Entwicklung der Sprache

Alles was nichts mit Münzen zu tun hat

Moderator: Locnar

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Homer J. Simpson
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Entwicklung der Sprache

Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 06.05.09 21:38

ANMERKUNG: Dieser Beitrag wurde von http://www.numismatikforum.de/ftopic31136.html abgetrennt.

@ Chandra: War der "Gesichtserker" jemals ein ernstgemeinter Vorschlag? Wenn ja, dann zeigt er natürlich alle Eigenschaften einer Eindeutschung, deren einziger Erfolg der ist, daß man sich lächerlich macht: länger und komplizierter als das Original, schief im Vergleich und insgesamt absurd.
Aber wenn ich in einer deutschen Stadt von der Mall in die Lounge oder umgekehrt gehe, kommt mir schon etwas der Kaffee hoch. Hier sagt mir das Fremdwort nur: Schau mal, wie schlau ich daherrede! Und auch am Rechner werde ich mir Bilder von Münzen auf Ebay lieber herunterladen, anstatt sie zu downloaden (oder: anstatt sie downzuloaden??). Man muß nicht alles eindeutschen, aber man sollte auch nicht jeden dummen Anglizismus aus der Fernsehvolksverdoofung nachplappern.

Hómer (oder Homér? :wink:)
Zuletzt geändert von Homer J. Simpson am Fr 08.05.09 13:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Peter43
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Beitrag von Peter43 » Mi 06.05.09 22:33

Der Erfinder des 'Gesichtserkers', und übrigens auch des 'Meuchelpuffers (= Pistole)' war Philip von Zesen. Viele seiner Wortschöpfungen haben sich nicht durchgesetzt. Aber wer weiß schon, daß Wörter wie 'bestimmt, Zukunft, Schicksal, häufig, Gegenstand, Leidenschaft, geeignet, Rücksicht' Wortneuschöpfungen aus dieser Ecke sind, um bisher gebrauchte französische Wörter wie 'frequente, objet, passion usw.' abzulösen. Ein anderer Wortschöpfer, Christian Wolff, hat die Sprache der deutschen Philosophie aus sich heraus geschaffen. Wer einmal versucht hat, einen philosophischen Text ins Englische zu übersetzen, weiß, was ich meine.

Mit freundlichem Gruß
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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Mi 06.05.09 23:34

Auszug aus dem Wikipedia-Eintrag (http://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_von_Zesen):

Zesen erfand für zahlreiche Fremdwörter Verdeutschungen, die Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben, wie Ableitung (für das Fremdwort Derivation), Abstand (Distanz), Angelpunkt (Pol), Anschrift (Adresse), Augenblick (Moment), Ausflug (Exkursion), Beifügung (Apposition), Beistrich (Komma), Besprechung (Rezension), Blutzeuge (Märtyrer), Bücherei (Bibliothek), Emporkömmling (Parvenü), Entwurf (Projekt), Farbgebung (Kolorit), Freistaat (Republik), Gesichtskreis (Horizont, Panorama), Glaubensbekenntnis (Credo), Gotteshaus (Tempel), Grundstein (Fundament), Kerbtier (Insekt), Kreislauf (Zirkulation), Leidenschaft (Passion), Letzter Wille (Testament), Mundart (Dialekt), Nachruf (Nekrolog), Rechtschreibung (Orthographie), Sinngedicht (Epigramm), Sterblichkeit (Mortalität), Verfasser (Autor), Vollmacht (Plenipotenz), Wahlspruch (Devise), Weltall (Universum), ihm zugeschrieben wird auch Zerrbild (Karikatur).

Da muß ich natürlich sagen: Respekt, das ist eine echte Leistung! Im Artikel stehen dann auch noch die gescheiterten Eindeutschungsversuche - Meuchelpuffer ist echt klasse, den kannte ich noch nicht.

Homer
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Beitrag von Peter43 » Do 07.05.09 00:41

Da sieht man doch, daß Münzsammeln bildet! :wink:

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Chandragupta
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Beitrag von Chandragupta » Do 07.05.09 09:06

Homer J. Simpson hat geschrieben:Und auch am Rechner werde ich mir Bilder von Münzen auf Ebay lieber herunterladen, anstatt sie zu downloaden (oder: anstatt sie downzuloaden
Ohne jetzt zu sehr OT werden zu wollen und es in eine reine Sprachdiskussion ausarten zu lassen: Gerade bei der Computerei (Achtung: jetzt kommt ein anglisierender Neologismus, den ich wirklich zutiefst HASSE!) "machen" Anglizismen durchaus "Sinn". Allerdings gibt's in vielen Fällen sehr gute Eindeutschungen, und die benutze ich dann auch: Tastatur, Bildschirm, Drucker, Festplatte ... aber schon die "Hauptplatine" will mir nicht mehr wirklich über die Lippen, das ist für mich halt ein Motherboard. Und wie heißt der Scanner in Deutsch? ;)

Ansonsten lade ich Dateien natürlich runter oder hoch. Bei "download"-Eindeutschungen bekomme ich wie Du das kalte Grausen.

Ach so, bei Münzen bevorzuge ich "Avers und Revers" statt "Vorder- und Rückseite". Ich weiß auch nicht, warum... ;)

PS: Ich war oben nur gerade nicht auf den Namen von Zesen gekommen. Genau an den knüpfte man vor ca. 70 Jahren mit kindischem Übereifer an...
Numismatische Grüße,

Euer Chandra

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Homer J. Simpson
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Beitrag von Homer J. Simpson » Fr 08.05.09 00:15

Chandragupta hat geschrieben:(Achtung: jetzt kommt ein anglisierender Neologismus, den ich wirklich zutiefst HASSE!) "machen" Anglizismen durchaus "Sinn".
Da sind wir uns 100% einig. Wenn ich höre, wie jemand Fernseh- oder Radiointerviewtes daherschwallt "...schon in 2007 haben wir realisiert, daß das Sinn macht...", denke ich mir: Du A.m.O., lern erst mal Deutsch, bevor du ein Mikrofon mit deinen Sprechblasen verunreinigst.
Chandragupta hat geschrieben:PS: Ich war oben nur gerade nicht auf den Namen von Zesen gekommen. Genau an den knüpfte man vor ca. 70 Jahren mit kindischem Übereifer an...
Da bist Du weiter als ich, ich hatte den Namen noch nie gehört. Aber bei all den Begriffen aus Wikipedia hätte ich nie gedacht, daß die erst vor 350 Jahren ein einzelner Mensch erfunden hat. Davor habe ich schon Hochachtung (Wörter erfinden ist das eine, welche erfinden, die sich so selbstverständlich durchsetzen, etwas ganz Anderes). Und was den kindischen Übereifer anbetrifft: Daß wir keinen Zerknalltreibling brauchen, ist uns heute klar. Aber Geschichte wiederholt sich doch: Vor 70 Jahren machte man aus dem Cabriolet das Kabriolett, heute aus dem Portemonnaie das Portmonee (lt. Rechtschreibreform, jetzt darf man aber wieder beides). Guckst du Alder, voll krass deutsch.

Viele Grüße,

Homer

PS: Sorry für das "Hapax legomenon", aber dafür kannte ich keinen anderen Ausdruck.
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Beitrag von beachcomber » Fr 08.05.09 00:31

wobei wir mal nicht vergessen sollten, das sprache was lebendiges ist und niemals 'rein' erhalten werden kann(was ich im übrigen auch für einen reaktionären standpunkt halte).
wenn es vor 200 jahren französische 'lehnwörter' waren die die deutsche sprache bereicherten, sind es im moment halt englische, und wer weiss, in 200 jahren vielleicht chinesische? :wink:
grüsse
frank

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Beitrag von Peter43 » Fr 08.05.09 01:42

Meinst Du damit, es gibt keinen Unterschied zwischen gutem und schlechtem Deutsch?
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Deutsch - Latein

Beitrag von kalle123 » Fr 08.05.09 10:10

Hallo,
mit großem Interesse habe ich die Beiträge gelesen. Ist Deutsch, ebenso wie Latein bald eine "tote Sprache"? Ich muss sagen, dass es mich sehr nervt, wenn ich mit meinem Auto 30 km zur Arbeit, oder nach Hause fahre, nirgendwo etwas Musikalisches in deutscher Sprache reinbekomme. Nur Englisch, gelegentlich Italienisch. Falls doch zufällig einmal was Deutsches kommt, ist dies entstellt.
Doch nochmal in die Vergangenheit. Warum gibt es Latein nicht mehr wie früher?
Ist Italienisch eine Weiterentwicklung der lateinischen Sprache?
Danke
kalle

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Beitrag von Peter43 » Fr 08.05.09 10:32

Hallo Kalle!

Hier ist eine Seite mit dem Thema: Warum noch Lateinisch? http://www.prolatein.de/legitimation.html

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von beachcomber » Fr 08.05.09 10:47

Meinst Du damit, es gibt keinen Unterschied zwischen gutem und schlechtem Deutsch?
na klar, gibt es einen unterschied zwischen gutem und schlechten deutsch!
wenn es grammatikalisch falsch ist zum beispiel.(schlimmstes beispiel aus letzter zeit, an das ich mich erinnere: 'deutschlands meiste kreditkarte', da rollen sich mir die fussnägel hoch!)
da gibt es jede menge ausrutscher selbst bei nachrichtensprechern und personen des 'öffentlichen lebens'.
aber das benützen englischer termini z.b kann albern sein, muss aber nicht. wenn es sich durchsetzt wird es zu 'gutem' deutsch.
'scanner' war ja schon angesprochen worden, ein begriff der sich eingebürgert hat, weil eine deutsche übersetzung zu umständlich wäre.
es gibt ja sogar falsche anglizismen, wie 'handy' z.b, die sich durchsetzen, weil sie einfach 'griffiger' sind als 'tragbarer fernsprecher' :)
sprache ist was sehr demokratisches: die mehrheit entscheidet was 'gut' ist.
das mag einigen leuten widerwärtig sein, ist aber nicht zu ändern :)
grüsse
frank

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Beitrag von Peter43 » Fr 08.05.09 10:57

beachcomber hat geschrieben:
sprache ist was sehr demokratisches: die mehrheit entscheidet was 'gut' ist.frank
Nur gut, daß Du Dein 'gut' in Anführungszeichen gesetzt hast! Es gibt eben Dinge, die lassen sich nicht demokratisch durch Abstimmungen lösen. Und über unser 'Handy' lacht doch die Welt. Und was meinst Du, was eine amerikanische Schulklasse gesagt hat, als sie bei Karstadt 'body bags' im Schaufenster entdeckt hat?. :D

Mit freundlichem Gruß
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Beitrag von areich » Fr 08.05.09 11:02

Frank, es gibt ja noch 'Mobiltelefon', das ist durchaus brauchbar.
Ich sage aber auch Handy, dieses sture Ablehnen von Anglizismen
hat für mich immer einen schlechten Beigeschmack.

Eine lebendige Sprache entwickelt sich, daß ist ganz normal
und es wäre sicher für die Menschheit im Ganzen nicht das Schlechteste, wenn
irgendwann in ein paar hundert Jahren alle dieselbe Sprache sprechen würden.

Diese Sprache wäre dann sicher dem Englischen viel ähnlicher als dem Deutschen, so what?

Wenn man Englisch benutzt, sollte man es auch können,
meine Lieblingsbeispiele für Fälle wo das nicht so ist sind:

'Happy End' Toilettenpapier und der 'Horny' Hornhauthobel.

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Beitrag von beachcomber » Fr 08.05.09 11:05

da ich mal vermute, dass da keine leichensäcke lagen, kann ich mir deren reaktion vorstellen :)
was, zum teufel, sind auf neu-deutsch body bags?
grüsse
frank

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Beitrag von beachcomber » Fr 08.05.09 11:06

'horny' hornhauthobel? geil! :)
grüsse
frank

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