Brandenburg

Alles was von Europäern so geprägt wurde
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jot-ka
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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Fr 12.08.16 19:18

Hallo Büffel,
Da. 70 / Bf. 174 hast Du nicht übersehen.
Der war in diesem Thema noch nicht.
Danke für's Zeigen!
Die Bildqualität ist gut.

In 1990er bis Anfang der 2000er Jahre habe ich die Auktionsergebnisse
aus allen mir zugänglichen Auktionskatalogen und die Preise
aus den Lagerlisten in einer Datei aufgeschrieben.
Bei Bf. 174 ist kein Eintrag - der fehlte sogar in der Slg. Schnuhr!
Dieser Denar ist wohl recht selten.

Hier ist eine Liste mit Links zu Stücken,
die einem anderen Thema vorgestellt sind:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 25#p421153

Einen späteren aus der Serie V habe ich noch:
Da. 281 / Bf. 750
Sigismund, 1378 - 1388
0,63 g (ma-shops, 31.08.2015, 67 Eu komplett)
Größe: 600 dpi
stehende Person mit 2 Bischofsstäben / Handschuh
Bahrfeldt (Bd. I, S. 265):
"Bischof mit zwei Krummstäben. Rs. Hand."
Dannenberg (DIE BRANDENBURGISCHEN DENARE ..., S. 148):
"Vs. Stehender Markgraf mit zwei Krummstäben,
oft mit »Hörnerfrisur«.
Rs. Bischöflicher Handschuh."

Hier ist eine Übersicht der Serien IV, V u. VI:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 10#p418410

Einen schönen Gruß, jot-ka

edit (1):
Eine Ergänzung zu Da. 70 / Bf. 174:
Das von Büffel vorgestellte Stück ist eine neue (weitere) Variante.
Standortangaben nach Bahrfeldt:
Da. 70 / Bf. 174a
Kabinet Berlin, Slg. Bahrfeldt
Da. 70A / Bf. 174b
Kabinet Berlin, Kabinet St. Petersburg
Es gibt keine Fundnachweise (Dannenberg).

edit (2):
Links vom Kreuz sind auch zwei Ringel mit einem Punkt drin.
Dateianhänge
D281_B750.jpg
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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » Di 16.08.16 11:03

Ein Gruß an alle Sammler,
ich bin neu im 'Numismatik Forum'. Mein Name hier ist Seldor.
Ich habe eine kleine Sammlung von Pfennigen.
Darunter befindet sich ein Hohlpfennig, höchst wahrscheinlich aus Frankfurt/Oder.
Stechhelm n.l., Strahlenrand. Es hat als Helmzier keine Feder, sondern eine dreizackige Krone.
An den Zacken sind jeweils 3 Punkte, kleeblattformig, eingeordnet.
Gewicht: 0,21 g. Durchmesser: 15 mm.
Ich habe keine Literatur dazu, im Netz fand ich nichts. Es kommen nur die mit den Federn vor.
Kennt Jemand diese Variante? Bitte um Hilfe.
mit besten Wünschen
Seldor
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Frankfurt Oder.jpg

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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Di 16.08.16 19:08

Hallo Seldor, zuerst ein Herzliches Willkommen im Numismatikforum
und besonders in diesem Thema hier!

Dein Hohlpfennig gehört zur Typ-Gruppe H 90 nach Tewes.
"Prägezeitraum 1497-1502 Mzst. Frankfurt (O.)"
Lothar Tewes: "Die brandenburgischen Helmhohlpfennige von 1369 bis 1508"
Sonderdruck aus Beiträge zur brandenburgisch-preußischen Numismatik
Numismatisches Heft Nr. 6
Gibt es nicht online.
Den Bahrfeldt gibt es online, irgendwo im Thema ist ein Link von Locnar,
oder als Silberscheibe vom Bogon Verlag.

Die größte Ähnlichkeit hat das Stück mit H 90d, allerdings ist bei
H 90d der >Scharnierknopf< des Helmvisiers nur sehr schwach erkennbar.
Bahrfeldt hat H 90b als seine Nr. 17 abgebildet.
Die Abb. bei Tewes sind Vertreter für Stempelgruppen,
eine genaue Zuordnung ist nicht in allen Fällen möglich
- und auch nicht nötig, freuen wir uns über die Vielfalt der Prägungen.

Aus 300 Exemplaren des Fundes Lagow + 800 St. aus dem Fund von
Wollenrade hat Bahrfeldt für seine Nummern 14-17 ein Durchschnittsgewicht
von 0,301 g ermittelt.
Das Gewicht meiner Frankfurter Helmpfennige reicht von 0,257 bis 0,457 g.
Durchschnitt 0,304 g aus 9 St.
Das sind allerdings alles bezüglich der Erhaltung über Jahrzehnte
ausgesuchte Exemplare.

H 90 ist sehr selten.
Standortangaben nach Tewes für H 90..:
H 90a: MK Berlin, Privatsammlung
H 90b: MK Berlin, Privatsammlung (Bf. 17)
H 90c: WAG 1/301, Privatsammlung
H 90d: MK Berlin, Privatsammlung

Bei mir gab es aus dem Mittelter in diesem Jahr nur 2 Neuzugänge
+ 5* Erhaltungsaustausch (alle aus dem Lot MZ Rheinland 175/3067).
Bei den ausgetauschten Stücken sind in den älteren Beiträge in diesem
Thema die Bilder ausgetauscht und die Gewichtsangaben geändert.
Hier der erste neue:
Da. 74 / Bf. 197
0,64 g, um 1265/70 nach Dannenberg
Diesen Denartyp hat Büffel schon gezeigt.

Einen schönen Gruß, jot-ka
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D074 B197.jpg
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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » Di 16.08.16 22:27

Hallo jot-ka,
einen sehr, sehr großen Dank für die Informationen zu dem Hohlpfennig.
Gestern hing ich mehrere Stunden in dem Forum beim Thema Brandenburg.
Bis spät in die Nacht. Ich suchte nach Informationen zu meinem Pfennig.
Auch wenn die Beiträge nicht viel mit dem Pfennig zu tun hatten, war es sehr Interessant sie zu lesen.
Dahinter steckt viel Wissen und echte Sammlerleidenschaft.
Das hat mich sehr beeindruckt und so gegen 2 Uhr morgen habe ich mich registriert.
Der Appetit wächst mit dem Essen… deshalb komme ich mit weiteren Fragen.
Die Prägeautorität für diesen Pfennig ist die Stadt Frankfurt (O.), richtig?
Über Jahrzehnte trug der Helm eine Federzier, dann die Krone.
Hat es eine Bedeutung? bzw. warum die Veränderung?
Wurden in dieser Zeit auch Groschen in Frankfurt geprägt?
Im Netz fand ich nur ’spätere’ Groschen, nach 1512.
Wie war das Verhältnis der Pfennige zum Groschen?
Und zum Schluss die Frage zum Kaufkraft.
Was konnte man mit so einem Pfennig um die Jahrhundertwende XV/XVI Jh. anfangen?
Das sind jetzt viele Fragen, vielleicht hast Du Lust und Interesse die auch nur zum Teil zu beantworten (oder auch noch Jemand, der das liest) bzw. ich erfreue mich auch über Hinweise zu Quellen, die mir bei Beantwortung meiner Fragen weiter helfen.
Noch mal einen Dank an Dich jot-ka und an alle weiteren, die dieses Forum so interessant machen.
Seldor

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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Mi 17.08.16 18:43

Hallo Seldor!
Zur ersten Frage:
"Prägezeitraum 1497-1502 Mzst. Frankfurt (O.)" (Tewes)
Der gekrönte Helm ist eine kurze Episode bei den Frankfurter Helmpfennigen.
Tewes auf S. 63:
"Kommentar: Hohlpfennige mit bekröntem Helm ka-
men bisher nur in Funden vor, die nach 1500 ver-
borgen wurden. Vermutlich sind sie unter Münz-
meister Heinrich Koch zwischen 1497 und 1499 erst-
mals in Frankfurt (O.) im Rahmen der MO von 1496
als kurfürstliche Pfennige ausgeprägt."

Die Groschenprägung im Kurfürstentum Brandenburg begann um 1459/60.
In der Magdeburger Probationsurkunde von 1460 werden Groschen
aus Havelberg und Brandenburg (Mzst.) genannt.
Die Datierung dieser Urkunde ist allerdings nicht völlig unumstritten.
1463 wurde Giese Brewitz in Brandenburg Mm.
und 1464 Michael Hemelporte in Havelberg.
Aus dem Jahre 1466 sind eine Urkunde mit der Anweisung, in Rathenow
Groschen und Pfennige zu prägen und aus 1468 eine identische
für Königsberg/Neumark überliefert.
In der Prägeanweisung für Giese Brewitz aus dem Jahre 1463
steht die Anweisung, daß 8 Pfennige auf ein Groschen gehen sollen.
(Bahrfeldt, Bd. II, S. 30)
Ab etwa 1470 prägte Albrecht Achilles in der Mzst. Brandenburg
für kurze Zeit Groschen (sehr selten und teuer).
Für das Jahr 1481 sind aus Angermünde Groschen des Statthalters
Johann bekannt (4 bekannte Ex.).
Ab der Münzreform von 1496 unter Johann Cicero begann in Frankfurt
die Prägung von ½ Groschen und Groschen.
Der Jahrgang 1497 fehlt (dafür wurde in diesem Jahr
in Brandenburg an der Havel geprägt).
Die Jahrgänge 1498-1530 sind durchgehend bekannt.
1531 fehlt, dann geht es mit 1532 und 1533 weiter.
1504 wurde nur am Anfang des Jahres mit Jz. geprägt,
danach kam eine neue Rs. mit Nennung der Mzst. und ohne (!) o.Jz. zum Einsatz
Dieser Rs.-Typ (mehrere St.) wurde bis Ende 1506 verwendet.
Siehe auch:
Bernd Kluge "Die Münzprägung in Kurbrandenburg von 1496 bis 1535"
Berliner Numismatische Forschungen 4, 1990
VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin
Weitere Literaturangaben gibt es in den Beiträgen weiter vorn
in diesem Thema.

Einen schönen Gruß, jot-ka

edit: Ein Fehler im Text ist korrigiert.
Im Jahre 1504 begann die Prägung der Groschen mit Mzst.-Angabe und ohne Jz.
(Bf. 129-Gruppe).
Erst 1506 wurde Ende des Jahres wieder mit Jz. und Mzst.-Angabe geprägt;
aber nicht kontinuierlich.
Auf einem Vs.-St. von 1506 (mit einer datierten Rs. kombiniert) ist ein Schreibfehler;
BRANKI statt BRANBI.
Es gibt Abschläge des korrigierten Vs.-St. mit einer undatierten Rs. der Bf. 129-Gruppe.
Zuletzt geändert von jot-ka am Sa 17.09.16 13:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » So 21.08.16 22:34

Guten Tag jot-ka,
es hat etwas gedauert… es gibt nicht nur die Münzen und ihre Geschichte(n).
Danke für die recht ausführliche und sehr interessante Antwort. Sehr schön.
Schon fast schade, dass Brandenburg nicht mein (Haupt)Sammelgebiet ist.
Dennoch, um diesen einen Pfennig zu ’ergänzen’ möchte ich alsbald einen
Brandenburger Groschen besorgen. Natürlich aus Frankfurt.
Bei Olding fand ich einen von 1505/06. Fast zeitgleich mit dem Pfennig.

Bei dem was Du zuvor geschrieben hast über die Gewichte der Pfennige aus den
Funden (Ø 0,301 g) bzw. aus Deiner Sammlung (Ø 0,304 g), muss ich feststellen,
meiner, mit 0,21 g, ist ziemlich untergewichtig.1/3 unter dem Durchschnitt.
Liegt es noch im Rahmen der üblichen Schwankungen?

Noch mal zurück zu der Krone auf dem Helm, Du zitierst Tewes:
„im Rahmen der MO von 1496 als kurfürstliche Pfennige ausgeprägt.“
Dann ist es keine städtische Prägung, richtig?
Das hat mich schon gewundert, ein Bürgerwappen mit Krone. Ist nicht üblich.
Aber so wäre es schon passen.
Und ganz nebenbei, MO, heißt Münzordnung. Oder lieg’ ich da falsch?

Noch zu der Kaufkraft.
In der mir zur Verfügung stehender Literatur, fand ich aus ungefähr derselben Zeit
nur zwei Angaben zum Wert des Geldes aus Brandenburg:
1) Im Jahre 1507 wurde in Stettin für 1 Fass (ca. 160 l) Bier (ohne Angabe der Herkunft)
8 Brandenburger Groschen bezahlt.
Bei 8 Pfennigen für einen Groschen ergibt sich ein Preis von 2,5 l für einen Pfennig.
2) Im Jahre 1511 wurde ebenso in Stettin für 1 Fass (w.o.) Wein (w.o.) 30 Brandenburger Groschen bezahlt.
Das heißt, für den Pfennig bekäme ich ca. 0,67 l davon, also fast eine Flasche Wein von heute.
(Quelle: Józef Andrzej Szwagrzyk ’’Pieniądz na ziemiach polskich X-XX w.’’
Verlag Ossolineum, Breslau, 1973. 2. Auflage 1990. S. 68)
Hast Du auch welche Infos zu Kaufkraft des Helmpfennigs?

Vielleicht hast Du Interesse an so was.
Ich hätte da noch zwei weitere Angaben zu Brandenburger Währung, allerdings von früher:
1) 1433 – 16 Last (bzw. 960 Scheffel) Salz in Kolberg kostete 5000 brandenburgische
Finkenaugen (kenne ich gar nicht).
Leider ohne Angabe um welche Last es sich handelt.
Eine Last, je nach Herkunft, konnte 3000 bis 3840 l sein.
2) 1461 wurde für 3 Wispel (mit der Angabe als 54 Scheffel) Roggen
in Kloster Kolbatz (Mera Vallis) 30 Kölner Mark (ca. 7 Kg) Brandenburger Groschen bezahlt.
Sonst beziehen sich die meisten Angaben für das XIV bis Anfang des XVI Jh.
in dem o.g. Buch auf Prager Groschen, Schlesische oder Polnische Denare
und Rheinische Gulden (florenus Rheni).

mit Gruß
Seldor

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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » Mo 22.08.16 10:59

Noch eine Anmerkung zum Vorherigen:
etwas stimmt mit dem Salzpreis von 1433 nicht. Ich habe mir die Vinkenaugen im Netz angeschaut.
Die wiegen alle um 0,25 g. Bei 5000 davon kämen wir auf etwa 1,25 Kg Ag.
Dies erscheint mir viel zu wenig für die 16 Last. Da muss ein Fehler eingebaut sein.
Entweder ist bei dem Preis eine Null zu wenig, oder die Mengenangabe stimmt nicht.
Gruß
Seldor

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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Mo 22.08.16 19:42

Hallo Seldor!
Zu der Frage, weshalb keine Groschen aus Frankfurt vor 1512
im Handel vorkommen:
Es gab in den 1990ern bis etwa vor 10 Jahren viel Material im Handel.
Hier nur einige Beispiele von wichtigen Auktionen:
WAG 1, 3, 4, 8, 9, 14, 20, 40
Künker 33, 37, 60
Senger 77, ...
Dazu kamen noch viele Stücke in den Lagerlisten vor;
diese Listen wurden damals noch in Briefen (!) verschickt.
Aus FfO waren bis auf 1530 und 1533 alle Jahrgänge im Handel.
Der Jahrgang 1512 aus FfO ist recht selten
und steht im Seltenheitsranking für diesen Jahrgang auf Platz 2.
Das ist nach Auffassung der meisten Mitlieder des Forums
allerdings nicht mehr Mittelalter.
Im Numismatikforum wird mit der Jz. 1500 der Schnitt gemacht.
Das MK Berlin macht bei Brandenburg den Schnitt mit der Jz. 1521,
dem Jahr der ersten Talerprägung in Brandenburg.
Bei den Groschen kann man ab 1521 einen Stilwechsel von
den gotischen zu den lateinischen Buchstaben sehen.
Damit soll aber keine Diskussion über das Ende des MA losgetreten werden.
In anderen Themen gab es das schon und es endete immer mit Verwerfungen
zwischen den Mitgliedern.
-
Und nun eine Bitte, lieber Seldor:
Nicht so viele Fragen und Themen in einem Beitrag zusammenfassen.
Wir haben hier viele stille Mitleser, Anfänger und auch lurker
(siehst an der Zahl der Klickse auf die Bilder);
wenn in der Antwort dieselbe thematische Vielfalt zu lesen ist,
wird es für viele Laien unübersichtlich.
-
"Bei Olding fand ich einen von 1505/06. Fast ..."
Die Helmpfennige mit der Krone sind unter Johann Cicero entstanden.
Ob nun städtisch oder kurfürstlich kann ich nicht sagen.
Als kurfürstliche Prägungen ab 1496 vermute ich eher Adlerpfennige
der Bf. 68-Gruppe.
Für FfO käme z.B. Bf. 68d in Frage.
Zu einem Groschen der Bf. 129-Gruppe (FfO 1504-1506) paßt besser
ein Pfennig mit dem Mmz. des Dietrich von Ostrum (siehe Anhang).
-
"Liegt es noch im Rahmen der üblichen Schwankungen?"
Die Gewichtsschwankungen waren extrem, das Auskippen
(wiegen, schwere Stücke aussortieren und an >Granulierer< verkaufen)
war damals Volkssport.
Dein Pfennig ist ausoxydiert und der rechte Rand leicht zerfressen,
da fehlt etwas Material.
Zum Gewichtsverlust solcher Münzen hat Herr Kluge in der genannten
Literatur geschrieben.
-
"MO, heißt Münzordnung." Ja.
-
Über Löhne und Kaufkraft der damaligen Zeit habe ich keinerlei Literatur.
8 Groschen für ein Faß Bier kann nur ein Großhandelspreis ab Hafen sein.
Dazu kamen dann Transportkosten Netto + Gewinn,
Auschankkosten, Kosten für den Unterhalt der Gastwirtschaft, Gewinn,
Kosten für die Auschankgenehmigung und das wichtigste: STEUERN.
Für einen Pfennig hat der durstige Mittelalter-Mann
wohl etwas weniger als 1 Liter Bier bekommen.
-
Zu den Vinkenaugen
S. 13:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 80#p416009
S. 14:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 95#p416314
S. 16:
http://www.numismatikforum.de/viewtopic ... 25#p427350
-
Anhang
Ein Pfennig der städttischen Mzst. Frankfurt an der Oder
um 1506, Mmz. des Dietrich von Ostrum
0,22 g (!) obwohl keine Ausoxydation erkennbar ist.
Die Gewichtsbandbreite war wohl wirklich enorm.
Gehört zu H 95/96 aber mit stark eingerolltem Brustschutz

Einen schönen Gruß, jot-ka

P.S.
kleiner Nachtrag zu dem Faß Wein für 30 Groschen:
Bei Ausgrabungen auf dem ehemaligen Gelände des großen Parkplatzes vor der Kirche
in Frankfurt an der Oder wurden in verschütteten Kellergewölben der 1. H. des 16. Jh.
Unmengen an Traubenkernen gefunden.
Offensicht wurde in den Odertälern an den Südhängen damals Wein angebaut.
Dateianhänge
Frankfurt Hohlpfennig 1506 H96.jpg
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Re: Brandenburg

Beitrag von olricus » Mo 22.08.16 22:46

Hallo Seldor,
zu Deiner Frage nach den Angeboten älterer Frankfurter Groschen kann ich nur beitragen, dass ich in meiner
kleinen Sammlung auch einige habe, gekauft vor längerer Zeit im Münzhandel, also immer mal die Augen offen
halten, es gibt ja auch viele Anbieter, die nicht im Netz erscheinen.
Meine Stücke sind von 1500, 1503 und 1508 (Bahrfeld 128, 130, 137), dazu kommt noch Bahrfeld 117 (1504), das
auch wohl aus Frankfurt stammt.
Vielleicht noch mal einige Beispiele zu den Löhnen und Preisen dieser Zeit aus dem Stadtarchiv Dresden, die
wohl auch in Brandenburg ähnlich waren:
1477 Löhne bei dem Bau der Albrechtsburg in Meißen:
- Wochenlohn eines Poliers 15 Groschen, 4 Pfennige
- 1540 Tageslohn eines Zimmermanns oder Maurers 3 Groschen
Die Preise waren lange Zeit gleich, etwa wie folgend:
- 1 Kanne Bier (0,9 l) 2 Pfennige
- 1 Huhn 8 Pfennige
- 1 Schock Eier 2 Groschen, 6 Pfennige
- 1 Scheffel Roggen (103 l) 12 Groschen

Grüße von olricus

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Re: Brandenburg

Beitrag von Numis-Student » Di 23.08.16 10:42

Hallo,
ganz kleiner Einwurf von mir: 1500 wurde zwar als Grenze gesetzt und macht Sinn... Bei Einzelbestimmungs-/Wertanfragen verschieben wir auch dementsprechend.

Es macht aber überhaupt keinen Sinn, ein solches sinnvolles und schönes "Dauerthema" deswegen zu zerschneiden oder einzelne Stücke deswegen nicht zu besprechen.

Wenn hier im vorliegenden Einzelfall 1521 die Grenze zu sein scheint (Einführung der Taler, Stilwechsel bei den Groschen), dann haltet euch bitte NICHT an die Grenze 1500, sondern an 1521 ;-)

Schöne Grüße,
MR
Immerhin ist es vorstellbar, dass wir vielleicht genug Verstand besitzen, um,
wenn nicht ganz vom Kriegführen abzulassen, uns wenigstens so vernünftig zu benehmen wie unsere Vorfahren im achtzehnten Jahrhundert. (A.H. 1949)

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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » Di 23.08.16 19:03

@ Malte: Danke!
@ Seldor & olricus: Vielen Dank für die Informationen
über Preise und Löhne!
-
Eine Preisinformation aus dem 11. Jh.,
das betrifft die Sachsen- Wenden- bzw. Randpfennige
wie z.B. die des kürzlich gemachten Fundes von Lebus,
kann ich beisteuern:

ein Schwein 30 Pfennige
ein Pferd 300 Pfennige
ein Sklave 150-200 Pfennige
Sklaven waren neben Naturprodukten wie Honig, Wachs oder Pelze
ein wichtiges Exportgut der Slawen auf dem brandenburgischen Gebiet.
-
Zum Abschluß ein Groschen von Johann Cicero aus der Mzst. Frankfurt/Oder,
der zeitlich ganz gut zu dem Helmpfennig mit der Krone passt:
1499, Bahrfeld Bd. II Nr. 56a, 1,97 g, WAG LL 60/828, 21.03.2000
Die Us. löst sich wie folgt auf:
[Stern] IOh(ANNE)S D(EI) G(RATIA) MARCHIO BRA(NDEBVRGENSIS) ELEC(TOR)
[Halbmond] MONET(A) ANNO D(OMI)NI 1499
Ob der Stern überhaupt ein Mmz. ist ist etwas fraglich,
da er auch auf den Groschen und halben Groschen aus Berlin verwendet wurde.
Auf den Prägungen der Mzst. Brandenburg von 1497 erscheint eine Lilie,
weshalb man den Stern auch nicht gänzlich für bedeutungslos erklären kann.
Mit dem Halbmond auf der Rs. taucht ab 1498 das Mmz. des Heinrich Koch auf,
der schon zusammen mit Matheus Rotzke 1481 die Statthaltergroschen
in Angermünde geprägt hat (auch mit Halbmond).

Einen schönen Gruß, jot-ka

P.S.
@Seldor: Der letzte Hohlpfennig von mir ist im Gewichtsdurchschnitt der 9 St. (0,22 g)
nicht erfasst, weil er NACH 1500 geprägt wurde.
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JC Frankfurt 1499.jpg
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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » Fr 26.08.16 21:12

Hallo jot-ka,
ein erneuter Dank für die sehr informationsreichen und kompetenten Ausführungen.
Ein schönes Kompendium zur Münzprägung in Brandenburg am Ende des Mittelalters.
Danke. So bekommt mein Pfennig nicht nur Gesicht,
er bekommt auch einen Kontext. Eine Frage habe ich dann doch noch:
Sind die von dir angesprochenen Urkunden (z.B. MO, Prägeanweisungen) in Latein verfasst?
Und falls ja, sind die Pfennige als ’denarii’ bzw. ’denarii concavi’ bezeichnet?
Falls nein, wie sind die Geldstücke genannt?

Jetzt zu deiner Bitte:
’Nicht so viele Fragen und Themen in einem Beitrag zusammenfassen.’
Ja, ich hatte auch den Eindruck, dass ich dich mit Fragen ’bombardiere’.
Aber… es hat mich sehr erfreut Jemandem wie dich zu ’treffen’.
In meinem Bekannten-/Freundeskreis gibt es niemandem der mein
Interesse für Geschichte und Numismatik teilt.
Geschweige denn, der über so’n Wissen zum Thema verfügt.
Das ist für mich, als Laien, sehr spannend und vor allem Lehrreich.
Und so sind wir beim nächsten Punkt angekommen.
Mein Kontakt mit dem Forum begann als ’stiller Mitleser’.
In vielen Bereichen der Numismatik (besser gesagt: des Münzensammelns)
bin ich vor allem ein Anfänger.
Kurz um, ich bin ein Laie, auch wenn ein interessierter Laie, immer noch ein Laie.
Und dennoch, gerade diese Reichtum an angesprochenen Themen,
die Vielfalt der besprochenen Bereiche hat mich als Laien erfreut und angesprochen.
Ich dachte, dieses Forum ist eine Plattform (hauptsächlich) für interessierte Laien.
Für passionierte Münzensammler. Für jemandem wie mich.
Es ist durchaus möglich, dass diese Annahme ein Fehler war.
Ich hoffe, ich habe hier keinen Schaden eingerichtet.
Und noch mal Danke, das Wort ’lurker’ habe ich bis dato nicht gekannt.

Sicher ist, dass mein Helmpfennig Zuwachs bekommt.
Dies wird bestimmt etwas dauern, Faktoren wie: meine Finanzmöglichkeiten
und Angebote der Händler bestimmen den Weg. Nicht nur meine Lust.
Sobald ich etwas erreiche, werde ich das hier mit dir/euch teilen. Mit Freude.
mit besten Wünschen
Seldor.

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Re: Brandenburg

Beitrag von Seldor » Fr 26.08.16 23:20

Hallo olricus,
danke für deinen Beitrag. Mal sehen, vielleicht bin ich bald auch ein stolzer
Besitzer eines Groschen aus Frankfurt (O.). Mal sehen, welchen…

und nun etwas über Preise und Werte rund um Brandenburg im XV Jh.
(zu den Löhnen und Salären aus der Region habe ich nicht viel)

1420, Lebus, 8 Schweine für 1 Schock (60 Stück) Prager Groschen
1463, Sagan, 1 Scheffel Roggen (vor der Ernte) für 30 Meissner Groschen
und nach der Ernte nur noch 5 Groschen
1481, Schlesien (ohne genauere Ortsangabe), Laib Brot von 1 1/2 Pfund und 4 Lot (= ca. 640 g) für einen Pfennig.
1499, Breslau, Laib Brot (ohne Gewichtsangabe) für 1 Haller (1/2 Pfennig)

Eine Rechnung aus Niderschlesien (ohne genauere Ortsangabe) von 1449:
1 Schock junge Hühner für 5 Groschen (1 Haller pro Stück)
1 Schock Eier für 3 Groschen
1/2 Schock Käsestücke (ohne Größen/Gewichtsangabe) für 12 Pfennige
2 Scheffel (148 l) Salz für 3 ungarische Dukaten
1 Pflug für 6 Groschen

1437, Schweidnitz, Münzprägewerkstatt mit Ausstattung für 1600 Schock Prager Groschen (96000 Stück)
(Quelle: Józef Andrzej Szwagrzyk ’’Pieniądz na ziemiach polskich X-XX w.’’
Verlag Ossolineum, Breslau, 1973. 2. Auflage 1990. S. 60 – 68)


Herzog von Sagan Johann II. der Grausame verkaufte 1472 das Saganer Herzogtum an die Brüder Ernst und Albrecht von Wettin für 50.000 florenus ungaricus (= 175,5 Kg fein Au)
(Quelle: Bogusław Czechowicz ’’Książęcy mecenat artystyczny na Śląsku u schyłku Średniowiecza’’. Verlag DiG, Warschau 2005. S. 82)

Bericht von Christof Stapper aus Reichenstein (1509):
Die Schmelzer (Anm.: in den Goldhütten) arbeiten in 12 Stunden Schichten.
Schmelzer bekommen für eine Woche Arbeit 30 Kreutzer Lohn.
Der Schmelzer, der am Samstagabend das Feuer hält, bekommt dafür 3 Kreutzer.
Wer das ganze Jahr fleißig arbeitet und die Arbeit für das Saufen oder andere banale
Ursachen nicht vernachlässigt, der bekommt zusätzlich 72 weiße Groschen (?)
(ist damit Albus gemeint?)
(Anm.: 60 Kreutzer = 1 ungarischer Goldgulden)
(Quelle: Codex diplomaticus Silesiae, XX/322, meine Übersetzung)

mit Gruß
Seldor

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jot-ka
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Re: Brandenburg

Beitrag von jot-ka » So 28.08.16 11:52

Hallo Seldor,

wieder einmal vielen Dank für die Preis- und Lohninformationen!
In mittelalterlichen Urkunden kommen die Bezeichnungen Denar
und Pfennig vor.
"Im 14. Jh. bildete sich der Begriff "hole Penninghe" aus."
(Heinz Fengler, Gerhard Gierow, Willy Unger
Lexikon der NUMISMATIK
transpress Verlag, 3. Auflage 1982, S. 191)

Die genannte Urkunde von 1463 ist in deutsch verfaßt.
Im Anhang ein Auszug aus
Bahrfeldt, Bd. II, S. 448
Das Verhältnis Pfennig/Groschen änderte sich in späteren Zeiten.

Einen schönen Gruß, jot-ka
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Büffel
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Re: Brandenburg

Beitrag von Büffel » Di 30.08.16 20:10

Hier mal ein später halbierter Denar.

Dannenberg 268 um 1373/1375

Interessant ist das er 2x angeritzt wurde und dann einmal nach oben und einmal nach unten gebogen wurde, kann man schön an der Bruchkante sehen.
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