Schaukasten: Britische Token und Marken
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Die Token vom Ende des 18.Jahrhunderts sind auch nicht durchgängig erforscht. Dieses Stück ist bei Dalton & Hamer als Cumberland Nr. 1 verzeichnet. Der Stempel ist von Wyon, Hersteller war Kempson. Keine Randschrift. Interessant ist die dargestellte sehr schlichte Fördertechnik, wie sie damals noch im Kohlebergbau in Cumberland eingesetzt wurde: ein Pferd im Göpelwerk zieht den Transportbehälter aus dem Schacht, der also nicht sehr tief gewesen sein mag. Der Arbeiter hält das Seil, eine andere Führung scheint es nicht zu geben. Der Besitzer des Bergwerks Low Hall in Hensingham soll 1797 noch Sir Wilfred Lawson, Bt. gewesen sein, das ist nicht sicher, andere Quellen nennen die Familie Lowther. Das Bergwerk wurde im Jahr 1797 geschlossen, vielleicht überraschend aufgrund eines Wassereinbruchs. Sonst hätte man vorher nicht noch aufwendige Token in Auftrag gegeben. Es wurden nur 200 Stück geprägt, ich vermute, daß die Bestellung nach dem Entschluß zur Stillegung storniert wurde. Im Handel finden sich auch Stücke mit deutlichen Umlaufspuren, aber für welchen Zweck der Token entstand, ist unklar. Er hat Halfpenny-Größe, 9,0 g, aber es fehlt jeder Hinweis auf einen Geldwert oder einen Einlöser. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Schon vor dem australischen Goldrausch, der 1851 begann, war die Kleingeldnot dort extrem geworden. Die Lebensmittelhändler Annand und Smith ließen deshalb 1849 als erste australische Kaufleute über ihren Agenten in England Token prägen. Der Auftrag ging an die Soho Mint, die dabei war, ihren Betrieb einzustellen. Tatsächlich war es dann der letzte Prägeauftrag dieser von James Watt mit ins Leben gerufenen privaten Münzanstalt. Für den Penny wurde ein schlichter Vorderseitenstempel für 1 Pfund Kosten hergestellt, als Rückseite verwandte man einen Stempel vom Lager, der im Jahr 1806 von Küchler für die Prägung von offiziellen Pennies geschnitten worden war. Diese Zweitverwendung sollte nicht offenkundig sein, die Signaturen K (zwischen dem Fuß des Dreizacks und dem Schild auf dem untersten Bild) und SOHO wurden getilgt. Der verbrauchte Stempel wurde offenbar poliert, dabei gingen feinere Details verloren. Über der Gabel des Dreizacks im "N" zeigt sich ein Stempelriß. Die Auflage betrug etwa 45.000 Stück, sie war schnell im Umlauf verschwunden. Die Fa. Annand & Smith erzielte dabei einen Münzgewinn von etwa 70 Pfund, auch der Werbeeffekt war wohltuend (und kostete nichts). Also wurde im folgenden Jahr eine zweite Auflage bestellt, diese wurde dann von der Fa. Heaton geprägt, die die Stempel und Prägewerkzeuge der Soho-Mint erworben hatte. Der Rückseitenstempel wurde dafür mit der Signatur der Fa. Heaton versehen. - Hier ein Exemplar der ersten Serie und im Vergleich dazu die Rückseite eines Pennies von 1806. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Die Verwendung alter Stempel ist aus Kostengründen öfter erfolgt. Ein schönes Beispiel, wie ein Stempel erst für einen Token, dann für eine richtige Münze und dann für einen Truck-token verwandt wurde, habe ich hier. Für die britische Siedlungskolonie New Brunswick hatte die Kolonialverwaltung 1843 Token über 1 und 1/2 Penny bestellt, vermutlich bei der SOHO-Mint. Für die Rückseite gab es ein schön designtes Segelschiff-Motiv. Die halboffizielle Tokenprägung führte zu Unmut der Regierung, die Token wurden 1853 für illegal erklärt, aber es mußte Ersatz her. Also gab es 1854 eine offizielle Ausgabe, die von der Royal Mint veranstaltet wurde. Mangels Kapazitäten vergab diese den Prägeauftrag an Heaton in Birmingham, der den von SOHO erworbenen Rückseitenstempel weiter verwandte, nur statt TOKEN hieß es jetzt CURRENCY. Die Vorderseite zeigte das offizielle Porträt Victorias von William Wyon. Da die Kolonie 1860 zur Dollar-Währung überging, kam es nicht zu weiteren Prägungen und die Stempel verschwanden wieder im Archiv. 1877 orderte das Handelsministerium bei Heaton Token, die als Einsatzquittung für Freiwillige der Küstenwache dienen sollten. Jede Coast Guard Station erhielt 25 Stück in einem Leinensack, die dann bei einem Einsatz an die Anwesenden ausgegeben wurde. Bei der Abrechnung gab es dafür 2 Shilling 6 Pence für einen Einsatz, wurde ein Wrack betreten, erhöhte sich das Entgelt auf 5 Shilling und sogar auf 1 Pfund, wenn es wirklich zu Lebensrettungen kam. Die Gesamtauflage betrug 4.000 Stück. Und der sparsame Heaton holte den Rückseitenstempel vom Lager... - Die Lebensrettungstoken verweisen auf den Rocket Apparatus, das war ein Rettungsseil, das mit einer Kannone verschossen wurde. So konnte ein gestrandetes Schiff, das in der Brandung vor Felsen lag, ohne gefährliche Bootsmanöver betreten werden. 1972 wurde das System abgeschafft und die Token eingesammelt. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Sir Sotherton Branthwayt Peckham Micklethwaite, Bt., ist ein Name, der von Charles Dickens erfunden sein könnte. Aber der Mann hat von 1786-1853 wirklich gelebt und zwar als Gentleman-Farmer in Sussex, wo er in seinem Gut Iridge Place bei Salehurst vermutlich auch Hopfen anbaute. Das Landgut in Sussex hatte der Großvater 1756 erheiratet, die Familie Micklethwaite stammte eigentlich aus Yorkshire und gehörte zur Schicht der landbesitzenden Bürger, ein Cousin hatte es sogar in den hohen Adel geschafft, dessen Titel eines Viscounts war aber mangels direkter Erben erloschen. Unserem Micklethwaite, der in jungen Jahren Offizier war, ehe er 1824 das Landgut erbte, gelang es im Jahr 1832 die spätere Queen Victoria und deren Mutter vor einem Unfall zu bewahren, indem er die durchgegangenen Pferde an der königlichen Kutsche mit Mut und Körperkraft zum Halten brachte. Dafür erhielt er 1838 den Titel eines Baronet. Da der hier vorgestellte Token zu einem Shilling diesen Titel, auf den M. sehr stolz war, nicht erwähnt, ist er wohl vor 1838 entstanden und nach 1824, denn auch wenn die Verwendung als Hopfentoken nicht sicher ist, mit dem Landgut wird das Stück schon zusammenhängen. Es gibt übrigens auch ähnliche Stücke zu einem Penny und vielleicht auch noch Zwischenwerte. Die eine Seite hat den Wert, umgeben vom abgekürzten Namen SBP Micklethwaite und auf der anderen Seite ist ein Greifenkopf auf einem Wulst dargestellt. Diese Crest (dt. Helmzier) tritt in der britischen Heraldik häufig pars pro toto für das Wappen, hier der Familie Micklethwaite. Das Stück ist aus Messing, 24 mm, Henderson, Hop tokens of Kent and Sussex, Nr. 354. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Noch ein auffälliges Stück aus der Landwirtschaft: ein herzförmiger Shilling-Token der Smerdon Manor Farm, Petersham. Dieser Ort liegt bei Richmond, bis 1965 in Surrey, heute zu London gehörend. Besitzer der Farm war um 1900 Richard Smerdon, der Token wurde von Ralph Neal hergestellt, aufgrund der angegebenen Adresse 49 & 50 Percival Street läßt sich das Stück zwischen 1895 und 1914 datieren. Es sind ähnliche Stücke zu 6 d bekannt. Grüße, KarlAntonMartini
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Re: Schaukasten: Britische Token und Marken
Die Insel Man eignete sich aufgrund ihrer Abgelegenheit in beiden Weltkriegen gut für die Einrichtung von Internierungslagern. Dort wurden Ausländer aus Feindstaaten, die sich zu zivilen Zwecken bei Kriegsbeginn in Großbritannien aufhielten, untergebracht. Ab 1940 wurden in der Hauptstadt Douglas sowie den Küstenorten Onchan, Ramsey, Peel, Port Erin und Port St. Mary geeignete Immobilien, meist wegen des Krieges nicht genutzte Hotels, akquiriert. In Onchan war das eine Gruppe von etwa 60 Gebäuden. Dort wurden dann ab Juni 1940 etwa 1.500 deutsche und österreichische Frauen und Kinder untergebracht. Die Männer waren in einem besser bewachten Lager interniert. Die Bewohner durften sich im Prinzip auch außerhalb des Lagers bewegen, die Kinder besuchten die Schule. Die Unterstützung wurde mit einem eigenen Lagergeld ausgezahlt, das in den Geschäften der Insel angenommen wurde. Es gab Scheine von 10 shilling, 5 shilling und Half-crown. Münzen wurden im Wert von 6 d, 1 d und 1/2 d aus Messing geprägt. Hersteller war die Fa. J.R. Gaunt in Birmingham. Das individuelle Lagergeld wurde bereits Mitte 1941 wieder eingezogen und durch einheitliches Geld für alle britischen Lager ersetzt. Der Penny hatte mit 20.000 Stück die höchste Auflage, er kommt nicht allzu selten vor. Die anderen beiden Nominale sind mit 2.500 bzw. 2.000 Stück Auflage deutlich schwerer zu bekommen. (vgl. Alan Cope, Manx Internment Camp Tokens, TCSB Vol. 7 Nr. 4; Schwan/Boling, S.181) Grüße, KarlAntonMartini
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Re:
Dieser Thread verdient es weitergeführt zu werden, ich hatte ihn völlig aus den Augen verloren. - Grüße, KarlAntonMartinidiwidat hat geschrieben: ↑Fr 06.03.09 23:10Von den englischen Token haben sich bei mir auch ein paar angesammelt.
Von diesem "Marktgeld" ist mir erzählt worden , dass auf den Großmärkten die Tagelöhner kein richtiges Geld in die Hand bekamen, sondern nur dieses Marktgeld, um bei der Arbeit zu bleiben und nicht in den nächsten Pub abzudriften.
Bei den Chinesen gab es genau das Gleiche mit diesen Tally Sticks, die nur im Marktbüro in richtiges Geld getauscht werden konnten.
Die Stücke hatten teilweise einen Wert verglichen mit ca. 20 Goldmark im Deutschen Kaiserreich.
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