Fälschungsparanoia??

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

Moderator: Homer J. Simpson

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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » Sa 21.03.09 15:00

Wenn die Muenze am 8. Mai und drum herum hier in Nuernberg ist wuerde ich sie gerne auch noch anderen Leuten zeigen.

valete
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helcaraxe
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Beitrag von helcaraxe » Sa 21.03.09 17:48

Wer ist denn am 8. Mai noch hier in Nürnberg? 8O

Natürlich würde ich die Münze auch gerne mal in Augenschein nehmen, aber natürlich entscheidet der Besitzer des schönen Julchens...
Viele Grüße
helcaraxe
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drakenumi1
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Beitrag von drakenumi1 » Sa 21.03.09 18:53

Hallo, beachcomber,
Zu Deinen Fragen:
- Die gesamt 3 verschiedenen Feilstellen signalisieren mir eine antike Handlung wegen des aus allen denkbaren Gründen stärksten Interesses, verräterische Indizien, die auf eine Fälschung hinweisen könnten, zu beseitigen. Der Verdacht, es könne kein "gutes" Silber sein, ist der in der Antike stärkste Vorbehalt bzw. Verdacht gegen Silbermünzen. Welches "vernünftige" Argument spräche für eine moderne Befeilung?. Besonders die attraktive Sichtbarkeit weist auf eine Suggestion hin, einen Blick in das "edle Innere" zu schaffen bzw. zu gewähren.
Etwas Neues:
Als ich die Münze vorgestern erhielt, konnte ich mit starker Lupe eine auf dem Rande und etwa in der Dickenmitte umlaufende geringer als haarfeine hellere Linie warnehmen, glatt und völlig "verzitterungsfrei". Wie gesagt: äußerst fein und nicht aus jeder Richtung und auch nicht bei jedem Lichteinfallwinkel sichtbar. Im Laufe des vielen "Begrapschens" hat sich ein großer Teil davon verloren. Einige wenige Stellen sind noch vorhanden. Es müßte sich um eine sehr flüchtige Oxidationslinie gehandelt haben. Kann mir kein rechtes Bild vom evtl. Zweck machen. Sieht fast wie die Spur einer flächigen Verlötung oder Pressschweißung zweier schön glatt gewalzter Bleche aus. Kann sich jemand darauf einen Reim machen? Gibt das einen technologischen Hintergrund bzw -sinn? (Gesponnen: Zwischen 2 Silberblech-Ronden ein Kupferplättchen gelegt, erhitzt, und dann .... haut den Lukas....?)
Zu den grünen Auflagen: Man sollte nie "nie" sagen: Habe vor 4 Jahren einen fast vz-Denar von L. Verus gekauft mit einem schön knolligen Krustenfleck, grün und braun nebeneinander, ließ sich nur aus dem Silber herausschälen, das hinterließ eine richtige kleine Wanne.
Für mich ist klar: Diese grünen Partien sind nicht natürlich gewachsen, sie sind durch menschlichen Willen entstanden.
Wieso sollte antiken Fälschern daran gelegen sein, so viel Aufwand zu treiben, daß ihre Produkte so makellos, wie möglich erscheinen? Versteh ich nicht. Hauptsache war, sie konnten begreiflich machen, es handele sich um "gutes" Silber.
Gewiß, das Prägebild des Stückes verheißt Echtheit. Aber die Bemühungen am Rande sprechen eine andere Sprache.
Die grünen Auflagen sollen evtl. "Alter" nachweisen und könnten aus moderner Zeit stammen.
Wie schon gesagt: Ich will mich bezügl. Echtheit nicht festlegen, würde das Stück wegen der vielerlei Bedenken auch im Bezug auf seinen Preis wie "falsch" bewerten (worauf es ja auch im Falle "echt" wegen der Beschädigungen am Rande fast herauskäme), denkt

mit freundlichen Grüßen

drakenumi1
Zuletzt geändert von drakenumi1 am Sa 21.03.09 20:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von muenzenputzer06 » Sa 21.03.09 19:41

Hallo drakenumi,
zunächst einmal herzlichen Dank für Deine umfassenden, wirklich interessanten und sehr fachkundigen Ausführungen.
Du hast die Münze ja unter ganz verschiedenen Blickwinkeln begutachtet.
Es zeigt mir, daß Du Dich sehr intensiv aber auch kritisch mit dem Julchen auseinandergesetzt hast.

Bzgl. der grünen Auflagerungen habe ich diese schon auf sehr vielen Münzen gesehen und auch schon oft gereinigt.
Im Falle unseres Julchens ist es mir schwer zu glauben, daß diese künstlich aufgetragen wurden.
Dafür war es viel zu schwer diese zu entfernen, was von mir mechanisch durchführt wurde.

Sicherlich wird uns am Ende nichts anderes übrigbleiben, als die Münze aufzubohren um auf den Kern zu kommen.
Aber bis dahin ist ja noch ein wenig Zeit.
Schick sie bitte an helcaraxe, dann kann er sie in Nürnberg mal rumreichen.
Zum Abschluß noch Fotos - nachher -vorher - bzgl. grüner Auflagerungen.
Nochmals vielen Dank sagt
müpu
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cepasaccus
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Beitrag von cepasaccus » Sa 21.03.09 19:49

helcaraxe hat geschrieben:Wer ist denn am 8. Mai noch hier in Nürnberg?
Ich bin am 8. in Muenchen und da bekomme ich dann hoffentlich auch das Gutachten zu Numisstudents Muenze.

vale
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Beitrag von beachcomber » So 22.03.09 18:35

Gesponnen: Zwischen 2 Silberblech-Ronden ein Kupferplättchen gelegt, erhitzt, und dann .... haut den Lukas....?)
das ist nicht gesponnen, genauso wurden subaerate denare hergestellt!
allerdings war das silberblech natürlich relativ dünn(sonst wäre der gewinn ja auch ziemlich klein), und wenn ich mich richtig erinnere, hatte julchen einige schrötlingsrisse, wo ein verräterischer kupferkern nicht zu erkennen war.
und nochmal zu den harten, grünen auflagen: darunter habe ich noch nie korrosion gehabt und wenn sie echt sind, sind sie schwer zu entfernen.
wenn müpu also berichtet sie waren hart, dann sehe ich nichts was für eine moderne applikation derselben sprechen würde.
diese linie die du entdeckt hast, ist mir allerdings entgangen. was die zu bedeuten hat ist mir schleierhaft, allerdings kann's wohl nichts erfreuliches bedeuten.
grüsse
frank

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Beitrag von drakenumi1 » Mo 23.03.09 13:42

Hallo, helcaraxe,
Julchen ging heute per persönl. Einschreiben an Dich erneut auf Reisen, müßte morgen bei Dir sein (so Zeus will).

Hallo, beachcomber,
betr. der Herstellungstechnologie meinte ich abweichend von dem üblichen Verfahren mit dünnen Silberfolien und Umkrempeln am Rande tatsächlich dickere Bleche (weniger als halb so dick, wie die Münze) und Reib-/ Pressschweißen als Verbindungsverfahren auch im Randbereich, ohne Umkrempeln. Das bringt allerdings weniger Gewinn durch Silbereinsparung und macht teilweise Nachbearbeitung am Rande erforderlich. Wenn wohl auch noch nicht als antikes Verfahren der Fütterung belegt, wäre es jedoch eine plausible Erklärung für die 3 verschiedenen Feilstellen unterschiedlichen Charakters.
Ich gebe zu, daß ich dieser Idee erst seit dem Moment nachhänge, seit ich diese umlaufende haarfeine Linie (SEHR starke Lupe!!) entdeckte, die ich unglücklicherweise noch zu Teilen durch's Anfassen beseitigt habe. Sie könnte die Kontaktstelle zwischen den beiden Blechen darstellen. (Ich sag's doch: Spinnerei!). Die Feilstellen könnten dann auch Proben der Fälscher sein, um nachzusehen, was innen vor sich gegangen ist.
Schrötlingsrisse hat Julchen übrigens keine, der Blick ins Innere ist uns verwehrt.
Solche Fälschungs"forschung" ist natürlich auch eine gehörige Portion Psychoanalyse. So betrachtet, ist die völlig gleichmäßige grüne Farbe der Auflagerungen verdächtig. Auch die Form und teilweise relative Dicke scheint mir nicht natürlich gewachsen. Was die Haftung am Silber anbelangt und doch kein "Hineinwachsen" in dieses, wird das heute sehr gut mit Epoxidharz bewerkstelligt, dem man noch zusätzlich Quarzmehl oder Glasfasern beimischen kann. Dann braucht man schon eine Spur TNT, um sie abzusprengen.

Wir haben viel diskutiert, worauf die Feilstellen nicht hinweisen können. Aber was ist Deine Meinung, welche plausiblen Gründe, an die Du denkst, können ihre Existenz sonst noch belegen ?

Beste Grüße aus Brandenburg von

drakenumi1
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Beitrag von beachcomber » Mo 23.03.09 13:48

wird das heute sehr gut mit Epoxidharz bewerkstelligt, dem man noch zusätzlich Quarzmehl oder Glasfasern beimischen kann. Dann braucht man schon eine Spur TNT, um sie abzusprengen.
nö, ein bisschen aceton, und wusch... weg war's! :)
Wir haben viel diskutiert, worauf die Feilstellen nicht hinweisen können. Aber was ist Deine Meinung, welche plausiblen Gründe, an die Du denkst, können ihre Existenz sonst noch belegen ?
eigentlich keine meinung, weil in fast 2000 jahren kann es jede menge gründe geben warum so was passiert.
am wahrscheinlichsten ein dummer finder, der mit der feile feststellen will, ob's kupfer oder silber ist...
grüsse
frank

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Beitrag von drakenumi1 » Mo 23.03.09 14:59

beachcomber hat geschrieben:
nö, ein bisschen aceton, und wusch... weg war's! :)
frank


Beachcomber, Du enttäuschst mich :cry: !
Solltest Du irgendwo gelesen haben, eine gewisse Modifikation von Epox sei nicht acetonbeständig, betrifft das die Stabilität über Jahre (und so lange wollen wir doch nicht warten müssen mit einer positiven Beweisführung :wink: ). Ist das Zeug erst einmal ausgehärtet, ist nischt mehr mit "wegwischen".

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Beitrag von tilos » Mo 23.03.09 16:26

beachcomber hat geschrieben:
Gesponnen: Zwischen 2 Silberblech-Ronden ein Kupferplättchen gelegt, erhitzt, und dann .... haut den Lukas....?)
das ist nicht gesponnen, genauso wurden subaerate denare hergestellt!
allerdings war das silberblech natürlich relativ dünn(sonst wäre der gewinn ja auch ziemlich klein),...
grüsse
frank
Exakt! Zu dem Thema gibt es auch aktuelle wissenschaftliche Abhandlungen. Mir ist - im Moment noch dunkel - auch eine (?)Diplomarbeit zu dem Thema erinnerlich, irgendwo zuhause liegt ein Ausdruck derselben. Wenn ich mich nicht total irre, ist diese auch im Internet veröffentlicht. Sofern ich heute Abend noch die Zeit finde, werde ich versuchen, den entsprechenden link zu finden um ihn dann hier einzustellen.

Gruß
Tilos

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Beitrag von cepasaccus » Mo 23.03.09 17:56

Bzgl. Epoxidharz kann ich rauchende Salpetersaeure waermstens empfehlen.

valete

PS: Vielleicht sollte ich noch dazu schreiben, dass dann auch Aes- und Silbermuenzen weg sind.
Zuletzt geändert von cepasaccus am Mo 23.03.09 18:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von beachcomber » Mo 23.03.09 17:56

Solltest Du irgendwo gelesen haben, eine gewisse Modifikation von Epox sei nicht acetonbeständig, betrifft das die Stabilität über Jahre (und so lange wollen wir doch nicht warten müssen mit einer positiven Beweisführung ). Ist das Zeug erst einmal ausgehärtet, ist nischt mehr mit "wegwischen".
du hast recht, ich habe epoxy mit sekundenkleber verwechselt(das 'normale' moderne fälschermittel, und das geht wirklich mit aceton weg) :oops:
trotzdem glaube ich, dass ich den unterschied von echten antiken auflagen und epoxy-produkten ,mit meiner nadel unter dem stereoskop bemerken würde.
grüsse
frank

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Beitrag von beachcomber » Mo 23.03.09 18:01

Bzgl. Epoxidharz kann ich rauchende Salpetersaeure waermstens empfehlen.
8O
das war ja wohl hoffentlich ein scherz, denn die patina die das überlebt möchte ich sehen!
aceton macht patina im übrigen überhaupt nichts!
wer also genau wissen will, ob an seinen bronzen rumgepfuscht wurde, braucht nur den aceton-test zu machen!
allerdings fragt es sich, ob man's wirklich so genau wissen will...:wink:
grüsse
frank

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Beitrag von quisquam » Mo 23.03.09 20:01

tilos hat geschrieben:Zu dem Thema gibt es auch aktuelle wissenschaftliche Abhandlungen. Mir ist - im Moment noch dunkel - auch eine (?)Diplomarbeit zu dem Thema erinnerlich, irgendwo zuhause liegt ein Ausdruck derselben. Wenn ich mich nicht total irre, ist diese auch im Internet veröffentlicht.
Vermutlich meinst Du diese Dissertation mit dem Titel "Chemisch-Analytische Charakterisierung römischer Silbermünzen":
http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/epda/000609/

Grüße, Stefan
Eigentlich sammle ich nicht Münzen, sondern das Wissen darüber.

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Beitrag von tilos » Di 24.03.09 14:22

Nein, die meinte ich nicht. Ich finde die Arbeit leider auf die Schnelle nicht (meine Frau hat aufgeräumt), weiß aber noch, dass es eine Autorin war.
Aber die von Dir zitierte Dissertation ist auch sehr interessant, danke dafür!
Gruß
Tilos

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