttin der Fruchtbarkeit und des glücklichen Erfolgs. Ursprünglich bezog sich felix nur auf die Fruchtbarkeit. Fruchttragende Bäume hießen felices. Bei Ovid ist felix so viel wie kinderreich. Etymologisch ist felix abzuleiten von dha (= Frucht tragen), so wie auch femina oder fecundus. Später verschob sich ihre Bedeutung mehr zu der allgemeineren Bedeutung des glücklichen Erfolges. Zu unterscheiden ist sie von der flüchtigen Fortuna, der sie gegenübersteht als dauernde Glückseligkeit.
Die Personifizierung der Felicitas als Göttin scheint erst in ziemlich später Zeit erfolgt zu sein. Trotzdem ist ihre ursprüngliche Bedeutung nicht vergessen worden. Das beweisen einerseits eine Inschrift an der Wand einer Bäckerei in Pompeji "Hic habitat Felicitas" (= “Hier wohnt das Glück”), aber auch Symbole, die ihr auf Münzen beigegeben wurden.
Einen Tempel errichtete ihr zuerst C. Licinius Lucullus wegen seiner glücklichen Feldzüge in Spanien in den Jahren 151 und 150 v. Chr. und stellte vor demselben Bildsäulen, Statuen des Praxiteles, auf, die Mummius aus Thespiä weggeschleppt hatte (Strabo, der hier Felicitas mit Eytychia übersetzt). Die Weihung erfolgte jedenfalls kurz nach 146 v. Chr. Die Lieferung einer Statue der Felicitas übertrug L. Licinius Lucullus, Enkel des Tempelstifters, dem Arkesilaos, der dafür 6000000 Sesterzen erhalten sollte. Doch da beide starben, wurde diese Statue nicht mehr ausgeführt (Plinius).
Vor diesem Tempel brach nach Dio Cassius die Achse von Caesars Triumphwagen, und da Sueton erwähnt, daß dies geschehen sei, als Caesar am Velabrum vorbeifuhr, kann dadurch die Lage dieses Tempels genau bestimmt werden. Dieser Tempel brannte unter Claudius ab.
Vielleicht um die schlechte Vorbedeutung dieses Ereignisses abzuwenden, ließ Caesar 44 v. Chr. an der Stelle der Curia Hostilia, die von Sulla und dessen Sohn Faustus erneuert worden war, der Felicitas einen zweiten Tempel errichten, der aber erst von M. Aemilius Lepidus vollendet wurde.
Nach einem Fragment befand sich auf dem Marsfeld eine Opferstätte der Göttin, welche mit derjenigen identisch sein könnte, an welcher ihr am 12. August zusammen mit Venus victrix, Honos und Virtus geopfert wurde. Jedenfalls ist damit das Theater des Pompeius gemeint, das er in seinem 2. Consulat als ersten Steinbau erbauen ließ, aber als Tempel widmen ließ, um Konflikte mit dem Senat zu vermeiden. Wahrscheinlich hat die Verehrung der Felicitas besonders durch Sulla, der sich Felix und seine Schutzgöttin Venus Felix nannte, bereits erheblich zugenommen. Koch (RE) hält eine Opfergemeinschaft der Felicitas mit Venus Victrix schon seit Sulla für möglich.
Mit dem Schwinden des Glaubens an die alten Götter scheint sich in der Kaiserzeit der Kult der Felicitas erweitert zu haben. So ordnete Tiberius an, ihr und dem numen Augusti am 17. Januar ein Opfer darzubringen. Wegen der Abstammung des Tiberius aus Fundi wurde dort eine Statue der Felicitas aufgestellt und eine supplicatio eingerichtet (Sueton). Das dargebrachte Opfer war immer eine Kuh.
In Inschriften folgte sie entweder unmittelbar nach Iuppiter, Iuno, Minerva, oder, wenn die Salus publica besonders angeführt wird, nach dieser. Sonst erhält Felicitas selbst gewöhnlich den Zusatz publica. Weitere Zusätze sind Augusta, Perpetua, Italica, rei publicae, populi Romani, Romanorum, saeculi, temporum, imperatorum, Caesarum, und sogar deorum.
In der entscheidenden Schlacht bei Thapsus wurde den Truppen Caesars die Parole „Felicitas“ gegeben (Bell. Afr.).
Die meisten Abbildungen der Felicitas finden wir auf Münzen. Nach einem Vorläufer in einem Quinarius des Lollius Palicanus, Münzmeister unter Caesars Diktatur, erscheint Felicitas häufig als Verkörperung der dem Kaiser verdankten Segnungen. Erstmals nahm Commodus 185 n. Chr. felix in die offizielle kaiserliche Titulatur auf. Dargestellt wird sie sitzend oder stehend, oft auf eine Säule gestützt und damit der Securitas ähnelnd, wie hier auf einem Sesterz des Volusian. Volusian, RIC 251
Als Attribute hat sie das Caduceus und das Füllhorn, die Schale und manchmal einen Speer, aber auch einen Korb mit Ähren oder ein Schiff, was auf die gesicherte Getreidezufuhr hinweisen soll, von der Rom abhängig war. Elagabal, RIC 188
Sonst sind nur wenige Personifizierungen bei Dichtern und auf Inschriften zu finden. Auf obszöne Umdeutungen (Felicitas als erotisches Glück) scheint eine Werbetafel aus Pompeji hinzuweisen (Puly). “Hic habitat felicitas” (= “Hier wohnt das Glück”).
Kopie aus dem Bible open Museum in Nijmwegen. Das Original wurde an der Außenseite einer Bäckerei (kein Bordell!) in Pompeji gefunden und befindet sich heute im Museo Archeologico Nazionale in Neapel, in der erotischen Collection von den Bourbonen "Gabinetto segrteo" genannt.
Anmerkungen:
(1) Velabrum: Das sumpfige Gebiet zwischen Palatin und Kapitol. Ort mit hoher mythologischer Bedeutung. Hier wurden Remus und Romulus gefunden. Später durch die Cloaca maxima trockengelegt diente es unter anderem als Markt.
(2) Curia Hostilia: In der römischen Republik der Versammlungsort des Senats auf dem Forum. Später von Julius Caesar durch die Curia Julia ersetzt.
(4) supplicatio: Von Staats wegen angesetzte religiöse Feierlichkeit. Unterschieden wurden Bitt- und Danksupplikationen.
Quellen:
(1) Plinius, Naturalis Historia
(2) Caesar, Bellum Africum
(3) Strabo, Geographika
(4) Cassius Dio, Römische Geschichte
(5) Sueton, Kaiservitien
(6) Ovid, Fasti
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisxhes Lexikon, Leipzig 1770 (auch online)
(2) Wilhelm-Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (auch online)
(3) Der Kleine Pauly
(4) Paulys Realencyklopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE)
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
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Beginnen will ich mit einer ziemlich seltenen Provinzialmünze des Elagabal aus Nikopolis ad Istrum..
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Elagabal, 218-222
AE 27, 12.64g, 26.78mm, 0°
geprägt unter dem Statthalter Noviu Rufus
Av.: AVT K M AVPH - ANTΩNEINOC
Büste, drapiert und cürassiert von hinten gesehen belorbeert, n. .
Rv.: VΠ NOBIOV POVΦOV NIKOΠOΛITΩN ΠP / OC IC
Felicitas in langem Gewand und Mantel, frontal stehend, Kopf n. l., stützt sich mit der
erhobenen Linken auf langes Kerykeion und hält in der vorgestreckten Rechten Patera
Ref.: a) nicht in AMNG:
cf. AMNG I/1, 1970 (hat belorbeerten Kopf)
Rv. Taf. XIX, 3 (1 Ex., London, stempelgleich)
b) nicht in Varbanov:
cf. 3897 (= AMNG 1970), als Eutychea!
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2013) No. 8.26.3.4 var.
(anderer Av.-Stempel: z.B. No. 8.26.38.
SS, hübsche glänzend dunkelgrüne Patina Felicitas ist die römische Göttin der Fruchtbarkeit und des glücklichen Erfolgs. Ursprünglich bezog sich felix nur auf die Fruchtbarkeit. Fruchttragende Bäume hießen felices. Bei Ovid ist felix so viel wie kinderreich. Etymologisch ist felix abzuleiten von dha (= Frucht tragen), so wie auch femina oder fecundus. Später verschob sich ihre Bedeutung mehr zu der allgemeineren Bedeutung des glücklichen Erfolges. Zu unterscheiden ist sie von der flüchtigen Fortuna, der sie gegenübersteht als dauernde Glückseligkeit.
Die Personifizierung der Felicitas als Göttin scheint erst in ziemlich später Zeit erfolgt zu sein. Trotzdem ist ihre ursprüngliche Bedeutung nicht vergessen worden. Das beweisen einerseits eine Inschrift an der Wand einer Bäckerei in Pompeji "Hic habitat Felicitas" (= “Hier wohnt das Glück”), aber auch Symbole, die ihr auf Münzen beigegeben wurden.
Einen Tempel errichtete ihr zuerst C. Licinius Lucullus wegen seiner glücklichen Feldzüge in Spanien in den Jahren 151 und 150 v. Chr. und stellte vor demselben Bildsäulen, Statuen des Praxiteles, auf, die Mummius aus Thespiä weggeschleppt hatte (Strabo, der hier Felicitas mit Eytychia übersetzt). Die Weihung erfolgte jedenfalls kurz nach 146 v. Chr. Die Lieferung einer Statue der Felicitas übertrug L. Licinius Lucullus, Enkel des Tempelstifters, dem Arkesilaos, der dafür 6000000 Sesterzen erhalten sollte. Doch da beide starben, wurde diese Statue nicht mehr ausgeführt (Plinius).
Vor diesem Tempel brach nach Dio Cassius die Achse von Caesars Triumphwagen, und da Sueton erwähnt, daß dies geschehen sei, als Caesar am Velabrum vorbeifuhr, kann dadurch die Lage dieses Tempels genau bestimmt werden. Dieser Tempel brannte unter Claudius ab.
Vielleicht um die schlechte Vorbedeutung dieses Ereignisses abzuwenden, ließ Caesar 44 v. Chr. an der Stelle der Curia Hostilia, die von Sulla und dessen Sohn Faustus erneuert worden war, der Felicitas einen zweiten Tempel errichten, der aber erst von M. Aemilius Lepidus vollendet wurde.
Nach einem Fragment befand sich auf dem Marsfeld eine Opferstätte der Göttin, welche mit derjenigen identisch sein könnte, an welcher ihr am 12. August zusammen mit Venus victrix, Honos und Virtus geopfert wurde. Jedenfalls ist damit das Theater des Pompeius gemeint, das er in seinem 2. Consulat als ersten Steinbau erbauen ließ, aber als Tempel widmen ließ, um Konflikte mit dem Senat zu vermeiden. Wahrscheinlich hat die Verehrung der Felicitas besonders durch Sulla, der sich Felix und seine Schutzgöttin Venus Felix nannte, bereits erheblich zugenommen. Koch (RE) hält eine Opfergemeinschaft der Felicitas mit Venus Victrix schon seit Sulla für möglich.
Mit dem Schwinden des Glaubens an die alten Götter scheint sich in der Kaiserzeit der Kult der Felicitas erweitert zu haben. So ordnete Tiberius an, ihr und dem numen Augusti am 17. Januar ein Opfer darzubringen. Wegen der Abstammung des Tiberius aus Fundi wurde dort eine Statue der Felicitas aufgestellt und eine supplicatio eingerichtet (Sueton). Das dargebrachte Opfer war immer eine Kuh.
In Inschriften folgte sie entweder unmittelbar nach Iuppiter, Iuno, Minerva, oder, wenn die Salus publica besonders angeführt wird, nach dieser. Sonst erhält Felicitas selbst gewöhnlich den Zusatz publica. Weitere Zusätze sind Augusta, Perpetua, Italica, rei publicae, populi Romani, Romanorum, saeculi, temporum, imperatorum, Caesarum, und sogar deorum.
In der entscheidenden Schlacht bei Thapsus wurde den Truppen Caesars die Parole „Felicitas“ gegeben (Bell. Afr.).
Die meisten Abbildungen der Felicitas finden wir auf Münzen. Nach einem Vorläufer in einem Quinarius des Lollius Palicanus, Münzmeister unter Caesars Diktatur, erscheint Felicitas häufig als Verkörperung der dem Kaiser verdankten Segnungen. Erstmals nahm Commodus 185 n. Chr. felix in die offizielle kaiserliche Titulatur auf. Dargestellt wird sie sitzend oder stehend, oft auf eine Säule gestützt und damit der Securitas ähnelnd, wie hier auf einem Sesterz des Volusian. Volusian, RIC 251
Als Attribute hat sie das Caduceus und das Füllhorn, die Schale und manchmal einen Speer, aber auch einen Korb mit Ähren oder ein Schiff, was auf die gesicherte Getreidezufuhr hinweisen soll, von der Rom abhängig war. Elagabal, RIC 188
Sonst sind nur wenige Personifizierungen bei Dichtern und auf Inschriften zu finden. Auf obszöne Umdeutungen (Felicitas als erotisches Glück) scheint eine Werbetafel aus Pompeji hinzuweisen (Puly). “Hic habitat felicitas” (= “Hier wohnt das Glück”).
Kopie aus dem Bible open Museum in Nijmwegen. Das Original wurde an der Außenseite einer Bäckerei (kein Bordell!) in Pompeji gefunden und befindet sich heute im Museo Archeologico Nazionale in Neapel, in der erotischen Collection von den Bourbonen "Gabinetto segrteo" genannt.
Anmerkungen:
(1) Velabrum: Das sumpfige Gebiet zwischen Palatin und Kapitol. Ort mit hoher mythologischer Bedeutung. Hier wurden Remus und Romulus gefunden. Später durch die Cloaca maxima trockengelegt diente es unter anderem als Markt.
(2) Curia Hostilia: In der römischen Republik der Versammlungsort des Senats auf dem Forum. Später von Julius Caesar durch die Curia Julia ersetzt.
(4) supplicatio: Von Staats wegen angesetzte religiöse Feierlichkeit. Unterschieden wurden Bitt- und Danksupplikationen.
Quellen:
(1) Plinius, Naturalis Historia
(2) Caesar, Bellum Africum
(3) Strabo, Geographika
(4) Cassius Dio, Römische Geschichte
(5) Sueton, Kaiservitien
(6) Ovid, Fasti
Literatur:
(1) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisxhes Lexikon, Leipzig 1770 (auch online)
(2) Wilhelm-Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie (auch online)
(3) Der Kleine Pauly
(4) Paulys Realencyklopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE)
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
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- Steffl0815 (So 15.01.23 21:21) • alex789 (So 02.04.23 15:51)
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Pan und die Nymphe Pitys
Ich bin stolz darauf, jetzt ein Geheimnis um eine der ungewöhnlichsten Münzen des Commodus aus Niko-polis gelüftet zu haben. Das konnte mir nur gelingen, weil ich in den Besitz der folgende Münze gelangte, deren Qualität so gut ist, daß bei einer Vergrößerung bisher unbekannte Details ans Licht kamen.
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Commodus, 177-192
AE - AE 18, 3.33g
Av.: AVT M AVPH - KOMOΔOC
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: NEIKOΠOΛI Π - POC EICTP(sic!)
(beide P revers)
Pan, nackt, mit Fichtenkranz, n. r. gehend, mit der erhobenen Rechten ein Lagobolon schulternd und mit der Linken ein Weingefäß vor den Bauch haltend.
Ref.: a) AMNG I/1, 1242 (1 Ex., Wien)
b) Varbanov 2181
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2021) No.8.10.8.3corr.
nicht häufig, fast VZ
120 Jahre altes Rätsel um die "Hörner" gelöst!
Bei meinen Recherchen habe ich 7 weitere Münzen gefunden. Bei denen wird die nackte Figur auf der Rückseite u.a. als Pan, Dionysos und sogar als Flußgott bezeichnet.
Der große Behrendt Pick kannte 1895 nur 1 Ex. 18mm, und nennt als Quelle Wien Arneth Sitzungsber. 9, 898, 7. Die Rs. dieser Münze ist abgebildet unter Nr. 13 auf Taf. XIX. Behrendt Pick (1861-1940) war wohl der größte deutsche Numismatiker. Seine Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind ein bis heute unerreichtes Vorbild. Zuletzt war er Honorarprofessor in Jena, wo er 1934 im Rahmen der Judenverfolgung in den Ruhestand versetzt wurde. Er starb 1940. Seine Frau nahm sich aus Furcht vor den Verfolgungen durch die Nazis 2 Jahre später das Leben.
Er schreibt zu dieser Münze: Die Benennung der sehr roh gearbeiteten Figur ist unsicher, weil die Attribute undeutlich sind. Der Gegenstand, der von der r. Hand über die Schulter fort nach hinten geht, scheint ein langer Stab zu sein, was auf Pan schliessen liesse; dazu würden auch die auf dem Kopf erscheinenden beide Spitzen passen, die eher Hörner als Enden eines Kranzes sind.
Diese Beschreibung wurde von fast allen übernommen, aber die “Hörner” bleiben immer etwas unklar. Aber jetzt kann jeder selbst sehen, daß es sich bei diesen "Hörnern(?)" tatsächlich um Fichtenzweige handelt! Pan bekränzt mit Tannenzweigen
Es ist also wirklich Pan, und das 120 Jahre alte Rätsel um die "Hörner" ist gelöst: diese Darstellung gehört zur Mythologie von Pan und der Nymphe Pitys. Ich kann mich aber nicht erinnern, schon eiinmal Pan mit einem Fichtenkranz gesehen zu haben.
Mythologie
Die Geschichte von Pan und Pitys gehört zu den Mythologien der späteren griechischen Dichter. Pan war bekannt dafür, daß er Nymphen jagte. Mehrere wurden in Bäume verwandelt, um seinen Nachstel-lungen zu entkommen: Daphne in Lorbeer, Syrinx in Schilfrohr, Pitys (von griech pitys = Fichte, eigentlich Harzbaum) in eine Fichte.
Nonnos schreibt in seiner Dionysiaka, wie die ehescheue Pitys vor Pan schnell wie der Wind über die Berge davonlief und endlich Wurzeln schlug und so verwandelt in eine Fichte der Vermählung entging. Die Holzfäller wurden aufgefordert, die Fichte zu verschonen und keine Fichtenbalken zu schneiden!
Pan aber schmückte sich seitdem sein Haupt gerne mit ihren Zweigen (Ovid, Metamorphosen).
Daneben gibt es noch eine andere Version dieser Mythologie. Boreas, der Nordwind, der in einer Höhle des Haimos-Gebirges lebte, war bekannt dafür, daß er in den Zweigen der Bäume spielend und tanzend gleichsam die Baumnymphen umgarnte und umwarb und deshalb wie andere Waldgeister als lüstern und geil galt. Er hatte ein Auge auf Pitys geworfen und wetteiferte mit Pan um ihre Gunst. Durch ihre Zweige säuselnd wollte er sie verführen. In seiner Unbändigkeit soll er sogar alle Bäume entwurzelt haben, aber Pan lachte nur darüber. Und Pitys verschmähte ihn und zog
Pan vor. Als er Pitys einmal allein traf, stürzte er sie in seiner Eifersucht von einem Felsen und tötete sie. Mutter Erde aber hatte Mitleid mit dem Mädchen, nahm sie in ihren Schoß auf und verwandelte sie in eine Fichte.
Kunstgeschichte Dieses kleine Mosaik zeigt Pan und die Hamadryade Pitys. Es ist eine Fälschung aus dem 18. Jh. aus der neapolitanischen Sammlung des Herzogs Carafa di Noja. Es befindet sich heute im Museo Archeologico Nazionale in Neapel.
Dieses Motiv wurde später auch aufgenommen z. B. von Nicolas Poussin, Jacob Jordaens, François Boucher, William-Adolphe Bouguereau, Annibale Carracci, Andrea Casali, Arnold Böcklin, Sir Lawrence Alma-Tadema and Maxfield Parrish (Wikipedia)
Quellen:
(1) Ovid, Metamorphosen
(2) Nonnus, Dionysiaka
(3) Longus, Daphnis und Chloe
(4) Lukian von Samosata, Göttergespräche
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 1884-
1895, Leipzig
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches
Lexikon, 1770, Leipzig
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) theoi.com
Mit vielen Grüßen
Jochen
Ich bin stolz darauf, jetzt ein Geheimnis um eine der ungewöhnlichsten Münzen des Commodus aus Niko-polis gelüftet zu haben. Das konnte mir nur gelingen, weil ich in den Besitz der folgende Münze gelangte, deren Qualität so gut ist, daß bei einer Vergrößerung bisher unbekannte Details ans Licht kamen.
Die Münze:
Moesia inferior, Nikopolis ad Istrum, Commodus, 177-192
AE - AE 18, 3.33g
Av.: AVT M AVPH - KOMOΔOC
Belorbeerter Kopf n. r.
Rv.: NEIKOΠOΛI Π - POC EICTP(sic!)
(beide P revers)
Pan, nackt, mit Fichtenkranz, n. r. gehend, mit der erhobenen Rechten ein Lagobolon schulternd und mit der Linken ein Weingefäß vor den Bauch haltend.
Ref.: a) AMNG I/1, 1242 (1 Ex., Wien)
b) Varbanov 2181
c) Hristova/Hoeft/Jekov (2021) No.8.10.8.3corr.
nicht häufig, fast VZ
120 Jahre altes Rätsel um die "Hörner" gelöst!
Bei meinen Recherchen habe ich 7 weitere Münzen gefunden. Bei denen wird die nackte Figur auf der Rückseite u.a. als Pan, Dionysos und sogar als Flußgott bezeichnet.
Der große Behrendt Pick kannte 1895 nur 1 Ex. 18mm, und nennt als Quelle Wien Arneth Sitzungsber. 9, 898, 7. Die Rs. dieser Münze ist abgebildet unter Nr. 13 auf Taf. XIX. Behrendt Pick (1861-1940) war wohl der größte deutsche Numismatiker. Seine Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind ein bis heute unerreichtes Vorbild. Zuletzt war er Honorarprofessor in Jena, wo er 1934 im Rahmen der Judenverfolgung in den Ruhestand versetzt wurde. Er starb 1940. Seine Frau nahm sich aus Furcht vor den Verfolgungen durch die Nazis 2 Jahre später das Leben.
Er schreibt zu dieser Münze: Die Benennung der sehr roh gearbeiteten Figur ist unsicher, weil die Attribute undeutlich sind. Der Gegenstand, der von der r. Hand über die Schulter fort nach hinten geht, scheint ein langer Stab zu sein, was auf Pan schliessen liesse; dazu würden auch die auf dem Kopf erscheinenden beide Spitzen passen, die eher Hörner als Enden eines Kranzes sind.
Diese Beschreibung wurde von fast allen übernommen, aber die “Hörner” bleiben immer etwas unklar. Aber jetzt kann jeder selbst sehen, daß es sich bei diesen "Hörnern(?)" tatsächlich um Fichtenzweige handelt! Pan bekränzt mit Tannenzweigen
Es ist also wirklich Pan, und das 120 Jahre alte Rätsel um die "Hörner" ist gelöst: diese Darstellung gehört zur Mythologie von Pan und der Nymphe Pitys. Ich kann mich aber nicht erinnern, schon eiinmal Pan mit einem Fichtenkranz gesehen zu haben.
Mythologie
Die Geschichte von Pan und Pitys gehört zu den Mythologien der späteren griechischen Dichter. Pan war bekannt dafür, daß er Nymphen jagte. Mehrere wurden in Bäume verwandelt, um seinen Nachstel-lungen zu entkommen: Daphne in Lorbeer, Syrinx in Schilfrohr, Pitys (von griech pitys = Fichte, eigentlich Harzbaum) in eine Fichte.
Nonnos schreibt in seiner Dionysiaka, wie die ehescheue Pitys vor Pan schnell wie der Wind über die Berge davonlief und endlich Wurzeln schlug und so verwandelt in eine Fichte der Vermählung entging. Die Holzfäller wurden aufgefordert, die Fichte zu verschonen und keine Fichtenbalken zu schneiden!
Pan aber schmückte sich seitdem sein Haupt gerne mit ihren Zweigen (Ovid, Metamorphosen).
Daneben gibt es noch eine andere Version dieser Mythologie. Boreas, der Nordwind, der in einer Höhle des Haimos-Gebirges lebte, war bekannt dafür, daß er in den Zweigen der Bäume spielend und tanzend gleichsam die Baumnymphen umgarnte und umwarb und deshalb wie andere Waldgeister als lüstern und geil galt. Er hatte ein Auge auf Pitys geworfen und wetteiferte mit Pan um ihre Gunst. Durch ihre Zweige säuselnd wollte er sie verführen. In seiner Unbändigkeit soll er sogar alle Bäume entwurzelt haben, aber Pan lachte nur darüber. Und Pitys verschmähte ihn und zog
Pan vor. Als er Pitys einmal allein traf, stürzte er sie in seiner Eifersucht von einem Felsen und tötete sie. Mutter Erde aber hatte Mitleid mit dem Mädchen, nahm sie in ihren Schoß auf und verwandelte sie in eine Fichte.
Kunstgeschichte Dieses kleine Mosaik zeigt Pan und die Hamadryade Pitys. Es ist eine Fälschung aus dem 18. Jh. aus der neapolitanischen Sammlung des Herzogs Carafa di Noja. Es befindet sich heute im Museo Archeologico Nazionale in Neapel.
Dieses Motiv wurde später auch aufgenommen z. B. von Nicolas Poussin, Jacob Jordaens, François Boucher, William-Adolphe Bouguereau, Annibale Carracci, Andrea Casali, Arnold Böcklin, Sir Lawrence Alma-Tadema and Maxfield Parrish (Wikipedia)
Quellen:
(1) Ovid, Metamorphosen
(2) Nonnus, Dionysiaka
(3) Longus, Daphnis und Chloe
(4) Lukian von Samosata, Göttergespräche
Literatur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie, 1884-
1895, Leipzig
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches
Lexikon, 1770, Leipzig
Online-Quellen:
(1) Wikipedia
(2) theoi.com
Mit vielen Grüßen
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 06.04.23 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Mythologisch interessante Münzen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Wobei das mit dem Fichtenkranz von Pan bei Ovid im Zusammenhang mit Syrinx beschrieben wird, nicht mit Pitys :
https://www.projekt-gutenberg.org/ovid/ ... ta016.html (etwa im unteren Drittel der Seite)
Ob jetzt diese einzige Fundstelle eines fichtenbekränzten Pan ausreicht, um die schwach ausgeformten Strukturen oberhalb des Panskopfs als Fichtenzweige zu identifizieren, sei mal dahingestellt. Da sowohl der Kopf als auch die Buchstaben drumherum ein sehr deutlich stärkeres Relief haben, mag ich da an in den Stempel Geschnittenes nicht so recht glauben .
Das steht zwar so in der aktuellen Version des Artikels zu Pitys in der englischen Wikipedia, aber von keinem einzigen dieser Künstler finde ich eine Darstellung mit Pan und Pitys . Mit Pan und Syrinx oder Pan und anderen Damen zwar schon, aber Pitys macht sich da extremst rar .Peter43 hat geschrieben: ↑So 15.01.23 21:17... Dieses kleine Mosaik zeigt Pan und die Hamadryade Pitys. Es ist eine Fälschung aus dem 18. Jh. aus der neapolitanischen Sammlung des Herzogs Carafa di Noja. Es befindet sich heute im Museo Archeologico Nazionale in Neapel.
Dieses Motiv wurde später auch aufgenommen z. B. von Nicolas Poussin, Jacob Jordaens, François Boucher, William-Adolphe Bouguereau, Annibale Carracci, Andrea Casali, Arnold Böcklin, Sir Lawrence Alma-Tadema and Maxfield Parrish (Wikipedia) ...
Von Edward Calvert gibt es aber beispielsweise eine Zeichnung und ein Gemälde zum Thema:
https://www.britishmuseum.org/collectio ... 90-0118-19
https://commons.wikimedia.org/wiki/File ... _Trust.jpg
und von Andrea Cambi genannt Bombarda eine Medaille: https://archive.org/details/burlingtonm ... 6/mode/2up
Gruß
Altamura
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Warum ist der Artikel eigentlich 2x ediert worden?
viewtopic.php?f=6&t=67280#p582155
Für eine Diskussion nicht gerade förderlich.
viewtopic.php?f=6&t=67280#p582155
Für eine Diskussion nicht gerade förderlich.
Gruss
Lucius Aelius
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Dies erwähnt Ovid zwar zu Beginn der Erzählung von Syrinx, aber natürlich bezieht sich der Fichtenkranz nicht auf Syrinx (das Schilfrohr), sondern auf Pitys (die Fichte). Diesen Kranz hat er bereits auf, bevor er auf die Jagd nach Syrinx geht.
Also was soll diese Bemerkung?
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
@Lucius Aelius
Ich wollte den Artikel nicht 2x edieren, sondern um den Mythologieartikel nicht zu stören, den Schwerpunkt daneben noch einmal auf den Fichtenkranz lenken. Wenn mir das mißglückt ist, möchte ich mich entschuldigen.
Jochen
Ich wollte den Artikel nicht 2x edieren, sondern um den Mythologieartikel nicht zu stören, den Schwerpunkt daneben noch einmal auf den Fichtenkranz lenken. Wenn mir das mißglückt ist, möchte ich mich entschuldigen.
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Bevor ich mit diesem Artikel beginne ein Wort, daß für Altamura bestimmt ist. Ich weiß, daß es zu diesem Thema ausführlichere und kompetentere Arbeiten gibt. Deshalb bitte ich darum, mich nicht mit Hinweisen darauf anzuöden. Sonst macht es mir keinen Spaß mehr, hier Artikel einzustellen!
Hera Argeia
Endlich gibt mir die folgende Münze die Gelegenheit, wieder einmal einen Artikel über Hera, die Göttermutter zu schreiben.
Die Münze:
Ägypten, Alexandria, Nero, 54-68
AE - BI Tetradrachme, 12.37g, 25mm
Alexandria, 67/68 (RY 14)
Av.: NEPΩ KΛAV KAIΣ ΣEB ΓEP AV
Büste des Nero mit Strahlenkrone und Ägis auf der li. Schulter; li. davor L IΔ (Jahr 14)
Rv.: HPA- APΓEIA
Büste der Hera Argeia, verschleiert und drapiert n. r.
Ref.: Milne 281; Emmet 122; Dattari 235; Geissen 199; RPC 5309 Diese Tetradrachme steht in Zusammenhang mit der Griechenlandreise, die Nero 67/68 unternommen hat und auf der er sich als großer Künstler feiern ließ.
Etymologie:
Der Name der Hera ist etymologisch nicht geklärt. Es spricht viel dafür, daß er mit griech. heros verwandt ist, was ursprünglich "Beschützer" heißt.
Diese wichtige Göttin ist nicht, wie man neuerdings gemeint hat, eine semitische, sondern ohne Zweifel echt griechischen oder gräko-italischen Ursprungs. Roscher hielt sie noch für eine ursprüngliche Mondgöttin, was heute zurückgewiesen wird, wo sie erst in 2. Linie mit dem Mond in Verbindung gebracht wird (Pauly).
Das Hauptverbreitungsgebiet ihres Kultes war die Peloponnes.
Der bereits bei Homer auftauchende Beiname Argeia könnte den Schluß zulassen, daß in ihr für Argos vielleicht eine alte Palastgöttin aus mykenischer Zeit fortlebt. Von Argos aus scheint sich ihr Kult verbreitet zu haben.
Hera ist eine Göttin der Frauen, deren Rechte sie schützte. Als Frau des höchsten Gottes Zeus ist sie die Wahrerin und Schützerin des Eherechts. Der Schritt von der Göttin der Ehe zum allgemeinen Begriff der Fruchtbarkeitsgöttin wäre nicht weit, ist aber unbegründet (Pauly). Das in ihrem Kult gebräuchliche Opfertier scheint die Kuh gewesen zu sein.
An vielen Stellen der Ilias gilt Hera als herrschsüchtig und stolz. Eifersüchtig beobachtet sie die zahlreichen Liebschaften des Zeus und bekundet ihren Ärger durch Schmollen oder Gezänk. Zu tätigem Widerstand fehlt ihr jedoch der Mut; droht er ihr, so lenkt sie schnell ein, weiß sich dann aber der List zu bedienen. Bereits Homer schildert dies nicht ohne Ironie – laut Egon Friedell hat er damit die „unverstandene Frau“ charakterisiert
Schon die Ilias kennt den argivischen Herakult. Argos, Sparta und Mykenai werden der Göttin liebste Städte genannt. Nach Pausanias sind die beiden Nationalgottheiten von Argos Hera Argeia und Zeus Nemeios. Er hat selbst noch eine hölzerne Sitzstatue der Hera gesehen. Nach einer Legende, die er erzählt, stritten sich einst Hera und Poseidon um die Argolis. Sie forderten die Flußgötter Inachos, Phoroneus, den Sohn des Inachos, Kephisos und Asterion auf, die Entscheidung zu fällen. Diese entschieden zu Gunsten von Hera. Poseidon rächte sich damit, daß er alle Flüsse versiegen ließ. Später folgte Phoroneus seinem Vater auf den Thron und erlangte die Herrschaft über die ganze Peloponnes. Nach Hyginus war er der Begründer des Herakultes und erbaute den ersten Heratempel. Das Bild zeigt den Blick über das Heraion von Argos auf die Inachos-Ebene in der Argolis (Wikipedia)
Feste zu Ehren der Hera, die Heraia, wurden in mehreren Städten gefeiert. Das glänzendste Heraion fand in Argos statt mit einem Festzug, dem Opfern einer Hekatombe weißer Rinder, Männer- und Knabenwettkämpfen, und Reiterstechen nach Schilden. Kulturgeschichtlich interessanter allerdings war das Heraion in Olympia, das ein einzigartiger Rest eines mutterrechtlichen vorhellenischen Festes war, das auch den vaterrechtlichen Olympischen Spielen eigenartige Züge und besondere Ehrwürdigkeit verliehen hat. Elis war bekannt als eine Hochburg des Mutterrechts.
In Argos wurde sie auch als Eileithya verehrt, als Geburtsgöttin. In der Theogonie des Hesiod ist Eileithya die Tochter der Hera und des Zeus. Aber daß bestimmte Charakterzüge der Eltern herausgelöst und dann von deren Kindern verkörpert wurden, ist in der Mythologie nicht unbekannt.
Von Argos verbreitete sich der Herakult nach den verschiedensten Richtungen und mehrfach wurde Argeia in der neuen Heimat der bleibende Kultbeiname, so in Sparta, in Messene, auf Kos, in Alexandreia und anderswo.
Kleobis und Biton
Zur Geschichte des Heraions von Argos gehört unbedingt die Mythologie von Kleobis und Biton, die uns von Herodot erzählt wird: Kleobis und Biton waren ein Brüderpaar und die Söhne der Kydippe, der Herapriesterin von Argos, und bekannt für ihr Pflichtbewußtsein gegenüber ihrer Mutter. Als Kydippe zum Opferfest der Hera nach Argos fahren wollte, auf einem Wagen, der von weißen Kühen gezogen wurde, wie es üblich war, waren die Kühe noch nicht vom Feld zurückgekehrt. Um nicht zu spät zu kommen, spannten sich die Brüder selbst vor den Wagen und zogen ihre Mutter 45 Stadien (über 8.5km) selbst zum Heiligtum. Nach dem Opfermahl legten sich beide, erschöpft von der langen Strapaze, im Tempel zum Schlaf. Ihre Mutter war stolz auf ihre Söhne und bat Hera, ihnen als Dank das Beste zu schenken, was ein Mensch von einem Gott erhalten könnte. Darauf entschliefen sie sanft in der Jugend ihres Lebens und und erlangten einen schnellen und sanften Tod. Von den Argivern wurden sie als Beispiele höchster Tugend gepriesen. Statuen von ihnen wurden in Delphi aufgestellt. Das Bild zeigt einen römischen Grabaltar aus der Kaiserzeit, der diesen Mythos darstellt. Heute im Museo Nazionale Romano in den Diokletiansthermen in Rom. (Wikipedia)
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Herodot Historien
(4) Pausanisas, Reisen in Griechenland
Sekundärliteratur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(3) Pauly: RE
(4) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) “Das Heraion von Argos – Ein wenig beachteter Höhepunkt im Herzen der Argolis”
(2) www.archaeology.wiki/blog/2014/01/13/pantazis/
(3) https://dbpedia.org/page/Heraion_of_Argos
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Hera Argeia
Endlich gibt mir die folgende Münze die Gelegenheit, wieder einmal einen Artikel über Hera, die Göttermutter zu schreiben.
Die Münze:
Ägypten, Alexandria, Nero, 54-68
AE - BI Tetradrachme, 12.37g, 25mm
Alexandria, 67/68 (RY 14)
Av.: NEPΩ KΛAV KAIΣ ΣEB ΓEP AV
Büste des Nero mit Strahlenkrone und Ägis auf der li. Schulter; li. davor L IΔ (Jahr 14)
Rv.: HPA- APΓEIA
Büste der Hera Argeia, verschleiert und drapiert n. r.
Ref.: Milne 281; Emmet 122; Dattari 235; Geissen 199; RPC 5309 Diese Tetradrachme steht in Zusammenhang mit der Griechenlandreise, die Nero 67/68 unternommen hat und auf der er sich als großer Künstler feiern ließ.
Etymologie:
Der Name der Hera ist etymologisch nicht geklärt. Es spricht viel dafür, daß er mit griech. heros verwandt ist, was ursprünglich "Beschützer" heißt.
Diese wichtige Göttin ist nicht, wie man neuerdings gemeint hat, eine semitische, sondern ohne Zweifel echt griechischen oder gräko-italischen Ursprungs. Roscher hielt sie noch für eine ursprüngliche Mondgöttin, was heute zurückgewiesen wird, wo sie erst in 2. Linie mit dem Mond in Verbindung gebracht wird (Pauly).
Das Hauptverbreitungsgebiet ihres Kultes war die Peloponnes.
Der bereits bei Homer auftauchende Beiname Argeia könnte den Schluß zulassen, daß in ihr für Argos vielleicht eine alte Palastgöttin aus mykenischer Zeit fortlebt. Von Argos aus scheint sich ihr Kult verbreitet zu haben.
Hera ist eine Göttin der Frauen, deren Rechte sie schützte. Als Frau des höchsten Gottes Zeus ist sie die Wahrerin und Schützerin des Eherechts. Der Schritt von der Göttin der Ehe zum allgemeinen Begriff der Fruchtbarkeitsgöttin wäre nicht weit, ist aber unbegründet (Pauly). Das in ihrem Kult gebräuchliche Opfertier scheint die Kuh gewesen zu sein.
An vielen Stellen der Ilias gilt Hera als herrschsüchtig und stolz. Eifersüchtig beobachtet sie die zahlreichen Liebschaften des Zeus und bekundet ihren Ärger durch Schmollen oder Gezänk. Zu tätigem Widerstand fehlt ihr jedoch der Mut; droht er ihr, so lenkt sie schnell ein, weiß sich dann aber der List zu bedienen. Bereits Homer schildert dies nicht ohne Ironie – laut Egon Friedell hat er damit die „unverstandene Frau“ charakterisiert
Schon die Ilias kennt den argivischen Herakult. Argos, Sparta und Mykenai werden der Göttin liebste Städte genannt. Nach Pausanias sind die beiden Nationalgottheiten von Argos Hera Argeia und Zeus Nemeios. Er hat selbst noch eine hölzerne Sitzstatue der Hera gesehen. Nach einer Legende, die er erzählt, stritten sich einst Hera und Poseidon um die Argolis. Sie forderten die Flußgötter Inachos, Phoroneus, den Sohn des Inachos, Kephisos und Asterion auf, die Entscheidung zu fällen. Diese entschieden zu Gunsten von Hera. Poseidon rächte sich damit, daß er alle Flüsse versiegen ließ. Später folgte Phoroneus seinem Vater auf den Thron und erlangte die Herrschaft über die ganze Peloponnes. Nach Hyginus war er der Begründer des Herakultes und erbaute den ersten Heratempel. Das Bild zeigt den Blick über das Heraion von Argos auf die Inachos-Ebene in der Argolis (Wikipedia)
Feste zu Ehren der Hera, die Heraia, wurden in mehreren Städten gefeiert. Das glänzendste Heraion fand in Argos statt mit einem Festzug, dem Opfern einer Hekatombe weißer Rinder, Männer- und Knabenwettkämpfen, und Reiterstechen nach Schilden. Kulturgeschichtlich interessanter allerdings war das Heraion in Olympia, das ein einzigartiger Rest eines mutterrechtlichen vorhellenischen Festes war, das auch den vaterrechtlichen Olympischen Spielen eigenartige Züge und besondere Ehrwürdigkeit verliehen hat. Elis war bekannt als eine Hochburg des Mutterrechts.
In Argos wurde sie auch als Eileithya verehrt, als Geburtsgöttin. In der Theogonie des Hesiod ist Eileithya die Tochter der Hera und des Zeus. Aber daß bestimmte Charakterzüge der Eltern herausgelöst und dann von deren Kindern verkörpert wurden, ist in der Mythologie nicht unbekannt.
Von Argos verbreitete sich der Herakult nach den verschiedensten Richtungen und mehrfach wurde Argeia in der neuen Heimat der bleibende Kultbeiname, so in Sparta, in Messene, auf Kos, in Alexandreia und anderswo.
Kleobis und Biton
Zur Geschichte des Heraions von Argos gehört unbedingt die Mythologie von Kleobis und Biton, die uns von Herodot erzählt wird: Kleobis und Biton waren ein Brüderpaar und die Söhne der Kydippe, der Herapriesterin von Argos, und bekannt für ihr Pflichtbewußtsein gegenüber ihrer Mutter. Als Kydippe zum Opferfest der Hera nach Argos fahren wollte, auf einem Wagen, der von weißen Kühen gezogen wurde, wie es üblich war, waren die Kühe noch nicht vom Feld zurückgekehrt. Um nicht zu spät zu kommen, spannten sich die Brüder selbst vor den Wagen und zogen ihre Mutter 45 Stadien (über 8.5km) selbst zum Heiligtum. Nach dem Opfermahl legten sich beide, erschöpft von der langen Strapaze, im Tempel zum Schlaf. Ihre Mutter war stolz auf ihre Söhne und bat Hera, ihnen als Dank das Beste zu schenken, was ein Mensch von einem Gott erhalten könnte. Darauf entschliefen sie sanft in der Jugend ihres Lebens und und erlangten einen schnellen und sanften Tod. Von den Argivern wurden sie als Beispiele höchster Tugend gepriesen. Statuen von ihnen wurden in Delphi aufgestellt. Das Bild zeigt einen römischen Grabaltar aus der Kaiserzeit, der diesen Mythos darstellt. Heute im Museo Nazionale Romano in den Diokletiansthermen in Rom. (Wikipedia)
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Hesiod, Theogonie
(3) Herodot Historien
(4) Pausanisas, Reisen in Griechenland
Sekundärliteratur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon
(3) Pauly: RE
(4) Der Kleine Pauly
Online-Quellen:
(1) “Das Heraion von Argos – Ein wenig beachteter Höhepunkt im Herzen der Argolis”
(2) www.archaeology.wiki/blog/2014/01/13/pantazis/
(3) https://dbpedia.org/page/Heraion_of_Argos
Mit freundlichem Gruß
Jochen
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Re: Mythologisch interessante Münzen
Athena Ilias
Eine Münze aus Troja in der Hand zu haben, ist immer etwas Besonderes, besonders dann, wenn es sich um eine historisch so wichtige Darstellung handelt wie die der Athena Ilias.
Die Münze:
Troas, Ilion, Iulia Domna, 193-211
AE 19, 4.44g, 18.93mm, 45°
Av.: IOVΛIA - CEBACTH
Drapierte Büste n. r.
Rv.: IΛIEΩ / N
Statue der Athena Ilias, mit der Rechten einen Speer schräg haltend, die Linke
vorgestreckt, auf einer girlandenverzierten Säule n. r. stehend; davor eine Kuh
mit gesenktem Kopf n. l. gehend
Ref.: Bellinger T230: BMC 68, 77 var.; SNG Cop. 418; SNG München 268 var.;
nicht in SNG von Aulock Anmerkung: Die Kuh spielte in der Gründungsmythologie von Troja eine wichtige Rolle, weil sie Ilos den Ort zeigte, an dem er Troja errichten sollte.
Athena im Trojanischen Krieg:
Als bei der Hochzeit des Peleus mit Thetis die Göttinnen Hera, Athena und Aphrodite in Streit gerieten, welche von ihnen die Schönste sei, und der trojanische Prinz Paris sich für Aphrodite entschied, die ihm Helena versprochen hatte, war dies der Ursprung des Trojanischen Krieges. In diesem spielten die Götter eine bedeutende Rolle. Zwar schaute Göttervater Zeus dem Treiben auf der Erde neutral zu, aber alle anderen hatten sich auf die eine oder andere Seite geschlagen. Auf trojanischer Seite standen Apollo, Ares, Aphrodite, Artemis, Leto und die Flußgötter Skamandros (Xanthos) und Simois. Auf griechischer Seite kämpften Athena, Hera, Hephaistos, Hermes, Thetis und Poseidon. Es kam sogar zum Kampf der Götter untereinander, der sog. Theomachie.
Athena spielte im Krieg um Troja (lat. Ilium) eine wichtige Rolle. Mehrmals griff sie persönlich in das Kriegsgeschehen ein. Durch die Beleidigung durch Paris tief gekränkt unterstützte sie stets die Griechen. Sie war die Beschützerin des "listenreichen" Odysseus, der mit dem hölzernen Pferd schließlich den Fall Trojas einleitete. Sie half dem Diomedes mit seiner Lanze den Ares zu verletzen. Als Hekabe, die Frau des Priamos, die edlen Frauen Trojas einlud, zum Athenatempel auf der Akropolis zu gehen, ihr das schönste Gewand anzubieten und die Göttin um Gnade zu bitten, lehnte Athena ihre Bitten um Hilfe schroff ab. Durch das Palladion war sie aber auch eng mit Troja verbunden.
Das Standbild der Athena Ilias hat Ähnlichkeiten mit dem Palladion: Athena, mit Polos auf dem Kopf, steht mit geschlossenen Beinen, hält in der Rechten den Speer nd in der vorgestreckten Linken Spindel und Rocken. Damit ist es eine Mischform des stehenden, bewaffneten Typs mit dem sitzenden, friedlichen Typ (Roscher). Ob dieser Typ schon früher bekannt war oder erst nach der Neugründung von Ilion eingeführt wurde, ist nicht bekannt.
Das Palladion:
Athena wuchs mit Pallas auf, der Tochter des Meergottes Triton. Als sie diese bei einem Wettspiel mit Wurfspeeren versehentlich tötete, schuf sie zu ihrem Andenken eine Statue von sich, das Palladion. Das soll Zeus dem Ilos bei der Gründung Trojas vom Himmel zugeworfen haben, und solange es im Besitz von Troja war, war Troja unbezwingbar. Es konnte erst erobert werden, nachdem Odysseus und Diomedes es gestohlen hatten. Daneben soll es noch ein zweites gegeben haben, das Aeneas nach dem Fall Trojas nach Italien mitgenommen hat, und das später im Vestatempel in Rom aufbewahrt wurde.
Der Tempel der Athena:
Um 700 v. Chr. ließen sich griechische Kolonisten, wohl aus den gegenüberliegenden Inseln Tenedos und Lesbos, in Troja nieder und bauten der Athena einen Tempel in Erinnerung an ihre Unterstützung im Trojanischen Krieg. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Dies scheint nur ein bescheidener Tempel gewesen zu sein. Strabo schreibt: "Es heißt, dass die Stadt der heutigen Ilianer eine Zeit lang ein bloßes Dorf war, das seinen Tempel der Athene hatte, einen kleinen und billigen Tempel." (1) Photo der heutigen Tempelruinen (Wikipedia)
Aber der Name Troja war Griechen und Persern bekannt. Es war eine wichtige Pilgerstätte, auch wegen seiner strategischen Lage am Übergang von Asien nach Europa. Um die Unterstützung der Götter zu gewinnen, opferte Xerxes I. vor seinem Zug nach Griechenland 480 v. Chr. am Athenatempel 1000 Rinder. Bekannt ist, daß Alexander der Große, der von der Geschichte der Ilias begeistert war, auf seinem Weg nach Persien 334 v.Chr. Troja besuchte, der Athena opferte und Achilles und den anderen Helden Trankopfer brachte. Er spendete Athena seine Rüstung, erhob die bestehende Dorfsiedlung (griech. kome) zur Stadt und versprach die Errichtung eines neuen Athenatempels. Auch Antiochos III. (191 v. Chr.) und Gaius Livius Salinator (190 v. Chr.) überquerten die Meerenge, besuchten dabei Troja und opferten der Athena.
Zur versprochenen Errichtung eines neuen Tempels durch Alexander ist es nicht mehr gekommen. Der hellenistische Tempel soll dann von Lysimachos errichtet worden sein, einem der Generäle des Alexander. Inzwischen ist man aber archäologisch der Meinung, daß der Bau erst um 240 v. Chr. begonnen wurde, also lange nach seinem Tod. Dieser Tempel stand auf der Bastion des spätbronzezeitlichen Trojas. an der Ostmauer der Stadt. Damals trug Troja den griechischen Namen Ilion. Der Tempel hatte einen Grundriss von 36 x 16 m und war damit eines der größten Bauwerke der Stadt. Er war der Mittelpunkt des jährlichen Festes zu Ehren der Athena mit Opfern und Sportwettkämpfen. Die Metopen war reich verziert mit Reliefs. Themen waren die Gigantomachia. die Kentauromachia, eine Amazonomachia und die Ilioupersis, der Fall von Troja.
Im 1. Mithridatischen Krieg (89 - 85 v. Chr.) drang Gaius Flavius Fimbria (gest. 85 v. Chr.), ein Anhänger der Popularen unter Gaius Marius und Cinna, über Griechenland nach Kleinasien vor und belagerte Troja. Nachdem er es erobert hatte, ließ er es plündern und zerstörte dabei den Athenatempel. Nur die Statue der Athena Troias soll das Feuer überstanden haben. Unter Augustus (27 v. Chr.-14 n. Chr.) wurde er noch einmal restauriert. Um 500 wurde Troja durch Erdbeben zerstört und die regionalen Bewohner benutzten ihn in der frühen Neuzeit als Quelle für ihr Baumaterial. (2) Dieses Bild zeigt das am besten erhaltene Relief. Dargestellt ist Apollo als Sonnengott, wie er mit seinen vier Sonnenpferden aus dem Meer auf-taucht. Es wurde 1872 von Heinrich Schliemann bei seinen Ausgrabungen gefunden und befindet sich heute im Pergamon Museum in Berlin.
Das Koinon der Athena Ilias:
In der letzten Dekade des 4. Jh. v.Chr. schlossen sich die Städte überwiegend der Troas unter der Schirmherrschaft der Athena Ilias zu einer Gemeinschaft zusammen, dem Koinon der Athena Ilias, das gemeinsam die jährlichen Panathenaia feierten, Feste zu Ehren der Athena Ilias. Zu ihm gehörten u.a. Ilion, Aexandreia Troas, Skepsis, Assos, Hamaxitos, Abydos, Tenedos, Parion und Lampsakos. Dieses Koinon bestand bis zumindestens dem späten 1. Jh. n. Chr. Erst im 2. und frühen 3. Jh. n. Chr. wurden die Panathenaia von Ilion allein organisiert. Die Agonothetai, die Leiter der Spiele, wurden penteterisch gewählt, also alle 4 Jahre. Es gab große und kleine Panathenaia.
Seltsamerweise hat dieses große Fest in der hellenistischen Literatur keine Spuren hinterlassen. Dafür aber gibt es zahlreiche epigraphische Zeugnisse und eine bedeutende Silberprägung von Tetradrachmen. Zu den 56 Typen, die Bellinger 1961 kannte, sind heute 55 neue hinzugekommen. Dadurch haben wir inzwischen einen guten Überblick über die Institutionen. Die bedeutendsten Einrichtungen waren das Synedrion (die Ratsversammlung) und der Verwaltungsrat der Agonothetai, die für die Ausführung der Feste zuständig waren, deren Aufgaben aber noch weit über diese hinausgingen.
Das Koinon prägte Münzen von den späten 180er - frühen 170er Jahren v. Chr. bis in die 60er - 50er Jahre v.Chr. Dies waren Tetradrachmen mit dem Namen des Magistraten. Sie wurden die ganze Zeit über kontinuierlich geprägt, wenn auch manchmal auf niedrigem Niveau.
Diese Tetradrachmen hatten zwei Zwecke::
1) Sie sollten die Agonothetai mit Geld versorgen zur Ausrichtung der Feste
2) Sie dienten als Statussymbolde dieser Feste (3) Ilion, Tetradrachme, 89/85 v.Chr.; Athena Ilias; Bellinger T98; Auktion Künker, März 2020. Hier trägt Athena eine Spindel!
Durch die Mithridatischen Kriege von 88-85 v.Chr., die zur Zerstörung von Ilion führten, kam das Koinon in große Schwierigkeiten, die aber teilweise schon vorher vorhanden waren. Doch auch nach der Zerstörung durch Fimbria 85 v. Chr. fanden die Spiele wieder statt. Dies beweist ihre große Widerstandskraft, oder Resilienz, wie man heute sagt. Der Grund war der allgemeine Enthusiasmus für diese Spiele und das durch sie verkörperte Zusammengehörigkeitsgefühl. Wichtig waren aber auch die Institutionen des Koinon, die geholfen hatten, die finanzielle Last zu ertragen und die politischen Anforderungen zu meistern.
Die Aneignung des homerischen Erbes, insbesondere durch den Kult der Athena Ilias, war dabei ein bedeutender Teil der aktiven Politik der Selbstdarstellung der Stadt. Die Bedeutung der Athena Ilias kann man daran ermessen, daß sie auch noch auf Münzen dargestellt wurde wie auf meiner Münze, obwohl es das Koinon nicht mehr gab.
Anmerkungen:
(1) Koinon (von griech. koinos = gemeinsam), bezeichnet im griech. Staatsrecht einen Bundesstaat, aber auch als seinen Vorläufer einen Staatenbund. Gemeinsam sind ihm das Vorhandensein von Bundesorganen, auf jeden Fall aber das Bundesbürgerrecht, das alle Bürger der Einzelstaaten privatrechtlich gleichstellt. Die verfas-sungsrechtlichen Probleme sind allen Koina gemeinsam: Umfang der Kompetenz des Bundes, Zusammensetzung des Bundesrats, Tagungsort und -zeit der Bundesversammlung, Besetzung der Beamtenstellen. Wir kennen das alles von der Europäischen Union. Da hat sich seit der Antike nichts geändert.
(2) Penteterisch kommt zwar von griech. pente = fünf, bedeutet aber einen vierjährigen Zyklus. Der Grund: Bei der Zählung wird das Start- und das Endelement mitgezählt. So war die vierjährige Olympiade auch penteterisch. Wir kennen das selbst, wenn wir sagen "in 8 Tagen", was aber eine Woche von nur 7 Tagen bedeutet. Und auch die Beatles singen: "Eight days a week!"
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Vergil, Aeneis
(3) Strabo, Geographika
Sekundärliteratur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon,
(3) Karl Kerenyi, Griechische Mythologie
(4) Der Kleine Pauly
(5) Bellinger, Troy - The Coins
Online-Quellen:
(1) Julien Olivier, "La statue d’Athéna Ilias, ou la promotion de l’héritage troyen d’Ilion", in L’Antiquité à la BnF, 01.10.2021
(2) Aneurin Ellis-Evans,The Koinon of Athena Ilias and its Coinage, The American Numismatic Society 2016
(3) Ahmet Denker, Reviving the temple of Athena Ilias at Troy/Ilion,Digital Applications in Archaeology and Cultural Heritage, Volume 30, September 2023
(4) Wildwinds
(5) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Eine Münze aus Troja in der Hand zu haben, ist immer etwas Besonderes, besonders dann, wenn es sich um eine historisch so wichtige Darstellung handelt wie die der Athena Ilias.
Die Münze:
Troas, Ilion, Iulia Domna, 193-211
AE 19, 4.44g, 18.93mm, 45°
Av.: IOVΛIA - CEBACTH
Drapierte Büste n. r.
Rv.: IΛIEΩ / N
Statue der Athena Ilias, mit der Rechten einen Speer schräg haltend, die Linke
vorgestreckt, auf einer girlandenverzierten Säule n. r. stehend; davor eine Kuh
mit gesenktem Kopf n. l. gehend
Ref.: Bellinger T230: BMC 68, 77 var.; SNG Cop. 418; SNG München 268 var.;
nicht in SNG von Aulock Anmerkung: Die Kuh spielte in der Gründungsmythologie von Troja eine wichtige Rolle, weil sie Ilos den Ort zeigte, an dem er Troja errichten sollte.
Athena im Trojanischen Krieg:
Als bei der Hochzeit des Peleus mit Thetis die Göttinnen Hera, Athena und Aphrodite in Streit gerieten, welche von ihnen die Schönste sei, und der trojanische Prinz Paris sich für Aphrodite entschied, die ihm Helena versprochen hatte, war dies der Ursprung des Trojanischen Krieges. In diesem spielten die Götter eine bedeutende Rolle. Zwar schaute Göttervater Zeus dem Treiben auf der Erde neutral zu, aber alle anderen hatten sich auf die eine oder andere Seite geschlagen. Auf trojanischer Seite standen Apollo, Ares, Aphrodite, Artemis, Leto und die Flußgötter Skamandros (Xanthos) und Simois. Auf griechischer Seite kämpften Athena, Hera, Hephaistos, Hermes, Thetis und Poseidon. Es kam sogar zum Kampf der Götter untereinander, der sog. Theomachie.
Athena spielte im Krieg um Troja (lat. Ilium) eine wichtige Rolle. Mehrmals griff sie persönlich in das Kriegsgeschehen ein. Durch die Beleidigung durch Paris tief gekränkt unterstützte sie stets die Griechen. Sie war die Beschützerin des "listenreichen" Odysseus, der mit dem hölzernen Pferd schließlich den Fall Trojas einleitete. Sie half dem Diomedes mit seiner Lanze den Ares zu verletzen. Als Hekabe, die Frau des Priamos, die edlen Frauen Trojas einlud, zum Athenatempel auf der Akropolis zu gehen, ihr das schönste Gewand anzubieten und die Göttin um Gnade zu bitten, lehnte Athena ihre Bitten um Hilfe schroff ab. Durch das Palladion war sie aber auch eng mit Troja verbunden.
Das Standbild der Athena Ilias hat Ähnlichkeiten mit dem Palladion: Athena, mit Polos auf dem Kopf, steht mit geschlossenen Beinen, hält in der Rechten den Speer nd in der vorgestreckten Linken Spindel und Rocken. Damit ist es eine Mischform des stehenden, bewaffneten Typs mit dem sitzenden, friedlichen Typ (Roscher). Ob dieser Typ schon früher bekannt war oder erst nach der Neugründung von Ilion eingeführt wurde, ist nicht bekannt.
Das Palladion:
Athena wuchs mit Pallas auf, der Tochter des Meergottes Triton. Als sie diese bei einem Wettspiel mit Wurfspeeren versehentlich tötete, schuf sie zu ihrem Andenken eine Statue von sich, das Palladion. Das soll Zeus dem Ilos bei der Gründung Trojas vom Himmel zugeworfen haben, und solange es im Besitz von Troja war, war Troja unbezwingbar. Es konnte erst erobert werden, nachdem Odysseus und Diomedes es gestohlen hatten. Daneben soll es noch ein zweites gegeben haben, das Aeneas nach dem Fall Trojas nach Italien mitgenommen hat, und das später im Vestatempel in Rom aufbewahrt wurde.
Der Tempel der Athena:
Um 700 v. Chr. ließen sich griechische Kolonisten, wohl aus den gegenüberliegenden Inseln Tenedos und Lesbos, in Troja nieder und bauten der Athena einen Tempel in Erinnerung an ihre Unterstützung im Trojanischen Krieg. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Dies scheint nur ein bescheidener Tempel gewesen zu sein. Strabo schreibt: "Es heißt, dass die Stadt der heutigen Ilianer eine Zeit lang ein bloßes Dorf war, das seinen Tempel der Athene hatte, einen kleinen und billigen Tempel." (1) Photo der heutigen Tempelruinen (Wikipedia)
Aber der Name Troja war Griechen und Persern bekannt. Es war eine wichtige Pilgerstätte, auch wegen seiner strategischen Lage am Übergang von Asien nach Europa. Um die Unterstützung der Götter zu gewinnen, opferte Xerxes I. vor seinem Zug nach Griechenland 480 v. Chr. am Athenatempel 1000 Rinder. Bekannt ist, daß Alexander der Große, der von der Geschichte der Ilias begeistert war, auf seinem Weg nach Persien 334 v.Chr. Troja besuchte, der Athena opferte und Achilles und den anderen Helden Trankopfer brachte. Er spendete Athena seine Rüstung, erhob die bestehende Dorfsiedlung (griech. kome) zur Stadt und versprach die Errichtung eines neuen Athenatempels. Auch Antiochos III. (191 v. Chr.) und Gaius Livius Salinator (190 v. Chr.) überquerten die Meerenge, besuchten dabei Troja und opferten der Athena.
Zur versprochenen Errichtung eines neuen Tempels durch Alexander ist es nicht mehr gekommen. Der hellenistische Tempel soll dann von Lysimachos errichtet worden sein, einem der Generäle des Alexander. Inzwischen ist man aber archäologisch der Meinung, daß der Bau erst um 240 v. Chr. begonnen wurde, also lange nach seinem Tod. Dieser Tempel stand auf der Bastion des spätbronzezeitlichen Trojas. an der Ostmauer der Stadt. Damals trug Troja den griechischen Namen Ilion. Der Tempel hatte einen Grundriss von 36 x 16 m und war damit eines der größten Bauwerke der Stadt. Er war der Mittelpunkt des jährlichen Festes zu Ehren der Athena mit Opfern und Sportwettkämpfen. Die Metopen war reich verziert mit Reliefs. Themen waren die Gigantomachia. die Kentauromachia, eine Amazonomachia und die Ilioupersis, der Fall von Troja.
Im 1. Mithridatischen Krieg (89 - 85 v. Chr.) drang Gaius Flavius Fimbria (gest. 85 v. Chr.), ein Anhänger der Popularen unter Gaius Marius und Cinna, über Griechenland nach Kleinasien vor und belagerte Troja. Nachdem er es erobert hatte, ließ er es plündern und zerstörte dabei den Athenatempel. Nur die Statue der Athena Troias soll das Feuer überstanden haben. Unter Augustus (27 v. Chr.-14 n. Chr.) wurde er noch einmal restauriert. Um 500 wurde Troja durch Erdbeben zerstört und die regionalen Bewohner benutzten ihn in der frühen Neuzeit als Quelle für ihr Baumaterial. (2) Dieses Bild zeigt das am besten erhaltene Relief. Dargestellt ist Apollo als Sonnengott, wie er mit seinen vier Sonnenpferden aus dem Meer auf-taucht. Es wurde 1872 von Heinrich Schliemann bei seinen Ausgrabungen gefunden und befindet sich heute im Pergamon Museum in Berlin.
Das Koinon der Athena Ilias:
In der letzten Dekade des 4. Jh. v.Chr. schlossen sich die Städte überwiegend der Troas unter der Schirmherrschaft der Athena Ilias zu einer Gemeinschaft zusammen, dem Koinon der Athena Ilias, das gemeinsam die jährlichen Panathenaia feierten, Feste zu Ehren der Athena Ilias. Zu ihm gehörten u.a. Ilion, Aexandreia Troas, Skepsis, Assos, Hamaxitos, Abydos, Tenedos, Parion und Lampsakos. Dieses Koinon bestand bis zumindestens dem späten 1. Jh. n. Chr. Erst im 2. und frühen 3. Jh. n. Chr. wurden die Panathenaia von Ilion allein organisiert. Die Agonothetai, die Leiter der Spiele, wurden penteterisch gewählt, also alle 4 Jahre. Es gab große und kleine Panathenaia.
Seltsamerweise hat dieses große Fest in der hellenistischen Literatur keine Spuren hinterlassen. Dafür aber gibt es zahlreiche epigraphische Zeugnisse und eine bedeutende Silberprägung von Tetradrachmen. Zu den 56 Typen, die Bellinger 1961 kannte, sind heute 55 neue hinzugekommen. Dadurch haben wir inzwischen einen guten Überblick über die Institutionen. Die bedeutendsten Einrichtungen waren das Synedrion (die Ratsversammlung) und der Verwaltungsrat der Agonothetai, die für die Ausführung der Feste zuständig waren, deren Aufgaben aber noch weit über diese hinausgingen.
Das Koinon prägte Münzen von den späten 180er - frühen 170er Jahren v. Chr. bis in die 60er - 50er Jahre v.Chr. Dies waren Tetradrachmen mit dem Namen des Magistraten. Sie wurden die ganze Zeit über kontinuierlich geprägt, wenn auch manchmal auf niedrigem Niveau.
Diese Tetradrachmen hatten zwei Zwecke::
1) Sie sollten die Agonothetai mit Geld versorgen zur Ausrichtung der Feste
2) Sie dienten als Statussymbolde dieser Feste (3) Ilion, Tetradrachme, 89/85 v.Chr.; Athena Ilias; Bellinger T98; Auktion Künker, März 2020. Hier trägt Athena eine Spindel!
Durch die Mithridatischen Kriege von 88-85 v.Chr., die zur Zerstörung von Ilion führten, kam das Koinon in große Schwierigkeiten, die aber teilweise schon vorher vorhanden waren. Doch auch nach der Zerstörung durch Fimbria 85 v. Chr. fanden die Spiele wieder statt. Dies beweist ihre große Widerstandskraft, oder Resilienz, wie man heute sagt. Der Grund war der allgemeine Enthusiasmus für diese Spiele und das durch sie verkörperte Zusammengehörigkeitsgefühl. Wichtig waren aber auch die Institutionen des Koinon, die geholfen hatten, die finanzielle Last zu ertragen und die politischen Anforderungen zu meistern.
Die Aneignung des homerischen Erbes, insbesondere durch den Kult der Athena Ilias, war dabei ein bedeutender Teil der aktiven Politik der Selbstdarstellung der Stadt. Die Bedeutung der Athena Ilias kann man daran ermessen, daß sie auch noch auf Münzen dargestellt wurde wie auf meiner Münze, obwohl es das Koinon nicht mehr gab.
Anmerkungen:
(1) Koinon (von griech. koinos = gemeinsam), bezeichnet im griech. Staatsrecht einen Bundesstaat, aber auch als seinen Vorläufer einen Staatenbund. Gemeinsam sind ihm das Vorhandensein von Bundesorganen, auf jeden Fall aber das Bundesbürgerrecht, das alle Bürger der Einzelstaaten privatrechtlich gleichstellt. Die verfas-sungsrechtlichen Probleme sind allen Koina gemeinsam: Umfang der Kompetenz des Bundes, Zusammensetzung des Bundesrats, Tagungsort und -zeit der Bundesversammlung, Besetzung der Beamtenstellen. Wir kennen das alles von der Europäischen Union. Da hat sich seit der Antike nichts geändert.
(2) Penteterisch kommt zwar von griech. pente = fünf, bedeutet aber einen vierjährigen Zyklus. Der Grund: Bei der Zählung wird das Start- und das Endelement mitgezählt. So war die vierjährige Olympiade auch penteterisch. Wir kennen das selbst, wenn wir sagen "in 8 Tagen", was aber eine Woche von nur 7 Tagen bedeutet. Und auch die Beatles singen: "Eight days a week!"
Quellen:
(1) Homer, Ilias
(2) Vergil, Aeneis
(3) Strabo, Geographika
Sekundärliteratur:
(1) Wilhelm Heinrich Roscher, Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
(2) Benjamin Hederich, Gründliches mythologisches Lexikon,
(3) Karl Kerenyi, Griechische Mythologie
(4) Der Kleine Pauly
(5) Bellinger, Troy - The Coins
Online-Quellen:
(1) Julien Olivier, "La statue d’Athéna Ilias, ou la promotion de l’héritage troyen d’Ilion", in L’Antiquité à la BnF, 01.10.2021
(2) Aneurin Ellis-Evans,The Koinon of Athena Ilias and its Coinage, The American Numismatic Society 2016
(3) Ahmet Denker, Reviving the temple of Athena Ilias at Troy/Ilion,Digital Applications in Archaeology and Cultural Heritage, Volume 30, September 2023
(4) Wildwinds
(5) Wikipedia
Mit freundlichem Gruß
Jochen
Zuletzt geändert von Peter43 am Do 31.08.23 21:47, insgesamt 1-mal geändert.
Omnes vulnerant, ultima necat.
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