Zwei ganz spezielle Putzfragen

Reinigungstips, Aufbewahrung, Handschuhe, Pinzetten, Olivenöl, Literatur, Software usw.
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v. Melléthe
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Zwei ganz spezielle Putzfragen

Beitrag von v. Melléthe » Mi 22.10.03 09:30

Hallo, liebe Forumsmitglieder!

Ich bin neu hier, also nochmals HALLO ZUSAMMEN!



Bevor ich meine Fragen stelle, möchte ich mich gern ein wenig vorstellen - gehört sich schließlich.

Ich bin von Beruf Kunsthistoriker und sammle schon seit über 10 Jahren Münzen aus der Antike, hauptsächlich Römer. Als Hobby - und zur Aufbesserung meines Neuerwerbungsfonds - restauriere ich Gemälde, rahme Bilder (hauptsächlich Graphik) und treibe mich gerne auf Flohmärkten rum. Was mich bei Antiken-Münzen besonders fasziniert??? - ganz einfach: ihre unglaubliche Schönheit!



So, und jetzt wird's knifflig, denn zwei Münzen (Bodenfunde aus dem Garten meiner Schwiegereltern - leider vorerst die einzigen) bereiten mir derzeit schlaflose Nächte:

Ad 1.:
Ein Sesterz, vollkommen zugebacken mit Sinterablagerungen. Einen Teil konnte ich bereits mit Ballistolöl aufweichen und mit einem Holzspeiserestentferner abfummeln. Unter der Kruste besitzt die Münze eine herrlich schwarze, recht stabile Patina (die schönste Patina, die ich je gesehen habe!). Den Ellbogen und die Hüfte einer Figur (RV) konnte ich ebenfalls freilegen - zwar berieben, aber noch gestochen scharf. Doch jetzt bin ich an der Grenze meiner Möglichkeiten angelangt. Die restliche Verkrustung ist hart wie Beton, auch ein Skalpell nützt da überhaupt nichts.

Ad 2.:
Auch ein Sesterz, vermutlich Julianus II., Erhaltungszustand ca. 'ss'. Die Münze ist über und über mit einer schwarzen Kruste überzogen, als wären es verhärtete Brandrückstände(?). Ich habe das Stück einen Tag lang in Ballistol- und Olivenöl eingelegt, danach konnte ich ein wenig von der Kruste wegkratzen. Dort, wo keine Patina (im übrigen dunkelgrün) durchschimmerte, habe ich dann ganz vorsichtig verdünnten Essig mit dem Wattestäbchen aufgetragen, und über die schwarzen Stellen wischend konnte ich auch einiges von dem schwarzen Zeug entfernen (näher an die Patina traue ich mich aber damit nicht ran, sonst ist sie weg). Wenn ich das schwarze Zeug in trockenem Zustand wegkratze (geht nur an ganz wenigen Stellen), pulverisiert es zu so etwas ähnlichem wie Kohlestaub.

Beide Münzen sind nun in Olivenöl eingelegt, damit kann man wohl nichts falsch machen. Trotzdem befürchte ich, daß Olivenöl zumindest gegen Versinterungen (teilweise 2-3 mm dick) nichts ausrichten kann. Bitte helft mir, wie würdet Ihr weiter vorgehen?

Ich möchte die Münzen unbedingt meiner Sammlung erhalten, da sie mir sehr gut gefallen, die versinterte könnte sogar zum absoluten Schmuckstück meiner bescheidenen Sammlung werden. Da würde ich nur äußerst ungern drauf verzichten. Bitte gebt mir Rat!

Für alles im Voraus dankbar, Euer

Melléthe


P.S.: Ich habe hier das komplette Forum über Münzreinigung studiert. Ihr habt da eine fantastische Arbeit geleistet - alle Hüte ab! Vielleicht habe ich es auch nur überlesen, aber für meine beiden Spezialfälle konnte ich keine wirkliche Anleitungen finden, nur einige verstreute Hinweise.

P.P.S.: Zur traurigen Erheiterung - Freunde von mir (Geschichte-Studenten) waren auf Exkursion in Ephesos. Kleine Kinder verkauften ihnen "frisch ausgegrabene und unbedingt originale" Münzen. Wieder im Hotelzimmer wurden dann die Münzen im Waschbecken eingeweicht - und siehe da, sie lösten sich im Wasser komplett auf, zurück blieb ein wenig Dreck. Ich wußte gar nicht, daß es auch schon Brausetabletten in Münzform gibt :-)

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Mauerblümchen
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Beitrag von Mauerblümchen » Mi 22.10.03 12:50

Willkommen an Board,

hier mal ein link für harte Fälle:

http://members.fortunecity.de/kayrethorn/Reinigung.htm

Gruss
MB

v. Melléthe
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Beitrag von v. Melléthe » Mi 22.10.03 13:15

Hallo Mauerblümchen!

Danke für den Link!

Ich denke, ich werde es probieren (müssen), aber bei Säuren bleibe ich immer etwas skeptisch und habe mich bislang deswegen geziert. Daher wollte ich zunächst wissen, ob es andere bzw. schonendere Methoden gibt, um Herr der Lage zu werden.

Zugegeben, ich bin gewiß ein "Problemfall", weil ich mit der Zeit zu meinen Münzlein ein ganz inniges Verhältnis aufbaue und daher sehr an ihnen hänge. Man hat einfach Angst, man könnte was zerstören (ich denke, Ihr werdet dieses Gefühl kennen).

Vielleicht darf ich ja noch folgende Frage stellen: Gibt es unter Euch jemanden, der dieses dicke Sinter- und Kalkgemisch allein mit Olivenöl (oder Ballistol) wegbekommen hat??? Falls ja, wie lange hat es gedauert?


Erneut herzliche Grüße,

Melléthe

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Beitrag von Mauerblümchen » Mi 22.10.03 14:10

Hallo v. Meléthe,

kann ich mir gut vorstellen dass du sehr dran hängst.
Hier noch ne kleine Info. Olivenöl ist leicht säurehaltig was Balistol nicht ist.Zudem hat Balistol eine reinigende Wirkung, was Olivenöl nicht hat.Mit Balistol bist Du praktisch viel besser dran. Vom "Einweichen" her scheiden sich die Geister. Es gibt Meinungen, dass man das Münzlein nie länger als max 1-2 Wochen einweichen sollte, da sonst die Patina unter der Verkrusung zerfällt. Versuche doch mal es in Balistol 1-2 Tage einzuweichen und dann einen Reinigungsversuch zu unternehmen. Leider gibt es hier kein Patentrezept, da die Verkrustungen unterschiedlicher nicht sein können. Aber ich gebe das Wort mal zu den Spezialisten hier im Board. :?:

Gruss
MB :wink:

v. Melléthe
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Beitrag von v. Melléthe » Do 23.10.03 08:44

Hallo Mauerblümchen!


Danke!

Vielleicht einmal ein kurzer Beitrag zu Ballistol, das hier bislang etwas stiefmütterlich behandelt wurde.

Olivenöl und Ballistolöl haben unterschiedliche Vorteile. Auf vielen Gebieten, wo Ballistol eingesetzt wird, würde Olivenöl versagen - aber das gilt auch umgekehrt!

Im Bereich der Münzreinigung bzw. -pflege reicht es aus, wenn man die verdreckte Münze ca. 24 h hindurch in Ballistol einweicht. Schon nach 24 h kann man die Schmutzschicht vorsichtig mit einem Holzzahnstocher angehen. VORSICHT: Bitte nur dann, wenn die Patina auch fest genug ist!!! -> Erklärung: Durch die relativ kurze Einwirkzeit wird der Schmutz nur gelockert (er quillt ganz leicht auf), aber noch nicht gelöst. Falls die Patina noch nicht ausgehärtet ist, könnte es passieren, daß mit dem Dreck auch Patinabrösel entfernt werden, weil sie noch zu stark aneinander haften. Das ist mir leider schon zwei Mal passiert. In solchen Fällen ist natürlich Olivenöl vorzuziehen. In der Münzpflege ist Ballistol hingegen eine echt Alternative.

Falls es also darum geht, schnell mal zu definieren, um welches Schmuckstück es sich unter der Verkrustung handelt und wie die Qualität ist, dann ist Ballistol gemäß meiner Erfahrung wirklich gut. -> TIPP: Die Münze bitte nicht in ein Ballistol-Bad legen, ist gar nicht nötig. Es reicht aus, ein Wattestäbchen ins Ballistol zu tauchen und anschließend auf die Münze zu schmieren, schön dick, da die erste Schicht erfahurngsgemäß rasch eingesaugt wird - daher am besten dick drauftupfen. Die Münze anschließend auf einen NICHT saugfähigen Untergrund (Plastik, Porzellan, Glas) legen, fertig. Die Wirkung ist manchmal verblüffend. Die Münze muß natürlich, die beim Olivenöl auch, trocken sein. Der Dreck muß anschließend mechanisch / manuell entfernt werden.

Liebe Grüße,
M.

v. Melléthe
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Beitrag von v. Melléthe » Di 28.10.03 08:33

So, ich habe mich nun entschieden, sowohl Sesterz als auch Follis einer Olivenöl-Kur zu unterziehen. Also "auf Wiedersehen in 12 Monaten" ;-).

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Mauerblümchen
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Beitrag von Mauerblümchen » Di 28.10.03 08:46

jo, viel Glück. Poste dann mal die Ergebnisse rein.

Gruss
MB

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