antike Stätten

Alles was so unter den Römern geprägt wurde.

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Ariminum
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Re: antike Stätten

Beitrag von Ariminum » Fr 14.10.16 21:30

Stratonikeia
Eine sehr spannende, ausserordentliche Ortschaft in (wohl fast einzigartig) griechische, römische, osmanische und türkische Bauten in-, neben- und übereinander liegen.
Der Ort wurde 1956 durch ein Erdbeben schwer geschädigt und die Bevölkerung umgesiedelt (mit Ausnahme von 4 Familien die weiterhin dort leben). Jedoch wurden die Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert nicht abgetragen und man kann durch Holztore noch in die osmanischen und türkischen Häuser und Höfe gehen und auch sehen wie antiken Baureste in den türkischen Gebäuden verbaut wurden.
Der Ort war wohl schon in hethitischer Zeit besiedelt die Stadt selber wurde jedoch von Antiochios I. Anfang des 3. Jhdts BC gegründet und nach seiner Frau Stratonike benannt. Sie gehörte zu den bedeutenden Städten Kariens.

Silvio

P.S. Rainer, freut mich von Dir zu lesen. Weisst, obwohl ich sehr Abseits der "Trampelpfade" unterwegs war hab ich mich immer sehr sicher gefühlt (sicherer als, leider, in Neapel oder Sizilien). Grade am Land habe ich die Türken als sehr gastfreundlich, Stolz auf die reste der Vergsngenheit (die ja nicht mal zu ihrer Geschichte gehört) und sehr aufgeschlossen und freundlich erlebt. Ein Restrisko belibt immer, aber dann dürfte man auch nicht nach Frankreich. Für politische Diskussionen (beziehe mich da auf Justus) ist dies nicht der richtige Ort, aber sicherlich ist in unserer hochkomplexen Welt nicht alles Schwarz / Weiss.
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Stratonikeia_1.jpg
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Re: antike Stätten

Beitrag von Perinawa » Sa 15.10.16 23:02

Ariminum hat geschrieben: P.S. Rainer, freut mich von Dir zu lesen. Weisst, obwohl ich sehr Abseits der "Trampelpfade" unterwegs war hab ich mich immer sehr sicher gefühlt (sicherer als, leider, in Neapel oder Sizilien). Grade am Land habe ich die Türken als sehr gastfreundlich, Stolz auf die reste der Vergsngenheit (die ja nicht mal zu ihrer Geschichte gehört) und sehr aufgeschlossen und freundlich erlebt. Ein Restrisko belibt immer, aber dann dürfte man auch nicht nach Frankreich. Für politische Diskussionen (beziehe mich da auf Justus) ist dies nicht der richtige Ort, aber sicherlich ist in unserer hochkomplexen Welt nicht alles Schwarz / Weiss.
Ciao Silvio, grazie mille,

ich weiss doch, dass du - genau wie ich - gerne abseits der Touripfade unterwegs bist.

Ich habe die Türken in der Provinz auch als äusserst gastfreundlich in bester Erinnerung. Das "Restrisiko" ist halt dieser Erdowahn. Ich möchte einfach nicht eingekerkert in diesem Land verweilen, bloss weil ich ein paar Steine vom Strand aufgelesen oder eine kleine englische Schlam... gepimpert habe.

Rainer

PS. Neapel und Sizilien habe ich jetzt auch nicht so wirklich als unsicher empfunden.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Perinawa für den Beitrag (Insgesamt 2):
Georgios5 (Fr 17.12.21 19:43) • chevalier (Mo 20.06.22 20:38)
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Re: antike Stätten

Beitrag von justus » So 16.10.16 16:12

Perinawa hat geschrieben:Neapel und Sizilien habe ich jetzt auch nicht so wirklich als unsicher empfunden.
dto. Auto aufgebrochen in Padua - Mantel geklaut im Zug bei Florenz - Auto aufgebrochen in Civitavecchia
... dagegen niemals Verluste zu beklagen gehabt unterhalb von Rom bis nach Palermo !
mit freundlichem Gruß

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Mo 17.10.16 18:16

Schön, dass noch jemand von seiner Reise berichtet, zumal das hier nicht so die üblichen Ziele in Kleinasien sind, sondern eher etwas seltener angesteuerte :D .

Dürfen wir da auf mehr hoffen, oder war es das?

Gruß

Altamura

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Re: antike Stätten

Beitrag von Ariminum » Mo 17.10.16 21:18

Heraclea Salbace
Auch wenn hier nicht allzu viel spektkuläres zu sehen war, war es für mich doch ein Highlight.
Bin zum Ort Vakif gefahren, es war aber gar nichts ausgeschildert. Hab angehalten und eine älteren Herrn mit meinen 3 türkischen Worten gefragt. Der hat mir gewunken ihm nachzugehen und bin mit ihm zw. Schlangen und Wildschweinen den Berg hochgestapft (wobei er noch sehr gut zu Fuss war und ich mir schwer tat mitzuhalten). Die Stadt scheint wirklich sehr ausgedehnt gewesen zu sein (zumindest empfand ich es in den Beinen so). es ist wenig ausgegraben worden (eigentlich hab ich nur eine Prospektionsgrabung beim Theater gesehen). Viel ist wohl auch nicht mehr übrig (es soll tolle Tempelfriese mit Opferszenen geben - aber ich hab mich da nicht verständlich machen können). Aber es war schon eine 3 Std. Wanderung die sehr eindrücklich war zw. wilden Granatäpfelbäumen, Olivenhainen und Orangenbäumen. Die bewachsenen und unberührten Überreste der Stadt haben eine ganz eigene Atmosphäre.
Nachher hat mich der freundliche Herr noch zu sich eingeladen, mir Frau, Tochter und Enkel vorgestellt, Tee und wunderbare Melonen und Weintrauben angeboten und da hab ich noch die anderweitig beschrieben Grabstele im Hof gesehen.
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Re: antike Stätten

Beitrag von Ariminum » Mo 17.10.16 22:04

Tabae
Auf einem beeindruckenden Felsplateau gelegen. Der daraufstehende türkische Ort Tavas ist aufgrund von Murengefahr in die Ebene verlegt worden und nur die Moscheen sind geblieben. Tabae war eine bedeutende Stadt and der Grenze zw. Karien und Phygrien und bekannt durch seine Webereien (von denen man noch die Fundamente sieht). Sehr spannend sind auch die karischen Felsgräber - hab mich aber nicht hingetraut - absturzgefahr für eine Flachlanditaliener zu gross. Besonders ist der Ort, für mich, dadurch, dass es so gut wie keine Grabungen gegeben hat und man sieht, wie wohl die hellenistischen und römischen Städte für die ersten Archäologen Ende des 19. Jhdts. gewirkt haben dürften.

Nysa
Ganz beieindruckend und absolut interssant war Nysa. Hier soll Dionysos geboren und aufgewachsen sein. Bereits Homer hat die Stadt beschrieben. Die jetzige Stadt wurde von Antiochios I. gegründet und war zur römischen Kaiserzeit ein wichtiges Zentrum der Wissenschaft. Strabo ist in der Bibliothek (siehe Foto) ausgebildet worden. Die Stadt wurde nach Eroberung und Plünderung seitens Tamerlan (fürchte, dass er wohl auch mit der Bevölkerung nicht sehr zart umging) aufgegeben.
Das Theater am Hang ist atemberaubend und die Friese der Orchestra sehr spannend (nur Repliken, die Originale sind im Museum). Un dwie man sieht tragen die römischen Brücken auch heute noch (fragt die Ösis mal nach der Reichsbrücke ;-) )
Auch hier ist ein grosser Teil der antiken Stadt noch unberührt und nicht ausgegraben.
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Tabae_5.jpg
Tabae
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Nysa Bibliothek
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Fr 28.10.16 18:53

Hallo zusammen,

Anfang des Sommers sind wir zwei Wochen in der Provence gewesen. Da waren wir zwar schon öfter, aber da wir dieses Jahr nicht viel Zeit in Planung und Vorbereitung des Urlaubs investieren konnten, haben wir einfach auf Altbewährtes zurückgegriffen :D .

Vor ein paar Jahren hatte ich hier schon einmal einen Bericht aus der Provence abgeliefert (http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 75#p296809),
ich werde daher versuchen, ohne allzu viele Dubletten auszukommen.

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 1: Glanum (Folge 1/2)

Unser erster Ausflug zu einer antiken Stätte (wir haben auch anderes angeschaut) führte uns nach Glanum. Der Ort, zwischen Arles und Cavaillon inmitten der Hügelkette der Alpilles gelegen, wurde von den kelto-ligurischen Salluviern um ein dem Gott Glanis geweihtes Heiligtum gegründet (daher auch der Name). Im Laufe des dritten Jahrhunderts v. Chr. machte sich von Massalia ausgehender griechischer Einfluss bemerkbar, bis die Stadt schließlich im ersten Jahrhundert v. Chr. nach dem römischen Sieg über die Salluvier endgültig römisch wurde.

Diese drei Epochen, die keltische, die griechische und die römische, haben sich in der Architektur der Stadt nacheinander überlagert, so dass es manchmal nicht ganz einfach ist, die ausgegrabenen Gebäudeteile zu erkennen und auseinanderzuhalten :? .

Nähert man sich der Stadt von Norden her, so so stößt man noch vor dem eigentlichen Ort auf die "Les Antiques" genannten Reste eines Mausoleums und eines Triumphbogens.
01-01_Les Antiques_a.jpg
Der Triumphbogen wurde in spätaugusteischer Zeit etwa zwischen 10 und 20 n. Chr. gebaut, der obere Teil ist leider nicht mehr erhalten.
Die Figuren auf den Reliefs an den Seiten stellen Gefangene dar, die wohl für unterworfene "Barbarenvölker" stehen, so ganz eindeutig scheint die Interpretation aber nicht zu sein.

Das meist als Mausoleum bezeichnete Kenotaph (also ein Monument zur Erinnerung an einen Verstorbenen) wurde zwischen 35 und 20 v. Chr. von Sextus, Marcus und Lucius Julius, Söhne des Caius Julius, für ihre Eltern errichtet. Die handelnden Personen waren vermutlich einheimische Gallier, deren Vorfahren das römische Bürgerrecht erhalten hatten und dabei einen lateinischen Namen annahmen. Und wie es damals oft üblich war, nahm man als Familiennamen denjenigen des aktuellen Kaisers :wink: .
01-02_Reliefs Mausoleum.jpg
Betritt man dann die Stadt, kommt man am nördlichen Ende zunächst in ein von Wohnhäusern geprägtes Viertel, dessen Bauten bis ins zweite Jahrhundert v. Chr. zurückgehen.
Das "Haus der Anten" besitzt einen schönen, von Säulen umstandenen Innenhof. Das Becken in der Mitte wurde praktischerweise auch als Zisterne genutzt.
01-03_Maison des Antes.jpg
Neben dem Haus der Anten befindet sich ein Heiligtum, das hauptsächlich dem Kybele-Kult diente. In ihm steht, immer noch am alten Platz, ein Weihealtar für die Bona Dea (die in Glanum wohl mit Kybele verschmolzen war), spendiert von ihrer Ministra Loreia Pia. Um den Bitten der Spenderin besser Gehör zu verschaffen, wurde der Altar speziell den Ohren der Göttin geweiht :D (http://www.persee.fr/doc/ran_0557-7705_ ... _31_1_1501).
01-04_Altar Bona Dea.JPG
Die Hauptstraße führt von Nord nach Süd durch ganz Glanum und verläuft auf gut der Hälfte der Strecke über einem Abwasserkanal, daher die großen Bodenplatten.
Da von den Alpilles her meistens Wasser durch die Stadt floss, dürfte dieses auch eine relativ hygienische und vielleicht auch geruchsarme Angelegenheit gewesen sein.
01-05_Hauptstrasse.JPG
Ganz in der Nähe von Glanum hat man übrigens die (allerdings sehr spärlichen) Spuren einer Staumauer und einer Wasserleitung von dort in die Stadt gefunden (https://de.wikipedia.org/wiki/Glanum-Staudamm), auch das Wasser aus den umliegenden Tälern wurde mit Leitungen in die Stadt geschafft. Man hatte also in guter römischer Wasserbaukunst die Versorgung der Stadt in allen Jahreszeiten sichergestellt. Und heute befindet sich an fast derselben Stelle wieder ein kleiner Stausee.
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Fr 28.10.16 19:06

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 1: Glanum (Folge 2/2)

Vom monumentalen Zentrum der Stadt ist außer sehr vielen Grundmauern nicht mehr sehr viel erhalten geblieben. An einer Ecke hat man drei Säulen und ein Stückchen Giebel eines der zwei dort stehenden Tempel wieder aufgebaut.

01-06_Tempel.jpg
Im älteren, bereits aus keltischer Zeit stammenden Teil der Stadt, befindet sich das Quellheiligtum des Gottes Glanis. Über eine Treppe gelangt man um zwei Ecken herum hinab zum Wasser.
Dieses füllt heute noch ständig das Becken, das damals sogar mit einer Art Sammel- und Reinigungsvorrichtung gebaut wurde: https://www.academia.edu/3280662/S._Agu ... p._201-224
(auf Seite 221 sieht man da ein bisschen davon).
01-07_Abgang Quellheiligtum.jpg
01-08_Quellheiligtum.jpg
Gegenüber des Eingangs zum Quellheiligtum führt ein Treppenweg den Berg hinauf zu einer Felsspalte (von der man heute allerdings kaum noch was sieht), die ebenfalls kultische Bedeutung besaß.
01-09_Aufgang Bergheiligtum.JPG
Von oben bietet sich dann noch ein sehr schöner Blick über die gesamte Stadt.
01-10_Glanum Überblick.jpg
Zum Abschluss haben wir dann noch auf dem Ausgrabungsgelände im dazugehörenden Restaurant "echt römisch" zu Mittag gegessen (also ohne Kartoffeln, Tomaten und derart neumodische Zutaten :wink: ).
Da wir bei unserer Ankunft am Morgen die Köchin mit gefüllten Einkaufstaschen haben ankommen sehen, konnten wir auch halbwegs sicher sein, dass das alles frisch zubreitet war.
Und so hat es dann auch geschmeckt :D .

Glanum trat auch numismatisch in Erscheinung, aber sehr spärlich und rätselhaft. Bei Grabungen des Marquis de Lagoy kam 1824 ein Exemplar einer Drachme mit der Legende ΓΛΑΝΙΚΩΝ zu Tage, die vom Aussehen her ein bisschen an Münzen aus Karthago und Massalia erinnert (heute in der BnP). Beschrieben hat diese Münze Henri Rolland 1933 hier: http://www.tpsalomonreinach.mom.fr/Rein ... 3_0001.pdf
Erst 1979 wurde ein zweites Exemplar gefunden (nun in Privatbesitz), und mehr hat man bis heute nicht. Abgebildet sind die zwei Exemplare hier: http://syslat.on-rev.com/DICOMON/dicomo ... mit=submit
Es wird inzwischen auch argumentiert, dass eine Variante der lokalen Imitationen der Oboloi von Massalia (und da gibt es ziemlich viele, das ist recht verwirrend :| ) ebenfalls aus Glanum stammen:
https://www.academia.edu/3816794/LE_MON ... _GLANIQUES
Da könnte die Zukunft also vielleicht noch weitere numismatische Überraschungen bieten :D .

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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 29.10.16 19:20

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 2: Massalia (Folge 1/3)

In Marseille, dem antiken Massalia, bin ich dieses Jahr, aus welchen unerfindlichen Gründen auch immer, überhaupt das allererste Mal gewesen. Ich hatte da immer Begriffe wie "hässlich", "chaotisch", "uninteressant" im Kopf und mich daher nie so richtig dafür erwärmen können.

Der Anstoss, dieses Mal hinzufahren, war letztlich ein Bericht über das neue MUCEM, das Musée des Civilisations de l’Europe et de la Méditerranée, den wir im Fernsehen gesehen hatten. Dieses Museum wurde 2013 eröffnet, als Marseille europäische Kulturhauptstadt war, und ist eines der kulturellen Großprojekte, wie man sie in Frankreich noch finanziert und durchgeführt bekommt (da tut man sich bei uns ja immer viel schwerer damit :? ).
Der Bau ist nun richtig modern und gehört daher nicht hierher, anschauen kann man sich ein bisschen was hier: https://commons.wikimedia.org/wiki/Cate ... uselang=de
Die Architektur hat mir von außen sehr gut gefallen :D , von innen weniger (der Eingangsbereich sieht etwas kahl und eher nach Bahnhofshalle aus :| ).
Und das Konzept der Dauerausstellung hat mich überhaupt nicht überzeugt, ich empfand das als zu beliebig, zu bunt zusammengewürfelt. Dass man immer da, wo es geht, Getreide angebaut und daraus Brot fabriziert hat, ist jetzt irgendwie keine neue Erkenntnis :wink: .

Aber zurück zu Antikem. Massalia wurde im siebten Jahrhundert v. Chr. von Griechen aus Phokaia in Ionien gegründet. Der Gründungslegende nach sollte zu dieser Zeit die keltische Fürstentochter Gyptis verheiratet werden, die sich zu diesem Zweck dann Protis aussuchte, den Anführer der griechischen Siedler. Als Mitgift gab es dann vom Keltenfürsten noch ein Stück Land, auf dem dann mit der Zeit Massalia wuchs und gedieh. Und an diesem Ort um die strategisch gelegene Bucht liegt Marseille noch heute :D .

Der Aufstieg Massalias war vor allem auf Handel mit dem Hinterland gegründet, so dass dort der griechische Einfluss mit der Zeit zunahm. So sind die ersten schriftlichen Zeugnisse aus Südfrankreich auch in griechischer Schrift geschrieben, auf Griechisch oder auch in keltischer Sprache.
Als im zweiten Jahrhundert v. Chr. die keltischen Stämme rund um Massalia mächtiger wurden, rief die Stadt das aufstrebende Rom um Hilfe. Die Römer kamen gerne, blieben aber auch gerne :? .
Als Massalia sich dann aus dem römischen Bürgerkrieg heraushalten wollte, stieß dies bei Julius Caesar nicht auf Gegenliebe, so dass er die Stadt nach sechsmonatiger Belagerung im Jahr 49 v. Chr. einkassierte :| .
02-01_Marseille_Hafen.jpg
Unser Weg führte uns zunächst am alten Hafen entlang zum Jardin des Vestiges (also dem "Ruinenpark") und dem dort gelegenen Musée d’Histoire de Marseille. Diese Reste des antiken Massalia wurden erst 1967 entdeckt, als man ein Viertel in der Altstadt sanieren und als Einkaufs- und Geschäftszentrum neu überbauen wollte.
Als die antiken Überreste zu Tage kamen, gab es große Diskussionen, ob man sie nicht einfach gleich überbaut, und wenn nicht, wer das dann bezahlen soll :? . Man hat sich dann doch entschieden, die Überreste zu erhalten, den Jardin des Vestiges einzurichten und gleich daneben das Museum zu bauen.
So kommt es aber, dass das Museum Teil des Einkaufszentrums Centre Bourse ist und der Jardin des Vestiges zumindest auf drei Seiten von grässlichster 70er-Jahre-Architektur umzingelt wurde :| .
02-02_Jardin_des_vestiges.jpg
Was man hier sieht, ist auf der rechten Seite eine Ausbuchtung des Hafenbeckens, die bis vor die Tore der Stadt verlief. Die Mauern am Rande der Rasenfläche rechts waren also die Hafenmauern, was man heute davon sieht, stammt aber schon aus römischer Zeit.

Der quadratische Gebäudestumpf links war einer der Türme der Stadtmauer, weiter im Hintergrund dann die Fundamente der eigentlichen Tortürme, zwischen denen dann der Weg in die Stadt hinein verlief. Diese Mauern stammen noch aus hellenistischer Zeit, aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr. Von diesem Weg sind aus römischer Zeit auch noch einige Bodenplatten vom vierten Jahrhundert n.Chr.erhalten.
02-03_Straßenpflaster.JPG
Hier die sogenannte Mauer des Crinas. Sie wurde bereits 1913 im Keller eines Hauses entdeckt. Man glaubte zunächst, dass sie Teil derjenigen Mauer sei, die im ersten Jahrhundert n.Chr. der reiche massaliotische Arzt Crinas finanziert haben soll. Tatsächlich stammt der Mauerzug ebenfalls bereits aus hellenistischer Zeit, aus dem zweiten Jahrhundert v. Chr.
02-04_Mur de Crinas.jpg
Hier noch ein Blick über das Hafenbecken auf das Museum (linker Teil, der rechte Teil ab der Ecke ist bereits Einkaufszentrum :? ). Direkt hinter dem Baum befindet sich ein Becken, in dem Süßwasser bereitgehalten wurde, damit sich die auslaufenden Schiffe damit versorgen konnten. Auch dieses Becken stammt aus römischer Zeit.
02-05_Musée d’Histoire.jpg
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 29.10.16 19:27

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 2: Massalia (Folge 2/3)

Das Musée d’Histoire de Marseille verfügt über eine sehr gute Sammlung zur Geschichte von Marseille und seines Umlands (und zwar zu allen Zeitläuften, nicht nur zur Antike).
Aus den umliegenden keltischen Siedlungen sind einige sehr schöne Stücke ausgestellt. Am interessantesten sind diejenigen aus dem Heiligtum Roquepertuse (https://de.wikipedia.org/wiki/Roquepertuse).
02-06_Pferderelief.jpg
Sehr beeindruckend wirkt eine zweigesichtige Skulptur, hier eine der Seiten.
02-07_Hermeskopf.jpg
Und noch eine menschliche Figur im Schneidersitz über einer Stele mit Vertiefungen für Schädel. Die Kelten im Süden Frankreichs pflegten ja ihren besiegten Gegnern die Köpfe abzuschlagen und diese dekorativ auszustellen :| .
02-08_Schädelstele.jpg
Vom griechischen Massalia hat sich nicht sehr viel erhalten. Eines der wenigen Teile einer Monumentalarchitektur ist dieses große ionische Kapitell (es ist etwa 1,80 Meter breit), das als Spolie in der Hafenmauer verwendet wurde und 1952 zu Tage kam. Es wird ins späte sechste oder frühe fünfte Jahrhundert v. Chr. datiert und stammt vermutlich von einem Tempel. Einen Rekonstruktionsversucht kann man hier sehen: http://multimedia.inrap.fr/atlas/marsei ... -archaique (man muss ein wenig runterblättern).
02-09_Kapitell.jpg
In Marseille wurden auch über 40 tempelförmige Weihegaben ("Naïskoi votifs de Marseille") gefunden, die vermutlich einer mit Wasser in Verbindung stehenden Fruchtbarkeitsgöttin gewidmet waren. Sie werden in die archaische Zeit etwa um 500 v. Chr. datiert.
02-10_Naiskoi.jpg
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » Sa 29.10.16 19:39

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 2: Massalia (Folge 3/3)

Antike Amphoren gibt es auch jede Menge zu sehen, hier einige in der für Massalia typischen, etwas bauchigen Form.
02-11_Amphoren.jpg
Ab 1993 wurden an der Place Jules-Verne sieben antike Schiffswracks ausgegraben, von denen fünf im Museum ausgestellt sind. Das Museum verfügt damit über die größte Sammlung antiker Schiffswracks
im gesamten Mittelmeerraum.
Besonders interessant fand ich das Wrack "Jules-Verne 9", das leider nicht mehr sonderlich gut erhalten ist. Es stammt etwa aus der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts v. Chr., wurde also grob drei Generationen nach Gründung der Stadt benutzt. Man kann daran gut erkennen, dass bei diesen frühen Schiffstypen die Planken sozusagen aneinandergenäht wurden. Die dazu notwendigen Löcher in den Planken sind deutlich zu erkennen.
02-12_Jules-Verne 9.JPG
Im alten Hafenbecken vor dem Museum fand sich 1974 ebenfalls ein antikes Wrack, das aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr., also aus römischer Zeit stammt. Das Schiff wurde aber Anfang des dritten Jahrhunderts n. Chr. vermutlich dort verlassen, als das Becken schon zu verlanden begann und nicht mehr richtig zu gebrauchen war.
Es diente zuvor als Handelsschiff und ist mit einer Originallänge von 23 Metern eines der größten in einem Museum ausgestellten antiken Handelsschiffe überhaupt 8O .
02-13_Épave de la Bourse.jpg
In der Nähe der Place Jules-Verne gibt es ein kleines Museum, in dem eine römische Lagerhalle mit in den Boden eingelassenen großen Dolia in situ zu sehen ist.
02-14_Docks romains.jpg
Dort ausgestellt ist auch eines der wenigen erhaltenen Mosaiken aus Massalia, das halbwegs noch was hermacht :wink: .
02-15_Mosaik.jpg
Es ist aus dem dritten Jahrhundert n. Chr. und stammt vermutlich aus den römischen Thermen.

Eine sehr angenehme Überraschung war für uns auch das Mittagessen, das wir zwischendrin in einem kleinen Restaurant draußen unter Sonnenschirmen einnahmen. Es sah gut aus, die mit Kreide auf eine Tafel geschriebene Karte des Tages klang vielversprechend, und als wir sahen, dass da jede Menge Bürovolk aus der Umgebung saß, wussten wir, dass wir hier nichts falsch machen können. Und so war es dann auch :D . Wir haben ein erstklassiges Menü in drei Gängen (frische Rouget-Filets mit Gemüse als Hauptgang) zu einem höchst moderaten Preis genossen. Von Touristennepp war da rein gar nichts zu verspüren :D .

An dem einen Tag Marseille haben wir natürlich lange nicht alles gesehen, da könnte man mehrere verbringen. Aber das kann man ja mal nachholen :wink: .
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Re: antike Stätten

Beitrag von Perinawa » Sa 29.10.16 20:08

Beachtlich, dass überhaupt noch etwas von dem alten Holz übrig ist.

Danke für's Zeigen, Altamura.
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » So 30.10.16 17:59

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 3: Die Mühlen von Barbegal (Folge 1/2)

Am Westrand der Alpilles liegen an einem Hang in der Nähe von Fontvieille die Mühlen von Barbegal, einer der interessantesten Industribauten aus römischer Zeit (https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BChlen_von_Barbegal).
Sie sind an einer topografisch günstigen Stelle an den Aquädukt gebaut, der Arles mit Wasser aus den Alpilles versorgte. Auf der Höhe (wobei "Höhe" relativ ist, so hoch sind die Alpilles nicht :wink: ) verläuft der Aquädukt zunächst schnurstracks auf einen Hang zu (den man hier aber noch nicht sieht). Genaugenommen handelt es sich um zwei Wasserrinnen, etwa 300 Meter nördlich der Mühlen wurde der Aquädukt geteilt.
03-01_Barbegal_Aquädukt_1.JPG
03-02_Barbegal_Aquädukt_2.JPG
03-03_Barbegal_Aquädukt_3.JPG
Kurz vor Erreichen des Hangs biegt die Rinne mit dem Wasser für Arles nach rechts ab in Richtung Westen, die andere führt durch einen Felsdurchbruch auf den Hang zu.
03-04_Durchbruch.JPG
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Re: antike Stätten

Beitrag von Altamura2 » So 30.10.16 18:04

Kleiner Bericht aus der Provence - Teil 3: Die Mühlen von Barbegal (Folge 2/2)

Auf der anderen Seite des Felsdurchbruchs befand sich nun eine Kaskade von zweimal acht gestaffelten Mahlwerken, die vom herabfließenden Wasser angetrieben wurden, eine nach der andern. Die einzelnen Mahlwerke befanden sich in kleinen Häuschen, an denen auf den Außenseiten Treppen entlang führten.
03-05_Abhang.jpg
Bereits im 18. Jahrhundert wurde diese Anlage als Industriekomplex interpretiert, zunächst glaubte man jedoch an eine Tuchfabrik. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Anlage dann als Mühle erkannt, was F. Benoit dann 1937-39 in einer Grabung bestätigen konnte.
1986 wurde eine weitere Grabung durchgeführt, und 1990 wurden dann auch Bruchstücke von Mühlrädern gefunden.

Die gesamte Anlage ist heute leider wieder ziemlich zugewachsen, so dass man die Gebäudestrukturen nicht gleich erkennt :? .
03-06_Mühlen_seitlich.jpg
Gebaut wurde die Mühlenanlage zwischen 110 und 120 n.Chr., eine ganze Zeit nach dem Aquädukt, der Arles mit Wasser versorgt hat. Die Mühle ist also ein nachträglicher Anbau, wenn man so will.
Genutzt wurde die Anlage in der einen oder anderen Form eventuell bis ins frühe Mittelalter, genau festlegen lässt sich das aber gegenwärtig nicht. Nach Schätzungen konnten bis zu 4,5 Tonnen Getreide pro Tag gemahlen werden, was für jeden der etwa 12.500 Einwohner in und um Arles eine tägliche Ration von 350 Gramm Mehl bedeutet hätte.
Man geht inzwischen aber davon aus, dass die Mühlen von Barbegal keine staatliche Institution waren (was zunächst angenommen wurde), sondern von einer in der Nähe befindlichen Villa rustica betrieben wurde.

Im Musée départemental Arles antique befindet sich ein Modell der Anlage, anhand dessen man sich in etwa vorstellen kann, wie das ausgesehen hat.
03-07_Mühlen_Modell.jpg
Eine schöne Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstands (aber auf Französisch :wink: ) findet man hier: http://www.traianvs.net/pdfs/2006_barbegal.pdf .
Der Artikel enthält aber auch eine gute Luftaufnahme der Anlage, fast ohne Bewuchs, auf der man sich einen besseren Eindruck verschaffen kann als auf meinen Bildern :D : http://www.traianvs.net/pdfs/2006_barbe ... o,-202,815

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Re: antike Stätten

Beitrag von mike h » So 30.10.16 18:05

Jo, Frankreich hat immer was zu bieten.

Ich fahre immer wieder gerne hin!

Martin
131 Köppe /201 (Kampmann)
1.) Ziel erreicht!

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