Der Unterstempel ist i.d.R. der Vorderseitenstempel (trägt die Gravur für das Avers), der Oberstempel - also der bewegliche Stempel, der auf den Schrötling gesetzt und mit dem Hammer geschlagen wird - ist der Hinterseitenstempel mit der Gravur des Reverses. Ich habe mich da offensichtlich etwas sinnverwirrend ausgedrückt.drakenumi1 hat geschrieben:...
Das liest sich alles recht spannend, und ich schwanke neuerdings, welcher Fraktion ich meine Neigung schenken soll ....
Aber das mit dem Verschleißgrad des Oberstempels und der damit in Verbindung zu bringenden Bildung der (ich sage mal "Fließlinien" dazu), scheint mir doch etwas fehlgegriffen. Ich kenne und beobachte diese Erscheinungen bereits seit Jahren und meine, außergewöhnlich frische Oberseitenstempel erzeugen ebenso haarsträubende Fließlinien - siehe Bilder (wenn auch nur von mäßig frischem Stempel). Viel eher glaube ich an die Wirkung des Temperaturunterschiedes zwischen dem massigen und kühleren Unterstempel und dem kleineren und höher erhitzten Oberstempel.
Die Frage, welcher Stempel auf welchen kracht, ist doch eigentlich falsch gestellt, denkt man an die Wirkung des physikalischen Gesetzes von aktio = reaktio. Die Kraft, die auf die eine Seite wirkt, kann ohne Berücksichtigung der Trägheit der geringen Masse des Schrötlings nicht anders sein, als die, welche auf die andere wirkt. Unterschiedlich scheinen mir nur die Temperaturen, denen die beiden Schrötlingsseiten ausgesetzt sind. Und daher auch das (fast!) ausschließliche Auftreten der Fließlinien auf der Münzvorderseite.
Ein hocherhitzter Münzunterseiten-Stempel ist es wohl auch, der bewirkt, daß diese Münzseite beim Prägeschlag viel besser fließt und daher kaum bis keine Fließlinien aufweist. Das jeweils Umgekehrte wirkt demnach auf die Portraitseite ....
Grüße von
drake
Die Kräfte wirken eben gerade nicht gleichmäßig auf beide Stempel, allein schon wegen der Richtung der Weitergabe des Energieimpulses im Zusammenspiel mit den prägebedingten Prozessen im Schrötling sowie des Umstandes, dass der Unterstempel im Prinzip starr ist (weil in einer Art Futter o. Amboß eingefasst), also im Gegensatz zum Oberstempel nicht ausweichen kann.
Ein erhitzter Stempel würde m.E. sogar die Gefügeänderung im Stempel beim Prägevorgang noch forcieren (und nicht etwa im Schrötling) - egal ob nun in Form einer flächigen Abnutzung oder Fließlinienbildung.
So sehe ich das jedenfalls.
Sei gegrüßt
Tilos