Ein echtes Rätsel: Traianus Decius - barbarisiert?

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

il.roc
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Beitrag von il.roc » Fr 08.09.06 16:54

@quisquam

Schau dir den Pius Denar von Pscipio an, dann erübrigt sich deine Frage.

Fridericus
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Beitrag von Fridericus » Fr 08.09.06 18:09

Es gibt anscheinend barbarische gefütterte Antoniniane mit dem Portrait des Traianus Decius:

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 9&Lot=1048

und auch reguläre Antoniniane mit stark ungewöhnlichem Portrait und sehr seltsamer Dacia

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 26&Lot=657

und

http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 26&Lot=660

Also, entweder es ist tatsächlich eine barbarische Imitation (dafür ist sie nun aber doch irgendwie zu "römisch"), oder der seltsame Eindruck liegt innerhalb einer normalen Schwankungsbreite abweichender Portraits. Wenn man auf Coinarchives blättet, stößt auf diverse Portraits des Decius. Anscheinend haben viele Stempelschneider den Kaiser niemals zu Gesicht bekommen (bzw. ein echtes Portrait von ihm gesehen).

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beachcomber
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Beitrag von beachcomber » Fr 08.09.06 18:14

interessant, die stirnfalten auf der subaeraten münze, die kommen divus' münze schon recht nah!

n.......s
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Beitrag von n.......s » Fr 08.09.06 20:34

...aber die bei coinarchives gezeigte Münze fällt sofort als barbarische Immitation auf -der Stil passt überhaupt nicht -während auf der Münze von Divus (bis auf die ungeklärte Haarpracht oder die üppigen Stirnfalten) ansonsten der Stil mit dem der "normalen" Darstellungen übereinstimmt .
Gruß

Torsten

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Beitrag von Pscipio » Fr 08.09.06 20:38

nephrurus hat geschrieben:während auf der Münze von Divus (bis auf die ungeklärte Haarpracht oder die üppigen Stirnfalten) ansonsten der Stil mit dem der "normalen" Darstellungen übereinstimmt
Das ist doch kein sonst üblicher Stil! Wenn es einer wäre, hätte divus die Münze gar nicht erst zur Diskussion eingestellt.
Nata vimpi curmi da.

n.......s
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Beitrag von n.......s » Fr 08.09.06 20:50

...wenn ich ihn richtig verstanden habe , wollte er eine Erklärung für diese wellenartige Haarpracht ! ansonsten hätte sich wohl kaum jemand an der Münze gestört . Bis auf dieses Detail entspricht die Münze durchaus den sonst üblichen Prägungen.

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Beitrag von Pscipio » Fr 08.09.06 20:56

nephrurus hat geschrieben:Bis auf dieses Detail entspricht die Münze durchaus den sonst üblichen Prägungen.
Da bin ich aber anderer Meinung.
Nata vimpi curmi da.

n.......s
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Beitrag von n.......s » Fr 08.09.06 20:58

...das ist Dein gutes Recht :D

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Beitrag von Pscipio » Fr 08.09.06 21:01

Ich weiss ;)
Nata vimpi curmi da.

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divus
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Beitrag von divus » Fr 08.09.06 22:29

SALVE

also nochmals zum subaerat bei dieser Münze: Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Münze einen gefütterten Kern im Sinne von Pscipio hat, also ein subaeratus, ein Fourée, ist.
Aber - je länger ich das Stück studiere, desto weniger traue ich mich, überhaupt noch irgendwelche feststehenden Aussagen zu machen... ;)

Unter meiner 10x/20x Lupe (mein Mikroskop habe ich blöderweise im Keller versenkt...) sehe ich Folgendes:
Besonders an der Stelle "C nach IMP" (nennen wir sie mal Loch_1) sehe ich eine kleine Vertiefung der Oberfläche, vielleicht 1/10mm tief, oder so. Dort sieht man rötliches CU hervorschimmern, auf einer Ebene unter der Silberfläche.
Und ich glaube zu sehen, dass es kein Farbverlauf von Silber nach Kupfer feststellbar ist (wie evtl. bei Silbersud-Münzen zu erwarten wäre), sondern eine doch klar zu trennende Silberschicht auf einen Cu-Kern. Das Loch ist jedoch sehr klein.

Die kleine Randkerbe (bei ca. 9 Uhr) macht mir etwas Probleme, weil ich dort eigentlich Kupfer zu sehen erwartet hätte. Sehe ich aber nicht. Könnte schlicht verschmutzt sein, oder aber am Rand ist (bewußt oder zufällig) mehr Silber vorhanden, sodass die Einkerbung dort noch nicht auf das Cu stößt.

Die Silberschicht ist, wie schon erwähnt, offenbar recht dick und sehr fest mit dem Kupfer verbunden. Auf der linken Münzhälfte ist das Silber wohl dünner, auf der rechten Hälfte scheint mehr Material zu sein. Der Begriff, den Pscipio anfänglich einmal eingeworfen hat, von der "gepressten" Münze (i.Ggs. zur "geprägten" Münze), hat mir in diesem Zusammenhang sehr gut gefallen.

Das Silber selbst ist etwas porös auf den Oberflächen, damit meine ich aber nicht brüchig oder so. Das Metall erinnert mich etwas an manche östliche Antoniniani (Antiochia), die manchmal ganz ähnlich korrodieren und vielleicht von ähnlicher Legierung sind.

Ich stelle nochmals ein paar Fotos ein, die zwar leider alle unscharf sind, weil ich die Münze mit der Hand gehalten habe, aber sie geben doch noch zusätzliche Eindrücke von der Münze, besonders auch vom Rand.

Noch kurz zum Stil: Ich gehe jetzt einmal davon aus, dass 1. die Münze antik ist, und 2. die Münze subaerat ist.
Insofern ist der Stil besonders bemerkenswert, weil er von den "offiziellen" Darstellungen abweicht, die gängigen subaerati qualitativ aber weit übertrifft. (Obwohl das Portrait und die Dacia die rein formalen Darstellungsmodi im Großen und Ganzen einhalten, fällt das Stück stilistisch völlig aus der Reihe.)
Dateianhänge
0809oben.jpg
0809rechts.jpg
0809unten.jpg
0809links.jpg
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Beitrag von divus » Fr 08.09.06 22:35

Nachtrag...
Dateianhänge
0809dacia.jpg
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Beitrag von El Che » So 10.09.06 21:24

So, da bin ich wieder, ... war am WE auf einer Hochzeit und konnte die Diskussion nicht weiterverfolgen.

@PScipio
Was die Diskussion um die Versilberung angeht (wobei ich Versilberung immer als Oberbegriff verstanden habe, eine Münze, die aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht silbern wäre, mit einer silbernen Schicht zu versehen), hast du mich davon überzeugt, dass es sich um eine gefütterte Münze handelt.

@alle
Was die Stildiskussion angeht, möchte ich noch einmal die Aufmerksamkeit weg von dem zur genüge diskutierten Kaiserbild auf die Dacia wenden.
Die oben vorgebrachten Beispiele regulärer Münzen überzeugen mich wenig, da sie eben gerade nicht die Merkmale enthalten, die ich oben als mir verdächtig beschrieben habe, die erste Münze ist zudem ein anderer Typ (Dacia mit Standarte), vgl.
http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 26&Lot=657

Liebe Grüße,
Uli

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Beitrag von Antinoos » Mo 11.09.06 09:19

quisquam hat geschrieben:Bislang hat sich leider noch niemand zu den neu eingestellten Bildern von divus geäußert!
Es gibt auch Menschen, die haben noch ein Leben jenseits des Numismatikforums. ;-) (Sie sind also nicht "dauernd onleihn"... ;-) )

Erstmal aus meiner Sicht dank an Divus für die neuen Fotos.

Sie können zwar immer noch nicht das ersetzen, was ich schon in meinem ersten Beitrag hier im Thread schrieb: Eine Inaugenscheinnahme am Original - aber ein erster Schritt hin zu mehr Klarheit ist's schon...

Ich sehe das Stück nunmehr nicht mehr als subaerat an, sondern es handelt sich wohl - wie Du auch vermutest - um die "üblichen" reduzierten Billon-Antoniniane; feingehaltsmäßig wirklich schon eine Vorwegnahme der kaum noch 20...25% Ag enthaltenden Stücke von Trebonianus Gallus - auch dies: ein klarer Hinweis auf eine ganz späte Prägung!

Meine erste historische Einordnung "Feldmünzstätte im Donauraum" wird dadurch eher gestärkt, denn Subaerati i.e.S. herzustellen (also mit Silberfolie plattierte und dann heißgeprägte Münzen - siehe Moesta/Franke, die das gut beschreiben), ist ein Wahnsinnsaufwand, und setzte vor allem hohe technologische Fertigkeiten voraus, die in einer Feldmünzstätte im Rahmen einer Alarmprägung nicht unbedingt angenommen (allerdings auch nicht ausgeschlossen ;-) ) werden können...

Immerhin hat ja Traianus Decius mit dem Beginn seiner Regierungszeit im Rahmen seiner Münzreform nicht nur den bekannten Doppelsesterz eingeführt, die AE-Prägung dadurch "aufgewertet", daß er auch wieder Dupondien und Asse und sogar Semise in größeren(!) Stückzahlen prägen ließ - sondern er hat vor allem auch den Feingehalt des Antoninian-Metalls verbessert (auf anfangs tlw. etwas über 50% - etwa wie unter Caracalla; nur mit gegenüber diesen Erstprägungen doch deutlich reduziertem Rauhgewicht).

Allerdings hielt das nicht lange vor; und schon die Mailänder Prägungen haben gegenüber Rom einen merklich(!) reduzierten Feingehalt (siehe die bekannten CONSECRATIO-Prägungen auf die Divi).

Die "Kupferstellen" im fraglichen Stück sind einfach Einschlüsse im Metall (es ist schlecht durchlegiert), und dort korrodiert dann das Silber im Laufe der Jahrhunderte elektrochemisch aus, eine "Kupferwarze" zurücklassend, die dann beim Putzen kupfern glänzt und den Anschein erwecken kann, es handle sich um Subaerati.

-Antinoos (aka Frank)

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Beitrag von Antinoos » Mo 11.09.06 09:35

divus hat geschrieben:Unter meiner 10x/20x Lupe (mein Mikroskop habe ich blöderweise im Keller versenkt...) sehe ich Folgendes:
Besonders an der Stelle "C nach IMP" (nennen wir sie mal Loch_1) sehe ich eine kleine Vertiefung der Oberfläche, vielleicht 1/10mm tief, oder so. Dort sieht man rötliches CU hervorschimmern, auf einer Ebene unter der Silberfläche.
Und ich glaube zu sehen, dass es kein Farbverlauf von Silber nach Kupfer feststellbar ist (wie evtl. bei Silbersud-Münzen zu erwarten wäre), sondern eine doch klar zu trennende Silberschicht auf einen Cu-Kern. Das Loch ist jedoch sehr klein.
Das "kein Farbverlauf" spricht eher für einen Kupfereinschluß im Billon, um den herum dann das Silber wegkorrodiert ist.

Wie gesagt, ich muß mir das Stück mal angucken. (Wo wohnst Du? - ich habe eine BahnCard100, also eine Netzkarte der Bahn... :-) )

Wichtiger Hinweis zu den Subaerati: Die letzten, die ich in den ca. 30 Jahren meiner bisherigen Sammlerlaufbahn gesehen habe, sind von Philippus I - und zwar aus der "AVGG"-Periode ab 247. Einen Traianus Decius kenne ich als "eigentlichen" Subaeratus nicht (spätere natürlich gleich gar nicht...).

Damit das Verfahren klappt, muß die Silberfolie nämlich aus sehr reinem Silber sein (sonst ist es nicht plastisch/dehnbar genug, sondern es reißt schon beim Prägen). Also erkennt man Subaerati schon an der Oberfläche: stets ganz hellglänzendes Silber! Die Fotos sehen jedoch mehr nach "reduziertem Billon" aus.

-Antinoos

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Beitrag von quisquam » Mo 11.09.06 12:11

Hallo Antinoos,

meine Bemerkung war mehr auf Pscipio gerichtet, der Fotos angemahnt hatte, und als sie eingestellt waren diese ignorierte und stattdessen eifrig über Silbersudmünzen und Subaerate diskutierte :wink: .

Es freut mich, dass Du meinen Eindruck einer geringhaltigen Silberlegierung als Indiz gegen eine Fütterung bestätigst. Der weiter oben gezeigte gefütterte Pius-Denar hat nicht dieselbe poröse, matte Oberfläche und taugt in meinen Augen nicht als Gegenbeispiel.

Ich will aber auch nicht divus vehement widersprechen wenn er sagt das Stück sei sicher subaerat. Dass es auch gefütterte Antoniniane des Traianus Decius gibt zeigt schließlich der coinarchives-Link von Fridericus.

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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