Christliche Symbole auf spätrömischen Münzen

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

Antworten
ramon83
Beiträge: 2
Registriert: Do 19.06.08 13:54
Wohnort: Berikon
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Christliche Symbole auf spätrömischen Münzen

Beitrag von ramon83 » Fr 18.07.08 14:21

Hallo liebe Numismatiker und liebe Numismatikerinnen!

Ich beschäftige mich zurzeit in einer Seminararbeit u.a. mit christlichen Symbolen auf spätantiken Münzen. Nun ist die Literatur dazu leider oft schon ziemlich älter und teilweise fehlen bei den Erklärungen auch noch die RIC Nummern der einzelnen Münztypen :mad:

Deshalb möchte ich bei Euch Profis einmal direkt nachfragen, ob ihr mir villeicht bei der einen oder anderen Fragen weiterhelfen könntet, und sei es nur mit einem Literaturtipp:

1) Das erste christliche Symbol scheint ja dieses ominöse Medaillon von der Münzstätte Ticinum 315 zu sein. Seit wann gibt es aber das Labarum
(habe einmal gehört dieses sei bereits früher in einem nichtchristlichen Zusammenhang aufgetaucht) überhaupt? Wann wird das christliche Symbol "Massenware" auf den Münzen?

2) Ab wann tauchen weitere Symbole wie Kreuz, Christus, Heilige auf? Ist dies erst mit byzantinischen Münzen der Fall?

3) Gibt es eine systematische Publikation, die sich mit der Häufigkeit von Münztypen beschäftigt? (im RIC drin hats ja nur die Häufigkeitsangaben R1,R2 etc. und der RIC ist überdies oft auch schon älter)?

4) Oft ist auch zu lesen von der Verwandschaft von dem crux immissa, dem Tau-Rho Monogramm und dem Christogramm. Wie hängen diese Symbole zusammen?

Ich würde mich über jeden klitzekleinen Hinweis freuen ;-)

Liebe Grüsse

Ramon

Constantinus
Beiträge: 93
Registriert: Sa 01.04.06 19:35
Wohnort: Bern
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 3 Mal

Beitrag von Constantinus » Fr 18.07.08 17:42

Hallo Ramon,

nur kurz ein Literaturhinweis zu Deiner ersten Frage. Die Datierung des berühmten Multiplums aus der Münzstätte Ticinium ist in der Forschung ziemlich umstritten. Einen Überblick über die verschiedenen Ansätze bietet jetzt A. Bernardelli: Il medaglione d'argento di Costantino con il cristogramma. Annotazioni sulla cronologia, in: Rivista Italiana di Numismatica e Scienze Affini 108 (2007), 219-236.

Gruss,
Constantinus

imperator44
Beiträge: 474
Registriert: So 08.06.08 20:36
Wohnort: München
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 2 Mal

Beitrag von imperator44 » Sa 19.07.08 01:59

Hallo ramon83,
da hast Du Dir nicht gerade eine einfache Seminararbeit ausgesucht.Ein bißchen streift dieses Problem mein Artikel "Die AE-Prägung des Constantin II. als Augustus,ein Ratespiel" ,leider auch mit wenig Resonanz. Auf Deine Fragen kann ich Dir nur ein paar (nicht unbedingt wissenschaftliche) Antworten geben, da sie nur auf meinen Erfahrungswerten beruhen.
Labara kann es eigentlich nur mit christlichem Zusammenhang geben,denn was sollte ein Chi-Rho sonst ausdrücken? Ich wüßte auch nicht,daß es schon mal früher (vor Constantin I.) aufgetaucht wäre.
Das Labarum,Kreuz-und Chi-Rho-Beizeichen kommen bereits in der Münzprägung des Constantin I. vor,obwohl dies nach wie vor angezweifelt wird.Aber sowohl bei ihm selbst,als auch bei seinen Söhnen (als Caesaren) und bei Delmatius,also zu seinen Lebzeiten,weisen vereinzelte Prägungen christliche Symbole auf,(ich hab`sicher ein halbes Dutzend Beispiele in meiner Sammlung).
Richtige "Massenware" wurden sie erst nach seinem Tod,da setzte eine richtige Schwemme ein.Christus-und Heiligen-Darstellungen allerdings,gibt es meines Wissens erst in der byzantinischen Münzprägung .
Schöne Grüße vom imperator44

Benutzeravatar
Pscipio
Beiträge: 8228
Registriert: Fr 15.10.04 13:47
Wohnort: Bern, CH
Hat sich bedankt: 1 Mal
Danksagung erhalten: 17 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von Pscipio » Sa 19.07.08 09:48

imperator44 hat geschrieben:Labara kann es eigentlich nur mit christlichem Zusammenhang geben,denn was sollte ein Chi-Rho sonst ausdrücken? Ich wüßte auch nicht,daß es schon mal früher (vor Constantin I.) aufgetaucht wäre.
Das Chi-Rho taucht - zweifellos mit anderer Bedeutung - bereits auf ptolemäischen Münzen auf: http://www.coinarchives.com/a/lotviewer ... 0&Lot=1080

Gruss, Pscipio
Nata vimpi curmi da.

vMadai
Beiträge: 1297
Registriert: Do 10.06.04 21:51
Wohnort: Augsburg
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von vMadai » Sa 19.07.08 11:32

Jetzt wird´s spannend!

Was bedeutet es bei den Ptolemäern?

Eine originelle Form ein Münzmeistermonogramm zu gestalten??

Neugieriger Gruß,
vMadai

ramon83
Beiträge: 2
Registriert: Do 19.06.08 13:54
Wohnort: Berikon
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von ramon83 » Sa 19.07.08 14:11

Danke schon einmal für die Literaturtipps Constantinus und imperator44, genau an sowas hatte ich gedacht!

Die ptolemäische Münze ist aber auch äusserst interessant - wie das Symbol von dort nach Rom gekommen ist und dort christlich uminterpretiert wurde, unglaublich! 8O

Benutzeravatar
helcaraxe
Beiträge: 3331
Registriert: So 16.07.06 10:33
Wohnort: Nürnberg und Heidelberg
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von helcaraxe » Sa 19.07.08 14:54

Ich weiß nicht, ob man davon ausgehen kann, dass das Symbol von dort aus nach Rom gekommen ist, im Sinne einer Tradierung. Dazu müsste man erstmal durch die Jahrhunderte (es sind ja immerhin 500 Jahre bis es erneut auf einer Münze auftaucht!) nachweisen, dass es dazwischen erneut auftaucht.

Ich denke eher, dass ein solchen Zwei-Zeichen-Monogramm durchaus auch mehrfach neu "erfunden" werden kann, ohne dass es einen direkten Zusammenhang zwischen beiden geben muss.
Viele Grüße
helcaraxe
________________

[i]Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag zwar nichts drin sein, aber sie mildert die Stöße des Lebens.[/i] -- Arthur Schopenhauer

Benutzeravatar
Xanthos
Beiträge: 1460
Registriert: Do 12.02.04 21:30
Hat sich bedankt: 181 Mal
Danksagung erhalten: 230 Mal

Beitrag von Xanthos » Sa 19.07.08 15:55

Das Chi-Rho (Ligatur aus XP, Anfangsbuchstaben für griech. "Jesus") war scheinbar bereits vor dem Christentum ein heidnisches Symbol für den Sonnengott.

vMadai
Beiträge: 1297
Registriert: Do 10.06.04 21:51
Wohnort: Augsburg
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

Beitrag von vMadai » Sa 19.07.08 17:26

Die Buchstaben Chi und Rho sind allerdings die Anfangsbuchstaben von "Christos"! Jesus heißt auf griechisch "Iesous"

Benutzeravatar
chinamul
Beiträge: 6055
Registriert: Di 30.03.04 17:05
Wohnort: irgendwo in S-H
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 78 Mal

Beitrag von chinamul » Sa 19.07.08 18:36

Mir scheint ein direkter inhaltlicher Bezug zwischen dem Monogramm auf dem Ptolemäer und dem christlichen Chi-rho nicht zu bestehen. Was indessen denkbar wäre, ist eine fortgeführte Tradition der Zusammenziehung und Ineinanderschreibung von Buchstaben, die ja auch in der Münzprägung der römischen Republik immer wieder anzutreffen ist. Sie hat dann auch die Antike überdauert und wurde bis weit in das Mittelalter hinein angewendet. Man denke nur mal an die kunstvollen Monogramme der Karolinger, die den gesamten Kaisernamen wiedergaben.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die meist analphabetischen Kaiser diese Monogramme vom Schreiber des jeweiligen Schriftstückes bis auf einen kleinen Strich ebenfalls unter das Dokument setzen ließen. Durch Hinzufügen des einen fehlenden Striches "vollzog" der Herrscher dann die Unterschrift, wozu seine Schreibfertigkeit immerhin ausreichte.

Gruß

chinamul
Dateianhänge
karolingisches kaisermonogramm.jpg
karolingisches kaisermonogramm.jpg (2.12 KiB) 2139 mal betrachtet
Nil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit

Benutzeravatar
helcaraxe
Beiträge: 3331
Registriert: So 16.07.06 10:33
Wohnort: Nürnberg und Heidelberg
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal
Kontaktdaten:

Beitrag von helcaraxe » Sa 19.07.08 19:00

Ein anderes Argument für die gleich- oder nachzeitige unabhänginge Entstehung für Monogramme ist beispielsweise die Verwendung des Monogramems ME, dass sich in der griechischen Numismatik zumindest in fünf verschiedenen Regionen/Epochen nachweisen lässt, z. B. Makedonien, Seleukiden, Paphlagonia/Sinope und Kilikien/Hierapolos-Kastabala. In allen Fällen dürfte es verschiedene Bedeutungen gehabt haben (Emissionskennzeichen, Beamtennamenkürzel etc.) und unabhängig voneinander entstanden sein.

http://www.coinarchives.com/a/results.p ... nogramm+ME
Viele Grüße
helcaraxe
________________

[i]Höflichkeit ist wie ein Luftkissen: Es mag zwar nichts drin sein, aber sie mildert die Stöße des Lebens.[/i] -- Arthur Schopenhauer

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
  • Bestimmung einer vermutlich spätrömischen Kleinbronze
    von Taylor28 » » in Römer
    6 Antworten
    521 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Taylor28
  • KI und antike Münzen
    von dictator perpetuus » » in Römer
    39 Antworten
    3608 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Rollentöter
  • Wertvolle Münzen?
    von korn » » in Gästeforum
    5 Antworten
    1817 Zugriffe
    Letzter Beitrag von Altamura2
  • Was sind das für Münzen?
    von Lena89 » » in Fehlprägungen / Varianten / Fälschungen
    1 Antworten
    990 Zugriffe
    Letzter Beitrag von desammler
  • Türkische Münzen ?
    von FDDR » » in Asien / Ozeanien
    3 Antworten
    583 Zugriffe
    Letzter Beitrag von FDDR

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Applebot [Bot], richard55-47 und 54 Gäste