Ich hatte mich sehr gefreut, diese Münze kürzlich erwerben zu können:
Follis der ersten Reduktion vom "Caesar" Constantinus
Dez. 308 - Mitte 310 n.Chr.
Prägestätte: Thessaloniki
RIC 32b
Gewicht: 7,07 g
Avers: Büste des Constantinus mit Lorbeerkranz n.r.
CONSTANTINVS • FILIVS • AVGGVSTORVM
Constantinus, Sohn der (beiden) Augusti (Galerius und Licinius)
Revers: Nackter Genius mit chlamys um die Schultern und einem kalathos auf dem Kopf steht n.l., in der Linken cornucopiua, in der Rechten patera mit heruaslaufendem Trankopfer.
GENIO CAESARIS
Dem Schutzgeist des Caesaren
Stern / Δ (im Feld)
Emissionszeichen / griechische Zahlenbuchstaben „4“ für die vierte officina monetae
• SACRA MONETA • THESSALONICAE • (im Abschnitt)
Heiliges (im Sinne von unverfälscht) Geld aus (der Prägestätte) Thessaloniki
Was die Münze interessant macht ist der Legendenbestandteil FIL AVGG.
„Nach der Abdankung von Diocletian und Maximian im Jahre 305 waren Galerius und Constantius Chlorus in die Position der Augusti aufgerückt. Wohl wider Erwarten waren aber nicht Constantin als Sohn des Constantius Chlorus und Maxentius als Sohn des Altkaisers Maximian zu Caesares ernannt worden, sondern zwei von Galerius protegierte Männer – Severus und Maximinus Daia. Die zweite Tetrarchie hatte Constantin die Teilhabe an der Herrschaft [als Caesar] verweigert, den ehrgeizigen jungen Mann ins politische Abseits gestellt und in ihm damit einen politischen Gegner geschaffen. Constantin, der, so Lactantius, von Galerius als Gefahr betrachtet wurde, floh nach Aussage mehrerer Quellen nach Britannien, wo er nach dem Tod seines Vaters von dessen Truppen zum Augustus erhoben wurde und somit die Nachfolgeregelung der Tetrarchie in Frage stellte“ (König, Bekehrungsversuche: Untersuchungen zum Christianisierungsprozess im römischen Westreich, S. 437). „Die Erhebung Konstantins [zum Augustus] erfolgte am 25. Juli 306 im kaiserlichen Truppenlager in Eburacum. … Der Konstantin angetragene Titel war der eines Augustus, gleichbedeutend Imperator. Die Form der Machtübertragung stellte bereits eine Belastung für das regierende Kaiserkollegium dar. Mit der Wahl des gegenüber einem Caesar höherrangigen Kaisertitel des Augustus mussten die Amtskollegen erst recht herausgefordert sein“ (Schwinden, Konstantins Erhebung zum Kaiser und die Vergöttlichung seines Vaters Constantius, in: Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier, Heft 39, S. 65). „Einige Tage nachher wurde das lorbeergeschmückte Bild Konstantins dem Galerius überbracht. Lange überlegte er bei sich, ob er es annehmen sollte“ (Laktanz, De mortibus persecutorum, 25). Denn die Erhebung Constantins blieb so oder so „nach tetrarchischen Vorstellungen eine Usurpation“ (Wolfgang Kuhoff). Mit diesem Schritt begann eine grundlegende Änderung im tetrarchischen Herrschaftssystem: die Rückkehr zum blutsdynastischen Prinzip, für welches das römische Heer schon immer empfänglich gewesen war. Galerius, der lt. Laktanz „nahe daran [war], daß er Bild und Überbringer verbrennen ließ“, gab sich dennoch kompromissbereit und ernannte Constantinus im Aug./Sep. 306 n.Chr. zum Caesar des Westens. Der Seniorkaiser konnte den Emporkömmling unmöglich als Imperator zulassen; damit wären das politische System der Tetrarchie (mit seiner Nachfolgeregelung) ad absurdum geführt und gleichzeitig neue Thronprätendenten auf den Plan gerufen worden. Sicherliche eine weitschauende Sorge des Seniorkaisers, die von den christlichen Historienschreibern - vielleicht zu Unrecht - in Argwohn und Machtgier der christenfeindlichen "Bestie" Galerius umgedeutet wurde.
Um die politischen Wirren im römischen Staat zu ordnen
*, fand am 11. Nov. 308 n.Chr. die Kaiserkonferenz von Carnuntum statt. Auf ihr wurde Licinius zum neuen Augustus des Westens ernannt. Constantinus, der somit de jure dem Licinius unterstellt wäre, mißbilligte die Herabstufung, der östliche Caesar Maximinus protestierte gegen die Wahl von Licinius. Um die beiden Caesaren zu besänftigen ernannte sie Galerius zu
filii Augustorum (Söhne der Augusti). Dieser etwas leere Titel sollte ihr unumstössliches Recht verdeutlichen, ihrem jewei-ligen Augustus zu gegebener Zeit als Kaiser nachzufolgen. Dieser Versuch der Beschwichtigung schlug allerdings fehl: Constantin ließ in keiner seiner Prägestätten (London, Trier, Lugdunum) Münzen mit der neuen Titulatur herstellen und emittierte weiter mit IMP CONSTANTINVS PF AVG / Maximinus, der zwar Münzen mit dem neuen Titel in Alexandria und Antiochia verausgabte, erhob sich anderthalb Jahre nach Carnuntum schließlich selbst zum Augustus. Die anderen Ausgaben mit FIL AUG(G) stammen aus den Münzstätten Siscia, Thessaloniki und Nicomedia, die dem Seniorkaiser Galerius unterstanden:
Siscia = Constantinus, Maximinus / FIL AVGG - GENIO AVGVSTI
Thessaloniki = Constantinus, Maximinus / FIL AVGG - GENIO CAESARIS
Thessaloniki = Constantinus, Maximinus / FIL AVGG - VIRTVTI EXERCITVS
Nicomedia = Constantinus / FIL AVG - GENIO CAESARIS CMH
Nicomedia = Constantinus / FIL AVG - VIRTVTI EXERCITVS CMH
Antiochia = Constantinus / FIL AVG - GENIO FIL AVGG
Antiochia = Constantinus / FIL AVG - GENIO CAESARIS
Alexandria = Constantinus / FIL AVG - GENIO CAESARIS
Alexandria = Constantinus / FIL AVG - VIRTVTI EXERCITVS
* Mittlerweile herrschten vier Augusti. Der rechtmäßige Kaiser Galerius verwaltete mit seinem Caesar Maximinus den Osten. Im Westen dagegen herrschte eine verworrene Situation. Seit dem Tod des Severus II. gab es keinen offiziellen Kaiser für den Westen, dafür aber die die beiden Usurpatoren Constantinus (Britannien, Gallien, Hispanien) und Maxentius (Italien, Afri-ca) sowie den sich wieder zum Kaiser ernannten Maximianus Herculius.